Akademie der Kunst und Philosophie | Academy of Arts and Philosophy
 Académie des sciences | Academia de Artes y Filosofía | Accademia del Arte e Filosofia
 

 

Kurs Nr. 582 Santo Tomás de Aquino / São Tomás de Aquinas / San Tommaso d'Aquino / Hl. Thomas von Aquin / St. Thomas Aquinas / "doctor angelicus" IV

Summa Theologica II-II



"Und in dieser Weise stimmt der Mensch kraft des ihm eingegossenen Glaubenslichtes den Wahrheiten des Glaubens zu; und nicht dem Gegenteil davon. Deshalb also ist nichts Verdammenswertes in jenen, die in Christo sind, von Ihm nämlich erleuchtet durch den Glauben." - Thomas von Aquin
 Raffael, The Sistine Madonna, Dresden, Germany

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:
 
 

1. Glaube, "Nichts kann also im Glauben enthalten sein, ausser insoweit es unter der ersten Wahrheit steht als dem bestimmenden Momente"

Das Erkannte ist im Erkennenden nach Weise des Erkennenden. Die Weise der menschlichen Vernunft in der Erkenntnis ist die, dass sie zusammensetzt und trennt und dass sie so die Wahrheit erkennt; wie I. Kap. 85 zu sehen. Was also an und für sich einfach ist, das erkennt die menschliche Vernunft nur, indem sie in gewisser Weise zusammensetzt; wie die göttliche Vernunft umgekehrt in einfacher Weise erkennt, was an sich zusammengesetzt ist. [1] 

Glaube, Hoffnung und Liebe stehen auf der nämlichen Stufe. Viele aber hoffen, das ewige Leben zu erhalten und werden es nicht erhalten; viele auch werden geliebt als gute, die trotzdem nicht gut sind. Also kann man auch etwas glauben, was nicht der Wahrheit entspricht ("Ergo etiam fidei potest aliquid subesse falsum"). Nichts ist in einem Vermögen, in einem Zustande oder in einer Tätigkeit enthalten, ausser vermittelst des formalen Grundes im Gegenstande; wie z. B. keine Farbe sichtbar ist für das Auge, ausser vermittelst des formalen Grundes für das Sehen, nämlich vermittelst des Lichtes, und wie eine Schlussfolgerung nur gewusst wird vermittelst des Beweisgrundes. Nun ist dieser Formalgrund für den Glauben die erste Wahrheit. "Nichts kann also im Glauben enthalten sein, ausser insoweit es unter der ersten Wahrheit steht als dem bestimmenden Momente. Unter dieser aber kann nichts Falsches stehen; ebenso wenig wie Sein Nichtsein, das Gute ein Übel sein kann. Der Glaube also kann nichts Falsches enthalten." Das Wahre ist wohl das Gut für die Vernunft, nicht aber an sich für den begehrenden Teil. Alle Tugenden, die in der Vernunft ihren Sitz haben, schliessen also ganz und gar das Falsche aus; denn zum Wesen der Tugend gehört es, nur auf das Gute sich zu richten. Die Tugenden aber im begehrenden Teile schliessen nicht ganz und gar das Falsche aus; denn jemand, der gerecht oder mäßig ist, kann ganz gut eine falsche Meinung haben betreffs dessen, was er tut. Und danach steht der Glaube, der die Vernunft vollendet, nicht auf der gleichen Stufe wie die Hoffnung und die Liebe, welche den Willen vollenden. [2] 

"Ich antworte, jegliches Wissen werde erlangt vermittelst einiger Prinzipien, welche durch sich selbst bekannt und somit Gegenstand des Wissens sind; was also gewusst wird, das ist immer gewissermaßen geschaut. Es ist aber nicht möglich, dass das Nämliche vom Nämlichen geschaut sei und geglaubt wie oben nachgewiesen. Also kann auch nicht das Nämliche gewusst und geglaubt sein. Es kann jedoch der Fall sein, dass das, was der eine glaubt, der andere weiß. Denn was wir z. B. über die Dreieinigkeit glauben und was wir zu schauen hoffen, nach 1. Kor. 12., das schauen bereits die Engel. Und so kann es auch auf dem Pilgerwege vorkommen, dass das, was der eine Mensch bereits weiß, der andere glaubt, welcher davon keinen genügenden Beweis kennt. Was aber insgemein allen als zu glauben vorgestellt wird, das ist für niemanden Gegenstand des Wissens; und das sind Dinge, welche schlechthin und ohne weiteres Gegenstand des Glaubens sind. Glauben und Wissen also richten sich nicht auf das Gleiche. "Die Ungläubigen sind in Unkenntnis rücksichtlich dessen, was zu glauben ist; weil sie dies weder schauen noch erkennen, dass es glaubenswert se" weshalb Muslime auch nicht als Gläubige bezeichnet werden können. Die Gläubigen aber haben davon Kenntnis; nicht als ob sie den Beweisgrund des zu Glaubenden wüssten, sondern sie erkennen, dies sei kraft des Glaubenslichtes zu glauben. Die Gründe, welche die Heiligen für die Glaubensgegenstände anführen, sind nicht streng beweisende, sondern offenbaren nur, es sei nicht unmöglich das was der Glaube vorstellt; oder sie gehen von den Prinzipien des Glaubens aus, nämlich von der Autorität der heiligen Schrift, wie Dionysius zeigt. (2. de div. nom.) Vermittelst dieser Prinzipien aber wird für die Gläubigen in ähnlicher Weise etwas bewiesen, wie aus den durch die natürliche Vernunft bekannten Prinzipien etwas für alle insgemein bewiesen wird. Deshalb ist die Theologie ebenfalls eine Wissenschaft, wie I. Kap. 1 gezeigt worden. Was streng bewiesen werden kann, wird zu den Glaubenspunkten nicht deshalb gezählt, weil rücksichtlich dessen schlechthin bei allen Glauben wäre, sondern weil es eine Voraussetzung ist für den Glauben. Und so muss es von denen, welche den Beweis dafür nicht kennen, wenigstens durch den Glauben festgehalten werden.„Von seiten verschiedener Menschen kann rücksichtlich des gleichen Punktes zugleich ein Meinen und ein Wissen bestehen“, wie dies oben auch gesagt worden für das Wissen und Glauben. Von seiten ein und derselben Person aber kann rücksichtlich ein und desselben Gegenstandes wohl ein Meinen und Wissen zugleich bestehen; jedoch dann nach verschiedenen Seiten hin, so dass nämlich jemand über ein und dieselbe Sache eine Eigentümlichkeit oder eine Beziehung bestimmt weiß und von einer anderen Eigentümlichkeit oder Beziehung nur ein Meinen hat. Und ahnlich kann rücksichtlich Gottes jemand wissen, dass er ein einiger ist; und glauben, dass er in drei Personen subsistiert. Schlechthin über Ein und dasselbe, d. h. unter ein und derselben Beziehung aber kann nicht zugleich ein Meinen bestehen und ein Wissen; oder Glauben und Wissen. Denn was das bloße Meinen betrifft, so ist es dem Wesen des Wissens entsprechend, dass man der Überzeugung ist, die Sache könne sich nicht anders verhalten; dem Wesen des Meinens jedoch ist es entsprechend, dass man annimmt, die Sache könne sich auch anders verhalten. Was aber den Glauben anbelangt, so ist das Geglaubte wohl auch mit zuverlässiger Gewissheit ausgestattet, jedoch ist da das Gewusste geschaut, das Geglaubte nicht geschaut. [3] 

„Keiner glaubt, ausser weil er will;“ Augustinus, 24. in Joan. 
Von einem Fordern ist da also keine Rede. Die Glaubensartikel sind in der Glaubenslehre das, was die durch sich selber bekannten Prinzipien für die natürliche Vernunft sind. Darin wird nun eine gewisse Ordnung gefunden, dass nämlich einzelne solcher Prinzipien in den anderen miteingeschlossen sind. So werden z. B. alle solche Prinzipien auf dieses Grundprinzip zurückgeführt: „Unmöglich ist es, das durchaus Nämliche zugleich zu behaupten und zu verneinen.“ In dieser Weise sind auch alle Glaubensartikel nach Hebr. 11. eingeschlossen in diesen beiden „zu glauben, dass Gott ist; und dass er denen, die Ihn suchen, der Belohner ist“ d. h. Sorge trägt für das Heil der Menschen. Denn im „Sein“ Gottes ist Alles eingeschlossen, was wir als in Gott von Ewigkeit existierend glauben, worin also unsere Seligkeit besteht. Im Glauben aber an die Vorsehung ist Alles eingeschlossen, was von Gott zum Heile der Menschen ausgeht, was also der Weg zur Seligkeit ist. Und ähnlich sind wieder in den einen Artikeln andere enthalten, wie im Glauben an die Erlösung eingeschlossen ist der an die Menschwerdung Christi, an sein Leiden etc. Soweit also es die Substanz oder den Inhalt der Artikel angeht, ist keine Zunahme anzuerkennen im Verlaufe der Zeit; denn was die Späteren ausdrücklich bekannten, war enthalten bereits in dem Glauben der Väter. Aber mit Rücksicht auf die ausdrückliche Erklärung des zu Glaubenden wuchs die Zahl der Artlkel; denn was von den Späteren mit ausdrücklichen Worten geglaubt wurde, ward nicht von den Vätern mit ausdrücklichen Worten vorgestellt. Deshalb sagt der Herr zu Moses (Exod. 6.): „Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und meinen Namen Adonai (Herr) habe ich ihnen nicht angezeigt.“ Und David sagt (Ps. 118): „Mehr als die Alten habe ich verstanden.“ Ebenso der Apostel (Ephes. 3.): „In den anderen Geschlechtern ward nicht gekannt das Geheimnis Christi, wie es jetzt den heiligen Aposteln und den Propheten offenbar geworden.“ Das zu Hoffende war immer dasselbe. Da es aber nur durch Christum erreicht werden konnte, so waren die Menschen um so weiter entfernt von dessen Erreichung, je weiter sie der Zeit nach von Christo entfernt waren. Deshalb sagt Paulus (Hebr. 11.): „Gemäß dem Glauben sind diese alle verschieden; die Erfüllung der Verheissung ist ihnen nicht geworden, sondern von weitem schauten sie auf dieselbe.“ Je weiter aber etwas entfernt ist, desto unbestimmter wird es gesehen; und deshalb erkannten bestimmter und ausdrücklicher das durch Christum zu Hoffende jene, die Christo näher standen. Ein Fortschreiten in der Kenntnis findet 1. statt von seiten des Lehrenden (sei dies einer oder seien es mehrere), der in der Erkenntnis im Laufe der Zeit fortschreitet; und diese Zunahme findet statt in den menschlichen Wissenschaften;  2. von seiten des Lernenden, dem der Lehrer nicht gleich im Beginne die ganze Kenntnis mitteilt, sondern gemäß der Fassungskraft desselben nach und nach; und so schritten die Menschen fort im Laufe der Zeiten in der Kenntnis des Glaubens. Deshalb vergleicht der Apostel (Gal. 3.) den Stand des Alten Testamentes mit der Kindheit. Die einwirkende Ursache und der Stoff werden für die Erzeugung erfordert. Gemäß der Ordnung in den wirkenden Ursachen nun ist der Natur nach früher was vollendeter ist; und so nimmt die Natur vom Vollkommenen her ihren Anfang, denn Unvollkommenes wird zur Vollendung geleitet nur durch vorherbestehendes Vollendete. Gemäß der Ordnung aber, wie sie dem Stoffe als der Materialursache zukommt, ist früher das Unvollkommene; und danach geht die Natur vom Unvollkommenen zum Vollkommenen. Nun ist im Bereiche des Glaubens Gott, das vollendete Wissen, wie wirkende Ursache; und der Mensch ist da wie der das Einwirken Gottes aufnehmende Stoff. Also musste vom Unvollkommenen zum Vollendeten hin fortschreiten die Kenntnis des Glaubens. Und obgleich unter den Menschen immer einzelne waren in der Weise der wirkenden Ursache, denn sie waren Lehrer des Glaubens, so wird doch die Offenbarung des Geistes gegeben zum gemeinsamen Besten, wie es 1. Kor. 12. heisst. Danach also wurde den alten Vätern so viel Glaubenskenntnis gegeben, wie viel notwendig war, für jene Zeit dem Volke zu lehren; sei es nackt und offen sei es in Figuren. Die letzte Vollendung der Gnade vollzog sich durch Christum, wonach seine Zeit auch „die Fülle der Zeiten“ genannt wird. Wer also Christo näher stand, sei es vorher, wie Johannes der Täufer, sei es nachher, wie die Apostel, haben in höherem Grade teilgenommen an dieser Fülle. So hat auch der Mensch um so mehr Kraft, je näher er der Jugend steht, wo er in der Vollendung ist. [4] 

Was wissenschaftlich bewiesen werden kann, muss nicht als Glaubensartikel mitaufgezählt werden. Dass Gott nun ein einiger ist, kann bewiesen werden. Also darf das:„Ich glaube an einen Gott“ , wie es im Islam üblich ist, kein Glaubensartikel sein. An und für sich gehört zum Glauben das, "durch dessen Schauen wir in der Ewigkeit selig sein werden; und das, wodurch wir zur Seligkeit geführt werden." Zweierlei nun werden wir schauen: das Innere der Gottheit und das Geheimnis der Menschheit Christi, wodurch wir Zutritt haben zur Herrlichkeit der Kinder Gottes. (Röm. 5.) Deshalb heisst es Joh. 17.: „Das ist das ewige Leben, dass sie Dich erkennen, den alleinigen wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesum Christum.“ Einige Glaubensartikel also zuvörderst gehören der Majestät der Gottheit an; und einige dem Geheimnisse der Menschheit Christi, „dem Sakramente der Hingebung“. (1. Tim. 4.) Mit Rücksicht auf die Majestät der Gottheit werden nun als zu glauben vorgestellt: 1. die Einheit Gottes, der erste Artikel; 2. die Dreiheit der Personen und danach sind drei Artikel gemäß den drei Personen; 3. einzelne Werke der Gottheit, von denen das erste das Sein der Natur betrifft, die Erschaffung; das zweite das Sein der Gnade, wonach in einem Artikel alles die menschliche Heiligung Betreffende enthalten ist; das dritte das Sein der Herrlichkeit berücksichtigt, wonach ein Artikel die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben vorstellt. So sind also sieben Artikel mit Rücksicht auf die Gottheit. Mit Rücksicht auf die Menschheit Christi sind ebenfalls sieben Artikel, welche betreffen: die Menschwerdung, die Geburt, das Leiden, das  Hinabsteigen zur Hölle, die Auferstehung, die Himmelfahrt, die Wiederkunft am Ende der Welt. Andere unterscheiden nur zwölf Artikel: sechs auf die Gottheit bezügliche und sechs die Menschheit Christi betreffende. Denn die drei Artikel von den drei göttlichen Personen ziehen sie in einen zusammen, weil eine nämliche Kenntnis die drei Personen umfasst. Den einen Artikel aber über die Verherrlichung dehnen sie in zwei aus, in die Auferstehung des Fleisches und die Herrlichkeit der Seele. Ebenso nehmen sie die Menschwerdung und die Geburt in einen zusammen. Die unbeschränkte Allmacht und Vorsehung Gottes und dass er allein anzubeten ist, was Alles die natürliche Vernunft der alten Philosophen nicht erforschen konnte, wird eingeschlossen im Artikel der Einheit Gottes. Der Name „Gott“ bereits besagt eine gewisse Vorsehung. (l. Kap. 13) Die Allmacht aber schliesst ein das Wissen und das Wollen. Denn Gott könnte nicht Alles hier unten tun, wenn er nicht Alles könnte und für Alles vorsorgte. Eine einige Kenntnis geht auf den Vater, den Sohn und den heiligen Geist auf Grund des einen Wesens. Mit Rücksicht aber auf die Relationen des Ursprungs wird in der Kenntnis der Person des Vaters gleichsam eingeschlossen die des Sohnes; denn er wäre nicht Vater, wenn er keinen Sohn hätte und das Band vom Vater und Sohn ist der heilige Geist. Danach haben jene recht, welche diesbezüglich nur einen Artikel ansetzen. Weil aber betreffs jeder einzelnen Person Manches zu erwägen ist, was nicht bei der anderen sich findet; wie ja auch mit Beziehung darauf verschiedene Irrtümer vorkamen, so kann man hier auch drei besondere Artikel ansetzen. Denn Arius anerkannte den Vater als allmächtig und ewig, aber nicht den Sohn als dem Vater wesensgleich; und deshalb war ein besonderer Artikel über die Gottheit des Sohnes notwendig. Ebenso musste gegen Macedonius die Gottheit des heiligen Geistes ausdrücklich erklärt werden. Und so können auch die Menschwerdung und Geburt, und gleichfalls die Auferstehung und das ewige Leben mit Grund in einem Artikel verbunden werden; denn auf ein und dasselbe haben sie Beziehung; oder sie können als getrennte Artikel dastehen, insoweit ein jedes dieser Geheimnisse besondere Schwierigkeiten bietet. Der Sohn und der heilige Geist werden zur Heiligung der Kreatur gesandt; was vom Vater nicht gilt. Deshalb sind auf diese beiden Personen mehrere Artikel gerichtet. Die Heiligung durch die Gnade und die Vollendung durch die Herrlichkeit geschieht durch die Gabe der heiligen Liebe, die dem heiligen Geiste zugeeignet wird sowie durch die Gabe der Weisheit, die dem Sohne zugeeignet wird. Die Eucharistie ist 1. Sakrament; und danach hat sie den nämlichen Charakter wie die anderen Wirkungen der heiligmachenden Gnade;  2. ist in ihr kraft eines Wunders der Leib Christi; und so ist sie eingeschlossen in der Allmacht, wie alle anderen Wunderwerke. [5] 

„Wenn jener Geist der Wahrheit kommen wird, wird Er euch alle Wahrheit lehren.“ - Joh. 16
„Der zu Gott herantreten will, müsse glauben.“ (Hebr. 11.) Damit aber jemand glaube, muss ihm der Glaube vorgestellt werden. Deshalb musste die Wahrheit des Glaubens wie in eins zusammen verbunden werden, damit sie so leichter vorgestellt werde und keiner betreffs ihrer in Unkenntnis bleibe. Diese Sammlung oder Verbindung der Glaubenspunkte nun nennt man eben danach Symbolum. Um die Wahrheit aus der Schrift zu schöpfen, muss man viel und lange studieren; denn sie findet sich da zerstreut und manchmal dunkel und verschiedenartig ausgedrückt. Das können aber nicht alle, die in Anderem ihren besonderen Beruf und ihre spezielle Lebensbeschäftigung haben. Deshalb war es gut, aus den Aussprüchen der heiligen Schrift die hauptsächlichen Glaubenspunkte zu sammeln und in eine Einheit zu verbinden, damit so die Kenntnis der Wahrheit allen offen stände. Das heisst aber nicht „zur heiligen Schrift etwas hinzufügen,“ sondern „aus ihr die Heilswahrheit entnehmen.“ In allen Symbola ist die nämliche Glaubenswahrheit enthalten. Dort und zu jener Zeit aber musste das Volk mit mehr Sorgfalt belehrt werden, wo Irrtümer auftauchten; damit nicht der Glaube bei den weniger Unterrichteten Schaden leide. Deshalb wurden mehrere Symbola abgefasst, deren Inhalt aber immer der gleiche ist. Nur ist in dem einen mancher Punkt ausdrücklicher erklärt, welcher im anderen weniger ausdrücklich enthalten ist. [6] 

Eine neue Formulierung des Symbolum sei wie bereits gesagt notwendig wegen neu auftauchender Irrtümer.Zu dessen Autorität also gehört es, ein neues Symbolum aufzustellen, dem es übertragen ist, an letzter entscheidender Stelle zu bestimmen, was Glaubensgegenstand sei, damit dieses von allen unerschütterlich festgehalten werde. Dies ist aber der Papst, an den nach den Dekretalien (extra, de bapt. c. Majores) die größeren und schwierigeren Fragen zu endgültiger Lösung gelangen. Deshalb ist auch vom Herrn (Luk. 22.) dem Petrus gesagt worden: „Ich habe für dich gebetet, Petrus, dass dein Glaube niemals wanke; und du, wenn du selbst bekehrt sein wirst, befestige deine Brüder.“ Der Grund davon ist, dass einer muss sein der Glaube in der Kirche, nach 1. Kor. 1.: „Das Nämliche sollt ihr Alle sprechen, auf dass in euch keine Spaltungen seien.“ Dies aber könnte nicht erreicht werden, wenn nicht die im Glauben entstehenden Zweifel und Fragen gelöst würden durch jenen, welcher der ganzen Kirche vorsteht; und wenn nicht so dessen Ausspruch festgehalten würde von der ganzen Kirche. Wie also alles Andere, was die ganze Kirche angeht, so gehört auch die Herausgabe eines neuen Symbolum dem Papste zu. Die Lehre Christi und der Apostel enthält in genügender Weise die Wahrheit des Glaubens. Weil aber „schlechte Menschen die Apostolische Lehre und die heiligen Schriften verkehrt haben zu ihrem eigenen Verderben“ (2 Petr.), deshalb war gegen die neu auftauchenden Irrtümer eine neue Erklärung des Glaubens erforderlich. [7] 
 
 

2. Zustimmend denken, Glaube; Der Glaube, von dem hier die Rede ist, "gründet auf der göttlichen Wahrheit, wo Falsches nicht mitunterlaufen kann"; wahre Wissenschaft stärkt den Glauben

„Denken“ wird genommen 1. gemeinhin für jedes tatsächliche Erwägen seitens der Vernunft, nach Augustin (14. de Trin. 7.): „Ich nenne das nun Verstehen, was wir denkend auffassen.“ Denken wird 2. genommen in mehr eingeschränkter Bedeutung für ein Erwägen der Vernunft, was mit einem gewissen Untersuchen verbunden ist, bevor man zur vollendeten Gewissheit der Anschauung gelangt; danach sagt Augustin (15. de Trin. 16.): „Gottes Sohn heisst nicht „Gedanke“ oder „Denken“, sondern „Wort“ Gottes. Denn wenn unser Denken dahin gelangt, dass wir wissen; und wenn es demgemäß geformt ist, heisst es unser Wort. Und deshalb muss man das persönliche Wort Gottes so verstehen, dass da kein Denken vorhergeht; als ob etwas nach einem Anderen geformt oder vollendet werden müsste, was vorher unentwickelt gewesen wäre.“ Danach nun ist Denken so recht eigentlich die Tätigkeit des überlegenden Geistes, der noch nicht zur Gewissheit des Schauens gelangt ist. Weil nun eine solche Bewegung sich vollziehen kann mit Rücksicht auf die Auffassungen des Allgemeinen, wie der Vernunft ein derartiges Erwägen entspricht; oder auch mit Rücksicht auf die Auffassungen des an sich Beschränkten und Besonderen, was dem sinnlichen Teile entspricht, so ist „Denken“ zuvörderst eine Tätigkeit der überlegenden Vernunft; und 3. eine Tätigkeit der sinnlichen Denkkraft. Wird nun „Denken“ in der erstgenannten Weise genommen, so besagt das „denkende Zustimmen“ nicht den ganzen Begriff dessen, was man „Glauben“ nennt. Wird es aber in der zweitgenannten Weise genommen, so ist es durchaus gleichbedeutend mit dem Begriffe „glauben.“ Denn von den Akten der Vernunft schliessen manche eine feste Zustimmung ein ohne solches Denken; wie wenn jemand betrachtet das, was er weiß oder erkennt, denn solche Betrachtung besitzt bereits ihre Vollendung und Form. Andere Akte der Vernunft aber schliessen ein noch unvollendetes Denken in sich ein ohne feste Zustimmung, wie wenn jemand zweifelt, d. h. zu keinem Gliede eines Gegensatzes hinneigt; oder wenn er mutmaßt, d. h. zu einem Teile des Gegensatzes wohl mehr hinneigt, aber nur auf Grund eines leichten Zeichens; oder wenn er eine Meinung hat, so dass er dem Ja oder dem Nein zwar anhängt, jedoch mit der Furcht, das Gegenteil könne wahr sein. Der Akt des Glaubens aber besagt eine durchaus feste Zustimmung; und kommt da überein mit dem Wissen und Verstehen; die Kenntnis jedoch, die er bedingt, ist noch nicht vollendet durch offenes Schauen; und darin kommt er überein mit dem Zweifelnden, Mutmaßenden, Meinenden. Und so ist es die eigentliche Bedeutung des Begriffes „glauben“: Zustimmend denken. Danach unterscheidet sich dieser Akt sonach von allen anderen Akten der Vernunft, die das Wahre und Falsche zum Gegenstande haben. [8]
"Die Ungläubigen glauben nichts Göttliches; auch nicht das Dasein Gottes unter den Verhältnissen und in der Weise wie der Glaube bestimmt." - Thomas von Aquin, II-II, q 2

„Wer lernt, der muss zuerst glauben“ - Aristoteles

"Und in dieser Weise stimmt der Mensch kraft des ihm eingegossenen Glaubenslichtes den Wahrheiten des Glaubens zu; und nicht dem Gegenteil davon. Deshalb also ist nichts Verdammenswertes in jenen, die in Christo sind, von Ihm nämlich erleuchtet durch den Glauben." - Thomas von Aquin, Ib.

Die vernünftige Natur allein aber hat unmittelbare Beziehung zu Gott. Denn die übrigen Naturen reichen nicht heran an etwas Allgemeines, sondern nur an etwas Beschränktes; indem sie an der göttlichen Güte Anteil haben, nur weil sie sind, wie die leblosen Dinge, oder weil sie leben und Beschränktes erkennen, wie die Pflanzen und Tiere. Einzig die vernünftige Natur hat, weil sie den allgemeinen Charakter des Guten und des Seins kennt, unmittelbare Beziehung zum allgemeinen Prinzip des Seins. Die Vollendung der vernünftigen Kreatur also besteht nicht allein darin, was ihr gemäß ihrer Natur zukommt, sondern auch darin, was ihr mitgeteilt wird infolge einer gewissen übernatürlichen Teilnahme an der göttlichen Güte. Deshalb wurde bereits früher gesagt, der letzte Endzweck des Menschen bestehe in der übernatürlichen Anschauung Gottes. Dazu kann der Mensch aber nur gelangen in der Weise eines lernenden, nach Joh. 6.: „Jeder, welcher gehört hat vom Vater und gelernt hat, kommt zu mir.“ Solcher Belehrung jedoch wird der Mensch nach dem Maße seiner Natur teilhaft nicht anders wie nach und nach, nicht auf einmal. Um aber zur vollendeten Kenntnis zu gelangen, muss ein jeder solcher lernende anfangen damit, dass er glaube: „Wer lernt, der muss zuerst glauben,“ heisst es bei Aristoteles,(l. Elench. 2.) Damit also der Mensch zur Vollendung der seligen Anschauung gelange, muss er zuerst Gott glauben, wie der Schüler dem lehrenden Meister. Weil die Natur des Menschen von einer höheren Natur abhängt, genügt zu ihrer Vollendung nicht die natürliche Kenntnis, sondern es wird auch die übernatürliche erfordert. Wie der Mensch kraft des natürlichen Lichtes der Vernunft den Grundprinzipien zustimmt, so hat der tugendhafte kraft der Tugend ein richtiges Urteil über das, was gemäß dieser Tugend ihm zukommt. "Und in dieser Weise stimmt der Mensch kraft des ihm eingegossenen Glaubenslichtes den Wahrheiten des Glaubens zu; und nicht dem Gegenteil davon. Deshalb also ist nichts Verdammenswertes in jenen, die in Christo sind, von Ihm nämlich erleuchtet durch den Glauben." Der Glaube nimmt in höherer Weise und mehr das Unsichtbare Gottes wahr; anders verhält es sich allerdings mit denen, die nicht in Christo sind, den Muslimen beispielsweise, die als Ketzer oder Ungläubige angesehen werden können.  [9] 
"Aus drei Gründen müsse der Mensch durch den Glauben empfangen das, was auch die natürliche Vernunft erkennt: 1. damit der Mensch schneller zur Kenntnis der göttlichen Wahrheit gelange. Denn die Wissenschaft, welche sich mit Beweisen über Gottes Dasein und über seine Vollkommenheiten befasst, ist die letzte und setzt viele andere Wissenschaften als bereits erkannte voraus. 2. Damit die Kenntnis Gottes ausgedehnter und gemeinsamer werde. Denn viele können sich nicht gut mit diesen Studien abgeben, weil sie entweder wenig Talent oder zahlreiche andere notwendige Beschäftigungen haben oder auch zu träge sind. Die Kenntnis Gottes würde also vielen verloren gehen. 3. Damit dieser Kenntnis über Gott Zuverlässigkeit innewohne. Denn die natürliche Vernunft ist an sich sehr schwach in göttlichen Dingen. Deshalb bestanden da, in der alten Philosophie, auch so viele Irrtümer und gegensätzliche Meinungen. Damit also die Kenntnis Gottes eine zweifellose sei, musste sie nach Weise des Glaubens vorgestellt werden; nämlich wie von Gott selbst gelehrt, der nicht lügen kann." - Thomas von Aquin, II-II, q 2

"Die Erklärung und Entfaltung des zu Glaubenden vollzieht sich durch göttliche Offenbarung, denn die Glaubensgegenstände überragen die menschliche Vernunft. Die göttliche Offenbarung aber gelangt in gewisser geregelter Stufenfolge durch die Höheren zu den Niedrigeren: zu den Menschen durch die Engel; zu den niedrigeren Engeln durch die höheren. (Vgl. Dionys. coel. hier. 4 et 7.) Und somit kommt auch die Erklärung des Glaubens zu den niedrigeren Menschen durch die höheren. Wie also die höheren Engel, von denen die Erleuchtung der niedrigeren ausgeht, eine eingehendere, vollendetere Kenntnis vom Göttlichen haben wie die niedrigeren; so sind auch die höheren unter den Menschen, deren Sache es ist, andere zu unterrichten, gehalten, eine eingehendere Kenntnis der zu glaubenden Punkte zu haben und somit mehr in ausdrücklicher Weise zu glauben. Die Erklärung des zu Glaubenden ist nicht für alle gleichmäßig zum Heile notwendig; denn mehr wie die anderen sind gehalten zu wissen jene, welche unterrichten sollen. Die einfältigeren sollen nicht in den schwierigeren Punkten des Glaubens geprüft werden; ausser wenn Verdacht besteht, sie seien von den Ketzern verdorben, welche gerade in verborgeneren, schwierigeren Teilen der Lehre die weniger Unterrichteten berücken. Letzteren aber wird eine solche Zustimmung zu ketzerischen Lehren nicht angerechnet, wenn sie nicht hartnäckig der verkehrten Ansicht anhängen. Soweit die Höheren der göttlichen Lehre anhängen, schließen in ihrem Glauben die Geringeren den ihrigen ein; wie es 1. Kor. 4. heisst: „Ahmet mir nach, wie ich Christum nachahme.“ Nicht also menschliche Kenntnis wird Glaubensregel, sondern die göttliche Wahrheit bleibt es."  - Thomas von Aquin, Ib. 

Diejenigen, die nicht in Christo sind, wie die Muslime, die also Ketzer oder Ungläubige sind, müssen unter besonderer Beobachtung stehen, denn sie können in ihren Moscheen Kinder und Jugendliche,  d.h. "die weniger Unterrichteten berücken" und verderben. Deshalb kann es auch keinen gesonderten islamischen Religionsunterricht geben, der von Ditib, Atib oder einer sonstigen islamischen Institutionen oder Stiftungen organisiert wird, wie es die Ministerpräsidenten einiger Bundesländer, grüne Spitzenpolitiker wie Al Wazir und sogar einige Würdenträger der Kirche in Deutschland favorisieren. Die Unterrichtung über den Islam kann immer nur von den christlichen Kirchen organisiert werden. Dazu bleibt der Glaube der allgemeinen Kirche immer aufrecht, nach Lk. 22.: „Ich habe für dich gebetet, Petrus, dass dein Glaube nicht wanke.“ [10] 
„Jener Glaube ist ein gesunder, kraft dessen wir überzeugt sind, kein Mensch, weder jung noch alt, werde von der Ansteckung der Erbsünde und der Pest des Todes befreit ausser durch den einen Mittler zwischen Gott und Menschen Jesum Christum.“ - Augustinus, de corr. et grat. 7
Jenes ist an sich und eigentlich Gegenstand des Glaubens, wodurch der Mensch die Seligkeit erwirbt. Der einzige Weg zur Seligkeit aber ist das Geheimnis der Menschwerdung und des Leidens Christi: „Kein anderer Name ist gegeben den Menschen unter dem Himmel, in welchem man das Heil erreichen könnte.“ Also in irgend welcher Weise musste bei allen das Geheimnis der Menschwerdung Christi zu jeder Zeit geglaubt sein; freilich in verschiedener Form je nach der Verschiedenheit der Zeiten und der Personen. Denn vor der Sünde hatte der Mensch im Glauben Kenntnis von dem Geheimnisse der Menschwerdung, insoweit es Beziehung hatte zur Vollendung in der Herrlichkeit; nicht aber insoweit es hingeordnet war zur Befreiung von der Sünde vermittelst des Leidens und der Auferstehung, denn der Mensch wusste seine Sünde nicht vorher. Deshalb heisst es da (Gen. 2, 24.): „Um dessentwillen wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Gattin anhängen;“ was der Apostel (Ephes. 5.) „ein großes Sakrament nennt in Christo und in der Kirche.“ Dieses Sakrament nicht gekannt zu haben, ist rücksichtlich des ersten Menschen nicht wahrscheinlich. Nach der Sünde ward ausdrücklicherweise das Geheimnis der Menschwerdung geglaubt, auch mit Rücksicht auf die Befreiung von der Sünde und vom Tode vermittelst des Leidens und der Auferstehung. Denn sonst hätten die heiligen Vorväter dieses Geheimnis des Leidens Christi nicht figürlich ausgedrückt in den Opfern, sowohl vor als auch unter dem Gesetze. Die Bedeutung dieser Opfer nun kannten klar und ausdrücklich die größeren unter dem Volke. Die geringeren aber glaubten unter der Hülle der betreffenden Opfer, diese letzteren seien von Gott angeordnet als Zeichen auf den zukünftigen Christus hin und hatten somit eine verhüllte Kenntnis. Und zwar erkannten sie das, was sich auf die Geheimnisse Christi bezog, desto klarer und ausdrücklicher, je näher sie Christo der Zeit nach standen. Nach der Zeit der offenbar gewordenen Gnade aber sind die höheren und geringeren verpflichtet, ausdrücklicherweise an die Geheimnisse Christi zu glauben, zumal mit Rücksicht auf das, was in der Kirche festlich begangen wird, und auf die Artikel, welche öffentlich vorgestellt werden. Tiefere Lehren über diese Geheimnisse müssen einzelne mehr oder minder kennen, je nachdem sie nach ihrem Stande und Amte berufen sind, andere zu unterrichten. Nicht ganz und gar war den Engeln das Geheimnis des Reiches Gottes verborgen, wie Augustin (5. de Gen. ad litt. 19.) dartut. Betreffs einzelner Gründe und Beziehungen aber erkannten sie es besser zu jener Zeit, als Christus es in aller Fülle offenbarte. Der heilige Johannes der Täufer hatte bereits das genannte Geheimnis öffentlich bekannt, nach Joh. 1.: „Ich habe geschaut und Zeugnis gegeben, dass dieser ist der Sohn Gottes.“ Deshalb lässt er nicht die Frage stellen: „Bist Du es, der Du gekommen bist?“, sondern: „Bist Du es, der da kommen soll?“ Auch das ist nicht wahr, dass er nicht gewusst hätte, der Herr sei gekommen, damit er leide; denn bereits hatte er, der Täufer, gesagt (Joh. 1.): „Siehe, das Lamm Gottes, welches hinwegnimmt die Sünden der Welt,“ womit er sein zukünftiges Opfer am Kreuze voraussagte. Zudem hatten dies Alles frühere Propheten auch gewusst und geweissagt, wie aus Isai. 53. hervorgeht. Vielen Heiden war die Offenbarung betreffs Christi geworden. So sagt Iob 19.: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Nach Augustin (13. C. Faust. 15.) weissagte auch die Sibylle Manches über Christus. Sind aber manche gerettet worden, ohne dass ihnen eine Offenbarung über Christum geworden wäre, so wurden sie doch nicht gerettet ohne Glauben an den Mittler. Denn hatten sie auch nicht in ausgedrückter Weise diesen Glauben, so war derselbe doch eingeschlossen im Glauben an die göttliche Vorsehung, kraft dessen sie die gläubige Überzeugung hatten, Gott werde in der Ihm wohlgefälligen Weise der Befreier der Menschen sein; und insofern einige der heilige Geist in ihrem Innern belehrte, nach Iob 35.: „Der da uns belehrt weit hinaus über die Tiere des Feldes;“ d. h. weit über die sinnliche Natur hinaus. [11] 
"Das Geheimnis der Menschwerdung Christi könne nicht ausdrücklicherweise geglaubt werden ohne den Glauben an die Dreieinigkeit. Denn es ist darin enthalten, dass der Sohn Gottes Fleisch angenommen, dass er die Welt durch den heiligen Geist erneuert hat und vom heiligen Geiste empfangen worden ist. Wie also das Geheimnis der Menschwerdung in ausdrücklicher Weise von den höheren geglaubt worden ist und von den geringeren unter der Hülle von Figuren; so verhält es sich auch mit dem Glauben an die Dreieinigkeit. Nach der Zeit der offenbar gewordenen Gnade also sind alle gehalten, ausdrücklicherweise an die Dreieinigkeit zu glauben; und alle, die in Christo wiedergeboren werden, empfangen diese Gnade durch die Anrufung der Dreieinigkeit, nach Matth.: „Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Jene zwei Hebr. 11. erwähnten Punkte über Gott ausdrücklich zu glauben, war zu jeder Zeit und für alle notwendig; es genügte aber nicht für jede Zeit und für alle. Vor der Ankunft Christi war der Glaube an die Dreieinigkeit verborgen und eingeschlossen im Glauben der höheren. Durch Christum und die Apostel ist er offen der Welt verkündet worden. " - Thomas von Aquin, II-II, q 2
Was notwendig zum Heile ist, fällt unter das göttliche Gebot. Das äussere Bekenntnis des Glaubens nun kann seiner Natur nach nur unter ein affirmatives Gebot fallen. Also darüber was zum Heile notwendig ist, gilt dasselbe wie über die affirmativen Gebote. Diese aber verpflichten wohl immer, aber nicht so, dass sie zu jeder Zeit tatsächlich erfüllt werden müssten (I., II. Kap. 88) (semper, sed non ad semper). Vielmehr verpfiichten sie für bestimmte Verhältnisse und Umstände in Zeit und Ort, wonach der menschliche Akt sich richten muss, um Tugendakt zu sein. Also für bestimmte Zeit und Ortsverhältnisse ist es zum Heile notwendig, den Glauben äusserlich zu bekennen; nicht zu jeder Zeit ist man dazu verpflichtet. "Die Verpflichtung tritt nun dann ein, wenn durch die Unterlassung des Bekenntnisses Gott die gebührende Ehre entzogen würde oder dem Nächsten der Nutzen, den er beanspruchen kann; z. B. wenn jemand, gefragt um seinen Glauben, schweigen wollte und die anderen daraus schlössen, er hätte keinen oder nicht den richtigen und so andere auf Grund seines Schweigens vom Glauben abfallen würden. In diesem Falle und ähnlichen ist das Bekenntnis des Glaubens zum Heile notwendig. Der Zweck des Glaubens ist der Zweck der Liebe, also die Liebe Gottes und des Nächsten. Wann also die Ehre Gottes oder der Nutzen des Nächsten es so erfordert, muss der Mensch sich nicht damit begnügen, selber kraft seines Glaubens mit der göttlichen Wahrheit Verbunden zu sein, sondern muss seinen Glauben äusserlich vor anderen bekennen. Im Falle der Notwendigkeit, wenn nämlich der Glaube Gefahr läuft, ist jeder gehalten, seinen Glauben zu offenbaren; sei es um die anderen zu unterrichten sei es um sie zu kräftigen sei es um dem Spotte der Ungläubigen entgegenzutreten." Entsteht ohne irgend einen Nutzen für den Glauben oder für die Gläubigen aus dem äusseren Bekenntnisse des Glaubens eine Verwirrung unter den Ungläubigen, so ist es nicht lobenswert, in solchem Falle den Glauben zu bekennen; denn „man soll das Heilige nicht den Hunden geben und die Perlen nicht den Schweinen, damit sie sich nicht umkehren und euch zerfleischen.“ (Matth. 7.) Besteht aber ein Nutzen für den Glauben oder eine Notwendigkeit, so muss man trotz der Verwirrung den Glauben bekennen. Deshalb sagte der Herr den Jüngern, die Ihm berichtet hatten, die Pharisäer hätten an seinen Worten Ärgernis genommen: „Lasset sie; sie sind blind und Führer von Blinden.“ (Matth. 15.) Zum Beispiel sein Kreuz abzulegen, um in den von Muslimen okkupierten Felsendom in Jerusalem einzutreten, wie es Bischof Heinrich Bedford-Strom und Kardinal Marx praktizierten, heisst, "durch die Unterlassung des Bekenntnisses Gott die gebührende Ehre" entziehen; diese Vertreter der christlichen Kirche versäumten es, ihren "Glauben äusserlich vor anderen bekennen." Die Tatsache, dass sie sich sogar gegen das Aufhängen von christlichen Symbolen in Deutschland ausgesprochen haben und sich für den Bau prunkvoller Moscheen einsetzen, lässt vermuten, dass es sich eher um verkappte Muslime oder Großmuftis handelt. Die verkappten Muslime Bischof Heinrich Bedford-Strom und Kardinal Marx, die in Deutschland offiziell die Christenheit vertreten, in Wirklichkeit aber für die Verbreitung des Islams eintreten, stehen auch dafür, dass "der Schlendrian einkehren konnte." Durch ihre indifferente Haltung sind sie "an der prekären Lage des organisierten Christentums in Deutschland" mit Schuld und sind dafür verantwortlich, dass die Kirchen "Mitglieder ohne Ende" verlieren. "Binnen eines Jahres haben beide Kirchen zusammen etwa 660 000 oder 1, 8 Prozent ihrer Mitglieder verloren." In fünf Jahren "dürften dann erstmals weniger als die Hälfte der Deutschen einer der beiden großen Kirchen angehören. 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, waren es noch mehr als siebzig Prozent. In der EKD waren damals 29, 5 Millionen Protestanten organisiert. Heute ist die evangelische Kirche mit 21, 5 Millionen Mitgliedern inzwischen sogar kleiner als die katholische mit 23, 3 Millionen." Es kommt auf eine "aktive Grundhaltung" an, "von der sich auch die Kirchen in die Pflicht nehmen lassen sollten." [12] 

Nun ist die erste Wahrheit der Gegenstand des Glaubens, insofern sie nicht geschaut ist; und ebenso bildet den Gegenstand des Glaubens Alles das, dem man auf Grund der ersten Wahrheit zustimmt. Danach also steht die erste Wahrheit selber zum Akte des Glaubens im Verhältnisse des Zweckes, auf Grund dessen dass sie nicht geschaut ist; was das Wesen des Gehofften ausmacht, denn „wir hoffen, was wir nicht sehen,“ heisst es Röm. 8. Die Wahrheit nämlich schauen besagt ebensoviel als sie besitzen; wer aber etwas besitzt, der erhofft es nicht. (I., II. Kap. 67) So wird also die Beziehung des Glaubensaktes zum Zwecke, welcher Gegenstand des Willens ist, ausgedrückt mit den Worten: „Der Glaube ist die Substanz der zu hoffenden Dinge.“ Denn Substanz nennt man den ersten Beginn irgend welchen Dinges; und zumal wenn das ganze folgende Ding im ersten Beginn, im ersten Prinzip, der Kraft nach enthalten ist. So sagen wir, die ersten unbeweisbaren Prinzipien seien die Substanz der Wissenschaft; denn das Erste, was von der Wissenschaft in uns ist, sind dergleichen Prinzipien und in ihnen ist dem Vermögen oder der Kraft nach die ganze Wissenschaft enthalten. In der nämlichen Weise nun heisst es hier, der Glaube sei „die Substanz der zu hoffenden Dinge.“ Denn der erste Beginn der zu hoffenden Dinge ist in uns kraft der Zustimmung, die vom Glauben kommt, welcher der Kraft nach Alles was wir hoffen in sich enthält. Auf Grund dessen nämlich hoffen wir, beseligt zu werden, weil wir offen schauen werden jene Wahrheit, welcher wir jetzt kraft des Glaubens anhangen. (Vgl. I., II. 3) Die Beziehung nun des Glaubensaktes zum Gegenstande der Vernunft, insoweit dieser der Gegenstand des Glaubens ist, wird ausgedrückt mit den Worten: „Beweis des Nicht-Erscheinenden“. Denn kraft des Beweises hängt jemand einer Wahrheit fest an; also die feste Zustimmung der Vernunft zur Glaubenswahrheit wird „Beweis“ genannt. Deshalb hat ein anderer Text (Aug. tract. 79. in Joan.) anstatt argumentum Beweis, convictio Überzeugung; denn durch die Autorität Gottes wird die Vernunft des glaubenden überzeugt, um fest dem anzuhängen, was sie nicht schaut. Wollte jemand also dem Apostolischen Texte die Form einer Definition geben, so würde er sagen: „Der Glaube ist ein Zustand des Geistes, wodurch in uns das ewige Leben begonnen wird und der da macht, dass die Vernunft fest zustimmt dem Nicht-Erscheinenden.“ Dadurch wird der Glaube unterschieden von allem Anderen, was der Vernunft angehört. Denn durch den Ausdruck „Beweis“ wird der Unterschied angegeben zwischen dem Glauben und der bloßen Meinung, dem Mutmaßen, dem Zweifel; da in allem diesem keine feste Zustimmung der Vernunft sich findet. Durch das „Nicht-Erscheinende“ wird der Glaube unterschieden vom Wissen und vom Verständnisse, die sich auf etwas Erscheinendes richten. Durch den Zusatz „der zu hoffenden Dinge“ ist der Unterschied gegeben vom gewöhnlichen Glauben; denn dieser hat keine Beziehung zur erhofften Seligkeit. Alle anderen Definitionen sind nur Erläuterungen zu dieser Apostolischen. Denn Augustin (40. in Joan.; lib. 2. QQ. evang. 9, 39.) erklärt: „Der Glaube ist eine Tugend, kraft deren geglaubt wird, was man nicht schaut.“ Und Damascenus (4. de orth. fide 12.): „Der Glaube ist eine Zustimmung, die nicht auf Grund einer Untersuchung gegeben wird.“ Andere sagen: „Der Glaube ist eine gewisse Sicherheit der Seele, die Abwesendes betrifft und mehr ist als bloßes Meinen, weniger wie Wissen.“ Das Alles aber ist das Nämliche wie das, was der Apostel sagt: „Der Beweis des Nicht-Erscheinenden.“ Die Worte des Dionysius aber (7. de div. nom.): „Der Glaube ist das dauernde Fundament der Gläubigen, welches sie auf die Wahrheit stellt und in ihnen selbst die Wahrheit zeigt“ bedeuten dasselbe wie der Ausdruck Pauli: „Die Substanz der zu hoffenden Dinge. [13] 

"Unmittelbar aber ist Glauben direkt ein Akt der Vernunft; denn sein Gegenstand ist das Wahre, was immer zur Vernunft gehört. (Credere autem est immediate actus intellectus, quia obiectum huius actus est verum, quod proprie pertinet ad intellectum)"  - Thomas von Aquin, II-II, q 4
Wo also ein Zustand immer das Prinzip von guter Tätigkeit ist, da ist dieser Zustand Tugend. So verhält es sich aber mit dem geformten Glauben. Denn da Glauben ein Akt der Vernunft ist, welche infolge der Bestimmung vom Willen aus zustimmt, so muss, damit dieser Akt gut sei, zuerst die Vernunft unfehlbar auf ihren Gegenstand sich richten, auf das Wahre; und der Wille muss sodann unfehlbar Beziehung haben zum letzten Endzwecke, dessentwegen er dem Wahren zustimmt. Beim geformten Glaubensakte nun ist dies Beides der Fall: die Vernunft geht immer auf das Wahre, denn dem Glauben kann sich nie Falsches beimischen; und der Wille geht kraft der Liebe immer auf den Endzweck. Also ist der geformte Glaube eine Tugend. Was den ungeformten Glauben betrifft, so fehlt da die gebührende Vollendung von seiten des Willens. So würde ebenso, wenn die Mäßigkeit in der Begehrkraft wäre, nicht aber die Klugheit in der Vernunft, diese Mäßigkeit keine Tugend sein. (Vgl. I., II. Kap. 50) Das Wahre ist das Gut für die Vernunft. Also insoweit hat der Glaube an sich bereits Beziehung auf ein gewisses Gut. Insoweit jedoch der Glaube durch die heilige Liebe noch weiter vollendet wird, hat er noch dazu Beziehung zum Guten an sich, dem Gegenstande des Willens. "Der Glaube, von dem Aristoteles spricht, stützt sich auf die menschliche Vernunft, der jedoch dabei von seiten des Gegenstandes keine Notwendigkeit für die Schlußfolgerung geboten wird und wo also Falsches beigemischt sein kann; somit ist ein solcher Glaube keine Tugend. Der Glaube aber, von dem hier die Rede, gründet auf der göttlichen Wahrheit, wo Falsches nicht mitunterlaufen kann." Der Glaube, von dem hier die Rede ist, "gründet auf der göttlichen Wahrheit, wo Falsches nicht mitunterlaufen kann", der muslimische Glaube dagegen gründet nicht auf der göttlichen Wahrheit, weshalb dort auch Falsches mitunterlaufen kann. [14] 
„Die Wissenschaft stärkt den Glauben.“ - Augustinus, 14. de Trin. 1
Zwei unter den Tugenden in der Vernunft beschäftigen sich mit dem, was sein und nicht sein kann, nämlich die Klugheit und die Kunst. Diesen steht voran der Glaube in der Gewissheit auf Grund seines Gegenstandes, der da ist das Ewige, was nicht anders sein kann. Die drei anderen Tugenden in der Vernunft, die Weisheit, die Wissenschaft und das Verständnis beschäftigen sich mit dem Notwendigen. (1., II, Kap. 57) Jedoch gelten sie alle drei einmal als Tugenden in der Vernunft (6 Ethic. 3, 6, 7.); dann als Gaben des heiligen Geistes. Werden sie als Tugenden betrachtet, so wird die Gewissheit 1. bemessen gemäß der Ursache der Gewissheit, denn Jenes steht höher in der Gewissheit, was eine zuverlässigere Ursache hat; und danach ist der Glaube gewisser als sie alle drei insgesamt, denn die Ursache seiner Gewissheit ist die göttliche Wahrheit, während für die Gewissheit in diesen drei Tugenden die menschliche Vernunft die Ursache bildet; 2. wird die Gewissheit bemessen von seiten der daran Anteil habenden Vernunft, je nachdem die menschliche Vernunft in größerer Fülle den Gegenstand in sich aufnimmt; und danach, insofern das, was der Glaube vorstellt, die menschliche Vernunft überragt, nicht dies aber mit dem der Fall ist, was die besagten drei Tugenden vorstellen; danach also ist der Glaube minder gewiß. Weil nun Jegliches schlechthin beurteilt wird gemäß seiner Ursache, gemäß der Verfassung des daran teilnehmenden Subjekts aber nur unter gewissen Bedingungen; deshalb ist schlechthin der Glaube in höherem Grade gewiß; unter gewissen Bedingungen aber, d. h. mit Rücksicht auf uns, können die drei besagten Tugenden höhere Gewissheit in sich einschließen. Werden letztere aber als Gaben des heiligen Geistes genommen, so ist auch danach der Glaube mit höherer Gewissheit ausgestattet; denn er ist das Prinzip für diese drei Gaben. Jene Zweifel haben nicht ihren Grund in der Unzuverlässigkeit des Glaubens an sich; sondern darin dass wir nicht vollkommen mit der Vernunft zu dem hinanreichen, was im Glauben enthalten ist. Im allgemeinen ist das Sehen zuverlässiger wie das Hören. Wenn aber jener, den wir hören, weit überragt die Sehkraft des Sehenden, so ist das Hören zuverlässiger. So ist jemand, der wenig Wissen hat, gewisser, wenn er etwas von einem großen Gelehrten hört als wenn er das nur sieht, was seiner eigenen geringen Vernunft sich vorstellt. Also bei weitem mehr ist der Mensch gewiß, wenn er von Gott etwas hört, der sich nicht täuschen kann wie wenn er seiner eigenen Vernunft überlassen ist. Die Vollendung der Wissenschaft und des Verständnisses steht höher wie die Kenntnis des Glaubens mit Rücksicht darauf, dass das Gewußte und Verstandene mehr offenbar ist; nicht aber mit Rücksicht auf die festere Anhänglichkeit. Denn die ganze Gewissheit des Verständnisses und der Wissenschaft, insoweit sie Gaben sind, kommt von der Gewissheit des Glaubens; wie die Gewissheiten der Kenntnis der Schlussfolgerungen hervorgeht von der Gewissheit der Prinzipien. Als Tugenden aber stützen sie sich auf die menschliche Vernunft; der Glaube hingegen auf die göttliche Wahrheit, das Wort Gottes. [15] 
 

3. "Glaube in den Teufeln"

Der Wille kann nun zum Glauben bestimmen 1. auf Grund seiner Hinneigung zum Guten; und so ist glauben ein lobenswerter Akt; 2. auf Grund von Wundern und Zeichen, z.B. von Totenerweckungen, welche die Rede des Glaubens begleiten, so dass offenbar die Vernunft erkennt, es müsse dies von Gott kommen, der nicht lügt; obgleich das, was gesagt wird, für sich nicht evident ist, so dass der Wesenscharakter des Glaubens nicht entfernt wird. "Und in dieser letzteren Weise glauben die Teufel. Denn sie sehen viele offenbare Anzeichen, dass die Lehre der Kirche von Gott komme, obgleich sie die Wahrheiten, welche die Kirche lehrt, nicht in diesen selbst schauen; wie z. B. dass Gott dreieinig ist u. dgl. Der Glaube der Teufel ist gewissermaßen erzwungen durch die Evidenz der Zeichen und Wunder; also ist da für ihren Willen nichts Lobenswertes. Die Gnadengabe des Glaubens, auch des ungeformten, neigt den Menschen hin zum Glauben gemäß der Richtung des Willens auf das Gute. Der Glaube in den Teufeln also ist keine Gnadengabe, sondern erzwungen vielmehr durch die durchdringende Kraft ihrer natürlichen Vernunft. Der Umstand selber, dass die Zeichen und Wunder, welche den Glauben begleiten, so evident sind, dass sie dadurch zum Glauben gezwungen werden, missfällt den Teufeln; und wird somit dadurch in nichts ihre Bosheit gemindert." Wie die Muslime sehen die Teufel Anzeichen, dass die Lehre der Kirche von Gott komme, obgleich sie die christlichen Wahrheiten nicht erkennen; "wie z. B. dass Gott dreieinig ist u. dgl." [16]
"Im Häretiker, der sich weigert, einen einzigen Glaubensartikel anzunehmen, bleibe weder der geformte noch der ungeformte Glaube. Denn die Gattung eines jeden Zustandes hängt ab vom Formalgrunde im Gegenstande; ist dieser entfernt, so kann der Zustand seiner Gattung nach nicht mehr bleiben. Der Formalgrund im Gegenstande des Glaubens aber ist die erste Wahrheit, insoweit sie geoffenbart wird in der Schrift und der Kirchenlehre, welche ihren Ursprung hat in der ersten Wahrheit. Wer also der unfehlbaren und göttlichen Richtschnur, nämlich der katholischen Kirchenlehre, nicht anhängt, da diese aus der ersten in der Schrift geoffenbarten Wahrheit hervorgeht, der hat nicht in sich den Zustand des Glaubens; mag er auch das, was Gegenstand des Glaubens ist, in anderer Weise festhalten als durch den Glauben; wie wenn jemand in der Vernunft eine Schlussfolgerung festhält, trotzdem er den strengen Beweisgrund dafür nicht kennt, es offenbar ist, dass er kein Wissen hat von dieser Schlussfolgerung, sondern nur ein Meinen. So nun ist es offenbar, dass jener, welcher der Lehre der katholischen Kirche als der unfehlbaren Richtschnur anhängt, auch Allem zustimmt, was die Kirche lehrt. Denn sonst, wenn er von dem, was die Kirche lehrt das, was er will, annimmt und was er will, verwirft, hängt er nicht mehr der unfehlbaren Richtschnur der Kirchenlehre an, sondern dem eigenen Willen. Wer also einen Glaubensartikel nicht annimmt, der will offenbar nicht in Allem der Lehre der Kirche folgen. Tut er dies nun hartnäckigerweise, so ist er ein Ketzer; ist er nicht hartnäckig, so irrt er bloß. Ein solcher Ketzer also, der einem einzigen Artikel den Glauben versagt, hat auch keinen Glauben betreffs der anderen, sondern ein gewisses Meinen je nach seiner Auswahl. Die anderen Artikel hält der Ketzer nicht fest wie die anderen Gläubigen, nämlich kraft der einfachen Anhänglichkeit an die erste Wahrheit, wozu der Mensch des Zustandes des Glaubens bedarf; sondern auf Grund seines Privaturteils. Bei den verschiedenen Schlussfolgerungen ein und derselben Wissenschaft gibt es verschiedene Beweisgründe, von denen der eine erkannt werden kann ohne den anderen. Allen Glaubensartikeln aber hängt man an auf Grund eines einzigen Beweismittels, nämlich auf Grund der ersten Wahrheit, wie sie uns in der Schrift nach der Lehre der Kirche vorgestellt wird. Wer also dieses Beweismittel zurückweist, der entbehrt durchaus des Glaubens. Die verschiedenen Gebote lassen sich auf je verschiedene nächste Beweggründe zurückführen; und so kann das eine ohne das andere beobachtet werden. Werden sie auf einen gemeinsamen ersten Beweggrund zurückgeführt, der da ist: vollkommen Gott gehorchen, so fällt davon ab wer auch immer nur ein Gebot übertritt, nach Jakob 2.: „Wer in einem anstößt, der ist der Übertretung aller schuldig.“  - Thomas von Aquin, II-II, q 5
Soweit der Gegenstand des Glaubens in Betracht kommt, ist der Glaube ganz gleichmäßig mit Rücksicht auf den formalen Grund; denn dieser ist die durchaus einfache erste Wahrheit; mit Rücksicht aber auf die materialen Glaubenspunkte kann der eine mehrere ausdrücklicherweise kennen wie der andere; und so kann demgemäß in dem einen der Glaube größer sein wie im anderen. Wird jedoch der Anteil am Glauben seitens der gläubigen Person erwogen, so kann da der Glaube größer sein im einen wie im anderen, 1. weil der eine fester und mit mehr Zuverlässigkeit demselben in seiner Vernunft anhängt; 2. weil er im Willen größere Bereitwilligkeit hat oder mehr Zuversicht oder mehr Andacht. Jener, der hartnäckig es zurückweist, einen Glaubensartikel anzunehmen, hat nicht den Zustand des Glaubens; welchen indessen jener andere hat, der nicht ausdrücklicherweise Alles glaubt, jedoch bereit ist, Alles zu glauben. Und nach dieser Seite kann jemand mehrere Glaubenspunkte in ausdrücklicherer Weise wissen wie der andere. Zum Wesen des Glaubens gehört es, dass die erste Wahrheit Allem voransteht. Jedoch kann der eine mit mehr Bereitwilligkeit sich ihr unterwerfen wie der andere. Das Verständnis der natürlichen Grundprinzipien folgt der menschlichen Natur selbst und deshalb ist es gleichmäßig in allen. Der Glaube aber folgt dem Geschenke der Gnade, das nicht gleichmäßig in allen ist. (Vgl. I, II. Kap. 112) Trotzdem durchdringt auch beim ersteren derjenige tiefer die Prinzipien, dessen Vernunft eine fähigere ist. [17]
 

4.  des Glaubens; Pelagianer

„Durch die Wissenschaft wird der Glaube in uns erzeugt, genährt, verteidigt, gestärkt.“ - Augustinus, 14. de Trin. 1
Zum Glauben werde erfordert: 1. dass dem Menschen das zu Glaubende vorgelegt werde, damit er etwas in ausdrücklicher Weise glaube; 2. dass er zustimme. Mit Rücksicht auf das Erste nun muss notwendig der Glaube von Gott kommen. Denn was der Glaube lehrt, überragt die menschliche Vernunft; also kann es nur zur Kenntnis des Menschen kommen, wenn Gott es offenbar macht. Manchen nun wird dies unmittelbar geoffenbart, wie den Aposteln und Propheten; manchen vermittelst der Prediger des Wortes Gottes, nach Röm. 10.: „Wie sollen sie predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ Mit Rücksicht auf das Zweite gibt es eine doppelte Ursache: a) die eine leitet von aussen her zum Glauben an wie das Wunder oder die überzeugende Rede eines Menschen. Diese Ursache aber ist nicht hinreichend; denn viele sehen das nämliche Wunder und hören die gleiche Predigt, glauben aber nicht, während andere glauben. Deshalb ist noch erforderlich b) die andere Ursache, die innerlich den Menschen bestimmt, dem Glauben anzuhängen. "AIs diese letztere Ursache betrachteten die Pelagianer den freien Willen des Menschen allein und sagten sonach, der Anfang des Glaubens sei von uns; insofern nämlich es von uns käme, dass wir bereit seien, dem zuzustimmen, was der Glaube lehrt; dagegen sei die Vollendung des Glaubens von Gott, weil uns dieser vorlegt, was zu glauben ist. Doch das ist ganz falsch. Denn dadurch eben dass der Mensch dem Glauben zustimmt, wird er über die Natur erhoben und somit muss das von einem ihm innerlichen Prinzip kommen, das über die Natur hinaus ihn bewegt, und dieses Prinzip ist Gott. Also was die Zustimmung betrifft, ist der Glaubensakt in erster Linie von Gott, der innerlich bewegt durch die Gnade. Die Wissenschaft erzeugt, stärkt, verteidigt den Glauben in der Weise des von aussen her Überredenden. Die Hauptursache des Glaubens aber ist im Innern, als zur Zustimmung bewegend, Gott selber." [18]

Die Unvollendung des Glaubens aber gehört nicht zum Wesenscharakier des Glaubens selber, da der Glauben ungeformt genannt wird wegen des Mangelns einer von aussen hinzutretenden Form. Jenes also ist die Ursache des ungeformten, in der Liebe nicht vollendeten Glaubens, was Ursache des Glaubens überhaupt ist. Das aber ist Gott. Der ungeformte Glaube also ist eine Gabe Gottes. Der ungeformte Glaube ist nicht schlechthin vollkommen, insoweit er nicht die Vollendung einer Tugend besitzt. Er besitzt aber vollkommen den Wesenscharakter des Glaubens an sich, soweit es auf diesen allein ankommt. Das Missgestaltete im Akte der Sünde gehört zum inneren Wesen der Sünde; es ist der Mangel in der inneren Form, die da besteht in der gebührenden Abmessung der Umstände des menschlichen Aktes. Gott also verursacht wohl den Akt als Akt, aber nicht den wesentlich missgestalteten Akt; denn er verursacht nicht die Missgestalt. Oder: Die Missgestalt schliesst nicht nur den Mangel der gebührenden Form ein, sondern auch die der letzteren entgegengesetzte Verfassung, so dass eine solche Missgestaltung sich verhält zum Akte wie das Falsche zum Glauben. "Wie also ein missgestalteter Akt nicht von Gott ist, so auch kein falscher Glaube." Da der islamische Glaube ein nachweislich falscher Glaube ist, kann er nicht von Gott sein; bezeichnend ist, dass heute von fideistisch gesinnten Christen und Anthroposophen die "Frömmigkeit" und "Religiosität" betont wird, so dass jeder beliebige Glaube willkommen ist, also auch der islamische Irrglaube; auf den Wahrheitsgehalt kommt es ihnen nicht mehr an; diese Art Christen und verkappten Muslime berufen sich zum Beispiel auf Pelagius, dessen Position in den Jahren 417 / 418 dem katholischen Christentum im Sinne von Thomas von Aquin oder Augustinus unterlag.  [19]

"Die Unreinheit eines jeden Dinges bestehe darin, dass es mit Niedrigerem vermengt werde. Denn das Silber wird nicht unrein, wenn es mit Gold vermischt wird, dadurch wird es vielmehr besser und edler; wohl aber, wenn es mit Blei oder Zinn vermischt wird. Unrein also wird die vernünftige Kreatur, die wertvoller ist als alles Zeitliche und Körperliche, wenn sie sich zeitlichen Dingen durch die Liebe unterwirft. Und von dieser Unreinheit wird sie gereinigt durch die Bewegung zum Gegenteil hin, nämlich zu dem, was über ihr ist, zu Gott; in welcher Bewegung eben der Glaube besteht, denn „der Gott sich nähert, muss glauben.…“ Zuerst also reinigt der Glaube von der Unreinheit des Irrtums; und ist er durch die Liebe geformt und vollendet, so reinigt er vollkommen. In der Vernunft ist das Prinzip dessen, was in der Neigung sich findet; denn das aufgefasste Gute bestimmt den Willen. Auch der ungeformte Glaube schliesst immerhin eine gewisse Unreinheit, die des Irrtums, aus; diese entsteht dadurch, dass der Mensch in ungeregelter Weise niedrigeren Dingen anhängt und Sichtbares als Maßstab betrachten will für Göttliches. Wird der Glaube aber durch die heilige Liebe vollendet, so lässt er alles Unreine verschwinden" - Thomas von Aquin, II-II, q 7

 „Sie wussten und verstanden es nicht; in Finsternissen wandeln sie.“ - Ps. 81

Keiner aber, der im Stande der Gnade ist, wandelt in Finsternissen, nach Joh. 8.: „Wer mir folgt, wandelt nicht in Finsternissen.“ Alle, die im Stande der Gnade sind, müssen die Geradheit des Willens haben, weil durch die Gnade der Wille des Menschen vorbereitet wird zum Guten, nach Augustin (de praed. sauct. 1.; retr. 1, 22.) Der Wille aber kann nur auf Grund irgend welcher Kenntnis der Wahrheit in der rechten Weise zum Guten hingeordnet werden; denn der Gegenstand des Willens ist das von der Vernunft aufgefasste Gut. Wie aber durch die Gnadengabe der Liebe der heilige Geist den Willen regelt, dass er unmittelbar hingeordnet sei zum übernatürlichen Gute, so erleuchtet er durch die Gabe des Verständnisses den menschlichen Geist, dass dieser eine übernatürliche Wahrheit erkenne, nach deren Richtschnur der Wille seinen Gegenstand erstreben soll. Wie also die Gnadengabe der heiligen Liebe in allen ist, welche im Stande der Gnade sind, so auch die Gabe des Verständnisses. Die im Stande der Gnade sind, können an Stumpfheit des Geistes leiden mit Rücksicht auf Manches, was nicht zum Heile notwendig ist. Mit Beziehung auf das zum Heile Notwendige aber werden sie vom heiligen Geiste belehrt, nach 1. Joh. 27.: „Die Salbung des heiligen Geistes belehrt euch über Alles.“  Nicht alle, die Glauben haben, verstehen in vollkommener Weise das, was zu glauben vorgestellt wird; sie verstehen aber, dass es zu glauben sei und dass man davon nicht abweichen dürfe. [20]

Joh. 6.: „Ein Jeder, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir.“ Durch das Verständnis aber lernen wir und durchdringen wir das Gehörte. (Gregor 1. moral. 15.) Wer also die Gabe des Verständnisses hat, kommt zu Christo, was ohne die heiligmachende Gnade nicht angeht. Die Gaben des heiligen Geistes vollenden die Seele (I., II. Kap. 68), damit diese leicht in Tätigkeit zu setzen sei von seiten des heiligen Geistes. So wird also das Licht der Vernunft als die Gabe des Verständnisses aufgefasst, dass dadurch die Vernunft leicht beweglich werde für den Anstoß, der vom heiligen Geiste ausgeht. Solche Tätigkeit oder Bewegung der Vernunft aber wird nur gedacht mit Rücksicht auf die Erfassung jener Wahrheit, welche auf den letzten Endzweck sich richtet. Wenn also die menschliche Vernunft nicht bis zu dem Punkte von seiten des heiligen Geistes in Tätigkeit gesetzt wird, dass sie die rechte Wertschätzung des letzten Endzweckes sich aneignet, so hat sie noch nicht die Gabe des Verständnisses erlangt; mag sie auch mit Hilfe des heiligen Geistes andere vorbereitende Wahrheiten erfassen. "Eine rechte Wertschätzung des vorliegenden Zweckes nun hat allein jener, der sich rücksichtlich des Zweckes nicht täuscht, sondern demselben fest anhängt; und das geschieht, wenn der letzte Endzweck in Betracht kommt, einzig und allein kraft der heiligmachenden Gnade. Ohne Gnade also kann die Gabe des Verständnisses nicht bestehen." [21]

"Ein Tor ist jener, der über den gemeinsamen Zweck des menschlichen Lebens ein verkehrtes Urteil hat; was der Weisheit widerspricht, welche über die allgemeine erste Ursache alles Seins recht urteilt. Die Unkenntnis schliesst einen Mangel an Einzelkenntnissen in der Vernunft ein; und steht so entgegen der Wissenschaft, die in den Stand setzt, ein richtiges Urteil über die besonderen einzelnen Ursachen im Bereiche des Geschöpflichen zu haben." - Thomas von Aquin, II-II, q 8

5. Wissenschaft und Weisheit

Wo also der Mensch durch die Natur vollendet werden kann, da erweist sie sich nicht mangelhaft. Nun aber wird der Mensch, wenn er kraft der natürlichen Vernunftkraft gemäß seinem Verständnisse einer Wahrheit zustimmt, in zweifacher Weise mit Rücksicht auf diese Wahrheit vollendet: 1. weil er sie auffasst; 2. weil er ein zuverlässiges Urteil über sie hat. Damit also die menschliche Vernunft der Wahrheit des Glaubens beistimme, wird zweierlei erfordert: 1. dass sie richtig das Gehörte auffasst; und 2. dass sie ein zuverlässiges Urteil darüber besitzt, indem sie das zu Glaubende unterscheidet vom Nicht-zu-GIaubenden. Behufs des ersten Erfordernisses hat sie die Gabe des Verständnisses, behufs des zweiten die der Wissenschaft. Je nach der verschiedenen Seinsweise der betreffenden vernünftigen Natur ist verschieden die Art der Gewissheit in der entsprechenden Kenntnis. Denn der Mensch gewinnt ein sicheres Urteil kraft des Schließens der Vernunft; und deshalb wird menschliche Wissenschaft durch Beweisgründe erworben. Gott aber hat durch einfaches Anschauen seiner selbst das zuverlässig sichere Urteil der Wahrheit. (I. Kap. 14) Seine Wissenschaft also ist durchaus einfach und ohne Schließen. Und ihr ähnlich ist die Wissenschaft, welche als Gabe des heiligen Geistes bezeichnet wird. Einmal muss der Mensch wissen, was er zu glauben hat, und muss er somit unterscheiden das zu Glaubende vom Nicht-zu-Glaubenden. Danach haben alle Heiligen die Gabe der Wissenschaft. Dann gibt es eine Wissenschaft, wonach der Mensch noch des weiteren das zu Glaubende offenbaren, dazu anleiten, es verteidigen kann. Diese Wissenschaft nun ist eine zum Besten anderer verliehene Gnade; und wird nur manchen zu teil. Deshalb sagt Augustin gleich darauf: „Ein Anderes ist es zu wissen, was man zu glauben hat; ein Anderes, zu wissen, wie das Geglaubte den Frommen Beistand leistet und gegen die Gottlosen verteidigt wird.“ Die Gaben des heiligen Geistes sind vollendeter wie die moralischen Tugenden und die in der Vernunft; aber nicht vollendeter wie die theologischen Tugenden. Vielmehr haben sie Beziehung zu den letzteren und zu deren Vollendung wie zu ihrem Zwecke. Verschiedene Gaben können deshalb ganz wohl einer einzigen theologischen Tugend dienen.  [22] 
„Die Wissenschaft der göttlichen Dinge wird so recht eigentlich Weisheit genannt; der Kenntnis der menschlichen Dinge gibt man den Namen Wissenschaft.“ - Augustinus
Ein Urteil über eine Sache wird in erster Linie gemäß der Ursache derselben gegeben und somit muß man gemäß der Ordnung in den Ursachen die Ordnung in den Urteilen ersehen. Wie nämlich die erste Ursache die Ursache der untergeordneten ist, so wird über die ungeordnete geurteilt kraft der ersten. Über die erste Ursache aber kann man nicht urteilen vermittelst einer anderen Ursache. Also ist das Urteil, welches kraft der ersten Ursache gefällt wird, das erste und vollkommenste. Im Bereiche dessen aber, wo etwas das Vollkommenste ist, wird der gemeinsame Name der Art angeeignet dem, was vom Vollkommensein vielmehr absteht; dem Vollkommensten selbst wird ein spezieller Name zugeeignet; wie wir dies bei den Engeln z. B. sehen, wo der gemeinsame Namen dem niedrigsten Chore, also dem mindest vollkommenen, als Eigenname beigelegt wird. Weil nun der Name „Wissenschaft“ die Gewissheit eines Urteils einschliesst, so erhält das Urteil, welches kraft der ersten Ursache Gewissheit in sich hat, einen speziellen Namen, den der Weisheit. [23] 
"Denn weise wird in jedem Seinsbereiche derjenige genannt, welcher die höchste Ursache in jenem Seinsbereiche kennt und danach urteilt. Weise aber schlechthin, ohne Einschränkung heisst jener, der die schlechthin höchste Ursache kennt, nämlich Gott. Die Kenntnis der göttlichen Dinge also nennt man Weisheit; die Kenntnis der menschlichen nennt man Wissenschaft, wo der gemeinsame Name, welcher „Gewissheit“ besagt, dem Urteile zugeeignet wird, welches sich auf untergeordnete Ursachen stützt. Danach wird also unterschieden die Gabe der Wissenschaft von jener der Weisheit; denn sie befasst sich nur mit menschlichen oder geschaffenen Dingen. Der Glaube erstreckt sich auf Ewiges und Göttliches; er selbst aber ist etwas Zeitliches in der Seele des Glaubenden. Zu wissen also, was man glauben soll, gehört der Gabe der Wissenschaft an; zu wissen aber die geglaubten Sachen in ihrem eigenen Sein, wie sie sind, nämlich vermittelst einer gewissen Einigung mit selben, gehört der Gabe der Weisheit an. Die Gabe der Weisheit also entspricht mehr der Liebe, welche den Menschengeist mit Gott eint. Die Gabe der Wissenschaft besteht insoweit, als ihre Aufgabe beschränkt wird auf das Urteil, welches vermittelst der geschöpflichen Dinge gefällt wird. Sofern das, was in einer Wissenschaft Formalgrund ist, die leitende Stelle einnimmt, gehört es, wenn der Mensch vermittelst der geschaffenen Dinge Gott erkennt, vielmehr zur Wissenschaft als zur Weisheit; und umgekehrt wenn wir vermittelst der göttlichen Dinge und Gründe urteilen über die Geschöpfe, so ist dies mehr Weisheit wie Wissenschaft." - Thomas von Aquin, II-II, q 9

"Die geschaffenen Güter regen nur dann zur geistigen Freude an, wenn sie auf das göttliche Gut bezogen werden, von woher so recht eigentlich die geistige Freude kommt. Unmittelbar also entspricht der geistige Friede und Jubel der Gabe der Weisheit. Der Gabe der Wissenschaft aber entspricht zuerst die Trauer infolge der vergangenen Irrtümer; und dann der Trost, insoweit der Mensch nun die Kreaturen hinordnet zum göttlichen Gute auf Grund des Urteils, das ihm die Wissenschaft an die Hand gibt. Die Trauer wird also hier als das Verdienst gesetzt, die folgende Tröstung als Lohn, der hier beginnt und im Jenseits vollendet wird. Der Mensch kann manchmal trauern über die Sache selber, deren Wahrheit er betrachtet. Der Gabe der Wissenschaft in ihrem beschaulichen Teile entspricht keine Seligkeit; denn nicht in der Betrachtung der Kreaturen ist die Seligkeit des Menschen, sondern in der Anschauung Gottes. Im gebührenden tätigen Gebrauche der Kreaturen aber besteht eine gewisse Seligkeit; denn ein solcher Gebrauch ist der Weg zur ewigen Seligkeit." - Thomas von Aquin, II-II, q 9
 

6. Unordnung oder Täuschung in der Einbildungskraft, die oft zu falschen Meinungen Anlaß gibt

Der Unglaube kann aufgefasst werden: 1. im rein verneinenden Sinne, so dass ungläubig genannt wird, wer keinen Glauben hat;  2. gemäß einem gewissen Gegensatze zum Glauben, wonach jemand widerstrebt dem gehörten Glauben und ihn verachtet, nach Isai. 53.: „Wer hat geglaubt das, was er von uns hörte?“ Darin nun, in diesem Letzteren, liegt so recht eigentlich "der Wesenscharakter des Unglaubens; und danach ist dieser Sünde." Wird er in der ersten Weise betrachtet, wo man nichts gehört hat vom Glauben, so ist der Unglaube mehr Strafe; denn solche Unwissenheit in göttlichen Dingen kommt von der Erbschuld, welche der Stammvater hinterlassen hat. Die in solcher Weise ungläubig sind, werden wohl wegen der anderen Sünden verdammt, die ja ohne den Glauben nicht nachgelassen werden können; nicht aber werden sie verdammt wegen der Sünde des Unglaubens. Deshalb sagt der Herr bei Joh. 15.: „Wenn ich nicht gekommen wäre und zu ihnen gesprochen hätte, so würden sie nicht Sünde haben,“ wozu Augustin bemerkt: „Er spricht von jener Sünde, dass sie nicht an Christum geglaubt haben.“ Glauben tatsächlich haben, ist nicht in der Natur des Menschen; aber in der menschlichen Natur ist es, dass der menschliche Geist nicht widerstrebe dem innerlichen Antriebe und der Predigt der Wahrheit aussen. Danach ist also der Unglaube gegen die Natur; und danach sind die heutigen Agnostiker und Muslime Ungläubige. [23] 
"Der Unglaube schliesst Unwissenheit ein und Widerspruch gegen den Glauben; und von dieser letzten Seite her hat er den Charakter der schwersten Sünde. Von seiten der Unkenntnis hat er eine gewisse Entschuldigung." - Thomas von Aquin, II-II, q 10
Da also der Unglaube eine Todsünde ist, so entbehren die Ungläubigen, also die heutigen Agnostiker und Muslime, wohl ganz und gar der heiligmachenden Gnade; aber es bleibt in ihnen manches Gute der Natur. Somit können die Ungläubigen wohl keine Werke tun, die aus der Gnade hervorgingen und demgemäß verdienstlich wären; wohl aber können sie jene guten Werke tun, wozu das Gute in der Natur hinreichend ist. Also ist es nicht erforderlich, dass sie in jedem ihrer Werke sündigen, nur wenn sie auf Grund ihres Unglaubens etwas tun, dann sündigen sie. Denn wie ein Glaubender bisweilen Sünde tun kann in der Tätigkeit, die er nicht auf Gott bezieht, und zwar eine lässliche oder eine Todsünde; so kann der Ungläubige manchmal etwas Gutes tun, was er nicht auf den Zweck des Unglaubens bezieht. Das Leben der Ungläubigen kann nicht ohne Sünde sein, da die Sünde nur vermittelst des Glaubens getilgt wird; oder was sie infolge ihres Unglaubens und geleitet von selbem tun, das ist immer Sünde. Deshalb sagt Augustinus (4. c. Julian. 3.): „Denn jeder, der ungläubig lebt oder wirkt, sündigt im höchsten Grade.“ [24] 

Wird nun der Unglaube betrachtet im Verhältnisse zum Zwecke, so bestehen verschiedene Gattungen Unglauben und dieselben sind der Zahl nach bestimmt. Der Ungläubige nämlich lehnt sich auf gegen den Glauben: entweder, nachdem er ihn bereits empfangen hat, sei es in der Figur, wie die Juden oder in der offenbaren Wahrheit, wie die Ketzer; oder nachdem er den Glauben noch nicht empfangen hat, wie die Heiden. Wird aber der Unterschied betrachtet nach der Verschiedenheit der Irrtümer, so sind endlos viele Gattungen Unglauben. Der formal bestimmende Grund in der Sünde kann beachtet werden: 1. von seiten des Sünders; so ist das Gute, wozu dieser sich wendet, der Gegenstand der Sünde und danach werden verschiedene Gattungen hergestellt; 2. von seiten des Wesenscharakters im Übel; so ist jenes Gute, welches mangelt und von dem der Sünder sich entfernt, der formal bestimmende Grund; und nach dieser Seite hat die Sünde keine Gattung. Die erste Wahrheit nun ist in letztgenannter Weise Gegenstand des Unglaubens; denn der Ungläubige entfernt sich von ihr. Der formale Grund aber, zu dem er sich wendet, ist die falsche Meinung, welcher er folgt; und nach dieser Seite hin besteht die Verschiedenheit in den Gattungen. Wie also die heilige Liebe nur eine ist, denn nur ein höchstes Gut gibt es; der Laster, die der Liebe entgegengesetzt sind, aber gibt es mehrere, denn zu mehreren Klassen vergänglicher Güter wendet man sich. [25] 

"So ist der Glaube einer wegen der einen ersten Wahrheit; der Unglaube aber hat mehrere Gattungen, wegen der verschiedenen falschen Meinungen, denen man sich zuwendet. Der Unglaube, wenn er auch in vielen Dingen irrt, kann doch der Gattung nach einer sein, insofern diese vielen Irrtümer in Beziehung stehen zu einem leitenden Irrtum. Zudem kann der Mensch auch gemäß verschiedenen Gattungen des Unglaubens irren; wie ein Mensch verschiedenen Lastern unterworfen sein kann." - Thomas von Aquin, II-II, q 10
Der Unglaube kann 1. mit dem Glauben verglichen werden; und so ist die Sünde dessen größer, der dem einmal angenommenen Glauben widerstreitet, als die desjenigen, der den Glauben nie besaß; wie jener schwerer sündigt, der nicht tut, was er versprochen, als jener, der dasselbe nicht tut, es aber nie versprochen hat, zu tun. Danach also sündigen die Ketzer, die den Glauben an das Evangelium bekennen, ihn aber verderben, schwerer wie die Juden, die nie das Evangelium anerkannten. Und weil diese einmal den Glauben in der Figur anerkannten, welche sie jetzt schlecht erklären und verderben, so ist ihr Unglaube wieder schwerer, wie jener der Heiden. Es kann 2. im Unglauben betrachtet werden die Leugnung dessen, was zum Glauben gehört. Und so irren schwerer, weil in Mehrerem, die Heiden wie die Juden; und diese mehr wie die Häretiker. Die Schuld des Unglaubens besteht darin, dass er widerstrebt dem Glauben, da die Unkenntnis allein eher den Charakter der Strafe hat.  [26]

Rücksichtlich des Disputierens über Glaubenssachen ist zweierlei zu beachten: 1. Die Absicht dessen, der disputiert; denn wenn er infolge von Glaubenszweifeln disputiert und deshalb wie mit Beweisgründen den Glauben klar machen will, sündigt er; disputiert er aber, um die Irrtümer zu widerlegen oder um sich darin zu üben, so ist dies löblich; 2. die Beschaffenheit der Zuhörer; denn sind diese weise und im Glauben fest, so besteht keine Gefahr; sind sie wenig unterrichtet oder zweifeln sie am Glauben, so muss man unterscheiden. "Sind nämlich diese Art Zuhörer von den Heiden belästigt, die in ihnen den Glauben verderben wollen" wie es vor allem von den heutigen Muslimen beim Schaubeten und in den Moscheen praktiziert wird, die dort Gewalt predigen, wie zum Beispiel in der Plauener Al-Muhadjirin-Moschee, "die zu einem kulturellen und religiösen Zentrum des Islams im Vogtland entwickelt werden" sollte, so muss man öffentlich disputieren über den wahren Glauben, vorausgesetzt dass geeignete Männer dafür gefunden werden - Würdenträger der christlichen Kirche wie Kardinal Marx, die Christus verleugnen, sind allerdings nicht geeignet; "sonst wäre das Schweigen derer, die dem Irrtum widerstehen sollten, eine Kräftigung des Irrtums." Der Inhalt der islamischen Predigten in Moscheen und Internetplattformen ist "von einer ablehnenden Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geprägt." Muslime und "Salafisten riefen meist nicht direkt zur Gewalt auf, aber ihre Predigten enthielten versteckte Botschaften, die als Aufforderung zur Gewalt verstanden werden könnten. Moscheen und Gebetsräume für die fünf täglichen Pflichtgebete sind die wichtigsten Plattformen für den Zusammenhalt der Sympathisanten." Die Endradikalisierung findet dann statt "in Privatzirkeln von drei bis zehn Personen und entziehen sich so der Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden." Deshalb sagt Gregor (2. pastor. 4.): „Wie unvorsichtiges Sprechen zum Irrtum zieht; so belässt unüberlegtes Schweigen jene, die unterrichtet werden konnten, im Irrtum.“ Besteht aber keine solche Gelegenheit für einfache Personen, in dem Irrtum zu fallen, so ist es gefahrvoll, über den Glauben öffentlich zu disputieren; denn deren Glauben ist fester, wenn sie nichts Verschiedenes hören von dem, was sie glauben. Es nützt ihnen also nichts, wenn sie das hören, was die Ungläubigen dem Glauben entgegenstellen. Der Apostel verwirft das ungeordnete Disputieren; wo man mehr mit Worten streiten, als im Glauben fester werden will. Da ist öffentliches Disputieren über Glaubenspunkte verboten in der Weise, als ob selbige noch zweifelhaft wären; nicht, um den Glauben zu kräftigen. Man soll nicht als ob man zweifle disputieren, sondern um den Glauben zu offenbaren und die Irrtümer zu widerlegen; nach 1. Petr. 3. und Tit. 1, 9." [27] 

Man kann niemad zu seinem Glauben zwingen; denn glauben ist Sache des Willens."Sie können aber, wenn es möglich ist, gezwungen werden, dass sie weder durch Gotteslästerungen noch durch schlechte Überredungskünste noch durch offene Verfolgungen den Glauben hindern. Deshalb fangen die Gläubigen bisweilen mit den Ungläubigen Krieg an; nicht damit sie dieselben zum Glauben zwingen, sondern damit sie dieselben hindern, dem Glauben zu schaden; denn hätten sie auch Ungläubige gefangen genommen, sie würden denselben ihre Freiheit belassen, ob sie nämlich Christo glauben wollen oder nicht." [28] 

Deut. 7.: „Mit ihnen sollst du keinen Bund schliessen und nicht dich ihrer erbarmen und nicht mit ihnen dich verheiraten;“ und zu Lev. 15. (Mulier, quae redeunte mense) sagt die Glosse: „In der Weise müssen wir vom Götzendienste fern bleiben, dass wir auch des Verkehrs und der Berührung mit Götzendienern und deren Schülern uns enthalten.“ Heute hat die Kirche keine Macht mehr; stattdessen müsse der Staat die Gemeinschaft mit gewissen Personen, die zum Beispiel einer gefährlichen Sekte angehören wie Scientology oder der islamischen Sekte, untersagen: "1. zur Strafe dieser Personen; und 2. damit sie Vorsichtsmaßregeln ergreife, um ihre Kinder zu schützen. Das deutet der Apostel an mit den Worten (1. Kor. 5.), welche seiner Exkommunikationssentenz folgen: „Wisst ihr nicht, dass wenig Sauerteig die ganze Masse verdirbt, worein er geworfen wird?“ Ähnliches gilt auch für sogenannte Ketzer und Apostaten, welche von dem einmal angenommenen Glauben abfallen oder denselben verkehren. Was die zweite eben genannte Weise anbetrifft, fo müssen die näheren Umstände, der Stand, die Verhältnisse der betreffenden Personen erwogen werden. Sind Gläubige fest im Glauben, so dass aus dem Verkehre mit denselben nicht deren Verführung gefürchtet, sondern der Eintritt der Ungläubigen in die Kirche gehofft werden kann, so ist der Verkehr mit Heiden, also Muslimen, nicht zu untersagen. "Handelt es sich um einfache, wenig unterrichtete Gläubige, so ist der Verkehr mit den Ungläubigen vielmehr zu verbieten; zumal der ganz vertrauliche und wenn keine Notwendigkeit vorliegt." [29] 

Über diesen Punkt könne man in zweifacher Weise sprechen. "Denn es kann sich darum handeln, eine Vorsteherschaft oder eine Herrschaft Ungläubiger über Gläubige von neuem aufzustellen; und das darf nicht geschehen. Denn der Glaube würde daraus Schaden nehmen. Leicht nämlich zieht der Obere den Untergebenen zu seinem Glauben, wenn nicht die Untergebenen sehr stark sind in der Tugend." Früher die Kirche, heute der Staat, bzw. die Staatengemeinschaft, "erlaubt dies nicht, dass eine Herrschaft Ungläubiger über Gläubige von neuem errichtet werde oder dass irgendwie ein Ungläubiger Gläubigen vorstehe. Dann kann es sich handeln um eine bereits bestehende Vorsteherschaft oder Herrschaft. Da ist nun zu erwägen, dass ein solcher Vorrang besteht gemäß dem menschlichen Rechte; der Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen aber ist nach dem göttlichen Rechte. Wie aber die Gnade die Natur nicht zerstört, so das göttliche Recht nicht das menschliche. Also der Unterschied von „gläubig“ und „ungläubig“ hebt an und für sich die Herrschaft Ungläubiger über Gläubige nicht auf." Was passiert, wenn die Ungläubigen sich zur Herrschaft aufschwingen, zeigt sich am Beispiel der Türkei, das vor der Muslimisierung ein christliches Land gewesen war. [30] 

Deshalb sagt Thomas, die Muslime oder Ungläubigen hätten kein Recht über ein Volk oder Land zu herrschen. Es "kann ein solches Recht den Ungläubigen genommen werden; denn wegen ihres Unglaubens Gott gegenüber verdienen die Ungläubigen, ihre Gewalt über die Gläubigen, die zu Kindern Gottes geworden sind, zu verlieren." [31] 

Man kann natürlich der Ansicht sein, in der Beobachtung ihrer Riten sündigen die Ungläubigen. Da also „nicht allein wer so tut, sondern auch wer zustimmt dem so Tuenden“ schuldig ist (Röm. 1.), so dürfen keinerlei Riten und religiöse Gebräuche der Ungläubigen geduldet werden. Gregor sagt aber über die Juden: „Mögen sie die volle Freiheit haben, ihre Festlichkeiten, wie sie dieselben bis jetzt selber und wie ihre Väter sie lange Zeit hindurch beobachtet haben, auch fernerhin zu feiern.“ Dazu Thomas "Das menschliche Regieren leite sich vom göttlichen ab und müsse dieses nachahmen. Gott aber lässt, obgleich im höchsten Grade gut und allgewaltig, einige Übel zu im All, die er verhindern könnte; damit nicht, wenn sie entfernt würden, größeres Gute hinweggenommen werde oder größere Übel die Folge wären. So auch lassen mit Recht die Oberen unter den Menschen manches Üble zu, damit nicht größeres Gute gehindert würde oder größere Übel entständen." Deshalb können auch die Ungläubigen, obgleich sie darin sündigen, in ihren Riten verbleiben auf Grund von etwas Gutem, was sich daraus ergibt oder damit ein Übel vermieden werde. "Darin aber dass die Juden ihre religiösen Gebräuche beobachten, in denen einstmals die Wahrheit des Glaubens vorbedeutet wurde, ist dieses Gute zu finden, dass wir von den Feinden selber ein Zeugnis für die Wahrheit haben und so die Figur dessen noch beständig vorgehalten wird, was wir glauben. Die Riten anderer Ungläubigen sind aber nur zu dulden, damit ein größeres Übel vermieden werde; nämlich Ärgernis oder Streit oder ein Hindernis für das Heil jener, die jetzt geduldet allmählich zum Glauben übertreten." Bei Muslimen verhält es sich allerdings etwas anders, und wie die Geschichte zeigt, hat sich der Islam durch falsch verstandene Toleranz zu weit ausgebreitet. [32] 

So stimmt also "im christlichen Glauben, wer den rechten hat, kraft seines Willens Christo zu in allem dem, was wahrhaft zu dessen Lehre gehört. Von dieser geraden Linie im Glauben kann nun jemand in doppelter Weise abweichen: 1. weil er Christo nicht zustimmen will; und dieser hat schlechten Willen mit Rücksicht auf den Zweck selber"; das ist der Unglaube zum Beispiel der Muslime; 2. weil er wohl Christo zustimmen will, jedoch in dem Mangel erleidet, worin er Christo zustimmt; insofern er nicht auswählt das was wahrhaft von Christo gelehrt worden, sondern was der eigene Geist ihm eingibt. "Deshalb ist die Häresie eine Gattung des Unglaubens, der jenen innewohnt, die wohl den Glauben Christi bekennen, aber dessen Lehren verderben." Wir haben es mit einer "Unordnung oder Täuschung in der Einbildungskraft" zu tun, die oft zu falschen Meinungen Anlaß gibt. (4 Metaph.)  [33] 

„Wer in der Kirche Christi eine schlechte und verderbliche Meinung hat und darauf aufmerksam gemacht, sich nicht bessert, dass er die reine, gesunde Meinung annimmt; sondern hartnäckig sich widersetzt und seine verkehrten, todbringenden Ansichten nicht ändern, wohl aber sie aufrecht halten und verteidigen will; der ist ein Häretiker.“ - Augustinus, 18. de civ. Dei 51
Deshalb sagt Ezechiel (13, 6.) von den falschen Propheten: „Die da fortfuhren, ihre Rede zu bekräftigen;“ nämlich durch falsche Schrifterklärungen. Ähnlich bekennt jemand durch Worte, welche er spricht, die Dinge, welche er glaubt; denn das Bekennen ist ein Akt des Glaubens. Ist also die Rede nicht geregelt, so kann daraus ein Verkehren des Glaubens folgen. Deshalb sagt Leo (ep. 129.): „Die Feinde des Kreuzes Christi stellen allen unseren Worten und Handlungen nach; damit sie, wenn wir auch nur den leisesten Anlaß gäben, uns verleumden können, wir stimmten der Verkehrtheit des Nestorius zu. Augustinus (ep. 43.) schreibt: „Wenn jemand seine, obgleich falsche, Meinung ohne Hartnäckigkeit verteidigt und mit großem Kummer die Wahrheit sucht, stets bereit, sich zu bessern, wenn er sie findet; der zählt keineswegs zu den Häretikern;“ denn ein solcher hat in sich nicht die freie Wahl getroffen, der Kirche zu widerstreiten. [34] 

"Denn weit schwerere Schuld ist es, den Glauben zu fälschen, welcher der Seele das Leben gewährt, wie Geld zu fälschen, das nur zum Unterhalte des zeitlichen Lebens dient." Wenn also die Falschmünzer und dergleichen Übelthäter seitens der weltlichen Gerichtsbarkeit bestraft werden und zwar gerechterweise, so verdienen dies um so mehr die, die den Glauben fälschen, also zum Beispiel früher die Arianer, Nestorianer und heute vor allem die Moslems, die zunehmend versuchen Jugendliche und wenig gebildete Frauen zu manipulieren. [35] 

„Abgeschnitten muß werden das faule Fleisch; das räudige Schaf muß aus dem Schafstalle getrieben werden, damit nicht das ganze Haus, die ganze Masse, Leib und Seele brennen, verderbt werden, faulen, zu Grunde gehen. In Alexandrien war Arius ein Feuerfunke; weil man ihn aber nicht sogleich unterdrückt hat, ward von ihm der ganze Erdkreis in Flammen gesetzt.“ - Hieronymus, ad Gal. 5. modicum fermentum
"Weil nun im Menschen, nachdem der Glaube geschwunden, nichts übrig, bleibt, was zum Heile nützlich wäre, wird ein solcher ein „unnützer Mann“ genannt. Sodann aber ist der Glaube das Leben der Seele, denn „der Gerechte lebt aus dem Glauben.“ Wie aber, wenn der Tod des Leibes eingetreten, alle Glieder von ihrer gebührenden Lage sich entfernen, so erscheint auch, wenn das Leben der Gerechtigkeit, der Glaube also, geschwunden ist, die Regellosigkeit in allen Gliedern: zuerst im Munde, der am meisten das Herz offenbart; dann in den Augen; ferner in den Gliedern, welche Werkzeuge der Bewegung sind; endlich im Willen, der auf Schlechtes sinnt. Aus dem allem folgt dann, dass Streit und Zank gesäet wird, um andere vom Glauben abzubringen. Dass eine Eigenschaft oder ein Zustand der Ausgangs- oder der Schlusspunkt einer Bewegung sei, begründet in derselben keinen Wesensunterschied. Vielmehr werden umgekehrt die Bewegungen in verschiedene Gattungen geteilt je nach ihrem Abschlusspunkte. Für den Abfall aber ist der Unglaube als Zustand nur der Abschlusspunkt. Also wird dadurch im Unglauben selber keine neue Gattung begründet, sondern der Abfall bildet da einen gewissen erschwerenden Umstand; nach 2. Petr. 2.: „Besser wäre es ihnen gewesen, nicht zu erkennen die Wahrheit, als von der erkannten sich wieder zu entfernen." - Thomas von Aquin, II-II, q 12 

7. Vollendete Gotteslästerung ("blasphemia perfecta"); Gotteslästerung entgegengesetzt dem Bekenntnisse des Glaubens

Der Ausdruck Gotteslästerung schliesst das Absehen von einem hervorragenden Grade der Güte zumal der göttlichen in sich ein. Gott aber ist das Wesen der Güte. Was also Gott zukommt, das gehört seiner Güte an; und was nicht Ihm zugehört, das ist weit entfernt von dem vollkommenen Wesen seiner Güte, die sein eigenes Wesen ist. Wer also Gott etwas zuschreibt, was Ihm nicht zugehört; oder Ihm etwas nicht zuschreibt, was Ihm zugehört, der tut dies zum Nachteile der göttlichen Güte und sieht von dieser ab. Das kann nun geschehen entweder gemäß einer Meinung in der Vernunft allein, oder verbunden sein mit dem Abscheu des Willens. "Ein solches Absehen von der Güte Gottes und Benachteiligung derselben also ist entweder gemäß der Vernunft allein oder es ist auch im Willen. Das Erstere ist Gotteslästerung im Herzen; das Zweite, wenn es durch die Rede sich ausspncht, Gotteslästerung des Mundes. Danach ist die Gotteslästerung entgegengesetzt dem Bekenntnisse des Glaubens. Wer Gott schmäht, beleidigt die göttliche Güte. Er hat nicht nur Falsches über Gott in der Vernunft, sondern auch den entsprechenden Abscheu im Willen; was vollendete Gotteslästerung ist. Gott wird gelobt in dem, was er in den Heiligen getan; und ebenso kann er in den Heiligen gelästert werden. Nach dem da Gesagten können drei Gattungen der Gotteslästerung nicht wohl unterschieden werden. Denn Zuteilen, was Gott nicht gebührt und Nichtzuteilen Gott, was gebührt, kommt auf dieselbe Gattung hinaus. Behaupten das Rechte und das dem entgegengesetzte Falsche verneinen gehört ja zur nämlichen Wissenschaft." (4 Met.) Wird aber der Kreatur zugeschrieben was Gott eigen ist, so heisst dies die Kreatur zu Gott machen und somit Gott nicht zuschreiben, was Ihm gebührt. Wer also "Falsches von Gott behauptet", wie der Mohammedaner, begeht vollendete Gotteslästerung ("blasphemia perfecta"). [36] 
"Da die Gotteslästerung dem Bekenntnisse des Glaubens entgegen ist, so gehört sie zum Unglauben und widerstreitet somit dem ersten Gebote. Oder sie ist gegen das zweite Gebot; denn in höherem Grade führt den Namen Gottes jener vergeblich, der Falsches von Gott behauptet als wer den Namen Gottes ohne Grund ausspricht. Aus Unüberlegtheit kann diese Sünde so geschehen: entweder dass jemand nicht darauf acht gibt, das sei Gotteslästerung; was geschieht, wenn jemand aus einer plötzlich erstehenden starken leidenschaftlichen Bewegung in gotteslästerische Reden ausbricht, deren Bedeutung er nicht erwägt; dann ist das eine lässliche Sünde; oder in der Weise, dass er wohl merkt, damit, was er sage, lästere er Gott; dann ist das Todsünde; wie auch jener schwer sündigt, der aus schwerem Zorne einen neben ihm Sitzenden erschlägt."  - Thomas von Aquin, II-II, q 13

"Ich antworte, die Gotteslästerung habe in sich die Schwere der Sünde des Unglaubens, da sie dem Bekenntnisse des Glaubens entgegengesetzt ist; und dazu kommt noch oft der Abscheu des Willens und das Ausstoßen von Worten, wie ja auch das Lob des Glaubens vermehrt wird durch dessen Bekenntnis. Der Unglaube aber ist bereits der „Art“ nach die schwerste Sünde. Durch die Gotteslästerung treten nun noch erschwerende Umstände hinzu. Also ist letztere die schwerste Sünde der „Art“ nach. Der Gegenstand der Gotteslästerung ist Gott selber; also nach dieser Seite ist sie schwerer wie der Totschlag. Kommt aber die Wirkung in Betracht, so schadet der Mörder dem Nächsten mehr wie der Gotteslästerer Gott. Weil jedoch bei der Sünde mehr den Ausschlag gibt, soweit es deren Schwere angeht, die Verkehrtheit der Absicht des Willens wie die Wirkung, so ist der Gotteslästerer mehr schuldig; denn er will Gottes Ehre schaden. In den Strafen aber, die ja nach den Wirkungen bemessen werden, steht an erster Stelle der Totschlag."  - Thomas von Aquin, II-II, q 13
 

8. Lästerung gegen den heiligen Geist (blasphemia in spiritum sanctum); "Schwäche des Geistes in der Betrachtung der geistigen Güter"

In dreifacher Weise spricht man von der Sünde oder von der Lästerung gegen den heiligen Geist: 1. Athanasius nämlich, Ambrosius, Hilarius, Hieronymus und Chrysostomus sagen, die Sünde gegen den heiligen Geist sei etwas Gotteslästerisches gegen den heiligen Geist; sei es dass „heiliger Geist“ hier genommen wird für eine wesentliche Vollkommenheit Gottes, denn jede Person in Gott ist heilig und ist Geist, sei es dass die dritte Person damit gemeint ist. Und danach wird die Sünde gegen den heiligen Geist unterschieden von der gegen den Sohn des Menschen. Denn Christus tat Menschliches, wie essen und trinken; und er tat Göttliches, wie Tote auferwecken, was Letzteres er tat sowohl auf Grund dessen dass er selber Gott war als auch kraft der Tätigkeit des heiligen Geistes, der seine menschliche Natur anfüllte. 2. Auguftinus aber sagt (de verb. Dom. serm. 11.), die Sünde gegen den heiligen Geist sei die Unbußfertigkeit bis ans Ende; und diese geschehe nicht nur mit dem Worte des Mundes, sondern auch mit dem des Herzens und der Tat; mit einem oder vielen Worten. 3. Andere wieder meinen, gegen den heiligen Geist sündige, wer gegen das dem heiligen Geiste Zugeeignete, gegen die göttliche Güte nämlich, sündigt. „Sündigen gegen den Vater“ sei sündigen aus Schwäche. „Sündigen gegen den Sohn“ sei sündigen aus Unkenntnis. „Sündigen gegen den heiligen Geist“ sei sündigen aus Bosheit. Letzteres nun geschieht entweder infolge eines lasterhaften Zustandes, der Bosheit genannt wird; und so ist es dasselbe: Sündigen aus Bosheit und sündigen gegen den heiligen Geist; oder es geschieht weil vollständig frei verachtet und verworfen wird, was für die freie Wahl der Sünde ein Hindernis sein könnte; und so wird die Hoffnung verachtet vermittelst der Verzweiflung, die Furcht vermittelst des freventlichen Vornehmens u. s. w. Denn die Furcht, die Hoffnung etc., welche verhindern, dass man der Sünde nachgehe, sind Wirkungen des heiligen Geistes in uns. Wie das Bekenntnis des Glaubens so kann auch das Lästern des heiligen Geistes in der Rede, im Herzen und im Werke sich kundgeben. Gemäß der letztgenannten Erklärung wird der „Menschensohn“ auch als Sohn Gottes genommen, „als Gottes Kraft und Gottes Weisheit“. Und danach ist dann die Sünde gegen den Menschensohn die Sünde aus Schwäche oder aus Unkenntnis. Soweit die Sünde aus Bosheit von einem gewissen schlechten Zustande ausgeht, ist sie ein allgemeiner Umstand und kann zu jeder Sünde treten. Soweit sie aber ihren Grund hat in einer speciellen Verachtung des heiligen Geistes und seiner Wirkungen, ist sie eine besondere Sünde; und ebenso nach der ersterwähnten Erklärung. Nach der zweiten Erklärung ist sie keine besondere Art Sünde; denn jede Sünde kann die Unbußfertigkeit zur Folge haben. [37] 

Matth. 12.: „Wer ein Wort sagt gegen den heiligen Geist, dem wird dies nicht vergeben werden, weder in diesem Leben noch in jenem;“ und Augustin (de verb. Dom. 22.): „So groß ist der Schmutz dieser Sünde, dass sie sich mit der Demut, welche um Verzeihung bittet, nicht verträgt.“ Wird als die Sünde gegen den heiligen Geist die Unbußfertigkeit bis zum Tode bezeichnet, so ist es von selbst gegeben, dass sie nicht nachgelassen wird. Nach den beiden anderen Meinungen aber ist dieses Charakterzeichen, dass sie nicht nachgelassen wird, so zu verstehen, dass sie in sich kein Moment einschliesst, welches dazu Anlaß geben könnte, dass sie nachgelassen würde; wie z. B. ein solcher Anlaß Schwäche und Unkenntnis ist. Und dies ist in zweifacher Weise der Fall: 1. mit Rücksicht auf die Strafe; denn Schwäche oder Unkenntnis verdient von sich aus eine geringere Strafe, die Bosheit aber trägt keine Entschuldigung in sich. Auch wer gegen den Menschensohn sündigte, da seine Gottheit noch nicht geoffenbart war, konnte aus dem Anblicke der äusseren Schwäche desselben einen Entschuldigungsgrund schöpfen und verdiente so mindere Strafe. Wer aber seine Gottheit selber lästerte, indem er das, was der heilige Geist tat, dem Teufel zuschrieb, der hatte keine solche Entschuldigung. Deshalb sagt Chrysostomus (Hom. 42. in Matth.), dass die Juden für diese Sünde keinen Nachlaß fanden; denn in diesem Leben sind sie bestraft worden durch die Zerstörung ihrer Stadt seitens Titus, und die Hölle hatten sie im künftigen Leben. So führt Athanasius in selbem Sinne das Beispiel ihrer Väter an (tract. sup. Matth. 12.), die zuerst gegen Moses sich auflehnten, weil sie an Wassermangel litten; und dies ertrug der Herr mit Geduld; später aber sündigten sie schwerer, denn sie schrieben die von Gott empfangenen Wohlthaten den Götzen zu, sprechend: „Das sind deine Götter, Israel, die dich herausgeführt haben aus Ägypten;“ und dafür wurden sie in der Zeit gestraft, denn es fielen an jenem Tage dreiundzwanzigtausend Menschen, und die künftige Strafe ward angedroht: „Ich aber werde heimsuchen diese ihre Sünde am Tage der Rache.“ 2. Mit Rücksicht auf die Schuld. "Denn eine Krankheit wird unheilbar genannt, durch welche das hinweggenommen wird, was der entsprechenden Heilung förderlich sein kann; wie z. B. wenn die Krankheit die Kraft der Natur zerstört oder Ekel verursacht an jeglicher Speise und an jeder Medizin; wiewohl Gottes Macht heilen kann." [38] 

Sündigen gegen den heiligen Geist ist nach der einen Erklärung sündigen aus Bosheit. Dies kann nun entweder geschehen infolge eines inneren Zustandes, was nicht eigentlich die Sünde gegen den heiligen Geist ist; und so kann die Sünde gegen den heiligen Geist nicht die erste sein, denn der Bildung eines Zustandes müssen einzelne Akte vorhergehen; oder infolge der Verachtung dessen, was den Menschen vom Sündigen abbringen kann, was eigentlich die Sünde gegen den heiligen Geist ist. Und auch das setzt meist andere Sünden voraus. Der Mensch kann gegen den heiligen Geist aus Verachtung sündigen; sei es wegen seines freien Willens sei es wegen mancher vorhergehender Verfassungen in seinem Geiste sei es wegen des heftigen Antriebes zum Bösen und der schwachen Hinneigung zum Guten. Freilich kann es in einigermaßen vollkommenen Seelen nicht gut geschehen, dass sie gleich gegen den heiligen Geist sündigen. „Wer auf der Spitze der Vollkommenheit steht, wird nach meiner Meinung nicht auf einmal fallen, sondern allmählich,“ sagt Origenes. (1 Periarch. 3.) Ähnlich verhält es sich, wenn die Sünde des heiligen Geistes buchstäblich als Lästerung aufgefasst wird. Denn solche Lästerung entspringt immer der Verachtung. Bei vielen Lästerern des Heiligen Geistes wie den Agnostikern und den heutigen Muslimen handelt es sich um eine "Stumpfheit des Sinnes" und eine gewisse "Schwäche des Geistes in der Betrachtung der geistigen Güter", die "Verblendung aber schliesst gänzlichen Mangel dieser Kenntnis ein." [39] 

"Wie die körperliche Blindheit der Mangel dessen in uns ist, was als Prinzip des körperlichen Sehens dasteht; so ist die geistige Verblendung der Mangel dessen, was als Prinzip des geistigen Erkennens betrachtet werden muss. Ein solches Prinzip ist: 1. Das Licht der natürlichen Vernunft; dieses Lichtes ermangelt die Seele niemals, da es zur Wesensnatur des Menschen gehört; nur wird es manchmal in seiner Tätigkeit gehindert gemäß den Hindernissen, die von den niederen Kräften herrühren, deren die menschliche Vernunft von seiten des vorgestellten Gegenstandes her bedarf, um zu verstehen; wie ein solches Hindernis bei den Rasenden und Wahnsinnigen besteht. 2. Ein übernatürliches Licht, welches in der Weise eines Zustandes dem natürlichen hinzugefügt wird; dieses Lichtes ermangelt manchmal die Seele und das ist eine Strafe, insofern der Mangel des Lichtes der Gnade als Strafe genommen wird. Deshalb wird von manchen gesagt: „Verblendet hat sie ihre eigene Bosheit.“ (Sap. 21.) 3. Ein als Gegenstand erkennbares Prinzip, kraft dessen der Mensch Anderes zu erkennen vermag. Auf dieses Prinzip kann nun der Mensch achtgeben oder nicht. Und dieses Letztere geschieht entweder, weil sich der Mensch freiwillig von solchem Prinzip abwendet und es nicht beachtet, nach Ps. 35.: „Er wollte nicht verstehen, damit er nicht etwa gut handle;“ oder, weil er sich mit Anderem beschäftigt, was er in höherem Grade liebt und sich dadurch von der Betrachtung dieses Lichtes abhalten lässt." - Thomas von Aquin, II-II, q 14

"Der körperliche Sinn nun durchdringt das Dazwischenliegende, insofern er von einer gewissen Entfernung aus seinen Gegenstand wahrnimmt oder soweit er auch das Kleinste oder Innerlichste in einer Sache erfasst. Stumpf also ist im Bereiche des Körperlichen ein Sinn, der nur was nahe vorliegt oder das Gröbste nur sieht, hört, riecht. Danach nun wird ein Verständnis scharf genannt, welches dis zum Äußersten vordringt; nicht freilich soweit es auf örtliche Entfernung ankommt, sondern soweit alsbald aus den äusseren Eigenschaften das innerste Wesen, aus den Ursachen die entferntere Wirkung wahrgenommen wird. Stumpf aber ist ein Verständnis, welches nicht sogleich bis zur inneren Natur des Dinges oder bis zu den geringsten Wesensunterschieden durchdringt, sondern erst nachdem Vieles auseinandergesetzt worden ist; und welches selbst dann noch nicht vollkommen selbständig die Natur des Dinges betrachtet und Alles was dazu gehört. So will also figürlich Stumpfheit des Sinnes besagen eine gewisse Schwäche des Geistes in der Betrachtung der geistigen Güter; die Verblendung aber schliesst gänzlichen Mangel dieser Kenntnis ein. Und Beides steht entgegen dem Guten oder dem Vorzuge der Vernunft, wodurch der Mensch kraft der Gabe des geistigen Verständnisses die geistigen Güter auffassend erkennt und deren Innerstes scharf durchdringt. Solche Stumpfheit aber hat den Wesenscharakter der Sünde im selben Maße wie die Blindheit, insoweit sie nämlich freiwillig ist; wie z. B. jener, der zu Fleischlichem hinneigt, es ekelhaft findet oder es vernachlässigt, geistige Güter zu betrachten." - Thomas von Aquin, II-II, q 15

"Der Glaube ist das Prinzip des geistigen Lebens; er wird deshalb vom Alten Gesetze vorausgesetzt. Auch da setzt der Herr den Glauben an einen einigen Gott voraus: Creditis in Deum; und dann schreibt er vor das Geheimnis der Menschwerdung zu glauben, wodurch er Mensch und Gott zugleich ist, was zum Neuen Testamente gehört." - Thomas von Aquin, II-II, q 16

9. Anfang der Weisheit (" initium sapientiae") ,Kunstprinzipien, von denen als von ihrer Richtschnur die Kunst ausgeht der Beginn der Kunst ihrem Wesen nach

"Wer z. B. die Geldgier als Liebe zur Arbeit bezeichnete, weil wegen der Geldgier die Menschen arbeiten, würde nicht recht bezeichnen. Denn die Geldgierigen suchen nicht als ihren Zweck die Arbeit, sondern nur als Zweckdienliches. Als Zweck betrachten sie den Reichtum, so dass mit Recht das Verlangen nach Reichtum Geldgier genannt wird und dies ist ein Übel."  - Thomas von Aquin, II-II, q 19

"Als Anfang der Weisheit kann etwas bezeichnet werden, weil es die Weisheit dem Wesen nach beginnt; oder mit Rücksicht, auf die Wirkung der Weisheit. So sind die Kunstprinzipien, von denen als von ihrer Richtschnur die Kunst ausgeht der Beginn der Kunst ihrem Wesen nach; das Fundament aber des Baues ist der Anfang der Kunst, in soweit deren Wirkung in Betracht kommt. Die Weisheit nun selber wird von uns in anderer Weise betrachtet wie von den Philosophen. Denn für diese ist sie nur Kenntnis der ersten Ursachen alles Seins. Für uns aber ist sie die praktische Richtschnur für das tätige Leben, um zum letzten Endzwecke zu gelangen. So nun bilden den Beginn der Weisheit, soweit es auf deren Wesen ankommt, die Glaubensartikel; und danach ist der Glaube der Anfang der Weisheit." Ib. 

 

10. Wahres Verständniß in der Vernunft - Falsches in der Vernunft; jede Sünde gegen den heiligen Geist ist eine Sünde, die von der Bosheit ausgeht; freventliches Vornehmen (Vermessenheit)

Was in der Vernunft Bejahen und Verneinen ist, das ist nach Aristoteles (6 Ethhic. 2.) im begehrenden Teile Streben und Fliehen. Alle Tätigkeit im begehrenden Teile also, die gleichförmig dem wahren Verständnisse in der Vernunft sich vollzieht, ist an sich gut; und alle Tätigkeit, die dem Falschen in der Vernunft entspricht, ist an sich schlecht und Sünde. Nun ist mit Rücksicht auf Gott Wahrheit, dass von Ihm alles Heil der Menschen kommt und die Verzeihung der Sünden, nach Ezech. 18.: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe.“ Falsch ist, dass Gott dem reuigen Sünder nicht verzeiht oder die Sünder nicht zu sich bekehrt durch die rechtfertigende Gnade. Wie also die Tätigkeit der Hoffnung, die dem Wahren entspricht, lobenswert und tugendhaft ist, so ist die entgegengesetzte Tätigkeit der Verzweiflung, die dem Falschen in der Vernunft entspricht, Sünde. In jeder Sünde ist tatsächlich immer die Zuwendung zu einem veränderlichen Gute und die Abwendung vom unveränderlichen; jedoch nicht immer in derselben Weise. Denn an erster Stelle bestehen in der Abwendung vom unveränderlichen Gute jene Sünden, welche den theologischen Tugenden entgegengesetzt sind, wie der Hass Gottes, die Verzweiflung, der Unglaube, da die theologischen Tugenden Gott zum Gegenstande haben; und infolge dessen erst schließen diese Sünden die Zuwendung zu einem veränderlichen Gute in sich, insofern die Seele, welche Gott verlässt, sich zu etwas Anderem wenden muss. Andere Sünden bestehen an erster Stelle in der Zuwendung zu einem vergänglichen Gute und erst infolge dessen in der Abwendung vom unvergänglichen. „Der Stolz stellt den guten Werken nach, dass sie zu Grunde gehen,“ sagt Augustin (ep. 221). Und so nimmt mancher vom Schrecken über die Größe der Sünden und von der Furcht vor Gott Gelegenheit, zu verzweifeln. "Die Verdammten hoffen nicht mehr; denn das ewige Gut ist für sie unmöglich zu erreichen. Es ist dies also keine Schuld in ihnen, sondern ein Teil der Verdammnis. So wäre es auch für den Arzt keine Schuld, an der Wiederherstellung eines unheilbar Kranken zu verzweifeln." [40]

Nun ist der Hass Gottes und die Ungläubigkeit wohl an sich, d. h. in Anbetracht ihres Wesens schwerer wie die Verzweiflung. "Denn durch den Unglauben verachtet der Mensch die Wahrheit Gottes selber; durch den Hass Gottes setzt er sich in direkten Gegensatz zur göttlichen Güte und Liebe; die Verzweiflung aber lässt nur nicht zu, dass der Mensch für sich die Teilnahme an der göttlichen Güte erwartet." Auch diese Nachlässigkeit in der Betrachtung der göttlichen Wohltaten kommt von der "geistigen Trägheit. Denn der in einer Leidenschaft befindliche Mensch denkt zumal an Jenes, was zu dieser Leidenschaft gehört. Wer also traurig ist, der denkt schwer an Angenehmes und Erhebendes; wenn er nicht sich selbst überwindet und seine Leidenschaft. " [41]

Aus einer Sünde gegen den heiligen Geist entspringen andere Sünden; denn jede Sünde gegen den heiligen Geist ist eine Sünde, die von der Bosheit ausgeht. Nun entspringen andere Sünden weit mehr aus dem freventlichen Vornehmen auf Grund der eigenen Kraft als auf Grund der göttlichen. Betreffs der Hoffnung aber, kraft deren jemand der göttlichen Allmacht anhängt, kann Maßlosigkeit in dem Sinne sein, dass jemand nach einem Gute strebt, als ob dieses der göttlichen Allmacht und Barmherzigkeit gegenüber möglich wäre und das trotzdem tatsächlich dies nicht ist; wie wenn jemand hofft, es werde ihm die Sünde verziehen werden, ohne dass er sie bereut oder er werde die Herrlichkeit erlangen ohne Verdienste. Dieses "freventliche Vornehmen nun ist so recht eigentlich die Sünde gegen den heiligen Geist"; denn dadurch wird der Beistand des heiligen Geistes verachtet, der den Menschen von der Sünde zurückzieht. Die Sünde gegen Gott selbst unmittelbar ist schwerer wie die übrigen. Also ist das freventliche Vornehmen, das ungeregelterweise auf Gottes Kraft sich stützt, schwerer wie jenes, das sich auf die eigene Kraft stützt. Denn sich stützen auf die göttliche Kraft, um zu erreichen das, was Gott nicht zukömmlich ist, heisst die göttliche Kraft vermindern. Schwerer aber sündigt jener, der die göttliche Kraft mindert als jener, der die eigene überhebt. Jenes freventliche Vornehmen eben, was sich ungeregelterweise auf Gottes Kraft stützt, schliesst die Liebe zu sich selbst ein, wodurch jemand ungeregelterweise sein eigenes Gut verlangt. Denn was wir stark verlangen, das meinen wir leicht durch andere erreichen zu können, obgleich dies nicht sein kann. Das freventliche Vornehmen auf Gottes Barmherzigkeit schliesst Zukehrung zu einem veränderlichen Gute ein, insoweit es hervorgeht aus dem ungeregelten Verlangen nach dem Guten, was der eigenen Person entspricht; und Abkehr vom unveränderlichen Gute, insoweit es Gottes Kraft etwas zuteilt, was ihr nicht zukommt. Die eine Art freventlichen Vornehmens stütze sich auf die eigene Kraft, der man mehr zutraut als sie vermag; und da ist offenbar Eitelkeit der Grund; denn daraus dass jemand nach Ruhm stark verlangt, folgt, dass er mehr unternimmt als seine Kräfte zulassen und zumal Neues, was mehr Verwunderung erregt. Die andere Art freventlichen Vornehmens stützt sich auf die göttliche Macht und Barmherzigkeit, so dass man hofft, Verzeihung zu erhalten ohne Reue, Seligkeit ohne Verdienste; und da ist offenbar der Grund die Hoffart, als ob der betreffende sich selbst so hoch schätzte, dass Gott ihn, auch trotz der Sünden die er nicht bessern will, im Himmel bei Sich haben möchte. [42] 
 

11. Heilige Liebe (caritas); Hilfsorganisationen, die "den Charakter des Unglaubens" tragen

Nach der Ansicht des Petrus Lombardus (17. dist. 1. Sent.) sei die heilige Liebe der heilige Geist selber und nichts Geschaffenes in der Seele; nicht als ob diese Bewegung, kraft deren wir Gott lieben, der heilige Geist selber sei. Diese Bewegung kommt jedoch nach ihm unmittelbar vom heiligen Geiste und nicht vermittelst eines entsprechenden Zustandes in uns, wie dies bei den anderen Tugenden, dem Glauben, der Hoffnung etc. der Fall ist. Dies sagte er, weil die heilige Liebe so sehr erhaben sei. Wer aber genau zusieht, der wird finden, dass diese Ansicht die Liebe vielmehr herabsetzt. Denn geht die Bewegung der heiligen Liebe so vom Geiste des Menschen aus, dass dieser in Bewegung ist rein kraft des Anstoßes von seiten des heiligen Geistes und in keiner Weise selbst, von seinem Inneren aus, als Prinzip dieser Bewegung dasteht, so wäre dies, wie wenn ein Stein von aussen her in Bewegung gesetzt würde. Das ist aber gegen den Wesenscharakter des Freiwilligen, wo das Prinzip im Innern des handelnden Wesens sein muss. Lieben also wäre nach dieser Ansicht nichts Freiwilliges; und es wäre dies ein Widerspruch, dass die Liebe ihrem Wesen nach ein Akt des Willens ist. Ebenso kann man nicht sagen, der Wille sei in der Liebe wie ein Werkzeug, das ja desgleichen ein Prinzip des Gewirkten ist; wenn es auch nicht an ihm liegt, tätig zu sein oder nicht tätig zu sein. Denn auch so wäre der heiligen Liebe nicht der Charakter des Freiwilligen gewahrt; und sie wäre kein Prinzip dafür, etwas bei Gott zu verdienen, wogegen doch (I., II. Kap. 114) die heilige Liebe die Wurzel aller Verdienste ist. Mag also immerhin zum Akte der heiligen Liebe der Wille vom heiligen Geiste her den Anstoß erhalten; es muss dies jedoch in der Weise geschehen, dass der Wille selbst, als Wille, der wirkende Grund des Liebeaktes sei. Nun geht keine Tätigkeit in vollkommener Weise von einem wirksamen Vermögen aus, ausser in dem Falle dass sie letzterem in der Natur gleichförmig wird vermittelst einer Form, welche als das Prinzip des Tätigseins betrachtet werden muss. Deshalb hat Gott, der Alles zu dem je gebührenden Zwecke lenkt, den einzelnen Dingen je bestimmte Formen eingeprägt, durch welche sie hingeneigt werden in die von Gott vorherbestimmte Zweckrichtung; danach heisst es (Sap. 8.): „Gott lenkt Alles mit Güte.“ Offenbar aber überragt der Akt der heiligen Liebe die Natur des Willensvermögens. Wenn also keine weitere Form zum natürlichen Vermögen hinzugefügt würde, kraft deren dieses von sich aus hingeneigt würde zum Akte der Liebe, so wäre diese Tätigkeit der Liebe unvollkommener wie die Tätigkeiten, welche der Natur der Vermögen und den anderen Tugenden entsprechen; und sie würde zudem nicht leicht sein und ergötzlich. Das aber ist bekanntermaßen falsch. Denn keine Tugend schliesst eine so große Hinneigung ein zu ihrer Tätigkeit; und keine ist mit so großer Freude tätig wie die Liebe. Es ist also im höchsten Grade notwendig, dass behufs des Aktes der heiligen Liebe in uns eine Form nach Weise eines Zustandes als Prinzip der entsprechenden Tätigkeit existiere, die zum natürlichen Vernunftvermögen hinzugefügt ist und dasselbe vom Vermögen selber aus hinneigt zur Tätigkeit der Liebe, so dass diese leicht und mit Freuden von statten gehe. Das göttliche Wesen selber ist Liebe; wie es Weisheit, Macht u. s. w. ist. Wie wir also gut sind durch dte göttliche Güte und weise durch die göttliche Weisheit, weil jene Güte, die als bildende Form innerhalb unsrer selbst sich findet, eine Teilnahme an der Güte vorstellt, die Gott selber ist und weil jene Weisheit, welche wie bildende Form in uns sich findet, als Teilnahme an der Weisheit besteht, welche Gott ist, so ist auch die heilige Liebe, welche in der Weise eines Zustandes in uns bildende Form ist ein Teilnehmen und eine Mitteilung von seiten jener Liebe, die Gott selber dem Wesen nach ist. Diese Weise zu sprechen wie er hier spricht hat Augustin von den Platonikern; was manche nicht beachten und deshalb Gelegenheit nehmen, zu irren. Gott ist die wirkende Ursache des Lebens der Seele vermittelst der heiligen Liebe; desjenigen des Leibes aber vermittelst der Seele. Die Seele nun ist die innere bildende Form des Körpers und in dieser ist sie formale Ursache des Lebens im Körper; wie die heilige Liebe die innere formale Ursache des Lebens der Seele ist. Die heilige Liebe ist als innere bildende Form tätig. Die Wirksamkeit einer solchen Form aber hängt ab von der Kraft der wirkenden Ursache, von welcher die Form herrührt. Also ist die heilige Liebe keine leere Eitelkeit. Dass sie eine unendliche Wirkung zur Folge hat, weil sie die Seele mit Gott verbindet und sie rechtfertigt, das weist auf die Unendlichkeit der göttlichen Kraft hin, die der wirkende Grund der heiligen Liebe ist.  [43] 

Das hauptsächlich leitende Gute aber ist der Zweck; und zwar der letzte Endzweck und der nächste Zweck. Dementsprechend nun besteht für den Menschen: 1. ein End- oder abschliessendes Gut, nämlich der Besitz und Genuß des göttlichen Wesens, nach Ps. 72.: „Mir ist es ein Gut, Gott anzuhängen;“ und darauf richtet sich die heilige Liebe. Es besteht 2. für den Menschen ein nächstes, untergeordnetes Gut. Dieses ist nun entweder wahrhaft ein Gut; und dann ist es beziehbar auf das hauptsächliche, das Endgut oder den Endzweck. Oder es ist ein Scheingut, ein täuschendes und nicht ein wahrhaftes; und dann führt es ab vom Endgute, der ewigen Seligkeit. Somit ist auch eine schlechthin wahre Tugend nur jene, welche positive Beziehung von sich aus hat zum Haupt- und Endgute des Menschen; wie Aristoteles sagt (7 Phys.), „die Tugend sei die Verfassung in dem, was dem tatsächlichen Sein nach bereits vollendet ist zum Besten hin.“ Es kann demgemäß keine wahre Tugend ohne Liebe bestehen. Wird jedoch Tugend genommen, soweit sie auf einen beschränkten besonderen Zweck sich richtet, so kann allerdings eine Tugend bestehen ohne Liebe; aber nur, um das entsprechende beschränkte Gut zu erreichen. Ungläubige wie die Muslime haben diese Liebe nicht, weshalb ihre Hilfsorganisationen, die "den Charakter des Unglaubens" tragen, wenig taugen, nämlich hauptsächlich um ihren Unglauben weiter zu verbreiten. "Der Akt eines Ungläubigen ist somit immer schlecht, insoweit derselbe den Charakter des Unglaubens trägt; mag er einen nackten bekleiden oder Ähnliches tun, insoweit dies nämlich bezogen wird auf den Zweck seines Unglaubens." [44] 

"Ist nun dieses beschränkte Gut gleichfalls nur ein Scheingut, so wird die darauf beziehende Tugend mit Rücksicht auf dieses Gut allein als keine wahre Tugend betrachtet werden können, sondern als eine täuschende Ähnlichkeit mit der Tugend. So ist keine wahre Tugend die Klugheit der Geizigen, die da verschiedene Künste um Geld zu gewinnen ausdenkt. Und dasselbe ist der Fall mit der Gerechtigkeit derselben, kraft deren sie aus schwerer Furcht vor zeitlichem Nachteil und Schaden es verachten, fremdes Gut sich anzueignen; wie auch ebenso mit ihrer Mäßigkeit, kraft deren sie, um zu sparen, kostspielige Gastmähler vermeiden; und mit ihrer Stärke, insofern sie, wie Horatius sagt (lib. 1. ep. 1.) „alle Meere durchschiffen, um die Armut zu fliehen, und weder Wüsten scheuen noch Feuer.“ (Nach August. 4. cont. Julian. 3.) Ist aber jenes beschränkte Gut ein wahres, wie z. B. die Erhaltung des Vaterlandes oder dergl., so wird es wahre Tugend zwar sein, die sich darauf richtet; aber eine unvollkommene, wenn dieses Gute nicht bezogen wird auf das End- und vollendete Gut. Danach kann, schlechthin gesprochen, keine wahre vollendete Tugend ohne die Liebe bestehen. Eine Tätigkeit, welche der Liebe entbehrt, kann gemäß dem ohne Liebe sein dass sie bezogen wird auf etwas, was der Liebe fremd ist; und so ist eine Tätigkeit immer schlecht. (August. 4. cont. Julian. 3.) Der Akt eines Ungläubigen ist somit immer schlecht, insoweit derselbe den Charakter des Unglaubens trägt; mag er einen nackten bekleiden oder Ähnliches tun, insoweit dies nämlich bezogen wird auf den Zweck seines Unglaubens. Ferner kann eine Tätigkeit entbehren der Liebe, insoweit sie von einer Gabe Gottes im Menschen ausgeht, vom Glauben, von der Hoffnung oder von einer natürlichen Vollkommenheit, welche nicht ganz von der Sünde hinweggenommen wird. Danach kann ein Akt in seiner „Art“ gut sein, der ohne Liebe ist; aber er ist nicht in vollendeter Weise gut, denn er enbehrt der positiven Beziehung zum letzten Endzwecke. Wie nicht schlechthin eine wahrhafte Wissenschaft da sein kann, wo die rechte Berücksichtigung der ersten unbeweisbaren Prinzipien, fehlt; so kann auch keine wahrhafte Tugend bestehen, wo die Beziehung zum Endzwecke fehlt, welche durch die Liebe hergestellt wird." - Thomas von Aquin, II-II, q 23

"Der Wille ist gewissermaßen in der Vernunft, nach 3. de anima. Wenn also die heilige Liebe im Willen ist, so wird sie nicht der Vernunft entfremdet. Die heilige Liebe hat jedoch ihre Regel und Richtschnur nicht in der menschlichen Vernunft, sondern in der göttlichen Weisheit, welche die Vernunft überragt; nach Ephes. 3., wo die Rede ist von „der überaus hervorragenden Wissenschaft der Liebe Christi.“ Die Liebe also ist nicht in der Vernunft wie in ihrem Sitze und auch nicht wie in ihrer Richtschnur, etwa gleich der Klugheit oder der Mäßigkeit; sondern weil der Wille verwandt ist mit der Vernunft." Ib. q 24

„Die Liebe Gottes ist in unseren Herzen ausgegossen durch den heiligen Geist, der uns gegeben worden.“ - Röm. 5

Die heilige Liebe sei eine gewisse Freundschaft mit Gott, deren Grundlage ist die Gemeinschaftlichkeit der ewigen Seligkeit. Diese Mitteilung aber vollzieht sich nicht kraft natürlicher Gaben, nach Röm. 6.: „Gnade Gottes ist das ewige Leben.“ Also überragt die heilige Liebe alle Kräfte der Natur. Und somit kann die heilige Liebe nicht kraft der Natur uns innewohnen und nicht durch natürliche Kräfte erworben werden, sondern nur durch das Eingießen des heiligen Geistes in uns verursacht sein; der da ist die Liebe des Vaters und des Sohnes, dessen Mitteilung in uns die heilige Liebe selber ist. Islamische Religionsgemeinschaften wie Atib oder Ditib, die sogar von einigen muslimischen Politikern wie Al Wazir (Grüne) als Berater für islamischen statt christlichen Religionsunterricht herangezogen werden, sind daher vollkommen ungeeignet, weshalb ihnen auch die Gemeinnützigkeit aberkannt werden muss, da ihnen die Gnade nicht geworden ist "nach dem Maße der Schenkung Christi.“  [45] 
"Je umfassender und allgemeiner die Ursache ist, desto größer ist die Wirkung. Die heilige Liebe aber, da sie alles Verhältnis des Natürlichen überragt, hängt in keiner Weise von einer natürlichen Kraft ab, sondern allein vom Willen des heiligen Geistes, der sie eingießt. Der Umfang der heiligen Liebe also hängt nicht von den natürlichen Seinsbedingungen ab oder von der Fassungskraft natürlicher Fähigkeiten, sondern allein vom heiligen Geiste. Deshalb sagt Paulus (Ephes. 4): „Einem jeden von uns ist Gnade geworden nach dem Maße der Schenkung Christi.“ Jene Kraft, der gemäß Gott seine Gaben schenkt, ist die Verfassung eines jeden oder die vorgängige Vorbereitung oder das gute Streben dessen, der die Gnade empfängt. Aber dies Alles kommt wieder vom Anstoße des heiligen Geistes, der den menschlichen Geist mehr oder weniger je nach seinem, des heiligen Geistes, Willen vorbereitet. Deshalb heisst es Koloss. 1.: „Der uns würdig gemacht hat des Loses der Heiligen im Lichte.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 24

 „Die heilige Liebe verdient, dass sie vermehrt werde, auf dass sie vermehrt es verdiene, vollendet zu werden.“ - Augustinus, tract. 74. in Joan

Die heilige Liebe auf dem irdischen Pilgerwege kann anwachsen. Denn deshalb werden wir Pilger genannt, weil wir zu Gott hinstreben, welcher der letzte Endzweck unserer Seligkeit ist. Auf diesem Pilgerwege aber schreiten wir um so mehr vor, je mehr wir Gott nahekommen, dem wir nicht zwar mit körperlichen Schritten, aber mit den Hinneigungen der Seele uns nähern. Diese Annäherung nun wird von der heiligen Liebe verursacht, welche den Geist mit Gott verbindet. Zum Wesen der heiligen Liebe auf dem irdischen Pilgerwege also gehört es, dass sie anwachsen kann; sonst hörte das Fortschreiten auf. Deshalb sagt Paulus (1. Kor. 13.): „Einen noch mehr hervorragenden Weg will ich euch zeigen;“ er nennt also die heilige Liebe einen Weg. Nicht einzig nach der Zahl der betroffenen Gegenstände wird der Umfang einer Kraft bemessen; sondern auch nach der mehr oder minder großen Anstrengung oder dem Inhalte der Tätigkeit, soweit etwas also mehr oder minder kräftig geliebt wird. Der Gegenstand der Liebe ist der denkbar größte; und danach ist sie die größte Tugend. Diesem Gegenstande aber kann sie mehr oder minder nahekommen. Manche meinten, die heilige Liebe werde nicht in ihrem inneren Wesen vermehrt, sondern nur soweit sie im Subjekte wurzelt. Diese aber wussten die Bedeutung ihres eigenen Ausdruckes nicht. Denn da die heilige Liebe eine zum Wesen des Menschen hinzutretende Eigenschaft, ein accidens, ist, so ist ihr Sein eben nichts Anderes als ein Im-Subjekte-sein, ein Innewohnen. In ihrem Wesen also anwachsen ist für die heilige Liebe nichts Anderes als mehr und mehr Wurzel fassen im betreffenden Subjekte. Ähnlich ist sie ihrem Wesen nach zur Tätigkeit hingeordnet. Also in ihrem Wesen stärker werden will nichts Anderes sagen als dass sie mehr Wirksamkeit hat, um den Akt der Liebe hervorzubringen. Sie wird also nicht dem Wesen nach vermehrt, als ob sie anfinge oder aufhörte, im Subjekte zu sein; sondern so, dass sie mehr und mehr das Subjekt durchdringt. [46]
„Die beilige Liebe, nachdem sie gekräftigt worden, wird vollendet; nachdem sie vollendet worden, sagt sie: Ich wünsche, aufgelöst zu werden und mit Christo zu sein.“ - Augustinus, I. Joan. tract. 5

„Wenn die heilige Liebe erzeugt ist, wird sie genährt;“ das ist der Anfang; „ist sie genährt, dann wird sie stark;“ das ist Fortschreiten; „ist sie erstarkt, dann wird sie vollendet.“ Ib.

Es ist die Frage, ob er mit Beziehung auf den Träger oder das Subjekt minder werden kann. Dies könnte geschehen entweder vermittelst einer Tätigkeit oder durch das Unterlassen des Tätigseins. Durch Letzteres werden die erworbenen Tugenden minder und bisweilen vergehen sie infolge dessen (I., II. Kap. 53); wie Aristoteles (8 Ethic. 5.) sagt: Viele Freundschaften vergehen, wenn sie nicht erneuert werden.“ Dies hat aber bei der heiligen Liebe nicht statt. Denn sie ist nicht von menschlicher Tätigkeit verursacht, sondern durch Eingießen seitens des heiligen Geistes. Also hört sie auch nicht auf oder wird minder, wenn das Tätigsein aufhört; es müsste denn in Letzterem sich Sünde finden. Nur die Sünde kann Ursache für das Minderwerden der heiligen Liebe sein und zwar entweder als wirkende Ursache oder weil sie es verdient. In beiderlei Weise aber vermindert die Sünde nicht die Liebe, sondern nimmt selbige ganz fort; und zwar als wirkende Ursache, weil jede Todsünde der Gegensatz ist zur Liebe; und in verdienender Weise, weil wer sündigt, wert ist, dass ihm Gott die heilige Liebe entzieht. Die lässliche Sünde nun kann die Liebe nicht minder machen; und zwar nicht als wirkende Ursache. Denn sie reicht nicht an die Liebe selber heran, die sich mit dem letzten Endzwecke befasst, während die lässliche Sünde eine Unordnung ist mit Rücksicht auf das Zweckdienliche; und die Liebe zum Zwecke selber wird nicht vermindert durch Unregelmäßigkeiten rücksichtlich des Zweckdienlichen. So können Kranke recht stark die Gesundheit wollen und doch sich Unregelmäßigkeiten zu Schulden kommen lassen rücksichtlich der Diät; und falsche Meinungen rücksichtlich der Schlußfolgerungen vermindern nicht die feste Anhänglichkeit an die allgemeinen Grundprinzipien. Ähnlich verdient die lässliche Sünde nicht das Minderwerden der Liebe; denn wer in Geringerem fehlt, verdient nicht, Schaden zu erleiden im Größeren. Nicht in höherem Grade nämlich wendet sich Gott vom Menschen ab wie dieser von Gott. Wer also ungeregelt sich verhält zum Zweckdienlichen verdient nicht, Schaden zu erleiden in der Liebe, die auf den letzten Endzweck geht. Direkt also kann die heilige Liebe von Nichts aus vermindert werden. Sie kann es aber indirekt. Denn Minderung der Liebe kann genannt werden das Vorbereiten dazu, dass sie vergeht; und dieses Vorbereiten für das Vergehen der Liebe geschieht durch die lässlichen Sünden und durch Unterlassen des entsprechenden Tätigseins. [47] 

Jeder, der Liebe hat, verdient das ewige Leben, nach Joh. 14.: „Wer mich liebt, wird geliebt werden vom Vater; und ich will Ihn lieben und mich selbst Ihm offenbaren.“ Darin nun besteht das ewige Leben: „Das ist das ewige Leben, dass sie Dich erkennen, den alleinigen wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesum Christum.“ Keiner aber kann zugleich das ewige Leben und den ewigen Tod verdienen. Also besteht die heilige Liebe mit keiner Todsünde zusammen. Jede Todsünde stehe im eigentlichen Gegensatze zum Wesenscharakter der heiligen Liebe. Denn diese liebt ihrem Wesen nach Gott über Alles, unterwirft Ihm Alles und bezieht auf Ihn Alles; sie will also in Allem der Richtschnur des Willens Gottes und seiner Gebote folgen. Was demnach offenbar gegen die Gebote Gottes getan wird, das ist im direkten Gegensatze zum Wesen der Liebe. Wie also ein Gegensatz den anderen austreibt, so treibt die Todsünde die Liebe aus. Wäre freilich die heilige Liebe ein durch menschliche Akte erworbener Zustand, so würde es nicht notwendig sein, dass sie ein entgegengesetzter Akt hinwegnehme; denn ein Akt steht direkt gegenüber nicht einem Zustande, sondern wieder einem Akte. Sowie also der Fortbestand eines Zustandes nicht erfordert den unaufhörlichen Fortbestand des betreffenden Aktes als einer Tätigkeit, so schliesst auch ein Akt nicht immer den durch Akte erworbenen Zustand aus. Da aber die Liebe ein von Gott eingeflösster Zustand ist, so hängt er ab vom Einwirken Gottes, der sich im Einflössen und Bewahren der heiligen Liebe verhält wie die Sonne zur beleuchteten Luft. Wie das Beleuchtetsein der Luft nun gleich aufhören würde, wenn der beleuchtenden Kraft der Sonne von seiten der Luft ein Hindernis gesetzt würde, wodurch sie aufgehalten wlrd, so hört die Liebe gleich auf dadurch, dass dem Einflusse der Liebe von seiten Gottes durch die Seele ein Hindernis entgegengestellt wird. Jede Todsünde aber, welche ja die göttlichen Gebote verachtet, ist ein solches Hindernis; denn daraus dass der Mensch mit freiem Willen die Sünde vorzieht der Freundschaft mit Gott, welche erfordert, dass man die Gebote, den Willen Gottes beobachtet, folgt, dass man sogleich die heilige Liebe verliert. Deshalb sagt Augustinus (8. sup. Gen. ad litt. 12.): „Ist Gott dem Menschen gegenwärtig, so wird letzterer sogleich erleuchtet; ist Gott abwesend, wird der Mensch sogleich finster; von Gott entfernt nicht der Raum, sondern die Abkehr des Willens.“ Da Muslime die Todsünde der Gotteslästerung begehen, besitzen sie die heilige Liebe nicht; denn ist der wahre Gott abwesend, "wird der Mensch sogleich finster", was sich leicht beobachten lässt zum Beispiel bei iranischen Geistlichen, Ayatollahs, Mullahs oder Großmuftis, die z.B. gegen den britischen Schriftsteller S. Rushdie die berüchtigte Fatwa ausgesprochen hatten. [48] 

Die heilige Liebe sei eine gewisse Freundschaft. Kraft der Freundschaft aber wird etwas geliebt: 1. wie der Freund, mit dem uns die Freundschaft verbindet; 2. wie das Gute, was dem Freunde gewünscht wird. In der erstgenannten Weise nun kann kein vernunftloses Wesen aus Freundschaftsliebe geliebt werden. Denn a) kraft der Freundschaft wollen wir dem Freunde Gutes. Gutes aber können wir im eigentlichen Sinne der vernunftlosen Kreatur nicht wollen; denn ihr ist kein Gut eigen, weil nur die vernünftige Kreatur freie Verfügung hat über das Gute was sie besitzt: „Solchen Dingen,“ sagt daher Aristoteles, „begegnet Gutes oder Schlechtes, nur gemäß einer gewissen Analogie oder Ähnlichkeit.“ Ferner ist b) die Freundschaft gegründet auf einer Gemeinsamkeit im Leben; denn nichts ist so eigen der Freundschaft wie ein gutes Leben. (8 Ethic. 3.) Die vernunftlosen Kreaturen aber haben nichts gemein mit dem vernünftigen Leben. Endlich ist c) zumal die heilige Liebe gegründet auf die Mitteilung der ewigen Seligkeit, deren die vernunftlose Kreatur nicht fähig ist. Doch sollen auch die "vernunftlosen Kreaturen" geliebt werden und nicht durch Gentechnik und Massentierhaltung gequält werden. [49] 

"Die Freundschaft heiliger Liebe kann also den Menschen nicht mit der vernunftlosen Kreatur verbinden. Jedoch können aus heiliger Liebe die vernunftlosen Kreaturen geliebt werden wie etwas Gutes, was wir anderen wollen; insofern wir aus heiliger Liebe wollen, dass sie bestehen bleiben zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Menschen; und so liebt sie Gott ebenfalls." - Thomas von Aquin, II-II, q 25
Mit Rücksicht auf die Natur des Körpers sagt Paulus (2. Kor. 5.): „Wir wollen nicht seiner beraubt werden, sondern ein kostbareres Kleid darüber erlangen.“ Die körperlichen Werke können uns immerhin helfen, damit wir zur Seligkeit gelangen. Also aus dem Genießen der Seele in der Seligkeit fliesst auch „Kraft und Gesundheit,“ nach Augustin (ep. 118.) „in den Körper;“ und so wird dieser einigermaßen teilhaft der ewigen Seligkeit. [50] 
"Die gemeinschaftliche Grundlage der heiligen Liebe ist die ewige Seligkeit;  gemäß der Schuld aber, die ein Hindernis bildet für die Seligkeit, seien sie aus dem gleichen Grunde zu hassen; selbst wenn es Vater, Mutter etc. wäre, wie Luk. 14. geschrieben steht. Dass sie also Sünder sind, müssen wir in ihnen hassen; dass sie Menschen sind, in heiliger Liebe lieben. Der Prophet hasste die Bosheit in den Sündern; und das ist der vollkommene Hass, nach Ps. 138.: „Mit vollendetem Hasse hasste ich sie.“ Das, was jemandem zum Übel gereicht, hassen; und das, was für sie ein Gut ist, lieben; Beides gehört zur heiligen Liebe. Den Freunden, die sündigen (9 Ethic. 3.), dürfen nicht die Wohltaten der Freundschaft vorenthalten werden, so lange Hoffnung da ist auf ihre Besserung; vielmehr muss man ihnen helfen, dass sie die Tugend wiedererlangen. Sind sie aber vollendet in der Bosheit und unheilbar, so muss man sich von ihnen entfernen." - Thomas von Aquin, II-II, q 25
Gott selbst „freut sich nicht am Verderben der Gottlosen“ (Sap. 1.), aber „Er ist gerecht und liebt die Gerechtigkeit“ (Ps. 10.); Wir lieben die Sünder; nicht als ob wir wollten, was sie wollen; sondern damit wir machen, dass sie wollen, was wir wollen: „Sie werden zu Dir sich bekehren; nicht Du zu ihnen,“ heisst es Jeremias 15. Die Schwachen sollen nicht mit den Sündern zusammenleben, damit sie nicht verführt werden; die Vollkommenen können lobwerterweise dies, damit sie die Sünder bekehren. So aß und trank der Herr mit den Sündern. (Matth. 9.) Alle aber müssen den Verkehr mit den Sündern, soweit ihre Sünde dabei in Betracht kommt, meiden; und danach spricht Paulus; weshalb er fortfährt (2. Kor. 6.): „Ihr Unreines berührt nicht.“ [51] 
"Alle lieben nämlich sich selbst, insoweit alle, Gute und Schlechte, die Selbsterhaltung wollen; nämlich die Erhaltung ihrer aus Seele und Leib zusammengesetzten Substanz. Die Guten lieben sich gemäß dem Hauptsächlichen, was im Menschen ist; und wonach das Sein des Menschen überhaupt bisweilen benannt wird, nämlich gemäß dem vernünftigen Geiste, dem „inneren Menschen“, wie Paulus spricht (2. Kor. 4.) und danach schätzen sie ihr Sein. Die Bösen schätzen ihr Sein gemäß dem niedrigeren Teile im Menschen, dem „äusseren Menschen“. Da sie also sich nicht in der richtigen Weise kennen, so lieben sie sich auch nicht in der richtigen Weise. Die Guten aber lieben sich gemäß der Wahrheit. Dies beweist Aristoteles (9 Ethic. 4.) gemäß den fünf Dingen, die der Freundschaft eigentümlich sind. Denn jeder Freund will: 1. dass sein Freund sei und lebe; 2. dass er Gutes besitze; 3. tut er ihm Gutes; 4. freut er sich am Verkehr mit ihm; 5. ist er eins mit ihm, ist nämlich traurig und freudig über das Gleiche wie der Freund. So lieben die Guten sich mit Rücksicht auf den inneren Menschen; denn sie wollen: 1. dass derselbe in seiner Unversehrtheit erhalten bleibe; 2. dass er Gutes habe; 3. wirken sie dazu mit; 4. kehren sie mit Freude zum eigenen Herzen zurück; und freuen sich 5. an dem vergangenen Guten und haben Hoffnung auf die zukünftigen Güter. So strebt ihre Seele nach Einem. Umgekehrt wollen die Schlechten nicht die Unversehrtheit ihrer Seele; begehren keine geistigen Güter; tun nichts zu deren Erlangung; fürchten sich vor ihrem eigenen Herzen; denn sie finden da die Erinnerung an vergangene Sünden, Gewissensbisse wegen ihres gegenwärtigen Zustandes und Angst für die Ewigkeit. Ebenso verderben sie in der nämlichen Weise ihren äusseren Menschen; und so lieben sie in keiner Weise sich selber. Die Selbstliebe, welche das Prinzip der Sünden bildet, ist eigen den Bösen und gelangt bis zur Verachtung Gottes; denn die Sünder begehren so die äusseren Güter, dass sie verachten die geistigen. Die natürliche Liebe schwindet nicht in den Bösen; aber sie wird verkehrt. Insofern die Bösen sich für gut halten, ist in ihnen ein äusserer Schein der wahren Selbstliebe; welcher Schein aber auch schwindet in denen, die sehr schlecht sind." [52] - Thomas von Aquin, II-II, q 25
Die Feinde lieben, insoweit sie Feinde sind, ist verkehrt und gegen die heilige Liebe; das hieße nämlich lieben das, was für den anderen ein Übel ist. Die Feinde lieben als teilhaft im allgemeinen der menschlichen Natur, ist notwendig zur heiligen Liebe gehörig; dass nämlich jemand von jener Allgemeinheit, den Nächsten zu lieben, niemanden ausnimmt. 3. Die Feinde lieben in der Weise dass jemand einen speziellen Liebesakt einem Feinde erweist, ist nicht schlechthin zur heiligen Liebe gehörig, die ja auch nicht vorschreibt, dass wir zu jedem einzelnen Menschen durch besondere Liebestätigkeit hinbewegt werden; denn das wäre unmöglich. [53]
"Die äusseren Zeichen und Werke entsprechen der inneren Verpflichtung. Nun ist die Liebe zum Feinde im allgemeinen wohl schlechthin vorgeschrieben; besondere Liebe aber zu einer bestimmten Person ist nicht vorgeschrieben, ausser insoweit die innere Bereitwilligkeit der Seele in Betracht kommt. Es gibt also demgemäß einzelne Zeichen und Werke, welche dem Nächsten gegenüber gemeinhin in Gebrauch sind; wie z. B. das Beten für alle Gläubige, für das ganze Volk, oder eine Wohltat, welche der ganzen Gemeinschaft erwiesen wird; dergleichen Werke und Zeichen müssen mit Notwendigkeit auch den Feinden gegenüber geschehen. Das Gegenteil wäre Rache, wogegen Lev. 19. es heisst: „Sinne nicht auf Rache; sei nicht eingedenk des dir vom Nächsten angetanenen Unrechts.“ Andere Wohltaten oder Zeichen der Liebe äussern sich bloß gegenüber einzelnen besonderen Personen. Und dergleichen den Feinden gegenüber kundzugeben, ist nicht notwendig zur Liebe gehörig. " - Thomas von Aquin, II-II, q 25
Die Sünder müssen wir in ihrer Natur betrachtet lieben, in ihrer Sünde betrachtet hassen. Unter dem Namen „Teufel“ aber wird verstanden eine durch die Sünde verdorbene Natur. Also sind die Teufel nicht zu lieben kraft der heiligen Liebe. Und wenn nicht gerade der Name in Betracht gezogen wird, sondern die Frage auf jene Geister man bezieht, welche Teufel genannt werden, so muss man sagen, sie dürfen nicht geliebt werden wie jemand, mit dem man Freundschaft hält; denn wir können ihnen nicht das Gut des ewigen Lebens wünschen, da sie von Gott durch seine Gerechtigkeit getrennt sind und wir sonach mit diesem Wunsche uns der göttlichen Gerechtigkeit gegenüberstellten. Aus dem Grunde dürfen wir auch nicht den muslimischen Gott, Allah, lieben, da er zu den Antagonisten der christlichen Dreieinigkeit zählt, und damit zu den sogenannten Teufeln. "Wir dürfen sie aber lieben wie die vernunftlosen Kreaturen, nämlich als etwas, was für einen anderen ein Gut ist; und so dürfen wir wollen, dass sie verbleiben zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Menschen, insoweit die Teufel mit ihrer Natur Gottes Ehre verherrlichen. Der Geist der Teufel schliesst die Unmöglichkeit ein, der ewigen Seligkeit teilhaft zu werden; dies ist bei den Engeln nicht der Fall. Die Sünder hier auf Erden können sich noch bekehren und selig werden. Der Nutzen, welcher uns von seiten der Teufel zukommt, rührt nicht von deren Absicht her, sondern von der Anordnung Gottes. Dadurch also werden wir vielmehr bestimmt, Gottes Freunde zu sein, der die verkehrten Bemühungen des Teufels zu unserem Nutzen wendet." [54]
"Der Glaube gehört der Erkenntniskraft an, wonach das Erkannte im erkennenden ist. Die Liebe aber ist im begehrenden Teile; und ihr Tätigsein besteht deshalb darin, dass die Seele zu den Dingen, wie sie aussen bestehen, hinstrebt. Die Ordnung aber ist in erster Linie in den Dingen; und erst von da her kommt sie in unsere Vernunft. Also gehört die Ordnung in erster Linie der Liebe an. Aber auch der Glaube hat zum leitenden Gegenstande Gott; und zum untergeordneten Gegenstande das, was sich auf Gott bezieht. Also ist da ebenfalls eine gewisse Ordnung." - Thomas von Aquin, II-II, q 26

Der Mensch also liebt sich selbst, wenn er sich gemäß seiner geistigen Natur liebt. (Kap. 25) Und danach muss der Mensch sich selber nach Gott mehr lieben als irgend einen anderen. Denn Gott wird geliebt als Prinzip alles Guten, worauf die heilige Liebe sich gründet. Der Mensch aber liebt sich selber unter dem Gesichtspunkte, dass er an diesem Guten Anteil hat. Der Nächste wird geliebt unter dem Gesichtspunkte der Gesellschaft und der Gemeinschaft in diesem Guten. Solche Gesellschaft nun ist maßgebender Grund für die Liebe gemäß einer gewissen Einigung in Beziehung auf Gott. Wie also die Einheit höher steht als die Vereinigung, so ist dies, dass der Mensch selber teilnimmt am seligen Gute ein höherer Grund der Liebe als dass ein anderer in seiner Gesellschaft daran teilnimmt. Also muss der Mensch sich selbst mehr lieben wie den Nächsten. Und das Zeichen davon ist, dass der Mensch, um den Nächsten von einer Sünde zu befreien, keinerlei Schaden für seine Seele auf sich nehmen darf, welcher aus der eigenen Sünde folgen würde. Der Umfang der heiligen Liebe hängt von Gott als dem Gegenstande ab und vom liebenden selber, der die heilige Liebe besitzt; wie ja der Umfang jeder Tätigkeit abhängt von der Beschaffenheit des handelnden. Mag also auch der Nächste mit Gott immerhin in höherem Grade verbunden sein; weil er aber nicht dem anderen nahesteht wie dieser sich selbst, so folgt nicht, dass dieser Nächste mehr geliebt werden müsse. Körperlichen Schaden kann jemand auf sich nehmen wegen des Freundes; denn dieses selber gehört zur Tugend, dem Gute also des vernünftigen Geistes, so dass dadurch der Mensch wieder sich selber wahrhaft mehr liebt. Keine Sünde jedoch darf der Mensch tun, um den anderen von der Sünde zurückzuhalten. „Die Liebe sucht nicht den eigenen Vorteil; denn sie zieht nicht das eigene Beschränkte dem Gesamtbesten vor,“ sagt Augustinus in seiner Regel. Immer aber ist das recht aufgefasste Gemeinbeste liebwerter wie das besondere eigene Gut; so gefällt auch dem Teile mehr wie das eigene Gut das Beste des Ganzen." Ib. 

"Denn nicht minder geregelt ist die Hinneigung der heiligen Liebe, die Hinneigung also der Gnade, wie das natürliche Begehren, die Hinneigung der Natur; da Beides von Gottes Weisheit kommt. Nun sehen wir aber im Bereiche der bloßen Natur, dass die Tätigkeit oder Bewegung eines jeden Dinges im entsprechenden Verhältnisse steht zur inneren Natur; wie die Erde z. B. eine größere Hinneigung der Schwere hat als das Wasser, weil es ihrer Natur gebührt, unter dem Wasser zu sein. Also ist auch die innere Gnade im gebührenden Verhältnisse zur äusseren Tätigkeit. Gegenüber denen also, welchen wir größere Wohltaten erweisen müssen, sollen wir auch eine größere innere Hinneigung haben. Also auch gemäß der Hinneigung müssen wir die nächsten Anverwandten mehr lieben und nicht nur nach den äusseren Werten. Der Grund davon ist, dass das Prinzip der Liebe Gott ist und der liebende. Also je näher jemand diesen beiden Prinzipien steht, desto mehr muss er geliebt werden. Denn die Ordnung in der Liebe hängt ab von der Beziehung zum Prinzip." Ib.

"Nicht weil sie unsere Verwandten sind, sollen wir sie hassen, sondern weil sie uns hindern in der Vereinigung mit Gott; und darin sind sie unsere Feinde: Des Menschen Feinde sind seine Familienglieder.“ Ib.
Nun ist aber die Ordnung in den Dingen eine solche, dass Gott durch sich selbst erkennbar und Gegenstand der Liebe ist als die Wahrheit und die Güte dem Wesen nach, kraft deren erst Anderes erkennbar und erstrebbar wird. Mit Rücksicht auf uns aber, da unsere Kenntnis von den Sinnen beginnt, ist zuerst erkennbar was dem Sinne näher steht; und der letzte Abschluß unserer Kenntnis ist das von den Sinnen Entfernteste. Die Liebe also als Tätigkeit des Begehrens richtet sich, auch auf dem Pilgerwege, zuerst auf Gott und auf Grund dessen auf Anderes; und danach liebt die heilige Liebe zuerst Gott und erst vermittelst Gottes das Andere. Weil wir aber durch Anderes Gott erkennen, ist da das Umgekehrte der Fall; wir erkennen Gott durch die Wirkung oder durch Leugnung des Unvollkommenen und durch die Vervielfältigung und Erhebung alles Vollkommenen im Geschöpflichen." [55]
 

12. Freude der heiligen Liebe ist Freude an der Weisheit (gaudium caritatis est gaudium de divina sapientia)

Die Freude der heiligen Liebe ist die Freude an der Weisheit. Diese aber „hat keine Bitterkeit im Verkehr mit ihr.“ (Sap. 8, 16) Aus der heiligen Liebe gehe eine doppelte Freude an Gott hervor. Die eine erstreckt sich auf das göttliche Gut, soweit dieses an sich betrachtet wird; und so kann mit dieser Freude keinerlei Trauer vermischt werden, weshalb der Apostel sagt: „Freuet euch am Herrn immer.“ (Phil. 4.) Die andere Freude am göttlichen Gute erstreckt sich darauf, dass wir daran teilnehmen. Da diese Teilnahme aber gehindert werden kann durch den Gegensatz zum göttlichen Gute, so kann damit Trauer verbunden sein; inwieweit jemand trauert über das, was in ihm selber oder im Nächsten, den wir ja wie uns selber lieben, der Teilnahme am göttlichen Gute widerstreitet. [56] 

Sind wir aber zur vollkommenen Seligkeit gelangt, so bleibt nichts mehr zu verlangen übrig; denn da wird der Mensch Alles erhalten, was er gewünscht hat, nach Ps. 102.: „Der da mit Gütern dein Verlangen anfüllt.“ Und somit ruht da das Verlangen; nicht nur jenes, womit wir nach Gott trachten, sondern auch alles andere Verlangen. Die Freude der Seligen wird sogar übervoll sein; denn mehr werden sie erhalten, als sie verlangt haben; da „in das Herz des Menschen es nicht hinaufgestiegen ist, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben.“ (2. Kor. 2.) Das ist in den Worten bei Luk. 6. ausgedrückt: „Ein gutes Maß und ein überfliessendes werden sie in eueren Busen schütten.“ Weil aber keine Kreatur fähig ist, sich Gottes zu freuen, wie er es verdient, so geht der Mensch vielmehr in diese Freude ein als dass die Freude in ihn einträte; weshalb Matth. 25. gesagt ist: „Gehe ein in die Freude deines Herrn. [57] 

„Begreifen“ schliesst ein die vollkommene Kenntnis von seiten des erkannten Gegenstandes, so dass da nichts mehr zu erkennen übrig bleibt. Von der Fülle der Kenntnis aber seitens des erkennenden sagt Paulus (Koloss. 1.): „Seid angefüllt mit der Anerkennung seines Willens in aller Weisheit und in jeglichem geistigen Verständnisse.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 28

13. Wahrer Frieden und falscher Frieden

1. Kor. 14. sagt : „Gott ist nicht der Gott der Zwietracht, sondern des Friedens.“ Auf der anderen Seite kann bei gottlosen auch, rücksichtlich der Begehung des Übels, Eintracht sein. „Frieden aber haben die Gottlosen nicht;“ heißt es Isai. 48.
Der Frieden schließt die Eintracht in sich ein und fügt etwas hinzu. Denn wo Frieden ist, da ist Eintracht; nicht immer aber findet sich da wo Eintracht ist Frieden. Eintracht nämlich ist daher genommen, dass das Trachten vieler eines ist, dass also die Herzen verschiedener auf dasselbe gehen. Das Herz eines einzelnen Menschen aber kann auf Verschiedenes gehen: entweder so, dass das sinnliche Begehren auf etwas Anderes sich richtet wie der vernünftige Wille, nach Gal. 5.: „Das Fleisch begehrt wider den Geist“; oder so, dass ein und dieselbe begehrende Kraft auf verschiedenes Begehrbare sich richtet, was es zu gleicher Zeit nicht erreichen kann. Daher kommt dann der Widerstreit in den Tätigkeiten des Begehrens. Die Einheit dieser verschiedenen Tätigkeiten nun gehört zum Wesenscharakter des Friedens. Denn solange der Mensch nicht hat was er will, ist in seinem Herzen kein Frieden; und ebenso wann er hat was er will, jedoch noch etwas übrig bleibt, was er wohl will, was er aber zugleich mit dem Anderen nicht besitzen kann. Diese Einheit nun ist nicht dem Wesen der Eintracht angehörig, welche nur die Einigung im Trachten oder Wollen verschiedener wollenden besagt und nicht die Einheit im Wollen der nämlichen Person. Augustinus spricht da vom Frieden mit den anderen; und diese Eintracht ist geordnet, wenn sie mit Rücksicht auf das Gebührende, Zukömmliche sich geltend macht. Denn stimmt jemand gezwungen zu, aus Furcht vor einem Übel, so ist solche Eintracht kein Friede. [58] 

Augustinus sagt (19. de civ. Dei 12.): „Alles trachtet nach Frieden;“ und ebenso Dionysius. Dadurch selbst dass der Mensch ein Gut erstrebt wolle er dessen Erreichung und sonach die Entfernung des Hinderlichen. Diese Erreichung aber kann gehindert werden durch das gegenteilige Begehren in ihm selbst oder im anderen; und beiderlei Hindernisse beseitigt der Friede. Alles also trachtet notwendig nach Frieden, weil Alles ruhig und still Jenes besitzen will, was es begehrt. Der Friede schließt ein die Übereinstimmung des vernünftigen, sinnlichen und auch des rein natürlichen Begehrens; weshalb Dionysius sagt: „Der Friede stellt tatkräftig her die Zustimmung (der erkennenden Wesen) sowohl, wie auch dass Alles der natürlichen Hinneigung entspricht.“ Die erwähnten wollen durch Zwietracht und Krieg erreichen, was sie begehren; und so wollen auch sie am Ende den Frieden, nämlich einen vollendeteren Frieden als jenen, den sie früher hatten. [59] 

"Wie das Gute, was man begehrt, so kann auch der Friede ein wahrer und ein Scheinfriede sein. Nur aber mit Rücksicht auf das Begehren nach dem wahren Gute kann wahrer Friede bestehen; denn alles Übel, mag es auch in etwa als ein Gut erscheinen und somit teilweise das Begehren beruhigen, hat doch so viele Mängel an sich, dass das Begehren notwendig dabei unruhig bleibt. Deshalb ist der Friede der Bösen ein Scheinfriede nur, nach Sap. 14.: „Während sie in gewaltigem Streite sind, nennen sie unwissend so große und so viele Übel Frieden.“ Man kann das wahre Gut vollkommen und unvollkommen besitzen; und danach besteht ein vollkommener und ein unvollkommener Friede. Der vollkommene ist der Genuß der schließlichen Seligkeit, nach Ps. 147.: „Der da zu Deinen Grenzen gemacht hat den Frieden.“ Hier aber auf Erden kann zwar die Seele ihrer Haupttätigkeit nach in Gott ruhen; aber nicht ohne innere und äußere Anfechtungen, welche diesen Frieden stören." - Thomas von Aquin, II-II, q 29
Sowohl die Einheit im Trachten des einzelnen begehrenden als auch die Einheit im Trachten und in den Bestrebungen vieler wird von der heiligen Liebe verursacht: Die erste Einheit, insoweit wir kraft der heiligen Liebe Alles auf Gott, den letzten Endzweck, beziehen, also auf Eines; die andere, insoweit wir den Nächsten lieben wie uns selbst, wonach Cicero sagt (de amicit.): „Den Freunden gehört es zu, das Gleiche zu wollen und nicht zu wollen.“  Wer die heilige Liebe nicht hat, der hat Sünde; also ist er abgewendet vom letzten Endzwecke, vom wahren Gute und geniesst somit auch nur einen falschen Frieden. Also besteht der wahre Friede nicht ohne die heiligmachende Gnade. Nach Aristoteles (9 Ethic. 6.) gehört es nicht zur Freundschaft, in Allem der gleichen Meinung zu sein, sondern nur in dem, was zu einem guten, tugendhaften Leben gehört; denn verschiedener Meinung sein in geringen Dingen ist ohne Bedeutung. Zudem gehören dergleichen Ansichten der Vernunft an, die dem Begehren vorausgeht; dieses letztere aber gerade beruhigt und eint der Friede. Jedoch auch mit Rücksicht auf geringeres Gute ist die Verschiedenheit im Begehren nicht gegen die heilige Liebe, wenn mit Rücksicht auf die größten Güter Einheit besteht. Denn solche Verschiedenheit kommt von verschiedenen, einander entgegengesetzten Ansichten; insofern der eine meint, jenes geringere Gut, worüber Streit ist, habe Beziehung zu den hauptsächlichen Gütern; und der andere nicht. So ist da Friede, aber ein unvollkommener, wo die Wahrheit nicht voll erkannt wird; und solcher Friede findet sich auf dem Pilgerwege. Der Friede ist „das Werk der Gerechtigkeit“, weil diese die Hindernisse wegräumt; er ist das Werk der heiligen Liebe, weil diese direkt die Einheit hervorbringt und somit den Frieden positiv herstellt. [60] 
 

14. Wohltätigkeit und Almosen; geistige Almosen (eleemosynae spirituales); correctio fraterna 

Nun sind die Seinsstufen unter den Menschen nicht unveränderlich wie bei den Engeln. Wer also höher steht nach einer Seite hin, kann nach einer anderen Seite hin tiefer stehen wie ein anderer. Also kann die Wohltätigkeit, ebenso wie die Liebe, sich auf alle erstrecken; freilich unter Berücksichtigung von Art und Zeit. Denn alle Tugendakte sind begrenzt durch die Umstände. "Allerdings können wir der Tatsächlichkeit nach nicht allen Gutes tun." Aber es gibt keinen Menschen, der nicht in die Lage kommen kann, dass er auf die Wohltätigkeit angewiesen sei. Immer also muss unser Herz bereit sein, allen, wer auch immer es sei, wohlzutun. Manche Wohltaten können wir aber auch, mindestens im allgemeinen, allen erweisen, wie wenn wir beten für die Gläubigen und Ungläubigen. "Soweit die Erhaltung der Natur im Sünder in Betracht kommt, muss man ihm beistehen; nicht aber darf man seiner Schuld Nahrung zuführen, dies wäre Übles tun. Ebenso muss man Staatsfeinden und Exkommunizierten Beistand versagen, insoweit sie dadurch in der Schuld bestärkt werden." So wäre auch entgegen der heutigen Sicht des Vatikans und der Bischofskonferenz, der "Beistand", den man heute den Muslimen in Europa gewährt, nichts anderes als "Übles tun". [61] 
„Da du nicht allen nützlich sein kannst, so trage hauptsächlich Sorge für jene, welche nach Zeit- und Ortsumständen oder nach sonstigen Verhältnissen mit dir, wie durch ein gemeinsames Los, enger verbunden sind.“ - Augustinus, 1. de doctr. christ. 28
Die Gnade und Tugend ahmen die Ordnung der Natur nach, die ja von der göttlichen Weisheit kommt. Da, im Bereiche der Natur, aber ist die Wirksamkeit immer stärker auf das Nahestehende hin; wie das Feuer mehr wärmt das was ihm nahe ist als was selbem fernsteht. Und ähnlich teilt Gott den Ihm näherstehenden Substanzen eher und reichlicher seine Gaben mit. (Dionys. 7. de coel. hier.) Das Wohltun aber ist eine Tätigkeit der Liebe; also geht es in höherem Grade auf die näherstehenden Personen. Dieses Nahestehen nun wird unter verschiedenen Gesichtspunkten berücksichtigt. Da ist die Blutsverwandtschaft, die Staatsgemeinschaft, der gemeinsame Glaube etc. Nach diesen verschiedenen Graden also der gegenseitigen Verbindung richtet sich je nach dem verschiedenen Gesichtspunkte das Wohltun; abgesehen davon dass manchmal noch die Zeit- und Ortsumstände in Betracht kommen. Denn im äussersten Notfalle muss man lieber einem fremden zu Hilfe kommen wie dem eigenen Vater, der nicht solche Not leidet. Man solle, so meint der Heiland, die Freunde nicht einladen in der Absicht, wieder eingeladen zu werden. Auch kann es manchmal erforderter sein, Fremde einzuladen wie Freunde; wenn sie nämlich dessen mehr bedürfen. Denn alles Dies gilt eben nur, wenn die sonstigen Verhältnisse gleich sind; dann gehen die nahestehenden voran. Das Gemeinbeste vieler, sei es das bürgerliche oder das geistige, geht dem besonderen Besten des einzelnen voran, so dass es tugendhaft ist, wenn der einzelne sein Leben aussetzt in einer Gefahr, die dem Gemeinbesten droht. Im Kriege aber handelt es sich um das Gemeinbeste. Da hilft also ein Kamerad dem anderen nicht wie einer Privatperson, sondern er nützt dem Gemeinbesten. Somit steht der fleischliche Verwandte hier zurück. Doppelt ist etwas geschuldet: 1. wie geliehen oder wie ein anvertrautes Gut; dies gehört also mehr dem anderen, wie jenem, der es augenblicklich hat. Daraus darf man keinem Gutes tun; ausser wenn es sich um einen äussersten Notfall handelt, wo der, dem das Gute gehört, auch so handeln würde und müsste, vorausgesetzt dass der letztere nicht in ähnlicher Not ist, wo dann die Umstände abgewogen werden müssen. 2. Es ist ferner etwas geschuldet; nicht auf Grund strikter Gerechtigkeit, sondern auf Grund einer gewissen moralischen Gleichheit, wie z. B. infolge empfangener Wohltaten. Da sind nun die Eltern die größten Wohltäter und somit allen vorzuziehen, wenn es darauf ankommt, wohlzutun; es müsste denn von anderer Seite her die Not überwiegen oder der gemeinsame Nutzen der Kirche oder des Staates oder sonst andere Verhältnisse. In allen anderen Fällen muss die empfangene Wohlthat abgewogen und die Nähe der Verwandtschaft oder sonstigen Nahestehens. Da gibt es keine allgemeine Regel. [62] 

Die äusserlichen Tätigkeiten werden auf jene Tugend bezogen, der das zugehört, was zu dergleichen Tätigkeit der Beweggrund ist. Der Beweggrund aber, um Almosen zu geben, ist, dem Bedürftigen beizustehen, so dass manche das Almosen definieren als „ein Werk, vermittelst dessen dem Bedürftigen etwas aus Mitleid gegeben wird um Gottes willen.“ Ein solcher Beweggrund nun gehört der Barmherzigkeit an. Da also die Barmherzigkeit eine Wirkung der heiligen Liebe ist, so ist durch Vermittlung der Barmherzigkeit das Almosengeben ein Akt der Liebe. Deshalb wird auch das Wort selber: Almosen (eleemosyna), gemäß dem Griechischen, vom Erbarmen abgeleitet. Es ist etwas der Akt einer Tugend 1. dem äußeren Werke nach, im materialen Sinne, wie Gerechtes tun; und ein solcher Akt kann ohne die entsprechende Tugend sein, wie ich tun kann, was an sich gerecht ist, obgleich ich die Tugend der Gerechtigkeit nicht besitze, aus Furcht z. B.;  2. dem inneren Beweggrunde nach, im formalen Sinne, wie wenn ich Gerechtes tue gern und bereitwillig, in gerechter Weise; und ein solcher Akt kann nicht ohne die entsprechende Tugend sein. So nun, im ersten Sinne, kann ich Almosen geben ohne Liebe; im zweiten Sinne, also um Gottes willen und gern und freudig, kann ich es nicht ohne Liebe. [63] 

„Der Verständnis hat, soll Sorge tragen, dass er nicht schweige; der Überfluß an zeitlichen Gütern besitzt, soll wachen, dass er in den Werken der Barmherzigkeit nicht erlahme; der eine Kunst oder eine Wissenschaft hat, soll sich sehr Mühe geben, dass er den Nutzen derselben mit dem Nächsten teile; der beim Reichen Fürbitte einlegen kann, soll fürchten, verdammt zu werden wegen des vergrabenen Talentes, wenn er nach Vermögen nicht dem Armen beim Reichen beisteht.“- Gregor, hom. 9. in Evgl. 
Gegen den geistigen Mangel aber betet man zuvörderst zu Gott um Hilfe und danach steht: „für alle beten.“ Dann wendet man menschliche Hilfe auf; und zwar a) gegen den Mangel an Verständnis, danach steht: „die unwissenden belehren,“ soweit es sich um reines spekulatives Wissen handelt: „den zweifelnden raten,“ soweit die Richtschnur des praktischen Lebens in Betracht gezogen wird;  b) gegen den Mangel, der aus der Leidenschaft des begehrenden Teiles herrührt  danach steht die Abhilfe gegen den größten Mangel, die Trauer: „die trauernden trösten;“  c) gegen den Mangel geordneter Tätigkeit und zwar von seiten des Sünders selber auf Grund seines ungeordneten Willens, danach steht: „die Sünder bessern;“ oder von seiten dessen, gegen den gesündigt ward danach steht: „den Beleidigern verzeihen;“ oder endlich von seiten dessen, was aus der Sünde folgt, wodurch die mit ihm zusammenlebenden beschwert werden, danach steht: „die (von der Sünde) gedrückten ertragen.“ Letzteres ist besonders zu empfehlen, wenn die Sünde in der menschlichen Schwäche ihren Grund hat, nach Röm. 15.: „Wir, die wir stärker sind, müssen die Schwächen der anderen ertragen;“ und Gal. 6.: „Der eine soll die Lasten des anderen tragen.“ Als Mangel wird angerechnet nicht jede Unkenntnis, sondern die Unkenntnis dessen, was jemand wissen soll; und diesem Mangel durch Belehrung abhelfen ist Barmherzigkeit. Dabei sind natürlich die gebührenden Umstände nach Zeit, Ort und Person zu beachten. [64] 

Man könne in doppelter Weise diese beiden Arten Almosen vergleichen: einmal an und für sich ohne Rücksicht auf Nebenumstände und danach ist das geistige Almosen besser. Dafür bestehen drei Gründe: 1. weil die geistige Gabe höher steht,  2. weil der Geist, dem dadurch wohlgetan wird, höher steht wie der Körper; und wie der Mensch mehr für seine Seele wie für seinen Leib sorgen soll, so soll er auch die Seele des Mitmenschen mehr berücksichtigen wie dessen Körper;  3. die geistige Tätigkeit selber steht voran der körperlichen. Dann kann jedoch der Vergleich angestellt werden auf Grund von Nebenumständen; und so kann im besonderen Falle das körperliche Almosen dem geistigen vorzuziehen sein. Der hungrige ist z. B. vielmehr zu speisen wie zu belehren; und dem bedürftigen ist es vorteilhafter nach Aristoteles, Unterhaltsmittel zu bekommen wie philosophische Betrachtungen anzuhören. (3 Topic 2.) [65] 

Notwendig ist einmal das, wovon jemand für sich selbst und die angehörigen die äussersten Lebensbedürfnisse bestreitet, ohne was er also schlechthin nicht bestehen kann; und davon Almosen geben wäre dasselbe wie sich und den Seinigen das Nötige, um zu leben, entziehen. Das also ist nicht erlaubt; es müsste sich denn um eine für den Staat oder die Kirche sehr notwendige Person handeln, da in solchem Falle, für die Befreiung einer solchen Person, lobenswerterweise jemand sein Leben der Todesgefahr aussetzt um des Gemeinbesten willen. Dann wird etwas als notwendig bezeichnet mit Rücksicht auf das zwar nicht schlechthin zum Leben, aber dem Stande und den Umständen entsprechend Notwendige, sei es dass es sich um die eigene Person handle sei es dass um die angehörigen. Die Grenzen dieses Notwendigen sind nicht mit Zuverlässigkeit zu bestimmen. Man kann da viel hinzufügen und doch noch nicht sagen, es überschreite die gehörigen Grenzen; man kann umgekehrt viel abziehen und es bleibt doch noch genug, um standesgemäß zu leben. "Von solch Notwendigem also geben, ist nicht geboten; aber geraten. Nur möchte es ungeregelt sein, so viel zu geben, dass man nicht mehr standesgemäß leben könnte; denn dazu ist jeder verpflichtet." Mit der Aufnahme von zu vielen muslimischen Flüchtlingen zum Beispiel kommt Italien an seine Genzen, die Italiener können dann "nicht mehr standesgemäß leben." [66] 

Augustinus schreibt diesbezüglich: „Dies verstehen manche falsch; sie rauben ungerechtes Gut und geben dann davon Almosen. Damit meinen sie dem Gebote des Herrn genügt zu haben. Das ist eine durchaus falsche Auffassung.“ „Ungerechter Mammon“ wird „der Reichtum genannt, wenn man darauf sein ganzes Vertrauen setzt.“ (Aug. 2. de Qu. evangelicis 34.) Oder es wird nach Ambrosius (zu Luk. 16.) als „Reichtum der Ungerechtigkeit“ bezeichnet. [67]

Ekkll. 12. heisst es: „Gib dem armseligen und nimm nicht den Sünder auf … tue Gutes dem demütigen und nicht dem gottlosen.“ Man soll Almosen geben um des himmlischen Lohnes willen, nach Matth. 6.: „Und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir vergelten.“ Da muss man aber an erster Stelle den Heiligen geben, nach Augustinus zu Luk. 16, 9. Facite vobis amicos: „Wer wird haben die ewigen Wohnungen? Doch nur die Heiligen Gottes. Und wer sind jene, die von ihnen aufgenommen werden sollen in die ewigen Hütten? Doch nur jene, welche ihren Bedürfnissen dienen.“ Auf der anderen Seite sagt der Apostel (1. Tim. 5.): „Wenn jemand für die Seinigen und vorzugsweise für die Glieder seiner Familie keine Sorge trägt, der hat den Glauben verleugnet und ist schlimmer wie ein Ungläubiger.“ Nach Augustinus (1. de doctr. christ. 28.) „sollen wir den nahestehenden, mit denen uns gewissermaßen nach Gottes Vorsehung das gleiche Los verknüpft, auch die meiste Sorge angedeihen lassen.“ Unter Sündern sind natürlich auch die gemeint, die gegen den heiligen Geist lästern wie die Muslime: "Dem Sünder soll man nicht helfen, um ihn in seiner Sünde zu stärken." [68]

Den fehlenden zurechtweisen ist ein Heilmittel gegen die Sünde. Die Sünde aber ist zuerst schädlich dem Sünder selbst; dann ist sie schädlich den anderen, denen sie unrecht tut oder die sie ärgert; und endlich schadet sie dem Gemeinbesten, dessen Gleichmaß die Sünden erschüttern. Die brüderliche Zurechtweisung nun im eigentlichen Sinne ist ein Heilmittel gegen die Sünde, soweit diese dem Sünder schadet. Das Übel entfernen steht aber auf der gleichen Stufe wie das Gute befördern; Letzteres jedoch ist zur Liebe gehörig, durch welche wir Gutes wollen und wirken gegenüber dem Freunde. Also ist die brüderliche Zurechtweisung um so mehr ein Akt der Liebe, als die Entfernung eines geistigen Übels ein höheres Gut ist wie die Entfernung eines leiblichen oder äusseren Übels. Soweit aber die Sünde den anderen schadet oder dem Gemeinbesten, ist die brüderliche Zurechtweisung ein Akt der Gerechtigkeit; welcher es zugehört, das Gleichmaß mit Rücksicht des einen auf den anderen wiederherzustellen. [69] 

Die affirmativen Gebote aber gehen auf Tugendakte; und diese dürfen nur unter ganz bestimmten gebührenden Umständen, zu gewisser Zeit und an gewissem Orte vollzogen werden. Und weil die Ordnung im Zweckdienlichen vom Zwecke abhängt, so ist bei solchen Umständen des tugendhaften Aktes zumal der Charakter des Zweckes zu erwägen, der da im Gute der Tugend besteht. Ist bei einem solchen Umstande nun etwas Mangelhaftes, was dem Gute der Tugend entgegensteht, so ist der betreffende Akt gegen das Gebot. Ist das Mangelhafte aber nicht so beschaffen, dass dadurch das Gute der Tugend aufgehoben wird, so ist ein solcher Akt wohl fehlerhaft, aber nicht im Gegensatze zum Gebote. „Wenn man von der Mittelstraße der Tugend um ein Weniges abweicht,“ heisst es 2 Eth, „so ist dies nicht gegen die Tugend; weicht man hingegen viel ab, so fällt die Tugend im betreffenden Akte fort. Der Zweck der brüderlichen Zurechtweisung nun ist die Besserung des Sünders. Soweit also fällt sie unter das Gebot, als sie zur Erreichung dieses Zweckes erfordert wird. Alle Tätigkeit des Menschen ist unwirksam, wenn der göttliche Beistand fehlt. [70] 
 

15. Hass gegen Gott die hauptsächlichste unter den Sünden, die gleichzeiting eine Sünde gegen den heiligen Geist ist

Der Charakter der Schuld besteht in der freiwilligen Abwendung von Gott. Letztere nun bildet den wesentlichen Inhalt des Hasses gegen Gott; während sie andere Sünden nur, ohne an sich gewollt zu sein, begleitet. Denn wie der Wille dem anhängt, was er liebt; so flieht er das, was er hasst. Wenn also jemand Gott hasst, so wendet sich der Wille an und für sich von Gott ab. In anderen Sünden aber, wie bei der Unkeuschheit, wendet er sich nicht an und für sich von Gott ab, sondern weil er solches ungeregeltes Ergötzen liebt, womit die Liebe zu Gott nicht besteht; also auf Grund von etwas Anderem. Immer aber ist, was an und für sich besteht, hauptsächlicher, wie was nur auf Grund von etwas Anderem besteht. Also ist der Hass gegen Gott die hauptsächlichste unter den Sünden. Gregor (25. moral. 2.) sagt: „Etwas Anderes ist es, Gutes nicht tun, und etwas Anderes den Geber des Guten zu hassen; Jenes heisst aus Übereilung sündigen, Dieses aus Überlegung.“ Danach ist also der Hass Gottes eine Sünde aus Überlegung; und "somit ist der Hass Gottes eine Sünde gegen den heiligen Geist und zwar die größte, soweit gewisse besondere Gattungen dieser Sünde angenommen werden. Er wird nicht als einzelne Gattung angeführt, weil er in jeder Gattung dieser Sünde sich findet. Der Unglaube hat nur als ein freiwilliger den Charakter der Schuld; und ist desto schwerere Schuld, je mehr er freiwillig ist. Dass er aber freiwillig ist, das kommt daher weil jemand die Wahrheit hasst, die vorgestellt wird. Also rührt der Charakter der Schuld im Unglauben vom Hasse gegen Gott her, dessen Wahrheit der Glaube zum Gegenstände hat. Da nun die Ursache voransteht der Wirkung, so ist der Hass Gottes eine größere Sünde wie der Unglaube." Auch bezüglich der Muslime haben wir eine "Sünde gegen den heiligen Geist und zwar die größte", denn sie hetzen und lästern gegen den wahren Gott der Christen und Juden. Sie hassen ihn mehr als Agnostiker, was durch ihre Predigten und Sprüche in den Moscheen, insbesondere in Jerusalem und Mekka zum Ausdruck kommt. [71] 
"Die Liebe aber gebührt dem Nächsten gemäß dem, was er von Gott hat; nämlich gemäß der Natur und der Gnade. Gemäß dem aber, was er von sich selbst oder vom Teufel hat, gebührt ihm keine Liebe; also nicht gemäß der Sünde und dem Mangel an Gerechtigkeit. Die Sünde und den Mangel an Gerechtigkeit kann man sonach im Bruder hassen; nicht aber ohne Sünde die Natur und die Gnade in ihm. Dass wir jedoch die Schuld im Bruder hassen, das ist wieder ebensoviel als ihn lieben; denn die Liebe wünscht das Gute und die Entfernung des Schädlichen. Die Eltern sind zu hassen; insoweit sie ein Hindernis für uns sind, der Vollendung der göttlichen Gerechtigkeit uns zu nähern." - Thomas von Aquin, II-II, q 34

"Da also der Neid die Quelle des Hasses ist, welcher auf den Nächsten zielt, so ist er folgegemäß auch die Ursache des Hasses gegen Gott." Ib.
 

16. Geistige Trägheit oder geistige Trauer

Nach Damascenus sei die geistige Trauer oder Trägheit etwas Beschwerendes, die den Geist so niederdrückt, dass er nichts mit selbständiger Freiheit anzugreifen wagt. Sie schliesst also einen gewissen Ekel am Wirken und Arbeiten ein. Derartige Trauer aber ist schlecht 1. an und für sich, wenn ihr Grund und ihre Veranlassung ein anscheinendes Übel ist, was aber in der Wirklichkeit ein Gut ist. Da nun ein geistiges Gut immer in Wahrheit als ein Gut dasteht, mag es auch als ein Übel äusserlich erscheinen, so ist die Trauer über ein solches Gut immer an und für sich, dem inneren Wesen nach, schlecht. Mag aber auch der Grund für die Trauer ein wirkliches Übel sein, so ist sie doch 2. schlecht in ihrer Wirkung, wenn sie nämlich dermaßen beschwert, dass sie vom guten Tätigsein ganz und gar abzieht. Deshalb will der Apostel (2. Kor. 2.) nicht, „dass der reuige Sünder von zu großer Trauer über die Sünde verzehrt werde.“ Da also die Trauer, wie sie hier in Betracht kommt, entweder an sich ein Übel ist oder in ihrer Wirkung, so ist sie immerdar eine Sünde. Denn das Übel in den Tätigkeiten des vernünftigen begehrenden Teiles nennen wir Sünde. Je nachdem die Leidenschaften zu etwas Schlechtem hingewandt werden, sind sie zu tadeln; nicht an und für sich. Die Trauer an sich also ist weder Tugend noch Sünde. Hat sie ein Übel zum Gegenstand und ist sie geregelt, so ist sie etwas Gutes. Verbreitet sie sich über ein Gut und ist sie ungeregelt, auch wenn ein Übel ihr Gegenstand ist, so ist sie Sünde. Die Leidenschaften im sinnlichen Teile können an sich läßliche Sünden sein, indem sie zur Todsünde hinneigen. Und weil der sinnliche Teil an ein körperliches Organ gebunden ist, so wird gemäß der Veränderung in diesem der Mensch geeigneter zu einer Sünde. Also kann es ganz wohl geschehen, dass gemäß solcher körperlichen Veränderungen zu gewisser Zeit der Mensch zu einer Sünde mehr hinneigt und von ihr in höherem Grade bekämpft wird. Jeder körperliche Mangel nun bereitet an und für sich die Seele zur Trauer vor. Deshalb werden jene, die da fasten, um die Mittagszeit, wann sich der Mangel an Speise mehr fühlbar macht und dazu die Gluthitze der Sonne kommt, in höherem Grade von der geistigen Trägheit bekämpft. Die Demut lehrt dem Menschen, die eigenen Mängel zu betrachten und sich nicht zu erheben. Die von Gott erhaltenen Vorzüge aber verachten gehört zur Undankbarkeit; und aus dieser Verachtung kommt die geistige Trägheit, denn was für wertlos wir in uns erachten, darüber trauern wir wie über ein Übel. Es muss demgemäß jemand das Gute in den anderen in der Weise anerkennen, dass er das ihm selbst von Gott zu eigen verliehene Gute nicht missachtet. "Je mehr die geistigen Güter betrachtet werden, desto mehr gefallen sie und schwindet die Trägheit." [72] 
"Deshalb muss man berücksichtigen, dass in den geistigen Gütern eine gewisse Ordnung ist, insoweit sie in geregelter Weise in Beziehung stehen zum göttlichen Gute. Mit diesem letzteren nun beschäftigt sich als eigene besondere Tugend die heilige Liebe. Wenn also jeder Tugend für sich es zugehört, sich zu freuen an dem eigens entsprechenden geistigen Gute, welches in der eigenen Tätigkeit besteht; so gehört es der heiligen Liebe zu, sich zu freuen am göttlichen Gute. Und so ist auch jene Trauer, welche sich auf den eigens entsprechenden Gegenstand als auf das geistige Gut der einzelnen Tugend bezieht, keine besondere Sünde, sondern begleitet alle Sünden. Traurig sein aber über das göttliche Gut, woran die heilige Liebe sich freut, das ist die eigene besondere Sünde der geistigen Trauer."  - Thomas von Aquin, II-II, q 35
Gregor (31. moral. 17.) gibt als Kinder der geistigen Trauer an: „die Bosheit, den Groll, die Kleinmütigkeit, die Verzweiflung, die Trägheit rücksichtlich der Gebote, das Herumschweifen des Geistes in Unerlaubtem.“ Das Alles ist aber unzulässig. Denn „Groll“ ist dasselbe wie Hass; „Bosheit“ ist allen Sünden eigen wie ebenso das Herumschweifen des Geistes in Unerlaubtem; „Trägheit“ ist eben dasselbe wie die geistige Trauer; „Kleinmut“ und „Verzweiflung“ kommen von allen Sünden. Isidor (2. de summo bono) unterscheidet die geistige Trauer von der Trägheit des Geistes und sagt: „Trauer sei es, insofern jemand ablässt vom Schweren und Mühevollen, wozu er gehalten ist; Untätigkeit, insofern jemand sich zu ungebührender Ruhe wendet;“ und fügt hinzu„ aus der Trauer entspringe Groll, Kleinmut, Bitterkeit, Verzweiflung; aus der Untätigkeit Nichtsthuerei, Schläfrigkeit, Unbeständigkeit, Unruhe des Körpers, Geschwätzigkeit, Neugierde, Unentschlossenheit des Geistes.“ Hauptsünde wird eine Sünde deshalb genannt, weil aus ihr leicht andere Sünden entspringen gemäß dem Charakter der Zweckursache. Wie aber die Menschen Vieles tun zum Zwecke der Lust, teils um derselben habhaft zu werden teils von ihrem Anstoße her geleitet; so tun sie auch Vieles wegen Traurigkeit, teils um sie zu vermeiden teils von ihr getrieben. Also ist die geistige Trauer eine Hauptsünde. Die geistige Trauer beschwert zwar die Seele und ist so ein Hindernis, um jene Werke zu tun, welche Trauer verursachen. Aber dagegen bringt sie dazu, Anderes zu tun, was der Trauer entspricht, wie z. B. zum Weinen; oder auch Solches, wodurch die Traurigkeit vermieden wird. „Weil niemand lange ohne irgend welche Lust in der Trauer verbleiben kann,“ wie Aristoteles schreibt (8 Ethic. 5.), so muss in zweifacher Weise aus der geistigen Trauer etwas folgen: 1. in der Weise, dass der Mensch sich von dem entfernt, was Trauer verursacht; 2. in der Weise, dass er sich Anderem überlässt, was erfreut. Im Fliehen vom Traurigen aber lässt sich folgendes Vorgehen beobachten; dass nämlich zuerst der Mensch das, was Trauer erweckt, flieht; und dass er dann dieses selbe Trauer erweckende positiv bekämpft. Geistige Güter aber, welche Trauer erwecken, sind der Zweck und das Zweckdienliche. Das Fliehen vor dem Zwecke selber nun ist „Verzweiflung“; das Fliehen vor den zweckdienlichen Gütern ist mit Rücksicht auf das Schwererreichbare, den Gegenstand der Räte, „Kleinmut“, mit Rücksicht auf das zur Gerechtigkeit gemeinhin Gehörige „Trägheit“. Das Bekämpfen aber der Trauer erweckenden Güter vollzieht sich mit Rücksicht auf die Menschen, die dazu einladen, im „Groll“, mit Rücksicht auf die geistigen Güter selbst, die verabscheut werden, in der „Bosheit“. Insofern jedoch jemand vom Traurigen, was die geistigen Güter verursachen, sich abwendet zu äusseren Vergnügungen, steht da als Kind der geistigen Trauer „das Herumschweifen im Unerlaubten“. „Bosheit“ also wird hier nicht genommen als etwas in jeder Sünde mehr oder minder Bestehendes und „Groll“ ist hier nicht „Hass“, sondern ein gewisser Unwille. Auch Kassian unterscheidet die geistige Trägheit von der Trauer. Gregor aber nennt besser das hier uns beschäftigende Laster eine gewisse Trauer. Denn gemäß seinem Wesen ist es nicht im eigentlichen Sinne das Fliehen vor Arbeit und Mühe, sondern im Gegensatze zur Freude, welche von der heiligen Liebe fließt, ist es die Trauer auf Grund des göttlichen Gutes; und diese Trauer wendet sich insoweit zum ungebührlichen Ausruhen als sie das göttliche Gut verachtet. Übrigens läßt sich das, was Isidor angiebt, gut auf die Annahme Gregors zurückführen. Denn die „Bitterkeit“ ist eine gewisse Wirkung des „Grolls“. Die „Nichtsthuerei und „Schläfrigkeit“ ist dasselbe wie die „Trägheit in der Erfüllung der göttlichen Gebote“. Die anderen fünf Dinge, die nach Isidor von der geistigen Trägheit herkommen, umschreiben nur „das Herumschweifen des Geistes im Unerlaubten“; dieses wird „Unentschlossenheit des Geistes“ genannt mit Rücksicht auf den Willen, der nicht weiß was er will, „Neugierde“ mit Rücksicht auf die Kenntnis, „Geschwätzigkeit“ mit Rücksicht auf das Sprechen, „Unruhe des Körpers“ mit Rücksicht auf die ungeregelte Bewegung der Glieder, „Unbeständigkeit“ mit Rücksicht auf den beständigen Wechsel des Ortes. [73]
 

17. , Unglaube, Kampf gegen die Sarazenen

„Schismatiker“ also werden jene genannt, die da freiwillig und mit Absicht sich von der Einheit der Kirche trennen, welche die maßgebende Einheit ist. Denn die Einheit einzelner untereinander tritt immer in Beziehung zur Einheit der ganzen Kirche, wie die Verbindung einzelner Glieder im Körper hingeordnet wird zur Einheit des ganzen Körpers. Die Einheit der Kirche nun besteht in zweierlei: 1. in der Gemeinschaft der Glieder der Kirche untereinander; und 2. in der Gemeinschaft aller Glieder mit dem einen Haupte, nach Kol. 2.: „Aufgebläht durch den Sinn ihres Fleisches und nicht festhaltend am Haupte, von dem aus der ganze Körper vermittelst der untereinander verbundenen Glieder und Organe aufgebaut sein Wachstum erhält, um in Gott zuzunehmen.“ Dieses Haupt nun ist Christus; dessen Stelle sichtbarerweise vertritt der römische Bischof. „Schismatiker“ also sind jene, welche es verweigern, dem Papste zu gehorchen und mit den anderen ihm unterworfenen Gliedern der Kirche in Gemeinschaft zu sein. Die Trennung des Menschen von Gott ist vom Sünder nicht beabsichtigt; sie geschieht ausserhalb seiner Absicht infolge seiner Zuwendung zum vergänglichen Gute. Also ist da kein Schisma im eigentlichen Sinne per se sondern nur auf Grund von etwas Anderem, per accidens. Den Geboten nicht gehorchen mit einer gewissen offenen Auflehnung bildet den Wesenscharakter des Schisma. „Mit Auflehnung“, weil der Schismatiker hartnäckig die Gebote der Kirche verachtet und ihrem Urteile sich zu unterwerfen verschmäht. Die Häresie steht an und für sich, per se, dem Glauben entgegen; das Schisma der kirchlichen Einheit, also der Liebe. Wie also Glaube und Liebe verschiedene Tugenden sind, mag auch wer den Glauben nicht hat der Liebe ebenfalls entbehren, so ist die Häresie etwas Anderes wie das Schisma; mag immerhin wer Häretiker ist auch damit zugleich Schismatiker sein, aber nicht umgekehrt. Deshalb bemerkt Hieronymus zu Tit. 3. Haereticum hominem: „Zwischen Schisma und Häresie besteht nach meiner Meinung dieser Unterschied, dass die Häresie eine verkehrte Lehre in sich einschliesst, während das Schisma von der Kirche trennt;“ mag auch, wie der Verlust der Liebe der Weg ist zum Verluste des Glaubens, so auch das Schisma der Weg sein zur Häresie, wie Hieronymus (gemäß 1. Tim. 1, 6.) bemerkt: „Im Anfange kann wohl das Schisma von der Häresie als verschieden aufgefasst werden; übrigens aber gibt es kein Schisma, was sich nicht auch eine verkehrte Lehre bildet und somit nach allen Seiten hin mit Recht als von der Kirche getrennt bezeichnet wird. [74] 
"Nun richtet sich der Unglaube gegen Gott selbst, insoweit Gott die erste Wahrheit ist; das Schisma aber gegen die kirchliche Einheit, welche ein mitgeteiltes Gut ist, geringer als das göttliche Gut. Also ist an sich die Sünde des Unglaubens schwerer; wenn auch ein einzelner Schismatiker wegen der größeren Verachtung, die er gegen die kirchliche Einheit hegt oder wegen der größeren Gefahr, die er heraufbeschwört, oder aus ähnlichen äußeren Gründen schwerer sündigen kann wie ein einzelner Ungläubiger." - Thomas von Aquin, II-II, q 39
Leo IV. schreibt: „Da oft schlechte Nachrichten kamen über die Saracenen, verkündeten einzelne, sie würden nächstens in den Hafen Roms einlaufen und zwar heimlich. Da haben wir unser Volk versammelt und haben beschlossen, zum Meeresgestade hinabzusteigen.“ Die geistlichen Vorsteher müssen ebenfalls entgegentreten denen, welche körperlich die Gläubigen bedrängen; aber nicht mit dem Schwerte in der Hand, sondern mit geistigen Waffen, wie fromme Ermahnungen, im Notfalle die Exkommunikationen das sind; nach 2. Kor. 10.: „Die Waffen unseres Kriegsdienstes sind keine fleischlichen, sondern die Macht, welche Gott gehört.“ Die Kleriker können mit Erlaubnis der Bischöfe den Kriegen beiwohnen; nicht aber um selber zu kämpfen, sondern um den kämpfenden geistigerweise zu helfen, wie auch Jos. 6. geboten wird, die Priester sollten im Kriege in die Trompeten stoßen, d. h. heilsame Ermunterungen geben. Dass Bischöfe und Kleriker mit eigener Hand kämpfen, ist ein Missbrauch. Jede Fähigkeit oder Kunst oder Tugend, welcher der Zweck angehört, kann Verfügungen treffen im Bereiche des Zweckdienlichen. Die Kriege aber sind bei einem gläubigen Volke hinzuleiten, wie zum letzten Endzwecke, zum Heile der Seele, also zum göttlichen Gute, dem die Kleriker unmittelbar dienen. Den Klerikern also liegt es ob, dazu anzuleiten, dass man gerechte Kriege führe, also zum Beispiel zur Verteidigung christlicher Werte und christlichen Territoriums. [75] 

"Denn selbst in der heiligen Lehre muss man Manches aus Klugheit, zumal vor Ungläubigen verbergen, damit sie nicht spotten: „Gebet das Heilige nicht den Hunden,“ ermahnt der Herr. (Matth. 7.) Wir können also den Feinden verbergen, was wir tun; und gehört diese Kunst eigens zur Kriegskunst, dass unsere Absichten den Feinden verborgen bleiben, nach Sext. Jul. Frontinus lib. I. Stratagem. Francorum." In diesem Zusammenhang werden muslimisch-türkische oder maurische Sultane oft als Hunde bezeichnet; auch sollen muslimische Staaten deshalb keine Atomwaffen oder Dgl. besitzen oder westliche Rüstungsfirmen nicht in muslimischen Staaten wie Türkei oder Saudi Arabien produzieren. [76] 

„Merke wohl, wer Ärgernis nimmt, der ist noch klein; die vollkommeneren nehmen kein Ärgernis.“- Hieronymus zu Matth. 18 (Qui scandalizaverit unum de pusillis istis) 

Ärgernis nehmen besage eine gewisse Unruhe des Geistes. Niemand nun leidet Unruhe, wer einem unbeweglichen Gegenstande fest anhängt. Die vollkommenen aber hängen Christo fest an, dessen Güte unverrückbar ist, indem sie ihren Vorgesetzten anhängen, nach 1.- Kor. 4.: ,Ahmet mir nach, wie ich Christo nachahme.“ Wenn also andere ungeregelt sprechen oder handeln, bleiben die vollkommenen ruhig, nach Ps. 124.: „Wer auf den Herrn vertraut, wird sein wie der Berg Sion; es wird nicht erschüttert werden wer in Jerusalem wohnt.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 43

Augustinus bezieht (I. de doctr. chist. 22) „Herz“ auf die Gedanken, „Seele“ auf das Leben; „Geist“ auf die Vernunft. Andere meinen: „aus ganzem Herzen“ sei die Vernunft; die Seele sei der „Wille“; der „Geist“ das Gedächtnis. Nach Gregor von Nyssa (de hom. opificio 8.) ist „Herz“ die pflanzliche Seele, „Seele“ die sinnliche, „Geist“ die vernünftige; so dass wir unsere Nahrung, unsere Empfindung, unser Erkennen auf Gott beziehen müssen. [77] 
 

18. Weisheit als Gabe des heiligen Geistes im Gegensatz zur Teuflische Weisheit (sapientia diabolica)

„Und es wird ruhen auf ihm der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit etc.“ - Isai. 11

„Dem Weisen gehöre es an, die höchste Ursache zu betrachten und vermittelst derselben über das Andere zu urteilen und Alles zu ordnen.“ - Aristoteles

„Dem Weisen gehöre es an, die höchste Ursache zu betrachten und vermittelst derselben über das Andere zu urteilen und Alles zu ordnen;“ sagt Aristoteles im Anfange der Metaphysik. Jener also, der die höchste Ursache in einem gewissen Seinsbereiche kennt und gemäß derselben innerhalb dieser Seinsart Alles beurteilen und regeln kann, der wird weise genannt in jenem bestimmt abgegrenzten Seinsbereiche; wie z. B. in der Medizin oder in der Baukunde. Jener aber, der die schlechthin und allseitig höchste Ursache betrachtet, nämlich Gott den Urgrund des All, ist schlechthin weise und urteilt und ordnet in Allem gemäß den göttlichen Regeln. Derartiges Urteil nun erreicht der Mensch durch den heiligen Geist, nach 1. Kor. 2.: „Der Geistige urteilt über Alles;“ denn „der Geist durchforscht Alles, auch die Tiefen der Gottheit.“ Also ist offenbar die Weisheit eine Gabe des heiligen Geistes. Gut wird genannt etwas entweder schlechthin als wahrhaft und vollkommen gut; oder gemäß einer gewissen Ähnlichkeit, insofern etwas in der Schlechtigkeit vollkommen ist; und so spricht man von einem guten, vollendeten Räuber. (5 Metaph.) Und sowie in dem Bereiche des wahrhaft Guten eine höchste Ursache besteht, das höchste Gut oder der letzte Endzweck, wegen dessen Kenntnis jemand in Wahrheit weise ist; so ist auch im Bereiche des Schlechten immer etwas, worauf das Übrige wie auf seinen letzten Endzweck Beziehung hat, durch dessen Kenntnis jemand weise wird, um schlecht zu handeln, nach Jerem. 4.: „Weise sind sie, damit sie schlecht handeln; und gut zu handeln wussten sie nicht.“ Wer nun vom gebührenden Zwecke sich abwendet, der muss sich einem ungebührenden zuwenden; denn jeder, welcher wirkt, nimmt sich einen Zweck vor. Wer also seinen Zweck sich vornimmt in den irdischen Gütern, der hat „irdische Weisheit;“ dessen Zweck die sinnlichen Freuden bilden, der hat „sinnliche Weisheit;“ wer aber im Vorrange vor anderen seinen Zweck sieht, der hat „teuflische Weisheit,“ denn „der Teufel ist der König aller Kinder des Stolzes.“ (Job 41.) Die Weisheit als Gabe des heiligen Geistes „kommt von oben“ (Jakob. 3, 14.); die Weisheit als Tugend in der Vernunft ist durch menschliche Mühe erworben. Ähnlich ist der Glaube verschieden von der Weisheit als Gabe des heiligen Geistes. Denn jener stimmt der göttlichen Wahrheit an und für sich zu; das Urteil aber, welches gemäß der göttlichen Wahrheit gefällt wird, gehört dieser, der Gabe der heiligen Weisheit, an. Die Weisheit also setzt den Glauben voraus; „denn jeder urteilt nur darüber gut, was er kennt.“ (1. Ethik.) Wie die Hingebung oder Frömmigkeit, welche auf die Gottesverehrung sich bezieht, den Glauben offenbar macht, denn kraft der Gottesverehrung bekennen wir den Glauben; so offenbart diese Hingebung oder Frömmigkeit auch die Weisheit. Ebenso wird dadurch dass jemand Gott fürchtet gezeigt, dass er weise ist oder umgekehrt wenn er ihn leugnet oder eine falsche Vorstellung von ihm hat, nicht weise ist. [78] 

Gregor sagt (2. moral. 26,): „Die Weisheit steht entgegen der Torheit,“ die in der Vernunft jedenfalls ihren Sitz hat. Weisheit will sagen eine gewisse Geradheit des Urteils gemäß den göttlichen Regeln. Eine solche Geradheit des Urteils kann nun eintreten: 1. auf Grund des vollkommenen Gebrauches der Vernunft; 2. auf Grund einer gewissen natürlichen Verwandtschaft mit dem, worüber zu urteilen ist. So urteilt über das, was auf die Keuschheit Bezug hat, gut und gerade: 1. wer die Moralwissenschaft vollkommen besitzt; 2. wer die Tugend der Keuschheit vollkommen hat. In der ersten Weise nun über die göttlichen Dinge ein rechtes Urteil haben, gehört der Gabe des Verständnisses an; in der zweiten Weise, also vermittelst einer gewissen natürlichen Verwandtschaft urteilen, dies ist Sache der Gabe der Weisheit. Solche gewissermaßen natürliche Verwandtschaft aber wird begründet durch die heilige Liebe, nach 1. Kor. 6.: „Wer Gott anhängt; ist ein Geist mit Ihm.“ Die Gabe der Weisheit also hat wohl ihren Grund in der heiligen Liebe, also im Willen; ihr Wesen aber hat seinen Sitz in der Vernunft, deren Tätigkeit es ist, gut zu urteilen. Augustinus spricht da von der Weisheit mit Bezug auf ihren Grund. Ekkli. 6. aber lässt kaum ein solches Verständnis zu. Denn wenn da gesagt wird: „Die Weisheit der Lehre ist gemäß ihrem Namen“ und man wollte das so erklären, dass sapientia von sapere (schmecken) kommt, also eine sapida scientia wäre, wonach der Wille als Sitz des Geschmackes, d. h. der Zuneigungen, der Sitz der Weisheit sein sollte, so würde dies eben nur für das Lateinische und schon nicht für das Griechische passen. Besser also ist es, da den Ausdruck „Name“ für „Ruf“, „Berühmtheit“ zu nehmen, wodurch die Weisheit empfohlen wird. Die Vernunft hat zwei Tätigkeiten: Auffassen und urteilen. Der ersten entspricht die Gabe des Verständnisses; der zweiten, zu urteilen nach den göttlichen Regeln, entspricht die Weisheit; und zu urteilen nach menschlichen Gründen kommt der Wissenschaft zu. [79] 

"Weil also die Weisheit als Gabe des heiligen Geistes höher steht wie die Weisheit als Tugend in der Vernunft und mehr geeignet erscheint, die Seele mit Gott zu vereinen; deshalb ist es ihr eigen, nicht nur das Betrachten zu regeln, sondern auch die menschlichen Tätigkeiten. Das Göttliche ist an sich notwendig und ewig; aber es ist zugleich die Richtschnur für das Zeitliche und Zufällige. Vorher wird etwas an sich betrachtet als insoweit es zu Anderem in Beziehung steht. Der Weisheit also gehört zuerst an die Betrachtung des Göttlichen, das Schauen des Prinzips; und auf Grund dessen erst das Leiten des menschlichen Tätigseins gemäß den göttlichen Regeln. Nicht aber kommt Mühe und Bitterkeit in die menschliche Tätigkeit von diesen heiligen Regeln her; sondern vielmehr wird durch die Weisheit alle Bitterkeit des menschlichen Lebens in Süßigkeit verwandelt und die Arbeit in Erquickung und Ruhe." - Thomas von Aquin, II-II, q 45
Die Weisheit als Gabe des heiligen Geistes bewirkt die Geradheit des Urteils über göttliche Dinge oder, kraft der göttlichen Richtschnur, über Anderes gemäß einer gewissen zur Natur gewordenen Verwandtschaft oder Einigung mit dem Göttlichen. Da nun diese Einigung durch die Liebe vollzogen wird, so wird die Liebe von der Weisheit vorausgesetzt und kann somit letztere mit der Todsünde nicht zusammen bestehen. Das ist zu verstehen von der irdischen Weisheit, von der die Heiligen bekennen, dass sie selbige nicht haben. Der göttlichen Weisheit aber rühmen sie sich, nach 1. Kor. 1.: „Christus ist uns Weisheit geworden von Gott her.“ [80] 

Nach Sap. 7. heisst es: „Gott liebt nur jenen, der mit der Weisheit zusammenwohnt.“ Also ist in allen, die im Stande der Gnade sind, die Gabe der Weisheit. Da die Weisheit eine gewisse Geradheit im Urteilen über Göttliches, sei es um es zu betrachten sei es um als Richtschnur des Lebens zu dienen, einschliesst, so seien je nach den verschiedenen Graden der Einigung mit Gott auch verschiedene Grade der Weisheit in den einzelnen. Manche nämlich erlangen diese Geradheit im Urteilen nach beiden Seiten hin nur in dem, was zum Heile notwendig ist; und das fehlt niemandem, der im Stande der Gnade ist, wie l. Joh. 2. es heisst: „Die Salbung wird euch über Alles belehren.“ Denn wie die Natur im Notwendigen nicht mangelt, so auch um so weniger die Gnade. Andere erkennen rücksichtlich der reinen Betrachtung des Göttlichen Höheres und können es zudem anderen darlegen; ebenso können sie zudem mit Rücksicht auf die Leitung der menschlichen Tätigkeit nicht nur sich selbst leiten, sondern auch andere gemäß den Regeln der göttlichen Weisheit. Und dieser Grad der Weisheit ist nur einigen verliehen und zwar ist das mehr eine zum Besten anderer verliehene Gnade wie die heiligmachende; nach 1. Kor. 12.: „Anderen wird gegeben die Rede der Weisheit.“ Der Apostel spricht da von der Weisheit, die sich auf die Erkenntnis tieferer Geheimnisse erstreckt: „Wir sprechen Gottes Weisheit im Geheimnisse, die verborgen ist.“ Seine eigene Tätigkeit zum Heile hinleiten, ist Sache eines jeden. Die getauften Stumpfsinnigen etc. haben den Zustand der Weisheit; nicht aber dessen Gebrauch. [81] 

„Die Weisheit kommt den friedfertigen zu, in denen keine rebellische Bewegung ist, sondern Alles der Vernunft gehorcht.“ - Augustinus, 1. de serm. Dom. 4

"Sowohl das Verdienst wie der Lohn in der siebenten Seligkeit komme der Gabe der Weisheit entsprechend zu. Denn „friedfertig“ werden genannt, die in sich oder auch in anderen Frieden herstellen; und dies Beides geschieht dadurch, dass Alles der gebührenden Regel unterworfen und so Ordnung gemacht wird. „Frieden ist“ ja nach Augustinus „die Ruhe der Ordnung“. Ordnen nun ist eben wesentlich Sache der Weisheit. „Kinder Gottes“ aber werden jene genannt, die und insoweit sie an der Ähnlichkeit mit dem Eingeborenen Sohne Gottes teilnehmen, nach Röm. 8.: „Die er vorherwusste, dass sie gleich-förmig seien dem Bilde seines Sohnes.“ Der Sohn Gottes nun ist die erzeugte Weisheit. Wer also an der Gabe der Weisheit teilnimmt, der gelangt zur Gotteskindschaft. Der Liebe kommt es zu, Frieden zu haben; ihn ordnend herzustellen ist Sache der Weisheit. Und der heilige Geist wird der Geist der Gotteskindschaft genannt, insoferne durch Ihn uns die Ähnlichkeit verliehen wird mit dem Sohne, „der erzeugten Weisheit“. Da ist die Rede von der ungeschaffenen Weisheit, die zuerst sich mit uns vereint durch das Geschenk der heiligen Liebe und von da aus die Geheimnisse kennen lehrt, deren Erkenntnis die eingeflößte Weisheit ist. Die Gabe der Weisheit also ist nicht die Ursache der Liebe; sondern vielmehr deren Wirkung."  - Thomas von Aquin, II-II, q 45

Die Torheit oder Dummheit unterscheidet sich von der Abgeschmacktheit oder Abgestumpftheit; denn die Torheit schliesst eine gewisse Schwerfälligkeit der Sinne und des Herzens ein, während die Abgestumpftheit einen gänzlichen Mangel an geistigem Sinn besagt. Zukömmlicherweise also wird die Torheit gegenübergestellt der Weisheit. Denn „der Weise wird“ nach Isidor „so genannt, weil er geeignet ist, die Unterschiede der Dinge und der Ursachen zu erfassen und voneinander zu trennen.“ Die Torheit ist somit der konträre Gegensatz zur Weisheit; die Abgestumpftheit der gänzliche reine Mangel derselben. Der Stumpfsinnige urteilt gar nicht im geistigen Sinne, ist unfähig dazu. Der Tor hat schwerfälliges, grobes Urteil. Der Weise hat feines, durchdringendes Urteil. Isidor sagt, der in geistigen Dingen gänzlich Unwissende oder Abgeschmackte stehe entgegen dem Weisen, „weil er ohne Geschmack und ohne Unterscheidungskraft für solche Dinge ist.“ Somit ist dies dasselbe wie Torheit. Wie es eine schlechte Weisheit gibt, die nämlich der Welt, welche irdisches vergängliches Gut als letzten Endzweck betrachtet; so gibt es auch eine gute Torheit, welche das Irdische verachtet. Von dieser spricht der Apostel. Die Weisheit der Welt täuscht und betrügt und macht, dass man vor Gott ein Tor ist. Durch Beleidigungen nicht berührt werden, kommt manchmal daher, dass dem Menschen nur das Himmlische schmeckt; das ist die Weisheit Gottes, von der Gregor spricht. Bisweilen kommt dies von völliger Abgestumpftheit, die nichts empfindet.  [82] 
 

19. Klugheit, politische Klugheit im Gegensatz zur Schlauheit; das „glückliche Mutmaßen“ (bona coniecturatio) und Besorgtheit 

Derjenige ist weniger klug, der mit Wissen und Willen fehlt, denn er geht fehl in der hauptsächlichen Tätigkeit der Klugheit, im Vorschreiben; als jener, welcher gegen seinen Willen in etwas fehlt. Auf Gutes und Böses erstreckt sich die Tätigkeit der Klugheit. Augustinus nennt die Vorsicht vor Hinterlist als Tätigkeit der Klugheit hier auf Erden, weil so etwas im Himmel nicht bleibt. Das gute Beraten dient dazu, um auf das beabsichtigte Wirken angewandt zu werden. Also ist das Vorschreiben die letzte und hauptsächliche Tätigkeit der Klugheit. [83] 
"Dies aber gehört zur Klugheit, die ja nach der Beratung und der Beurteilung vorschreibt das, was zu tun ist. Deshalb sagt Aristoteles (6 Ethic. 9.): „Langsam müsse man sein im Beraten, schnell im Handeln;“ und Augustin (de morib. Eccl. 24.): „Die Klugheit will sagen Nachtwachen; sie ist eine höchst sorgsame Wachsamkeit, damit wir nicht nach und nach durch schlechte Überredungskünste getäuscht werden.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 47
Wer für das Gemeinbeste besorgt ist, der ist folgerichtig besorgt auch für das eigene, auf Grund von zweierlei: 1. Das Privatbeste kann nicht gedeihen ohne das Beste der Familie, des Staates, der Gemeinde; so dass Valerius Maximus (lib. 4. c. 4. nr. 9.) von den alten Römern sagt, „sie hätten lieber arm sein wollen in einem wohlhabenden, begüterten Reiche, als wohlhabend und begütert in einem armen Reiche.“ 2. Der Mensch ist ein Glied der Familie, des Staates. Da also dem Gliede nicht es wohlergehen kann, wenn das Ganze leidet, so ist es ein Gut für den einzelnen Menschen, wenn er Sorge trägt für das Gemeinbeste. [84] 

Aristoteles sagt, die politische Wissenschaft sei ein und dasselbe, nicht mit der Klugheit schlechthin dem Zustande nach sondern mit der auf das Gemeinbeste gerichteten Klugheit; sie heisst auf das Privatbeste gerichtet einfach und ohne Zusatz Klugheit, und auf das Staatsbeste gerichtet heisst sie Politik oder politische Klugheit, die heute leider oft nicht vorhanden ist. [85] 

„Unmöglich kann jemand, der nicht gut ist, klug sein.“ - Aristoteles, 6 Eth. 12

"Ich antworte, es gebe 1. eine falsche Klugheit. Wie nämlich der kluge das Zweckdienliche gemäß der Vernunft ordnet, so wird infolge einer gewissen Ähnlichkeit auch jener oft klug genannt, der etwas Schlechtes als Zweck betrachtet und danach das Verhältnis des Zweckdienlichen ordnet. Denn das Schlechte ist immer dem äusseren Scheine nach etwas Gutes; und so wird auch das Wort „Klugheit“ hier gebraucht, weil eine solche Ordnung derjenigen, welche die wahre Klugheit herstellt, äusserlich ähnlich ist. So spricht man von einem „klugen Räuber“, der die Mittel, um zu rauben, gut abzumessen weiss. Solche Klugheit nennt der Apostel „Klugheit des Fleisches, die der Tod ist“ (Röm. 8.), weil sie nämlich den letzten Endzweck in fleischlichen, sichtbaren Gütern sieht. Es gibt 2. eine zwar wahre, aber unvollkommene Klugheit. Sie nimmt entweder ein wirkliches Gut wohl als Zweck an, wie den Handel, die Schiffahrt; aber dieser Zweck ist nicht der letzte Endzweck des ganzen Lebens; oder sie berät und urteilt wohl gut rücksichtlich dessen, was für das ganze gesamte Leben gut ist, aber sie besitzt nicht die Kraft, wirksam vorzuschreiben. Es besteht endlich 3. die wahre und vollkommene Klugheit, die nach dem letzten Endzwecke des ganzen Lebens Alles regelt und auch wirksam vorzuschreiben versteht. Das ist die Klugheit schlechthin; und diese ist nicht in den Sündern. Die erste aber ist. nur in den Sündern und die zweite ist gemeinsam Guten und Bösen, zumal insoweit sie einen besonderen beschränkten Zweck verfolgt; denn wo sie unvollkommen ist, weil die hauptsächliche Tätigkeit, das Vorschreiben, fehlt, da ist sie auch einzig in den Bösen. Das Wesen des Glaubens an sich besteht nur in der Kenntnis. Die Klugheit aber schliesst auch ein die Beziehung zum rechten Begehren. Denn ihre Prinzipien sind die Zweckrichtungen im Tätigsein, welche jemand kraft der im begehrenden Teile befindlichen moralischen Tugenden richtig wertschätzt, so dass die Klugheit an sich nicht sein kann ohne die moralischen Tugenden. (I., II. Kap. 58.) Und zudem ist die Klugheit die wirksame Lenkerin zum rechten Wirken (ihre hauptsächliche Tätigkeit ist ja Vorschreiben) und somit wird von ihr das rechte Begehren vorausgesetzt. Der Glaube also ist wohl auf Grund seines Gegenstandes erhabener wie die Klugheit; aber diese widerstreitet kraft ihres Wesenscharakters in höherem Grade der Sünde, die aus der Verkehrtheit des Begehrens herrührt. Die Sünder können gut beraten sein mit Rücksicht auf einen schlechten oder einen begrenzten und beschränkten Zweck; sie sind es nicht mit Bezug auf den Zweck des ganzen menschlichen Lebens. Klugheit schlechthin ist in ihnen also nicht; sondern nach 6 Ethic. 12. eine gewisse natürliche Betriebsamkeit, die auf Gutes und Böses sich bezieht, oder Schlauheit, die auf das Böse allein sich richtet." - Thomas von Aquin, II-II, q 47

„Man muss hören auf Erfahrene und Ältere und auf die unbeweisbaren Aussprüche der Klugen und auf ihre Meinung, nicht minder, als wenn dies alles Beweise wären; denn wegen ihrer Erfahrung schauen sie die Prinzipien.“ Aristoteles, 6 Etth. 11
Gut beraten gehört zur Klugheit. Die hier gemeinte Besorgtheit aber ist das Nämliche wie das „glückliche Mutmaßen“ (6 Ethic. 9.), was da schnell und wie durch Zufall findet; während das Beraten gründlich und langsam vor sich geht. Die Besorgtheit als glückliches Mutmaßen ist eigen den Rednern. Auf der anderen Seite wird nach Isidor (10 Etymol. 8.) „jemand besorgt genannt, der da Sorge hat und schnell ist.“ Sorge haben aber gehört zur Klugheit. Klugheit haben will sagen die rechte Wertschätzung besitzen über das zu Tuende. Eine solche erlangt man nun 1. durch Lernen und dazu dient die Gelehrigkeit; 2. durch eigenes Forschen und Finden; und dazu dient die Besorgtheit, insoweit sie leicht und glücklich das Mittel findet, um zu einem Schlusse zu gelangen. Danach ist also „die Besorgtheit ein Zustand, welcher selbständig und plötzlich findet das, was zukömmlich ist.“ Auch im Bereiche der menschlichen Tätigkeit, nicht nur in der strengen Beweisführung handelt es sich darum, leicht Mittel und Wege zu finden. Allerdings ist das Beraten an sich langsam und somit kommt es nicht überein mit dem „glücklichen Mutmaßen“ oder „der Besorgtheit“. Jedoch kann solche Gewohnheit im plötzlichen Auffinden von Mitteln immer dann helfen, wenn etwas schnell geschehen muss, was nicht vorausgesehen war. [86] 

Denn in der „Kunst“ ist Alles mehr bestimmt und mehr noch durch feste Regeln zu leiten wie in der Klugheit. Obgleich also bei den anderen Tugenden in der Vernunft die Gründe zuverlässiger sind wie bei der Klugheit, so muss doch bei letzterer der Mensch mehr ausgestattet sein mit der Kraft zu schliessen, damit er die allgemeinen Prinzipien besser auf das unsichere und unbestimmte Einzelne anwenden könne. Verständnis und Kraft zu schliessen sind keine verschiedenen Vermögen; aber verschiedene Tätigkeiten des nämlichen Vermögens. Das Verständnis wird so genannt, weil es das Innere der Wahrheit durchdringt; der Name der Schließkraft kommt vom Untersuchen. Und somit ist Beides ein Teil der Klugheit. [87] 
 

20. Tugend der Klugheit oder speziell die des „guten Beratens“, die Eubulia

"Durch die Gaben des heiligen Geistes wird die Seele in die richtige Verfassung gebracht, um leicht vom heiligen Geiste in Tätigkeit oder in Bewegung gesetzt zu werden. Jegliche Kreatur aber setzt der Herr in Tätigkeit, wie es ihrer Seinsbeschaffenheit zukommt; wie er die körperliche Kreatur vermittelst der Zeit und des Ortes bewegt, die rein geistige aber nur vermittelst der Zeit und nicht des Ortes. (Augustinus 8. sup. Gen. ad litt. 28.) Nun ist es eigen der vernünftigen menschlichen Natur, dass sie vermittelst vernünftiger Untersuchung zum Tätigsein übergeht; und dieses Untersuchen heisst Beraten. Also bewegt der heilige Geist die menschliche Kreatur vermittelst des Rates; und danach gibt es eine Gabe des heiligen Geistes, die man „Rat“ nennt. Soweit die Vernunft begreifen kann, leitet die Klugheit und was damit zusammenhängt, sei sie erworben oder von oben eingeflößt. Weil aber die menschliche Vernunft das Einzelne und Besondere, was da begegnen kann, nicht zu begreifen vermag, so „sind unsere Gedanken furchtsam und ungewiß unsere Voraussicht.“ (Sap. 9.) Also muss der Mensch in seinem Untersuchen von Gott unterstützt werden, der Alles begreift, und dies geschieht durch die Gabe des Rates; wie ja auch im Bereiche des Menschlichen man von den Weiseren sich Rats einholt. Es kann dies eine zum Besten anderer verliehene Gnade sein, dass jemand auch anderen guten Rat geben kann. Dass aber der Mensch guten Rats sich erfreut in dem zu seinem eigenen Heile Notwendigen, dies ist der Gabe des Rats gedankt; und diese ist in allen, die im Stande der Gnade sind. Die Kinder Gottes werden nach ihrer Weise, d. h. unter Wahrung ihres freien Willens, von Gott geführt. Insoweit also die Vernunft vom heiligen Geiste bewegt oder belehrt wird für die entsprechende Tätigkeit, gebührt den Kindern Gottes die Gabe des Rates. " - Thomas von Aquin, II-II, q 52
Das niedrigere Prinzip wird vollendet dadurch, dass es vom höheren Prinzip in Tätigkeit gesetzt oder bewegt wird; wie z. B. der Körper dadurch dass ihn die Seele belebt. Die menschliche Vernunft steht aber offenbar zur göttlichen im Verhältnisse des niedrigeren Prinzips zum höheren; denn die göttliche Vernunft ist die höchste Regel für die menschliche Geradheit. Also wird die Klugheit, welche die Geradheit der Vernunft besagt, im höchsten Grade unterstützt und vollendet dadurch, dass sie vom heiligen Geiste geregelt und bewegt wird. Letzteres aber entspricht der Gabe des Rates. Also entspricht letztere der Klugheit. Nach Thomas "kann dies eine zum Besten anderer verliehene Gnade sein, dass jemand auch anderen guten Rat geben kann." Dieses lässt sich aber vermissen bei den Beratern der Bundesregierung; man kann fragen wer berät eigentlich die Merkel-Administration, ihre neue Schwesterpartei SPD und ihre inzwischen geschrumpfte Anhängerschaft, die Terroristen in Deutschland eine "Schutzverheißung zu Gute kommen zu lassen" und unter der "Tarnkappe humanitärer Not" die Grenzen für muslimische Einwanderer öffnen? "Die Bundesregierung beauftragte neben McKinsey auch andere Berater, wie Ernst & Young, Roland Berger und Kienbaum. Die größten Brocken entfielen aber auf McKinsey. Die Berater halfen zunächst bei der Registrierung von Flüchtlingen. Später haben sie ein Konzept erarbeitet, wie mehr Flüchtlinge zu einer Rückkehr in ihre Heimatländer bewegt werden können." Allein das Bamf soll bei McKinsey Beratungsleistungen in Höhe von rund 45 Millionen Euro in Anspruch genommen haben. Ende April 2018 waren noch 15 McKinsey-Berater in der Behörde im Einsatz. Wenn es sich wenigstens um eine "Wohlberatenheit" gehandelt hätte, könnte man die Summe von 2300 Euro für einen Beratertag vielleicht noch verstehen, davon kann aber seit Beginn der Beratung nicht die Rede sein. [88] 

Manches aber, was nicht notwendig zum Wesen der Seligkeit gehört, kennen weder die Engel noch die seligen Menschen; nämlich was sich auf die Leitung der Dinge gemäß der göttlichen Vorsehung erstreckt. Und da ist zu berücksichtigen, dass der Geist der Seligen in anderer Weise von Gott bewegt wird wie der Geist der noch Pilgernden. Denn der letztere wird in der Weise bewegt, dass die Ängstlichkeit des vorhergehenden Zweifelns beruhigt wird, während im Geiste der Seligen mit Rücksicht auf das, was sie nicht kennen, eben ein einfaches Nichtwissen ist ohne jegliche Unruhe, von dem dann die Engel durch die Erleuchtung seitens Gottes und vermittelst der höheren Engel gereinigt werden, nach Dionysius. (7. coel. hier.) Gott um Rat fragen bedeutet bei ihnen kein Untersuchen, um den Zweifel zu verscheuchen; sondern einfach ein Zuwenden zu Gott, wie Augustin (5. sup. Gen. ad litt. 19.) schreibt: „Die Engel befragen Gott über das Niedrigere.“ Und die Erleuchtung darin seitens Gottes wird „Rat“ genannt. Danach also ist in den Seligen die Gabe des Rates, insoweit die Fortdauer ihrer Kenntnis von seiten Gottes verursacht; und der Geist darüber, was er rücksichtlich des zu Tuenden nicht weiß, erleuchtet wird. Auch in den Seligen sind einige Tätigkeiten, die zum Zwecke hingeordnet sind oder vielmehr, die von der Erreichung des Zweckes her ausgehen; wie dass sie Gott loben oder dass sie andere zu Gott ziehen, also z. B. die Gebete der Heiligen und die Dienste der Engel. Mit Bezug darauf haben sie die Gabe des Rates. [89] 
 

21. Unklugheit (imprudentia); Unkenntnis der Heiden führt dazu, dass sie in erster Linie um das Zeitliche besorgt sind

"Ich antworte, die Unklugheit als bloße Verneinung der Klugheit, also negativ, besage nur, dass die Klugheit nicht vorhanden ist; und dies kann ohne Sünde sein. Als Mangel an Klugheit (also privativ) besagt sie, dass jene Klugheit nicht vorhanden sei, welche man haben könnte und müsste; und so ist die Unklugheit Sünde auf Grund der Nachlässigkeit, die jemand besitzt, oder weil er sich nicht bemüht, Klugheit zu haben. Als konträrer Gegensatz zur Klugheit aber besagt die Unklugheit, dass man in gegenteiliger Weise tätig ist wie die Klugheit; wie z. B. wenn die Klugheit gebietet, sich zu beraten, der unkluge den Rat verachtet. Und so weicht der Mensch positiv ab von der rechten Richtschnur der Klugheit, als einer Tugend; sündigt also. Weicht er nun von den Regeln der göttlichen Weisheit ab, indem er mit Verachtung die göttlichen Gebote verschmäht, so ist dies Todsünde. Weicht aber der unkluge von den göttlichen Geboten ab ohne Verachtung und ohne Schaden rücksichtlich des zum Heile Notwendigen, so ist es läßliche Sünde." - Thomas von Aquin, II-II, q 53
Da steht dem guten Beraten gegenüber die Überstürzung oder Verwegenheit; dem besonnenen und scharfen Urteilen die Unüberlegtheit; dem Vorschreiben die Unbeständigkeit. Und insoweit die integralen Teile der Klugheit, welche den klugen Akt zusammensetzen, insgesamt Beziehung dazu haben, um diese drei Akte der Vernunft, das Beraten, Urteilen, Vorschreiben recht zu leiten, so lassen sich die entgegengesetzten Mängel alle auf die eben erwähnten zurückführen: der Mangel an Vorsicht und Umsicht auf die Unüberlegtheit; der Mangel an Gelehrigkeit, Gedächtnis, an Kraft zu schließen auf Überstürzung; der Mangel an Besorgtheit etc. auf Nachlässigkeit und Unbeständigkeit. Da ist die Rede von der Anteilnahme der anderen Sünden an der Unklugheit. "Die Wissenschaft ist weiter entfernt vom Bereiche des Moralischen wie die Klugheit, weshalb die Unkenntnis eigentlich nicht den Charakter einer Todsünde hat, sondern den einer gewissen Nachlässigkeit; und somit den Sünden im allgemeinen vorhergeht. Die Unklugheit aber ist ihrem Wesenscharakter nach eine Todsünde." [90] 

Gregor (10. moral. 16.) sagt: „Die Weisheit dieser Welt besteht darin, das innere Herz künstlich zu verhüllen, seine Absicht mit Hilfe von Worten zu verheimlichen; was falsch ist als etwas Wahres darstellen, was wahr ist als falsch erweisen.… Diese Klugheit lernt die Jugend durch Erfahrung; die Kinder werden darin um Geld unterrichtet.“ Dies Alles aber ist nichts Anderes wie Schlauheit. In doppelter Weise könne die Vernunft im Bereiche des Spekulativ-Beschaulichen fehlgehen: entweder dass sie zu einer falschen Schlussfolge kommt, welche den äusseren Schein des Wahren hat; oder dass sie von falschen Voraussetzungen ausgeht, welche den Schein des Wahren besitzen, mag nun daraus ein wahrer oder falscher Schluß gezogen werden. So kann im Bereiche des menschlichen Tätigseins der Klugheit eine Sünde ähnlich sein: entweder weil die Tätigkeit der Vernunft auf einen schlechten Zweck bezogen wird, der scheinbar gut ist; und dies ist die Klugheit des Fleisches; oder weil jemand, mag der zu erreichende Zweck gut oder schlecht sein, nicht guter und der Wahrheit entsprechender Mittel sich zu dessen Erreichung bedient, sondern verstellter und täuschender Mittel; und das ist die Sünde der Schlauheit. Nach Augustinus (4. cont. Julian. 3.) wird, wie die „Klugheit“ manchmal im schlechten Sinne genommen wird, so die „Schlauheit“ manchmal im guten Sinne gebraucht; denn Beides ist einander ähnlich. Doch eigentlich bedeutet die Schlauheit etwas Schlechtes. [91] 

Größere Mühe nun wird offenbar aufgewendet, wenn Furcht vorherrscht dass die Sache fehlschlägt, als wenn man seines Zweckes sicher ist. So kann nun die Sorge um das Zeitliche in dreifacher Weise unerlaubt sein: "1. von seiten des Gegenstandes, wenn wir Zeitliches für den Zweck selber nehmen; 2. von seiten der angewandten Mühe, wenn überflüssige Mühe für zeitlichen Besitz aufgewandt und so die Beschäftigung mit geistigen Dingen gestört wird.  3. von seiten unnötiger Furcht, dass das Notwendige für den zeitlichen Lebensunterhalt einmal fehlen könnte. Diese Furcht schließt der Herr in dreifacher Weise aus: a) weil Gott noch größere Wohltaten dem Menschen ohne dessen Sorge verliehen hat, nämlich Leib und Seele;  b) weil Gott Tieren und Pflanzen zu Hilfe kommt ohne menschliche Sorge gemäß deren Natur;  c) weil die göttliche Vorsehung besteht, deren Unkenntnis die Heiden dazu führt, dass sie in erster Linie um das Zeitliche besorgt sind. Deshalb will der Herr, unsere Hauptsorge solle auf geistige Güter sich erstrecken und wir sollen hoffen, dass uns das, was unsere Leibesnotdurft erheischt, zu teil werden wird, wenn wir das Unsrige tun."  [92] 

Jedes menschliche Werk muß von den gebührenden Umständen begleitet sein, worunter sich findet: die gebührende Zeit. Deshalb heisst es Ekkle. 8.: „Jedes Geschäft hat seine Zeit.“ Einer jeden Zeit also kommt eine eigene Sorge zu; wie z. B. der Zeit des Sommers die Sorge für die Ernte zukommt, dem Herbste die Sorge um das Keltern des Weines etc. Wenn jemand also zur Zeit des Sommers besorgt sein wollte, wie er den Wein keltern soll, den er noch nicht hat, so wäre dies eine überflüssige Sorge; da muss er vielmehr Sorge tragen, dass er eine gute Ernte erziele. Solche Sorge, die der gegebenen Zeit nicht eigen ist, verbietet demgemäß der Herr für das Zukünftige. Deshalb fügt Er hinzu: „Der morgige Tag wird seine d. h. die ihm eigene Sorge haben;“ und da wird es nicht überflüssig sein, sich damit zu befassen. „Jedem Tage genügt seine Bosheit,“ d. h. seine eigene Bitterkeit und Sorge. Die Sorge der Ameise entspricht der gegebenen Zeit. Ungeregelt würde die Klugheit sein, wenn jemand das Zeitliche, worin allein ja das Vergangene und Zukünftige eingeschlossen ist, als Zweck erstrebte;  oder wenn er Überfluß suchte;  oder die Zeit der Sorge schon vorwegnähme. Augustinus sagt (2. de serm. Dom. in monte 17.): „Wenn wir sehen, wie ein Diener Gottes Fürsorge trifft, dass das Notwendige ihm nicht mangelt, so müssen wir nicht urteilen, er sorge für den folgenden Tag. Denn auch vom Herrn liest man, dass er wegen des Beispiels einen Beutel hatte; und in der Apostelgeschichte liest man, dass das zur Leibesnotdurft Notwendige für die Zukunft angesammelt worden sei wegen des drohenden Hungers. Gott also missbilligt es nicht, wenn jemand in menschlicher Weise für Derartiges Sorge trägt, sondern dass er wegen dessen als wegen seines Zweckes arbeitet.“ [93] 
 

22. Recht

Es ist etwas ganz Gewöhnliches, dass die Namen von ihrer ersten und grundlegenden Bezeichnung aus zur Bezeichnung von etwas Anderem herangezogen werden. So ist die „Medizin“ zuerst das Heilmittel für einen kranken; dann aber ist der Ausdruck herangezogen worden zur Bezeichnung der Kunst, kraft deren geheilt wird, die man auch kurz „Medizin“ nennt; wie z. B. Medizin studieren. Und in derselben Weise ist als „Recht“ bezeichnet worden zuvörderst die gerechte Sache selber; und nachher ist der Ausdruck herangezogen worden, um die Kunst zu bezeichnen, wodurch man erkennt, was gerecht ist; und weiter, um den Ort zu bezeichnen, wo was „Recht“ ist entschieden wird: „vor Gericht, d. h. vor dem Rechte erscheinen;“ und endlich wird „Recht“ gesprochen von dem, dessen Amt es ist, Gerechtigkeit herzustellen, obgleich das, was er entscheidet, oft ungerecht ist. Sowie von dem, was kraft der Kunst geschieht, eine gewisse maßgebende Regel im Geiste des Künstlers vorherbesteht, welche als Regel der Kunst bezeichnet wird, so existiert auch vom gerechten Werke, wozu die Vernunft bestimmt, ein gewisser maßgebender Grund im Geiste vorher, wie gewissermaßen eine Klugheitsregel; und wird solcher maßgebender Grund aufgeschrieben, so nennt man dies „Gesetz“. Denn „Gesetz ist“, sagt Isidor (5 Etymol. 3.), „eine geschriebene Regel“. Deshalb ist das Gesetz nicht das Rechtsregel-Recht selber, sondern eine etwaige im Geiste befindliche maßgebende Regel für das Recht. [94] 

In doppelter Weise nun kann solche Gleichheit herrschen: 1. auf Grund der Natur, wenn nämlich jemand so viel gibt, um ebensoviel zu empfangen; und das heisst Naturrecht;  2. aus Grund eines Vertrages oder Abkommens, wenn jemand sich zufrieden erklärt, dass er nur so und so viel empfängt. Letzteres nun kann auf einem Privatabkommen beruhen; oder auf einem öffentlichen, falls nämlich das ganze Volk zustimmt, dass etwas für entsprechend abgemessen und gleichsam im Verhältnisse der Gleichheit stehend gehalten werde. Wäre die Natur des Menschen immer recht und gerade, so müsste dies immer so beobachtet werden. Manchmal aber ist der menschliche Wille verkehrt; und so kann es kommen, dass das Anvertraute nicht zurückgegeben werden darf, damit der Mensch, dessen Wille verlehrt ist, sich dessen nicht schlecht bediene; wie wenn ein wütender oder ein Staatsfeind die Waffen, die er anvertraut hat, zurückfordert. In dem, was an sich nicht widerstreitend ist, kann der menschliche Wille durch Vertrag und Abkommen etwas feststellen; dies ist das positive Recht. Deshalb sagt Aristoteles: „Gesetzliches Recht ist, was im Anfange weder so noch anders zu geschehen hat; sondern erst, nachdem das Gesetz erlassen ist, beginnt der Unterschied.“ Was aber an sich dem Naturrechte widerstreitet, kann nie durch den menschlichen Willen gerecht werden; z. B. dass es erlaubt sei zu stehlen, die Ehe zu brechen. Deshalb sagt der Prophet (Isai. 10.): „Wehe denen, die ungerechte Gesetze machen.“  [95] 
 

23. Gerechtigkeit

„Gerechtigkeit ist Geradheit.“ - Anselm von Canterbury, De Verit. 13

„Die Gerechtigkeit ist die Liebe, welche Gott allein dient.“ - Augustinus, de morib. Eccl. 15

Da jede Tugend ein Zustand ist, der das Prinzip für eine gute Tätigkeit bildet; so wird die Tugend begrifflich bestimmt vermittelst der guten Tätigkeit, soweit diese mit dem eigensten Gegenstande der Tugend sich beschäftigt. Nun ist der Gegenstand der Gerechtigkeit so recht eigentlich die Beziehung zum anderen Menschen. Demnach wird die Tätigkeit der Gerechtigkeit mit Rücksicht auf ihre eigenste Materie und ihren eigensten Gegenstand berührt, wenn gesagt wird, „sein Recht einem jeden werden zu lassen,“ wie Isidor (10 Etymol. litt. 7.) sagt: „Gerecht wird genannt wer das Recht behütet.“ Damit aber eine solche Tätigkeit eine tugendhafte werde, wird im allgemeinen erfordert, dass sie freiwillig, beständig und mit Festigkeit ausgestattet sei; wie Aristoteles schreibt (2 Eth. 4.), damit jemand etwas Tugendhaftes tue, dazu gehöre, dass er mit Wissen wirke, sodann dass er zweckgemäß wähle, und dass sein Wirken unverrückbare Festigkeit besitze. Der erste Punkt ist im zweiten enthalten, denn wer in Unkenntnis wirkt, der wirkt nicht mit freiem Willen. (3 Eth. 1) Deshalb steht in der obigen Begriffsbestimmung zuerst „der Wille“, damit dadurch die Freiwilligkeit des Aktes angezeigt werde; dann wird hinzugefügt „beständig“ und „standhaft“, um die Festigkeit des Wirkens darzutun. Abgesehen also davon dass hier die entsprechende Tätigkeit anstatt des Zustandes gesetzt wird, der durch die Tätigkeit seinen Wesenscharakter erhält, ist die erwähnte Begriffsbestimmung vollständig. Wer sie in die gebührende Form bringen wollte, der müsste sagen: „Die Gerechtigkeit ist ein Zustand, vermöge dessen jemand mit standhaftem und beständigem Willen jedem sein Recht werden lässt.“ Und das stimmt dann überein mit dem, was Aristoteles sagt (5 Eth. 5): „Die Gerechtigkeit ist ein Zustand, gemäß welchem jemand dasteht als handelnd gemäß der Erwählung dessen, was gerecht ist.“  [96] 
"Die Tätigkeit des Willens ist eine beständige nur in Gott. Aber kraft der Gerechtigkeit will jemand von seiten des Gegenstandes beständig das tun was gerecht ist. Denn nicht genügt es für die Gerechtigkeit, dass jemand hie und da, für eine Stunde etwa, Gerechtes will; sondern er muss den Willen haben, immer und überall das Gerechte zu wollen. „Beständig“ will heißen, dass jemand in seinem Willensakte für immer an der Gerechtigkeit festhalten will; „standhaft“, dass dieser sein Wille Festigkeit hat. Wäre freilich der Willensakt als Akt beständig, wie dies in Gott der Fall ist, so wäre der Zusatz „standhaft“ überflüssig."  - Thomas von Aquin, II-II, q 58
Röm. 3. heißt es: „Die Gerechtigkeit Gottes ist durch den Glauben Jesu Christi.“ Nichts ist gleich sich selber, sondern immer einem anderen; also wesentlich schliesst die Gerechtigkeit, deren Natur Gleichmaß besagt, in sich ein die Beziehung zu einem anderen. Und weil die Gerechtigkeit die menschlichen Tätigkeiten leiten, respektive messen soll, so ist diese Gleichheit jene, welche von der Verschiedenheit der tätigseienden bedingt ist. Das Tätigsein aber gehört so recht eigentlich der Person oder dem Fürsichbestehenden an; denn nicht die Hand z. B. schlägt sondern der einzelne Mensch vermittelst der Hand, und nicht die Wärme wärmt sondern das Feuer durch die Wärme. Also besagt die Gerechtigkeit so recht eigentlich die Verschiedenheit der Personen oder der Fürsichbestehenden; und nur insoweit in dem einen Menschen mehrere Prinzipien des Tätigseins sind, wie die Vernunft, die Abwehr-, die Begehrkraft, ist von einer Gerechtigkeit des Menschen gegenüber sich selbst, einer gewissen Analogie oder Ähnlichkeit zufolge, die Rede. Danach soll die Vernunft befehlen und die sinnlichen Kräfte gehorchen. Die Gerechtigkeit, welche der Glaube herstellt, ist jene in der Rechtfertigung des Sünders, wodurch die Vermögen der Seele an sich zu einander in die gebührende Ordnung gebracht werden, dass sie der Vernunft Unterthan seien. Das ist die Gerechtigkeit im metaphorischen oder analogischen Sinne. Die Gerechtigkeit Gottes ist dem Willen und dem Vorsatze nach ewig; und dies ist die Wurzel aller Gerechtigkeit, obgleich die Wirkung erst in der Zeit eintritt. Die Tätigkeiten des Menschen rücksichtlich seiner selbst werden durch die anderen moralischen Tugenden hinreichend geregelt, welche den Leidenschaften Zügel anlegen. Die Tätigkeiten zu einem anderen hin bedürfen einer eigenen Regelung, nämlich durch die Gerechtigkeit. [97]

Die Gerechtigkeit macht die Tätigkeit des Menschen zu einer guten. Denn sie regelt dieselbe nach der gebührenden Richtschnur des vernünftigen Gleichmaßes mit Beziehung auf den anderen; weshalb Cicero sagt, „infolge der Gerechtigkeit würden die Menschen vorzugsweise als gute bezeichnet.“ (1. de offic.) Also macht die Gerechtigkeit das Werk des Menschen und diesen selber zu einem guten; und ist somit eine Tugend. Jenem, dem der Mensch das gibt, was ihm gebührt, nützt er nichts; sondern entfernt nur dessen Schaden. Sich selbst aber nützt er, wenn er gern und von freien Stücken tut, was er soll. Deshalb sagt Sap. 8.: „Die Weisheit Gottes lehrt Mäßigkeit und Gerechtigkeit; … und nichts ist nützlicher als dieses.“ Die Notwendigkeit, welche aus dem Zwange folgt, ist nicht verdienstvoll. Die Notwendigkeit, welche aus den Geboten ersteht oder aus dem Bedürfnisse, den Zweck zu erreichen, ist verdienstvoll, wenn jemand freiwillig demgemäß handelt. Freilich ist da nichts Überfliessendes von Verdienst, kein supererogatorium; wie Paulus sagt: „Wenn ich euch das Evangelium predige, so ist mir das kein Ruhm; denn die Notwendigkeit drängt.“ (1. Kor. 9.) Die Gerechtigkeit macht nicht das Andere, was aussen ist, so wie die Kunst dies tut; sondern sie bedient sich dessen, was objektiv, von aussen her, bereits geregelt ist. " [98]

„Die Gerechtigkeit ist die Geradheit des Willens, die um ihrer selbst willen festgehalten wird.“ - Anselm von Canterbury, De Verit. 13

„Jede Tugend ist Gerechtigkeit.“ - Aristoteles, 5 Ethic. 1

Die Gerechtigkeit regelt die Beziehungen zu einem anderen Menschen; entweder insoweit dieser als für sich, als Privatperson, betrachtet wird oder insoweit er zum Ganzen des Menschengeschlechtes gehört; denn wer einem Gemeinwesen dient, der dient allen einzelnen darin enthaltenen Personen. Jeder Mensch aber verhält sich zum Ganzen des Menschengeschlechtes wie ein Teil und somit ist von vornherein was er an sich Gutes hat auch beziehbar auf das Gute des Ganzen; denn was ein Teil ist, das hat derselbe vom Ganzen. Jegliche Tugend also des einzelnen steht in positiver Beziehung zum Gemeinbesten, auf welches hin die Gerechtigkeit Regel und Richtschnur ist. Danach also können alle Tugendakte zur Gerechtigkeit gehören, insoweit diese den Menschen hinordnet zum Ganzen. Und in diesem Sinne ist die Gerechtigkeit eine gemeinsame Tugend; sie wird so „gesetzliche Gerechtigkeit“ genannt; weil kraft ihrer der einzelne Mensch dem Gesetze gleichförmig ist, von dem alle Tugendakte zum Gemeinbesten hingeleitet werden. Nicht mit Rücksicht auf den Charakter des Gemeinsamen in ihr, sondern als besondere Tugend wird die Gerechtigkeit von den anderen Tugenden geschieden. Die Mäßigkeit und Stärke haben ihren Sitz im sinnlichen Teile, der auf das Besondere oder Beschränkte geht; wie er auch nur Besonderes oder Beschränktes erkennt. Die Gerechtigkeit aber ist im vernünftigen Teile, der das allgemeine, Allem also gemeinsame Gut betrachtet. Die eigene persönliche Tugend dient dem Gemeinbesten; und die Ungerechtigkeit ist in diesem Sinne auch eine gemeinsame Sünde, denn „alle Sünde ist Ungerechtigkeit.“ (1. Joh. 3.) [99]
 

24. Ungerechtigkeit (iniustitia), Urteil

Die Ungerechtigkeit als Gegensatz zur „gesetzlichen“ Gerechtigkeit ist ihrem Wesen nach eine besondere Sünde; denn sie hat einen eigenen besonderen Gegenstand, das Gemeinbeste nämlich, welches sie verachtet; der Absicht nach aber ist sie eine gemeinsame Sünde; denn insoweit alle Sünden dem Gemeinbesten widerstreiten, haben sie alle den Charakter des Ungerechten und leiten sich davon ab. Ferner bezeichnet man als Ungerechtigkeit eine gewisse Ungleichheit in Bezug auf einen einzelnen anderen, sofern der Mensch z. B. mehr Ehre und Reichtum haben will und weniger von dem entgegengesetzten Üblen, von Mühe und Schaden; und so ebenfalls hat die Ungerechtigkeit einen eigenen besonderen Gegenstand und steht gegenüber der „besonderen“ Gerechtigkeit. "Insoweit jede Sünde dem göttlichen Gute widerstreitet, ist sie Ungerechtigkeit." [100]

Im Gegensatze zur Gerechtigkeit ist der Gegenstand der Ungerechtigkeit etwas Ungleiches; insoweit nämlich jemandem mehr oder minder zugeteilt wird, als ihm gebührt. Zu diesem Gegenstande aber steht im entsprechenden Verhältnisse der Gegenstand des Lasters der Ungerechtigkeit, durch Vermittlung nämlich der demselben eigens entsprechenden Tätigkeit, des ungerechtfertigten Handelns. Es braucht also jemand, der Ungerechtes tut, trotzdem nicht ungerecht zu sein: entweder auf Grund des Mangels im Vergleichen der Tätigkeit selbst mit dem eigenen Gegenstande, der im Bereiche des Zweckdienlichen immer an und für sich beabsichtigt sein muss; denn das Absichtslose ist im Moralischen nebensächlich oder zufällig, so dass, wer absichtslos etwas Ungerechtes tut, aus Unkenntnis z. B., nicht als ungerecht bezeichnet werden kann und nicht ungerechtfertigt handelt; oder auf Grund des Mangels im Vergleichen oder Beziehen der eigenen Tätigkeit zum inneren Zustande, wenn nämlich jemand aus Leidenschaft, z. B. aus Begierlichkeit oder Zorn Ungerechtes tut und nicht aus freier Wahl, weil das Ungerechte als solches ihm etwa gefiele. Mit Absicht also das Ungerechte tun und aus freier Wahl, mit vollem Wissen und Willen; das ist eigen dem Zustande der Ungerechtigkeit; Ungerechtes aber tun ohne Absicht und nicht kraft des Zustandes der Ungerechtigkeit, sondern aus irgend welcher Leidenschaft, ist nicht die Tätigkeit eines ungerechten Menschen. [101]

"Der geistige Mensch hat infolge des Zustandes der heiligen Liebe die Hinneigung, um recht zu urteilen; nämlich nach den göttlichen Regeln, denen gemäß kraft der Gabe der Weisheit das Urteil ausgeht." - Thomas von Aquin, II-II, q 60
Insoweit das Urteilen ein Akt der Gerechtigkeit ist, ist es erlaubt. Also muss es hervorgehen 1. aus der Hinneigung der Gerechtigkeit; 2. aus der Autorität des Vorsitzenden und 3. gemäß der Klugheit. Urteilt deshalb der Mensch gegen die Richtschnur der Gerechtigkeit, so ist das Urteil verkehrt oder ungerecht; urteilt er, wo er keine Autorität hat, so ist das Urteil ein angemaßtes; urteilt er, wo nichts feststeht, also aus schwachen Gründen, leichtsinnig, so ist das Urteil verdächtig oder vorurteilsvoll. Der Herr verbietet hier das angemaßte Urteil über die Absichten des Herzens oder sonstige ungewisse Sachen, nach Augustinus (2. de serm. Dom. 18.); oder er verbietet das Urteil über göttliche Dinge, die wir einfach zu glauben haben, nach Hilarius (sup. Matth. 5.); oder er verbietet das übelwollende Urteil, nach Chrysostomus (op. imp. hom. 17.) [102]
„Der Herr verbietet durch dieses Gebot nicht, andere aus Wohlwollen zu bessern; aber er will nicht, dass man aus Anmaßung und auf bloße Verdachtsgründe hin über andere urteile.“ - Chrysostomus zu Matth. 7, Nolite judicare
Nach Cicero besagt der Verdacht die Meinung, dass ein Übel vorhanden ist, und zwar auf Grund leichter Anzeichen. Das kommt nun 1. daher, dass jemand in sich böse ist und somit leicht argwohnt, die anderen täten auch Böses, nach Ekkle. 10.: „Der Tor wandelt auf seinem Wege; und da er selber ein Tor ist, meint er, die anderen seien es auch;“  2. daher, dass jemand eine Abneigung gegen jemanden hat, ihn verachtet, beneidet; er argwohnt Schlechtes dann auf leichte Anzeichen hin, weil jeder gern glaubt das, wonach er begehrt;  3. daher, dass man eine lange Erfahrung hat. Deshalb nennt Aristoteles (2 Rhet. 13.) die Greise im höchsten Grade argwöhnisch, weil sie oft die Fehler der anderen zu ihrem Nachteile erfahren haben. Die beiden ersten Beweggründe nun schliessen offenbar eine Verkehrtheit in der Hinneigung ein. Der dritte vermindert das Wesen des Verdachtes; denn die Erfahrung führt zur Gewissheit, welche dem Wesen des Verdachtes oder Argwohns entgegen ist. Verdacht also oder Argwohn ist ein Fehler; und je umfassender er ist, ein desto größerer Fehler ist er. Nun gibt es drei Stufen im Verdachte: 1. Die erste Stufe ist, dass der Mensch auf schwache Anzeichen hin an der Güte des anderen zu zweifeln beginnt, und das ist eine lässliche Sünde; dies ist „Versuchung, ohne welche das menschliche Leben nicht besteht.“  2. Der zweite Grad besteht darin, dass jemand auf leichte Anzeichen hin die Schuld des Nächsten für gewiß erachtet; und betrifft dies etwas Schwerwiegendes, so ist es Todsünde, da es ohne die Verachtung des Nächsten nicht besteht. Deshalb folgt oben bei Augustinus: „Wir müssen uns aber fester Urteile und Ansichten enthalten.“ 3. Der dritte Grad ist, wenn ein Richter auf schwache Anzeichen hin jemanden verurteilt; und das ist geradezu Ungerechtigkeit und Todsünde. Durch geeignete Zeugen kann in den menschlichen Handlungen in etwa Gewissheit, wie eine solche Menschlichem entspricht, erlangt werden. Der ohne zureichende Ursache eine schlechte Meinung vom anderen hat, verachtet diesen ungebührlicherweise und tut ihm also Unrecht. Da die Gerechtigkeit mit dem Tätigsein nach aussen hin zu tun hat, so ist ein argwöhnisches Urteil in dem Falle offen ungerecht, wenn es sich im äusseren Tätigsein äussert; und da ist es Todsünde. [103]

Da das Urteil gemäß den geschriebenen Gesetzen zu fällen ist, so legt der Richter den Spruch des Gesetzes gewissermaßen aus, indem er ihn auf den besonderen Fall anwendet. Nun ist es aber die Sache ein und desselben, das Gesetz auszulegen und aufzustellen, soweit die Autorität in Frage kommt. Also kann auch das Urteil nur von jemandem ausgehen, der mit öffentlicher Autorität für das betreffende Gemeinwesen bekleidet ist. Wie es also ungerecht wäre, wenn jemand den anderen zur Beobachtung eines Gesetzes zwingen wollte, das keine öffentliche Autorität besäße; so ist es gleichermaßen ungerecht, dass jemand den anderen zwingen will, einem Urteile sich zu unterwerfen, welches von keinem, der öffentliche Autorität geniesst, ausgeht. Das Urteil bringt einen Zwang mit sich; es erfordert Unterwerfung. Dies ist beim Aussprechen einer beliebigen Wahrheit nicht der Fall. Ungerecht also wäre es, Unterwerfung zu fordern, wo keine öffentliche Autorität vorhanden ist. Kraft göttlicher Einsprechung hat Moses die Autorität erlangt. [104]

Man kann dem anderen den guten Namen nehmen: 1. wahrhaftiger- und gerechterweise, wie wenn in gebührender Ordnung das Verbrechen jemandes offenbar macht; und da ist er zur Wiederherstellung des guten Namens nicht verpflichtet;  2. falscher- und ungerechterweise; und da muss er den guten Namen wieder herstellen, indem er die Wahrheit sagt;  3. wahrhaftiger- aber ungerechterweise, wenn er gegen die gebührende Ordnung das Verbrechen des anderen offenbar gemacht hat; und da ist er zur Wiederherstellung des guten Namens verpflichtet, soweit er dies kann, ohne eine Lüge zu sagen; z. B. indem er sagt, er hätte ungerechterweise über denselben Böses gesagt. Kann er den guten Namen nicht wiederherstellen, so muss er anders, wie eben gesagt worden, Ersatz leisten. [105] 

Man muss hier unterscheiden das genommene Gut und das Nehmen selber. Was das weggenommene Gut betrifft, so muss man es zurückgeben, solange man es bei sich hat; denn wer etwas darüber hinaus besitzt, was er „sein“ nennen kann, der muss es aufgeben und jenem zukommen lassen, dem es fehlt, gemäß dem Wesen der Tauschgerechtigkeit. Das Nehmen selber aber kann sich in dreifacher Weise verhalten: 1. Es ist ein ungerechtes, wenn nämlich jemandem gegen seinen Willen etwas genommen wird wie beim Diebstahle und beim Raube; dann muss wiedererstattet werden sowohl auf Grund des genommenen Gutes wie ebenso auf Grund der ungerechten Handlung, mag auch das betreffende Gut selber nicht mehr bei jenem sein, der es genommen. Wie nämlich jemand, der einen anderen misshandelt, gehalten ist, die Misshandlung zu sühnen, obgleich nichts bei ihm bleibt; so ist der Dieb gehalten, Ersatz zu leisten für den angerichteten Schaden, auch wenn er nichts davon hat, und weiter muss er noch dazu für das begangene Unrecht gestraft werden. Es kann 2. jemand das Gut eines anderen an sich nehmen; wohl zu seinem Nutzen, aber ohne diesem Unrecht zu tun, nämlich mit dem Willen des Besitzers, Wie dies z. B. in Anleihen der Fall ist; dann ist der Schuldner zur Wiedererstattung dessen verpflichtet, was er genommen, nicht nur auf Grund des geliehenen Gutes, sondern ebenso auf Grund des Ansichnehmens, mag er auch das Gut selbst verloren haben. Denn er ist verpflichtet, jenen schadlos zu halten, der ihm die Gunst erwiesen hat, zu leihen. Es kann jemand 3. das einem anderen gehörige Gut an sich nehmen, mit dem Willen des anderen und ohne eigenen Nutzen, wie dies beim anvertrauten Gute der Fall ist; und dann ist dieser zu nichts gehalten, wenn das Ansichnehmen allein in Betracht kommt, denn damit hat er ja einen Dienst dem anderen geleistet; er ist nur zur Wiedererstattung verpflichtet auf Grund des anvertrauten Gutes. Wenn er deshalb des letzteren ohne seine Schuld verlustig geht, so braucht er nicht zurückzuerstatten; sonst muss er wiedererstatten, wenn nämlich seine Schuld eine bedeutende ist. [106] 

Zum Wiedererstatten ist jemand gehalten nicht nur auf Grund des fremden Gutes, welches er besitzt, sondern auch auf Grund des unrechtmäßigen Ansichnehmens. Wer auch immer also Ursache eines solchen unrechtmäßigen Ansichnehmens ist, der ist zum Wiedererstatten gehalten. Eine solche Ursache nun kann jemand unmittelbar oder mittelbar sein. Unmittelbar: wenn er den anderen zum Ansichnehmen verleitet entweder 1. von seiten des Ansichnehmens selber a) durch Befehlen, b) durch Anraten, c) durch ausdrückliches Zustimmen und Loben; oder 2. von seiten des ansichnehmenden, indem er diesen a) bei sich aufnimmt oder ihm b) wie auch immer Hilfe bringt; oder 3. von seiten des genommenen Gutes, weil er am Diebstahle teilgenommen gleichsam als Genosse. Mittelbar kann ferner jemand Ursache des ungerechten Ansichnehmens sein, 1. wann jemand dasselbe nicht hindert, da er müsste und könnte; 2. weil er den Rat oder Befehl vorenthält, der den Diebstahl oder Raub gehindert hätte; oder 3. weil er seinen Beistand vorenthält, mit dem er das Ansichnehmen hätte verhüten können; oder 4. weil er das fremde Gut nachher verbirgt. Diese Beihilfe besteht also, kurz zusammengefasst im Befehlen, Raten, Zustimmen, Loben, Zuflucht geben, Teilnehmen, Stummsein, Nichthindern, Nichtoffenbarmachen; oder lateinisch in Versen: Jussio, consilium, consensu, palpo, recursus, Participans, mutus, non obstans, non manifestans. Von diesen Arten Beistand verpflichten nun fünf immer zum Wiedererstatten; nämlich 1. der Befehl; denn der befehlende ist der hauptsächlich bestimmende und somit in erster Linie zur Wiedererstattung anzuhalten;  2. das Zustimmen in dem, ohne was der Raub nicht ausgeführt werden kann; 3. die Gewährung einer Zuflucht den Räubern gegenüber;  4. die Teilnahme am Rauben und an der Beute;  5. das Nichthindern von seiten desjenigen, der gehalten ist, es zu hindern; wie die Politiker z. B., "welche verpflichtet sind, die Gerechtigkeit auf Erden zu behüten, wenn infolge ihrer Schwäche das Räuberunwesen überhandnimmt, zur Wiedererstattung gehalten sind"; denn die Einkünfte, welche sie haben, sind dazu bestimmt, dass diese Politiker die Gerechtigkeit aufrechthalten. In den anderen Fällen aber ist jemand nicht immer verpflichtet, wiederzuerstatten. Denn das Lob oder das Schmeicheln oder das Anraten ist nicht immer die wirksame Ursache des Raubes. Nur dann wenn daraus nach gerechter Mutmaßung der Raub gefolgt ist, besteht die Pflicht der Wiedererstattung. Nicht nur wer die Sünde ausführt sündigt, sondern wer von dieser Ausführung durch Rat, Befehl etc. die Ursache ist. Wer der Hauptträger der ungerechten Tat ist, der ist auch an leitender Stelle zur Wiedererstattung verpflichtet; zuerst der befehlende, dann der ausführende und dann der Reihe nach die folgenden. Hat aber einer bereits die Wiedererstattung gemacht, so sind die anderen zu dieser selben Wiedererstattung nicht mehr verpflichtet; vielmehr müssen die anderen, welche die Leiter in der Ungerechtigkeit gewesen sind, denen dann wiedererstatten, welche wiedererstattet haben. Befiehlt jedoch jemand solche Ungerechtigkeit und hat das widerrechtliche Ansichreißen tatsächlich nicht statt, so ist er nicht verpflichtet, wiederzuerstatten; da der andere tatsächlich nicht beschädigt worden, also nicht schadlos zu halten ist. "Nur wenn es die Pflicht erheischt, dass jemand den Räuber offenbarmacht oder ihm widersteht etc. und er es nicht tut, ist er zur Wiedererstattung verpflichtet"; wie z. B. bei Politikern es der Fall ist, die verpflichtet sind, über die Gerechtigkeit zu wachen, und denen daraus keine große Gefahr erwächst. [107] 

„Vom Menschen gilt es: Du sollst nicht töten; nicht einen anderen, also auch nicht dich selbst. Denn einen Menschen tötet wer sich tötet.“ - Augustinus, 1. de civ. Dei 20

"Mit Rücksicht auf die eigene Person ist der Selbstmord eine Sünde gegen die Selbstliebe; mit Rücksicht auf das Gemeinwesen und auf Gott ist er der Gerechtigkeit entgegengesetzt." - Thomas von Aquin, II-II, q 64

Sich selbst töten ist durchaus unerlaubt und zwar aus drei Gründen: 1. Jegliches Ding liebt sich selbst und somit die Erhaltung seines Seins, es widersteht von Natur den seinem Sein verderblichen Einflüssen. Also ist es gegen die natürliche Neigung und gegen die heilige Selbstliebe, sich selbst zu töten; und ist dies Letztere als gegen das Naturgesetz und gegen die Liebe gerichtet immer schwere Sünde. 2. Jeder Teil gehört zum Ganzen. Der Selbstmörder also tut ein Unrecht dem Gemeinwesen an.  3. Das Leben ist ein Geschenk Gottes und Gottes Macht unterworfen, der da tötet und lebendig macht. Also beleidigt der Selbstmörder Gott, wie wer den Knecht eines anderen tötet, ein Unrecht dem Herrn antut, dem der Knecht angehört; und wie da sündigt, der ein Urteil sich anmaßt über eine Sache, über welche er nichts zu sagen hat. Gott allein gehört das Urteil über Leben und Tod an: „Ich werde töten und ich werde lebendig machen.“ (Deut. 32.) [108] 

Todsünde ist jene Sünde, welche der heiligen Liebe entgegensteht, soweit diese das geistige Leben der Seele ist. Zur heiligen Liebe aber gehört es, dass wir dem Mitmenschen Gutes wollen und tun. Der Diebstahl nun schadet dem Mitmenschen in dem, was er besitzt; und wenn jeder beliebig stehlen wollte, ginge die menschliche Gesellschaft zu Grunde, Also ist er eine Todsünde. Der Diebstahl wird als eine nicht große Schuld bezeichnet: 1. wegen des Bedürfnisses oder der Notwendigkeit, die dazu verleitet und manchmal den Charakter der Schuld ganz nimmt; weshalb hinzugefügt wird: „Denn er stiehlt, um den Hunger zu stillen;“  2. im Vergleiche zum Ehebruche, weshalb weiter unten die Worte folgen: „Ertappt soll der Dieb siebenfach ersetzen; der Ehebrecher aber wird seine Seele verderben.“ Die Strafen hier auf Erden sind mehr Heilmittel als Vergeltung, welche dem göttlichen Gerichte vorbehalten bleibt. Nur also für jene Todsünden gilt hier die Todesstrafe, welche unheilbaren Schaden verursachen oder eine erschreckliche Hässlichkeit an sich haben. "Der Diebstahl aber verursacht keinen unersetzlichen Schaden. Deshalb gilt ihm gegenüber die Todesstrafe nur, wenn ein höchst erschwerender Umstand hinzutritt, wie z. B. das Sakrileg, nämlich das Ansichnehmen heiligen Gutes; oder der Raub eines zum Gemeinbesten gehörigen Gutes (Aug. tract. 50. in Joan.); oder der Raub eines Menschen, wofür jemand mit dem Tode bestraft wird. (Exod. 21.)" Das Ansichnehmen heiligen Gutes ist vor allem von den Moslems bekannt, denn während der Geschichte des Islams bestand die Haupttätigkeit der Sarazenen oder Muslime darin, christliche Kirchen und Klöster zu verwüsten oder zu entweihen, indem sie sie beispielsweise zu Moscheen oder Schafställen umfunktionierten; eklatante Beispiele sind der Felsendom in Jerusalem und die Hagia Sophia in Konstantinopel. [109] 

Ist der Krieg gerecht, so wird die Beute, die mit Gewalt erworben wird, Eigentum des Siegers. Es kann da nur gesündigt werden, wenn man etwa aus Habgier oder überhaupt aus schlechter Absicht nimmt; wenn man nämlich im Innern nicht so sehr aus Liebe zur Gerechtigkeit wie aus Liebe zur Beute kämpft, nach Augustin (de verb. Dom. 19.): „Wegen der Beute kriegen, ist Sünde.“ Ist der Krieg ungerecht, so ist die Beute tatsächlicher Raub und erheischt Wiedererstattung. Was mit Unrecht erpreßt wird, ist Raub. Deshalb sagt Augustin (4. de civ. Dei 4.): „Entferne die Gerechtigkeit, was sind da die Königreiche anders wie große Räuberhöhlen? Oder sind nicht die Räuberbanden kleine Königreiche?“ Und bei Ezechiel 22.: „Ihre Fürsten, in ihrer Mitte, sind wie Wölfe, die auf Beute ausgehen.“ Solche Fürsten oder Politiker "müssen zurückerstatten und sündigen schwerer wie die Räuber; denn sie tun mit ihrem Vorgehen mehr Schaden dem Gerechtigkeitssinne und sind eine große Gefahr für das Gemeinwesen." Gerecht konnten früher nur Kriege sein, die zur Verteidigung des Christentum dienten. Die Eroberungszüge der Sarazenen oder Moslems waren dagegen immer auf Beute aus, und sind es heute noch, also ist "die Beute tatsächlicher Raub und erheischt Wiedererstattung", was soviel heisst wie die Rückerstattung der christlichen Ländereinen in der heutigen Türkei und in der Levante. [110] 

Die Anklage habe zum Zweck das Gemeinbeste. Keiner aber darf dem Gemeinbesten nutzen wollen dadurch, dass er jemandem ungerechterweise schadet. Und sonach ist in der Anklage in doppelter Weise Sünde: 1. wenn jemand ungerecht handelt gegen den verklagten, indem er ihm fälschlicherweise Verbrechen unterschiebt; und das ist Verleumden;  2. wenn jemand boshafterweise das Gemeinbeste schädigt, indem er die Bestrafung von Übelthätern hindert, entweder a) dadurch dass er betrügerisch sich im Anklagen verhält, indem er unter dem Scheine, jemanden anzuklagen, demselben tatsächlich hilft; und das heisst Heucheln;  oder b) dadurch dass er vom Anklagen gänzlich absteht und das heisst Bemänteln, gleichsam einen Mantel darum hängen. Ehe der Mensch als öffentlicher Ankläger auftritt, muss er seiner Sache sicher sein; darf also nicht in Unkenntnis sich finden rücksichtlich der Sachlage. Diese Unkenntnis aber selbst würde noch nicht die Grundlage für eine Verleumdung abgeben; denn letztere muss von Bosheit ausgehen. Klagt einer jedoch leichtsinnigerweise an, so ist das Vermessenheit und nicht Verleumdung. Vorkommen nun kann es, dass jemand aus berechtigtem Irrtume als Ankläger auftritt. Dies Alles muss der Richter im einzelnen Falle unterscheiden, damit niemand mit Unrecht als verleumderischer Ankläger dastehe. Nicht jeder, welcher wahre Verbrechen verbirgt, heuchelt; sondern nur derjenige tut dies, der trügerischerweise, im geheimen Einverständnisse mit dem Schuldigen, das verbirgt, was zur Begründung der Anklage dienen kann oder falsche Entschuldigungsgründe zulässt. [111] 
 

25.  (scientia iuris); Wer das Advokatenamt(officio advocandi) ausüben darf; Advokat (Advocatus) einer ungerechten Sache

Es wird jemand von einer Tätigkeit zurückgewiesen: 1. auf Grund seiner Unfähigkeit und Ohnmacht;  2. aus Schicklichkeitsgründen. Die Unfähigkeit schliesst immer aus; die Schicklichkeit nicht in jedem Falle, denn die Notwendigkeit kann sie überwiegen. "Danach werden von der Advokatur abgewiesen: Schwachsinnige, Unmündige, denen also der innere Sinn fehlt; Stumme und Taube, denen der äussere Sinn fehlt. Denn der Advokat muss innere Erfahrenheit besitzen, dass er die Gerechtigkeit seiner Sache zeigen kann; und er muss sprechen und hören. Aus Schicklichkeitsgründen werden zurückgewiesen: 1. die Mönche und Priester, weil sie höheren Dingen zugewandt sind, nämlich den göttlichen;  2. die körperlich einen Fehler haben, wie die blinden, welche nicht gut dem Urteilen mitwirkend beiwohnen können;  3. die geistig einen Fehler haben, also die Ehrlosen, Ungläubigen und wegen schwerer Verbrechen Verurteilte; denn wer in sich selber die Gerechtigkeit verachtet hat, soll nicht ihr Schützer sein in anderen." Es geht also nicht darum, dass Anwälte und Richter keine Kopftücher oder Burkas tragen dürfen, sondern darum, dass die "die geistig einen Fehler haben, also die Ehrlosen, Ungläubigen und wegen schwerer Verbrechen Verurteilte" dieses Amt nicht ausüben dürfen, weshalb es grob fahrlässig ist, Ungläubigen, also Sarazenen oder Muslimen diese Ämter zu überlassen. [112] 

Unerlaubt ist es, zum Schlechten mitzuwirken, sei es durch Rat oder sonstige Hilfe; denn man steht dadurch auf der gleichen Linie mit dem, der das Übel tut, nach Röm. 1.: „Des Todes schuldig sind sie; und nicht nur sie, sondern auch die da zustimmen denen, die Solches tun.“ Daher sind alle diese, die zum Übel mithelfen, zur Wiedererstattung verpflichtet. (Kap. 62, Art. 7.) Wenn also der Advokat einer ungerechten Sache mit Wissen und Willen seinen Beistand leiht, so sündigt er zweifellos schwer und ist zur Wiedererstattung gehalten mit Rücksicht auf den Schaden, den durch die gerichtliche Verhandlung die andere Partei hat. Leiht er seinen Bristand, ohne zu wissen, dass die Sache ungerecht ist, so wird er in dem Maße entschuldigt wie die Unkenntnis entschuldigen kann. Der Arzt, der in einem verzweifelten Falle seine Hilfe leistet, tut niemandem unrecht. Der Advokat aber tut jener Partei unrecht, gegen welche er die andere Partei ungerechterweise unterstützt. Also ist da keine Ähnlichkeit. [113] 
 

26. Verkleinerung (detractio); Ohrenbläserei (susurratio); Verlachen oder Verspotten (derisio); Fluchen; Wucher

Die Folge der Verkleinerung ist eine der schwersten, nämlich die Verblendung des Geistes. Denn so sagt Gregor (ep. 45.): „Was tun die da verkleinern anders als dass sie in den Staub blasen und gegen ihre Augen Erde aufwirbeln, so dass sie, je mehr sie verkleinern, desto minder die Wahrheit sehen.“ [114]
"Die da Christum verkleinern, indem sie seine Gottheit leugnen und so den Glauben der Glieder hindern, sind nicht so sehr Verkleinerer wie Lästerer." - Thomas von Aquin, II-II, q 73
Die Schmähung beleidigt offen, wie der Zorn offen nach Rache sucht. Die Verkleinerung geht heimlich vor; und ist so vielmehr ein Kind des Neides desjenigen, der wie auch immer danach trachtet, die Anerkennung, deren der Nächste sich erfreut, zu mindern. Deshalb ist jedoch die Verkleinerung größere Sünde; denn aus einem kleineren Laster kann eine größere Sünde hervorgehen, wie z. B. aus dem Zorne der Mord und die Gotteslästerung kommt. Der Ursprung der Sünden nämlich wird beurteilt gemäß Hinneigung zum Zwecke, also auf Grund der Zuwendung zu einem Gute; während die Schwere vom Grade der Abkehr vom höchsten Gute abhängt. Nicht immer kann man dem Inhalte der Verkleinerungen wider sprechen. "Man kann aber immer den Verkleinernden tadeln, weil er dem Rufe eines anderen schadet; oder man kann durch seine äussere Haltung zeigen, dass man an den Worten kein Gefallen finde." Zum Beispiel tadeln Vatikan und Bischofkonferenz die islamischen "Geistlichen" zu wenig, wenn sie Christen verkleinern; "äussere Haltung" wird auch nicht gezeigt, wenn Bischof Bedford-Strom und Kardinal Marx vor dem Felsendom in Jerusalem ihr Kreuz ablegen. [115] 

Der Gegenstand und das Heimliche ist dem Verkleinerer und dem Ohrenbläser gemeinsam und deshalb steht oft das Eine für das Andere. Der Zweck aber ist ein verschiedener. Denn der Verkleinerer will dem guten Namen schaden; der Ohrenbläser aber hat zum Zwecke, Freunde zu trennen, wie Ekkli. 28. gesagt wird: „Der Sünder wird die Freundschaft verwirren; inmitten deren, die Frieden haben, wird er Feindschaft verbreiten.“ Der Ohrenbläser sagt wie der verkleinernde Übel vom Nächsten, aber er hat noch den weiteren Zweck, den einen gegen den anderen aufzureizen; jedoch kann er auch sagen, was schlechthin gut ist, aber was dem äusseren Scheine nach demjenigen missfällt, dem er es sagt.  „Verbrecher“ nennt da die Schrift jenen, der öffentlich anderen Verbrechen zulastlegt entweder als Ankläger oder als Schmäher. „Zweizüngig“ ist so recht eigentlich der Ohrenbläser. Denn er will mit beiden Seiten gehen; er spricht deshalb einem jeden der Freunde, was diesem gefällt, damit er beide voneinander trenne. [116] 

Dieser Schaden ist um so größer, je höher das dadurch verlorene Gut steht. Unter den übrigen äusseren Gütern nun ragt hervor die Freundschaft; denn „ohne Freunde kann niemand leben.“ (8 Eth. 1) Deshalb sagt Ekkli. 6.: „einem treuen Freunde kann nichts verglichen werden.“ Der gute Ruf selbst, den die Verkleinerung vernichtet oder vermindert, dient dazu am meisten, dass man geeignet sei, um Freunde zu gewinnen. "Da also Freund besser ist wie die Ehre und geliebt werden höher steht wie geehrt werden“ (8 Eth. 8); so ist die Ohrenbläserei eine größere Sünde wie die Verkleinerung und auch wie die Schmähung. Der Zweck bestimmt mehr den Grad der Schwere der Sünde wie der materielle Gegenstand. Wenn der Schmäher somit auch Schlechteres sagt, so ist doch die Verkleinerung eine größere Sünde, denn ihr Zweck ist verderblicher. " [117] 

"Am schwersten also ist es, Gott zu verspotten, nach Isai. 37.: „Wen habt ihr beschimpft? Und wen gelästert? Und wen laut verspottet?… Den Heiligen Israels.“ Sodann kommt die Verspottung der Eltern, darauf kommt die Verspottung der Gerechten; denn die Ehre ist der Lohn der Tugend, und bei Job 12. heisst es: „Verspottet wird die Einfalt des Gerechten.“ Dadurch werden zudem die Menschen gehindert in der Nachfolge der Guten, wie Gregor (20. moral. 15.) sagt: „Die da das Gute sehen, was der Tätigkeit der anderen entspringt, reißen es bald heraus mit der Hand ihrer verderblichen Spottsucht.“  [118] 

"Verspotten ist an sich leichter als Schmähen und Verkleinern, wenn es keine Verachtung in sich einschließt, sondern nur Scherz ist. " - Thomas von Aquin, II-II, q 75

„Wenn der Gottlose den Teufel verflucht, verflucht er seine eigene Seele.“ - Ekkli. 21

Fluchen will sagen: Übles aussprechen. Das kann nun auf dreifache Weise geschehen: 1. indem man Übles vom anderen einfach aussagt; und das ist: Verkleinern;  2. indem man etwas verursacht durch sein Sprechen; was nun in erster Linie Gott zukommt, nach Ps. 32.: „Er hat gesprochen und es entstand“, und in zweiter Linie den Menschen, die da befehlen;  3. indem man ausdrückt, was man wünscht. Und danach haben wir die anzeigende, die befehlende und die wünschende Form im Sprechen. Hier handelt es sich nur um die beiden letzten Formen im Aussprechen von Üblem; wo man sich erinnern muss, dass mit Rücksicht auf das moralisch Gute und Böse das Tun und das Wollen sich gegenseitig entsprechen. Also unter dem gleichen moralischen Gesichtspunkte steht hier das Befehlen und das Wünschen. Wenn jemand somit dem anderen Übles wünscht oder es befiehlt, insoweit dieses ein Übel, also sein Augenmerk auf das Übel selber als solches gerichtet ist, so ist in beiderlei Weise das Verwünschen oder Verfluchen unerlaubt; und das nennt man im eigentlichen Sinne: Verfluchen. Wenn aber das Üble gewünscht wird unter dem Gesichtspunkte des Guten, so ist dies erlaubt; denn dann richtet sich die Hauptabsicht auf das Gute. Nun kann man, wenn man Übles wünscht, sei es in befehlender oder wünschender Weise, dies unter dem Gesichtspunkte eines doppelten Gutes tun: 1. unter dem Gesichtspunkte des Gerechten; und so verwünscht oder verflucht der Richter jenen, der eine gerechte Strafe tragen soll; oder die Kirche, insofern sie jemanden mit dem Anathem belegt; oder die Propheten, welche nach der Schrift, der Richtschnur des gerechten Willens Gottes gleichförmig, die Sünder verfluchen, obwohl dies auch als Vorhersagung aufgefasst werden kann;  2. unter dem Gesichtspunkte des Nützlichen, wie wenn man dem Sünder eine Krankheit oder Ähnliches wünscht, damit er besser werde oder wenigstens anderen zu schaden aufhöre. Der Apostel verbietet, zu fluchen d. h. übles als Übles zu wünschen. Wünschen jemandem übles unter dem Gesichtspunkte des Guten steht der Liebe nicht entgegen. Die Natur im Teufel ist gut und ihr darf man nicht fluchen; seine Schuld aber ist etwas Schlechtes und gemäß ihr darf man fluchen, nach Job 3.: „Es sollen ihn verfluchen, die da dem Tage fluchen.“ Flucht aber der Sünder dem Teufel wegen dessen Schuld, so urteilt er damit, er selber, der Sünder, sei ähnlich des Fluches wert; und so flucht er seiner Seele. Auch Muslime verfluchen ihre eigene Seele, wenn sie zum Beispiel die "rituelle Steinigung des Teufels" praktizieren, das sogenannte Steinwerfen zu Mekka während der Wallfahrtsriten: "Die im Jahr 2009 fertiggestellte Dschmarat-Brücke, deren Baukosten mit 1,2 Milliarden Dollar angegeben werden, gleicht eher einem Flughafenterminal. Hier findet - auf fünf Ebenen - die rituelle Steinigung des Teufels statt.... Abermillionen von Steinen, mit denen bei der Teufelsvertreibung die Stelen beworfen wurden, werden auf Förderbändern zur Entsorgung in der Wüste abtransportiert." [119] 
„Die Erwerbung von Geld ist im höchsten Grade ausserhalb der Natur.“ - Aristoteles, 1 Polit. 7
Aristoteles sagt (5 Eth. 11.): „Wer Unrecht leidet, der sündigt nicht.“ Deshalb steht die Gerechtigkeit nicht in der Mitte zwischen zwei Lastern. Der Wucherer aber sündigt; denn er tut Unrecht jenem, der von ihm entleiht.  Den Menschen zum Sündigen verleiten, sei durchaus unerlaubt; die Sünde eines anderen aber zu etwas Gutem zu gebrauchen, sei erlaubt. Denn Gott weiß sich aller Sünden zu etwas Gutem zu bedienen. (Aug. Enchir. cap. 11.) Deshalb antwortet Augustinus dem Publikola (ep. 47.): „Wer sich bedient des Glaubens desjenigen, der bei den falschen Göttern schwört, nicht freilich zu etwas Schlechtem, sondern zu etwas Gutem, der wird nicht Genosse der Sünde dieses Ungläubigen, kraft deren er bei den Teufeln geschworen hat; sondern er wird Genosse des guten Willens desselben, kraft dessen dieser die Treue hält und die Wahrheit sagt. Würde er ihn aber anleiten dazu, bei den falschen Göttern zu schwören, so sündigte er.“ So nun auch hier. In keiner Weise darf man jemanden dazu verleiten, Wucherer zu sein. Man kann aber von jenem, der dazu bereit ist und das Wuchergeschäft betreibt, ein Anleihen machen zu Wucherzinsen, auf Grund von etwas Gutem. So kann auch jener, der unter die Räuber fällt, seine Güter zeigen, die er bei sich trägt, damit man ihn nicht töte; die Räuber aber sündigen, welche dieselben rauben. So sagten Jerem. 41. die zehn Männer zu Ismael: „Töte uns, wir haben Schätze im Acker.“ [120] 
"Zur Klugheit gehört dies, soweit es auf die leitende Kraft ankommt; zur Gerechtigkeit, soweit die Ausführung in Frage kommt. (Vgl. Kap. 51) Frömmigkeit ist dasselbe wie Gottesverehrung; weshalb sie da genannt wird „die Gott dienende Wissenschaft“, wie ja Sokrates alle Tugenden „Wissenschaften“ nannte. Das Nämliche drückt die Heiligkeit aus. Die Gütigteit ist dasselbe wie die Hinneigung bei Macrobius, weshalb Isidor sagt (10 Etymol. B.): „Gütig ist ein Mensch, der von freien Stücken zum Wohltun bereit ist und mit ruhiger Sanftmut spricht.“ Die Freigebigkeit aber ist nichts Anderes wie die Menschlichkeit." - Thomas von Aquin, II-II, q 80

27. , Andacht, beten, Frömmigkeit, Autorität Christi (auctoritas Christi)

„Weil nach dem Gebrauche der lateinisch sprechenden und zwar nicht nur der unerfahrenen, sondern auch der im höchsten Grade gelehrten Männer man gegenüber den menschlichen Verwandtschaften und Bekanntschaften und sonstigen Verbindungen „Religion“, d. h. Treue bewahren soll, so ist bei diesem Worte „religio“ die Zweideutigkeit nicht vermieden, wenn über die Verehrung Gottes gesprochen werden soll, so dass wir etwa, ohne Furcht, missverstanden zu werden, schlechthin sagen könnten: die Religion sei allein der Kult Gottes.“ - Augustinus, 10. de civ. Dei 1
Die Religion oder Gottesverehrung hat 1. unmittelbare Tätigkeiten, wie anbeten, opfern etc. Andere Tätigkeiten gehören ihr 2. mittelbar an, indem sie andere Tugenden hinlenkt zur Ehrerbietigkeit vor Gott; wie ja die Tugend, welche auf den Zweck sich richtet, befiehlt den Tugenden, welche auf das Zweckdienliche gehen. Und in letzter Weise sind Tätigkeiten der Gottesverehrung: die Witwen und Waisen in ihren Trübsalen besuchen, was unmittelbar der Barmherzigkeit angehört; und: makellos sich bewahren vor dieser Welt, was unmittelbar der Mäßigkeit angehört. Nicht im eigentlichen Sinne wird da „Religion“ gebraucht. Deshalb schickte Augustinus die Worte voraus: „Wird der Ausdruck religio im besonderen Sinne genommen, so bezeichnet er keine andere beliebige, sondern nur die Verehrung Gottes.“ Die Herrschaft kommt Gott zu in besonderer, einzig dastehender Weise, weil er Alles gemacht hat und er in allen Dingen den Vorrang besitzt. Also gebührt Ihm auch ein besonderer, einzig dastehender Dienst; und dieser wird mit einem griechischen Namen latria genannt, gehört also zur „Religion“. Wir verehren Menschen durch unsere Anerkennung, durch unser Denken an sie, durch unseren Besuch. Weil aber Gott eine besondere, ganz eigene Anerkennung geschuldet wird als dem ersten Prinzip des All, so gebührt ihm eine ganz besondere Verehrung oder ein eigenster Kult (Aug. de civ. Dei 1.) Im besonderen Sinne nennt man „Religiöse“ jene, die ihr ganzes Leben dem Kulte Gottes widmen und sich von den weltlichen Geschäften zurückziehen; wie ja auch „Beschauliche“ im besonderen Sinne genannt werden, welche der geistigen Beschauung ihr ganzes Leben widmen. Dieselben unterwerfen sich nicht einem Menschen als solchen, sondern im Menschen Gott selber, nach Gal. 4.: „Wie einen Engel Gottes habt ihr mich auf genommen, wie Christum Jesum.“ Die "Fömmigkeit" der Götzendiener und Muslime ist allerdings wertlos, da sie Christus als Mittler verleugnen. [121] 
"Nicht den Bildern an sich betrachtet wird Ehre oder ein Kult erwiesen, sondern insofern sie den Geist zum Eingeborenen Gottes führen, der Mensch geworden. Die Tätigkeit aber, welche auf das Bild als Bild sich richtet, steht in diesem nicht stille, sondern strebt nach dem, dessen Bild es ist. Wenn also den Bildern Christi eine Verehrung erwiesen wird, ist dies immer die eine einige Gottesverehrung." - Thomas von Aquin, II-II, q 81

"Gott ist ein Geist; und die Ihn anbeten sollen Ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten.“ -  Joh. 4

"So wird der Körper vollendet dadurch, dass er von der Seele belebt wird; die Luft dadurch, dass die Sonne sie durchleuchtet. Der menschliche Geist aber bedarf, um mit Gott verbunden zu werden, der Anleitung durch das Sinnliche, da „das Unsichtbare Gottes erkannt wird vermittelst des Sichtbaren.“ (Röm. 1.) Deshalb muss man körperliche Tätigkeiten in die Gottesverehrung aufnehmen, damit dadurch wie durch Zeichen der Menschengeist aufgeweckt werde, um mit Gott sich zu verbinden. Die inneren Akte also in der Gottesverehrung sind die maßgebenden; die äusseren sind notwendig, aber an zweiter Stelle. Der Herr spricht vom Maßgebenden und an sich Erforderten für den Kult Gottes. Gott bedarf dieser Äusserlichkeiten nicht: „Soll ich etwa das Blut der Rinder trinken?“ spricht er beim Psalmisten. (Ps. 49.) Das Äusserliche ist vielmehr wie ein Zeichen der inneren geistigen Werke, die Gott als solche annimmt. Deshalb sagt Augustinus (10. de civ. Dei 5.): „Das sichtbare Opfer ist das Sakrament, d. h. ein heiliges Zeichen für das unsichtbare.“ Die Götzendiener werden verlacht, weil sie den Göttern Körperliches darbrachten, als ob es diesen wie sterblichen Menschen notwendig wäre; nicht als Zeichen, um sie selbst, die Götzendiener, zum Innerlichen, Geistigen hinzuführen." - Thomas von Aquin, II-II, q 81

„Heiligkeit“ will zweierlei besagen: 1. Reinheit,  d. h. „ohne Erde“;  2. Festigkeit, so dass bei den Alten „heilig“ genannt wurde, was durch Gesetze festgestellt war; und so heisst im Lateinischen sanctus - sancitus, d. h. gefestigt. Und Beides kommt dem zu, was dem göttlichen Kulte geweiht ist; nicht nur den Menschen, sondern auch den Tempeln, Gefäßen etc. Denn Reinheit ist für den Geist notwendig, der mit Gott verbunden werden soll, da de Menschengeist dadurch befleckt wird, dass er mit den niedrigeren Dingen sich verbindet; wie jede Sache schmutzig wird, wenn sie mit Niedrigerem vermischt erscheint wie sie selber ist, wie z. B. das Silber, wenn man es mit Blei vermischt. Der Menschengeist aber muss dem Niedrigen sich entziehen, um dem Höchsten verbunden zu werden; also ohne Reinheit kann man Gott nicht dienen. Deshalb heißt es Hebr. 12.: „Frieden haltet mit allen und Heiligkeit bewahret, ohne die niemand Gott sehen kann.“ Festigkeit auch muss der Gott zugewendete Geist haben; denn er wird da verbunden mit dem unverrückbaren ersten Prinzip und letzten Endzwecke. Deshalb heisst es Röm. 8.: „Ich bin sicher, dass weder der Tod noch das Leben… mich trennen wird von der heiligen Liebe Gottes.“ Also Heiligkeit ist jene Tugend, kraft deren der Mensch sich und seine Tätigkeit Gott zuwendet. Deshalb ist sie wesentlich nicht unterschieden von der Gottesverehrung; sondern nur in der Auffassung. Denn Gottesverehrung oder Religion ist es, wenn der Mensch Gott den Ihm geschuldeten Dienst darbringt in dem, was zum Kulte gehört, wie in de Opfern, Gebeten etc.; Heiligkeit, wenn er auch die Werke aller anderen Tugenden auf Gott bezieht; oder wenn er durch gute Werke sich tauglich macht für den Dienst Gottes. Dem Wesen nach ist die Heiligkeit eine besondere Tugend und zwar dieselbe wie die Religion. Sie ist allen Tugenden gemeinsam, indem sie alle Tugendwerke zu Gott hinlenkt und sie befiehlt. [122] 
„Der Wille geht vom Verständnisse aus.“- Augustinus, 4. de Trin. 8
Dieses Verständnis oder diese Betrachtung nun ist eine doppelte: 1. werden die der göttlichen Güte gedankten Wohltaten betrachtet, nach Ps. 72.: „Mir ist es ein Gut, Gott anzuhängen und auf den Herrn, meinen Gott, mein Vertrauen zu setzen;“ und diese Betrachtung verursacht Liebe, den nächsten Grund der Andacht;  2. wird betrachtet die menschliche Schwäche, weshalb der Psalmist sagt (129, 1.): „Ich habe zu den Bergen meine Augen erhoben, von wo mir Hilfe werden wird; mein Beistand kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“ Und diese Betrachtung schliesst die Vermessenheit aus, in der jemand gehindert wird, sich Gott zu unterwerfen; da er auf die eigene Kraft sich verlässt. Die Betrachtung alles dessen, was zur Liebe Gottes hinzubewegen geeignet ist, verursacht Andacht; die Betrachtung dessen aber, was nicht dazu gehört, hindert die Andacht. Die Schwäche des Menschengeistes aber ist der Grund, dass wir sichtbarer Dinge bedürfen, um uns anzuleiten zur Gottesliebe. "Und darunter steht in erster Reihe die Menschheit Christi, damit wir, während wir sichtbarerweise Gott erkennen, durch Ihn zur Liebe des Unsichtbaren hingerissen werden. Die Betrachtung der Geheimnisse des Lebens und Leidens Christi also leiten am besten an zur Andacht."  [123] 

Betreffs des Gebetes sei ein dreifacher Irrtum de Alten zu verzeichnen: 1. dass die menschlichen Dinge durch keine göttliche Vorsehung geleitet werden; wonach es unnütz ist, zu Gott zu beten und Gott zu ehren, nach Malach. 3.: „Ihr habt gesagt: Unnützerweise dient man Gott;“  2. dass Alles in der Welt mit absoluter Notwendigkeit geschehe, sei es infolge der Unveränderlichkeit der göttlichen Vorsehung sei es infolge der mit den Sternen gegebenen Notwendigkeit sei es wegen der gegenseitigen Verbindung der Ursachen; 3. dass wie die menschlichen Dinge so auch die göttliche Vorsehung der Veränderlichkeit unterliege und man deshalb bete und Gott ehre, um die Verfügung da oben zu ändern. Dies Alles ist I. Kap. 19; Kap. 22; Kap. 115 zurückgewiesen worden. Es muss deshalb das Gebet in dieser Weise nützlich sein, dass wir weder menschlichen Dingen Notwendigkeit auflegen noch die göttliche Willensbestimmung als veränderlich erachten. Deshalb muss man wohl erwägen, dass die göttliche Vorsehung nicht nur verfügt, welche Wirkungen sich ereignen, sondern auch, aus welchen Ursachen und in welcher Ordnung sie sich ergeben sollen. Unter den Ursachen befinden sich nun auch die menschlichen Tätigkeiten. Also müssen die Menschen tätig sein; nicht um dadurch die göttliche Willensbestimmung zu ändern, sondern damit einzelne Wirkungen sich ergeben gemäß der von Gott vorgesehenen Ordnung; wie dies ja auch bei den natürlichen Ursachen der Fall ist. Nicht also deshalb beten wir, um die göttliche Willensbestimmung zu ändern; sondern damit wir Jenes erlangen, was Gott bestimmt hat, dass es sich infolge unserer Gebete erfüllen soll, „dass nämlich die Menschen durch ihre Gebete zu erhalten verdienen, was der allmächtige Gott in Ewigkeit bestimmt hat, ihnen kraft ihrer Gebete zu geben,“ sagt Gregor. (2. dialog. 8.) Wir beten, damit wir selber unserer Schwäche uns bewusst werden und dass wir deshalb zu Gott unsere Zuflucht nehmen müssen; nicht damit Gott unsere Bedürfnisse kenne. Durch das Gebet wollen wir verdienstvoll erlangen, was Gott bereits bestimmt hat, uns in dieser Weise zu geben. Gott gibt Vieles, ohne dass wir darum bitten. Einzelnes aber hat er bestimmt, uns nur auf Grund unserer Gebete zu geben und zwar zu unserem Nutzen; damit wir nämlich Vertrauen erlangen, zu Gott unsere Zuflucht zu nehmen, und wir erkennen, Er sei der Urheber alles Guten in uns. Deshalb sagt Chrnsostomus (30. in Gen.): „Betrachte, ein wie großes Glück dir bewilligt ist, welche Herrlichkeit, dass wir mit Gott uns unterhalten können, mit Christo sprechen, fordern können, was wir wollen.“ [124] 

„Rufe, wenn jemand da ist, der da antworte; und wende dich zu einem der Heiligen.“ - Job 5

"Man bete zu jemandem, entweder damit er selbst die Bitte erfülle oder damit er die Erfüllung befürworte. In der ersten Weise beten wir nur zu Gott, der allein Gnade und Herrlichkeit, den Zweck all unserer Gebete, verleihen kann, nach Ps. 83.: „Gnade und Herrlichkeit wird der Herr geben.“ In der zweiten Weise beten wir zu den heiligen Engeln und Menschen; nicht damit durch sie Gott unsere Gebete erkenne sondern auf dass kraft ihrer Fürbitte und Verdienste unsere Gebete ihr Wirkung erreichen. Deshalb heißt es Apok. 8.: „Es stieg auf der Rauch des Weihrauchs von den Gebeten der Heiligen durch die Hand des Engels vor Gott.“ So betet die Kirche zur heiligen Dreieinigkeit, dass sie unser sich erbarme; zu den Heiligen, dass sie für uns bitten. Nur dem allein erweisen wir vermittelst des Gebetes einen Kult oder eine Verehrung, von welchem wir erlangen wollen, worum wir bitten; denn damit bekennen wir Ihn als den Urheber alles Guten. Nicht erweisen wir einen Kult jenen, die wir als Fürbitter gebrauchen. Die Verstorbenen wissen kraft natürlicher Kenntnis nicht das, was hier vor sich geht, und zumal nicht die inneren Herzensbewegungen. Den Seligen aber wird (Gregor. 12. moral. 14.) im göttlichen Worte offenbar, was zu kennen ihnen geziemt, soweit es auf das hier Vorsichgehende ankommt, auch die inneren Herzensbewegungen. Im höchsten Grade aber ziemt es sich, dass sie wissen, worum man zu ihnen im Herzen oder Worten fleht; sonach erkennen sie unsere Gebete, weil Gott sie ihnen offenbar macht." - Thomas von Aquin, II-II, q 83


Nach Augustinus (ep. 130.) könne man darum beten, wonach man verlangen darf. Nach zeitlichen Dingen aber dürfen wir verlangen; freilich nicht als nach unserem Endzwecke, jedoch als Mittel, denselben zu erreichen, insoweit dadurch das leibliche Leben erhalten wird und die zeitlichen Dinge dazu helfen um Tugendwerke zu tun. Nicht an die maßgebende Stelle sind die zeitlichen Güter im Gebete zu setzen. Deshalb sagt Augustinus (8. de serm. dom. 16): „Das Reich Gottes soll man zuerst suchen. Damit bezeichnete der Herr, wir sollen Zeitliches erst nachher, an zweiter Stelle, suchen; jenes als unser eigenstes Gut, dieses als etwas durch die Notwendigkeit Erheischtes.“ Die überflüssige und regellose Sorge um Zeitliches ist zu vermeiden. Wenn der Mensch seinen Geist auf Zeitliches richtet in Beziehung zur ewigen Seligkeit, so wird er dadurch nicht bedrückt, sondern gehoben. Weil wir die zeitlichen Güter nur mit Beziehung auf das ewige Heil erbitten, so erbitten wir sie auch nur, soweit sie dazu nützlich sind. [125] 

Für die Sünder muss man beten, dass sie sich bekehren; für die Guten, dass sie beharrlich seien und geistig fortschreiten. "Nicht aber für alle Sünder werden die betenden erhört, sondern nur für einige; für jene nämlich, die vorausbestimmt sind zum ewigen Leben, nicht für jene, die voraus gewusst sind für den ewigen Tod", wie diejenigen, die den Christus leugnen wie die Muslime. So auch folgt der Mühe, die wir haben, um unsere Brüder zu bessern, ihre Wirkung nur in den Vorherbestimmten, nach Ekkle. 7.: „Niemand kann bessern, wen Gott zurückgewiesen.“ Und deshalb sagt Johannes (I. 5, 16.): „Wer da weiß, dass sein Bruder sündige in einer Sünde, die nicht zum Tode ist, bete; und das Leben dessen, der nicht gesündigt hat zum'Tode, wird ihm geschenkt werden.“ Weil wir aber (Aug. de corr. et grat. 15.) von niemandem auf Erden wissen, ob er vorherbestimmt ist zum Leben oder vorhergewusst zum Tode, so dürfen wir niemandem die Wohltat des Gebetes oder der Besserung entziehen. [126] 

Für den anderen beten ist der heiligen Liebe eigen. Also wie wir die Feinde zu lieben gehalten sind, so sind wir gehalten, für die Feinde zu beten. Nun müssen wir 1. in den Feinden die Natur lieben, nicht die Schuld; und 2. ist die Feindesliebe nur im allgemeinen geboten, im besonderen Falle einzig gemäß der inneren Bereitwilligkeit des Herzens; dass nämlich der Mensch bereit sei, im besonderen Falle den bestimmten Feind zu lieben und ihm in der Not zu helfen oder wenn derselbe um Verzeihung bittet. Und in dieser Weise dürfen wir, wenn wir für andere beten, die Feinde nicht ausschließen. Dass wir aber für den bestimmten Feind im besonderen beten, das gehört der Vollkommenheit an und ist nicht geboten ausser in einzelnen bestimmten Fällen. "Die Feinde darf man bekämpfen, damit sie aufhören zu sündigen. Und so kann man auch um zeitliche Übel für die Feinde bitten, damit sie gebessert werden." [127] 

Nicht das muslimische, sondern das Gebet des Herrn ist im höchsten Grade vollkommen; weil, „wenn wir recht und heilsam beten wollen, wir nichts Anderes sagen können als was im Vaterunser steht,“ wie Augustin schreibt. (ep. 130. ad Probam.) Denn um recht zu beten, muss man recht verlangen. Das Vaterunser aber enthält nicht nur das, was wir in rechter Weise verlangen können, sondern auch die rechte Ordnung, in welcher wir verlangen können; es unterrichtet uns sonach nicht nur im Beten, sondern regelt auch all unser Verlangen. Zuerst nun im Verlangen ist der Zweck, dann das Zweckdienliche. Unser Zweck aber ist Gott, 1. soweit wir die Herrlichkeit Gottes wollen; 2. soweit wir schauen wollen diese Herrlichkeit: Das Erste bezieht sich auf die Liebe zu Gott, in Sich selber betrachtet; das Zweite auf die Liebe, womit wir uns in Gott lieben. Deshalb ist die erste Bitte: „Geheiligt werde Dein Name“; die zweite: „Zukomme uns Dein Reich.“ An und für sich d. h. seinem inneren Wesen nach ist nun zweckdienlich das Nützliche; und zwar zuerst und unmittelbar ist nützlich zum Zwecke der Seligkeit das Verdienst, womit wir von Gott die Seligkeit verdienen, “ indem wir Ihm gehorchen; dafür steht die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden.“ Mittelbar und an zweiter Stelle ist uns dann nützlich, was mithilft zum Verdienst in der Weise eines Werkzeuges; dafür steht die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute,“ sei dies verstanden vom sakramentalen Brote der heiligen Eucharistie, wo dann die anderen Sakramente miteingeschlossen sind; oder vom leiblichen Brote, womit dann überhaupt der notwendige Lebensunterhalt ausgedrückt erscheint; die Eucharistie nämlich ist das vorzüglichste Sakrament und das Brot die vorzüglichste Nahrung, weshalb bei Matth. steht: „Unser über alle andere Substanz erhabenes“, d. h. nach Hieronymus sup. 6. Matth.: „Unser vorzügliches Brot“. Nicht an und für sich oder dem inneren Wesen nach ist nützlich um uns zur Seligkeit hinzulenken, das, was Hindernisse entfernt. Dreierlei aber hält uns ab von der Seligkeit: 1. die Sünde, welche direkt vom Himmelreiche ausschließt, nach 1. Kor. 6.: „Weder Unkeusche noch Götzendiener etc. werden das Reich Gottes besitzen;“ und darauf nimmt Bezug die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Sünden;“  2. die Versuchung, die uns von der Beobachtung des göttlichen Willens zurückhält; und mit Bezug darauf steht die sechste Bitte: „Und führ' uns nicht in Versuchung,“ womit wir nicht bitten, dass wir keine Versuchung haben, sondern dass wir von der Versuchung nicht überwunden werden, was da ist: in die Versuchung hineingeführt werden;  3. das gegenwärtige Elend, welche als Strafe über uns verhängt ist; und mit Bezug darauf wird gebet „Befreie uns vom Übel.“ Mit der ersten Bitte flehen wir nicht, dass der Name Gottes heilig sei, als ob er dies nicht wäre, sondern dass er als ein heiliger von den Menschen erachtet werde; was auf die Verbreitung der Ehre Gottes unter den Menschen sich bezieht. Und ebenso soll in der zweiten Bitte nicht gesagt werden, als ob Gott jetzt nicht herrsche, sondern „dass dieses Reich zu uns kommen solle und wir in Ihm herrschen. In der dritten Bitte aber wird gefleht, dass wir dem Willen Gottes gehorchen, wie die Engel im Himmel gehorchen. Diese drei Bitten also werden vollkommen erfüllt werden im zukünftigen Leben; die anderen vier erstrecken sich auf die Bedürfnisse des gegenwärtigen Lebens, wie Enchiridion c. 115. Augustinus sagt. Da das Gebet dem Verlangen als Erklärung dient, entspricht Ordnung unter den Bitten nicht der Ordnung in der Ausführung, sondern der im Verlangen oder in der Absicht; wo der Zweck zuerst kommt, dann das Zweckdienliche und schließlich die Entfernung des Übels als des Hindernisses. Augustinus schreibt (2. de serrm Dom. in monte c. 11.): „Wenn es die Furcht Gottes ist, wodurch selig sind die armen im Geiste, so beten wir, dass durch keusche Furcht der Name Gottes unter den Menschen geheiligt werde. Wenn die Hingebung es ist, wodurch selig sind die sanftmütigen, so beten wir, dass sein Reich komme, dass wir sanft werden und Ihm nicht widerstehen. Wenn die Wissenschaft es ist, wodurch selig sind die traurigen, so flehen wir, dass sein Wille geschehe und so werden wir nicht trauern. Wenn es die Stärke ist, wodurch selig sind die da hungern, so beten wir, dass unser tägliches Brot uns werde. Wenn es die Gabe des Rates ist, wodurch selig sind die barmherzigen, so vergeben wir unseren Schuldigern, damit unsere Schulden uns vergeben werden. Wenn es die Gabe de Verständnisses ist, wodurch selig sind die reinen Herzens, so beten wir, dass wir nicht ein doppeltes Herz haben, indem wir zeitlichen Gütern nachfolgen, derentwillen Versuchungen in uns entstehen. Wenn es die Weisheit ist, wodurch selig sind die friedfertigen, weil sie Kinder Gottes werden genannt werden, so beten wir, damit wir vom Übel befreit werden; denn diese Befreiung wird uns zu wirklich freien Kindern Gottes machen.“ Denn dahin geht vorzugsweise der Wille Gottes, "dass wir seine Heiligkeit erkennen und mit Ihm herrschen". Wir beten zu Gott, nicht um seinen Willen zu beugen, sondern um in uns Vertrauen zu erwecken; und das geschieht durch die Betrachtung seiner Liebe, indem wir Ihn „Vater“ nennen, und durch die Betrachtung seiner Erhabenheit, indem wir sagen: „Der Du bist im Himmel.“ [128] 

„Dieser ist es, der viel betet für das Volk und für die ganze heilige Stadt, Jeremias, der Prophet Gottes.“ - 2. Makk. 

"Nach Hieronymus sei es der Irrtum des Vigilantius gewesen, dass „während wir leben, wir wechselseitig füreinander beten können; sind wir aber gestorben, so kann kein Gebet mehr für einen anderen erhört werden, zumal ja die Märtyrer die Rache an ihrem Blute trotz ihres Beschwörens nicht erlangen können.“ Das ist jedoch durchaus falsch. Denn da das Gebet für einen anderen von der Liebe ausgeht, so können die Heiligen um so mehr den Erdenpilgern helfen, je größer ihre Liebe ist; und ihre Gebete sind um so wirksamer, je näher sie Gott stehen. Dies nämlich ist in der göttlichen Ordnung begründet, dass die Vorzüge der höherstehenden Wesen in die niedriger stehenden sich ergießen; wie das Licht der Sonne durch die Luft hin sich ergießt. Deshalb heisst es von Christus (Hebr. 7.): „Er trat kraft seiner selbst zu Gott heran, um für uns zu flehen;“ und sagt Hieronymus (contra Vigilantium): „Wenn die Apostel und Märtyrer, noch im Körper befindlich, als sie also für sich noch besorgt sein mussten, für andere beten; um wie viel mehr, nachdem sie Kronen, Siege, Triumphe erlangt haben!“ Den Heiligen im Himmel fehlt nichts, wie die Herrlichkeit des Körpers; und um diese beten sie. Für uns aber beten sie, infofern uns noch die letzte Vollendung der Seligkeit abgeht; und ihre Gebete haben wirksame Kraft auf Grund der vorhergehenden Verdienste und auf Grund, des göttlichen Wohlgefallens. Die Heiligen erlangen das, was Gott beschlossen hat, auf Grund ihrer Gebete zu geben; und sie flehen um das, wovon sie meinen, es sei nach göttlichem Willen durch ihre Gebete zu erlangen. Wegen der Strafen, die sie leiden, sind die Seelen im Fegefeuer tiefer wie wir; und danach sind sie nicht im Zustande, dass sie für andere beten, sondern vielmehr dass man für sie bete. Gott will, dass alle höher Stehenden den tiefer Stehenden helfen; und deshalb muss man nicht allein die größeren Heiligen anrufen, sondern auch die kleineren; sonst bliebe nur die göttliche Barmherzigkeit anzurufen übrig. Bisweilen jedoch ist die Anrufung eines geringeren Heiligen wirksamer, weil derselbe entweder mit mehr Andacht angerufen wird oder weil Gott dessen Heiligkeit dartun will. Weil die Heiligen es hier auf Erden verdienten, dass sie für uns bitten, deshalb nennen wir sie mit jenen Namen, mit denen man sie hier nannte; so sind sie uns vertrauter und bekannter; und ebenso auf Grund Glaubens an die Auferstehung, nach Exod. 3.: „Ich bin der Gott Abrahams etc.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 83

Nach Thomas gibt es eine doppelte Art zu beten: 1. im gemeinsamen und 2. für sich allein. Das gemeinsame Gebet wird von den Dienern der Kirche Gott dargebracht in der Person und im Namen des ganzen Volkes; ein solches Gebet also muss dem ganzen Volke bekannt werden und somit muss es mündlich sein! Deshalb ist es ganz vernunftgemäß, dass derartige Gebete mit lauter Stimme vorgetragen werden, damit sie zur Kenntnis aller gelangen können. Das Gebet aber, welches jemand für sich allein Gott darbringt, sei es für sich sei es für andere, braucht nicht mündlich zu sein. Die Worte treten jedoch zu solchem Gebete hinzu aus drei Gründen: 1. damit durch die äusseren Zeichen, sei es durch Worte oder durch Anderes, der Geist des Menschen erweckt werde, um nach oben emporgetragen zu werden; deshalb schreibt Augustinus an Proba: „Durch Worte und andere Zeichen wird das heilige Verlangen in uns selber erregt, dass es größer und heftiger sei;“ wird also der Geist jemandes durch solche Zeichen zerstreut oder ohne solche bereits hinlänglich zu Gott hingetragen, so sind dieselben nicht vonnöten, wie der Psalmist sagt: „Mein Herz hat nach Deinem Antlitze gesucht;“ und Anna (1. Kön. 1, 3.) „betete in ihrem Herzen;“  2. damit der Mensch seine Schuld Gott gegenübertrage gemäß dem Leibe und der Seele; was dem Gebete ganz besonders geziemt, da es den Charakter eines genugthuenden Werkes hat; weshalb Osee gesagt wird: „Nimm hinweg alle Sünde und nimm an das Gute; und wir werden die Opfergaben unserer Lippen darbringen;“  3. weil aus dem Drange des Innern heraus oft Worte und andere äussere Zeichen folgen, nach Ps. 15.: „Mein Herz hat sich gefreut und meine Zunge jubelte.“ Durch das mündliche Gebet soll nichts Gott bekannt, aber der Geist zu Gott gewendet werden. Worte, die auf Anderes Bezug haben, hindern und zerstreuen; solche aber, welche sich auf die Andacht beziehen, wecken den Geist zu Gott hin, besonders den Geist von minder frommen Personen. „Es verbietet der Herr in einer Versammlung zu beten in der Absicht, damit man von der Versammlung gesehen werde. Der betende soll keine neuen Dinge tun, die auffallen; wie z. B. schreien und rufen, um von anderen gehört zu werden, oder an seine Brust schlagen in auffallender Weise, oder seine Arme ausbreiten, dass es von vielen gesehen werde,“ wie Chrysostomus sagt. (Hom. 13. in Matth. op. imp.) - also das Gegenteil von dem, was die Muslime unter beten verstehen, die sogar extra "Schaubeten" auf offentlichen Straßen und Plätzen oder in Schulen und Universitäten veranstalten. "So ist das Gebet weder verdienstlich noch erlangt es etwas." Das beten der Muslime ist also weder verdienstlich noch bringt es irgendeinen Nutzen. [129] 
"Betreffs des mündlichen Gebetes, wo ja hauptsächlich die berührte Frage Bedeutung hat, wird etwas als notwendig bezeichnet, entweder weil man dadurch besser zum Zwecke gelangt; und danach ist die Aufmerksamkeit schlechthin dem Gebete notwendig; oder weil ohne das Betreffende ein Gebet nicht seine Wirkung erzielen kann. Nun gibt es eine dreifache Wirkung des Gebetes: 1. Es verdient bei Gott, wie alle in Liebe vollbrachten Werke; und dazu ist es nicht notwendig, dass das ganze Gebet mit Aufmerksamkeit sich vollziehe; vielmehr macht die Kraft der im Beginne gemachten guten Absicht das ganze Gebet verdienstvoll, wie dies auch bei anderen verdienstlichen Werken der Fall ist. 2. Das Gebet will etwas erlangen; und auch dazu genügt die im Beginne gemachte gute Absicht; ist diese nicht vorhanden, so ist das Gebet weder verdienstlich noch erlangt es etwas, da „Gott jenen nicht hört, der ohne Absicht betet.“ (Gregor. 22. moral. 13.) 3. Das Gebet erquickt den Geist; und dazu ist die Aufmerksamkeit erfordert, nach 1. Kor. 14.: „Bete ich mit der Zunge, so ist mein Geist ohne Frucht.“ Nun gibt es hier eine dreifache Aufmerksamkeit: 1. gibt man auf den Laut der Worte acht, dass man sich nicht täusche;  2. auf den Sinn der Worte;  3. auf den Endzweck des Gebetes, nämlich auf Gott und die Sache, um die man bittet. Letztere nun ist im höchsten Grade notwendig und die einfachsten Leute können sie haben; und sie ist manchmal in solchem Übermaße vorhanden, dass der Geist, zu seinem Gotte hingetragen, alles übrigen vergisst, wie Hugo von St. Viktor sagt. (De modo orationis.)"  - Thomas von Aquin, II-II, q 83

"Wir können 1. das Gebet an sich betrachten und mit Bezug auf seine Ursache. Die Ursache des Gebetes aber muss sein das Verlangen der heiligen Liebe; und dieses muss immer in uns sich finden, entweder in tatsächlicher Wirksamkeit oder der Kraft nach, da die Kraft der Liebe in uns bleibt in Allem, was wir aus Liebe tun und „wir Alles tun müssen zur Ehre Gottes.“ (1. Kor. 10.) Danach also muss das Gebet ein unaufhörliches sein. Deshalb schreibt Augustinus an Proba: „Im Glauben, in der Hoffnung und der Liebe beten wir beständig mit ununterbrochenem Verlangen.“ Das Gebet an sich selbst betrachtet aber kann nicht ununterbrochen sein, weil der Mensch noch andere Beschäftigungen hat. Deshalb sollen wir nach Augustinus „zu gewissen Stunden und Zeiten zu Gott beten und zwar mit Worten, auf dass wir durch solche Zeichen uns selber ermahnen und damit uns selbst bekannt werde, wie weit wir in diesem Verlangen Fortschritte machen und dass wir zu solchem Fortschritte uns selber aufstacheln.“ Der Umfang einer Sache aber muss dem Zwecke entsprechen, wie das Maß des Trinkens nach der Gesundheit sich bemisst. So lange also soll das Gebet andauern als es genügt und nützlich ist, um die Glut des innerlichen Verlangens anzufachen. Überschreitet es dieses Maß, so dass man ohne Überdruß nicht gut fortfahren kann, so muss man nicht weiter beten. Darum sagt Augustinus: „Man sagt, die Brüder in Ägypten hätten häufig Gebete und diese seien sehr kurz wie gewissermaßen emporgeschnellte Pfeile; damit nicht die auf Gott gerichtete Absicht, stets aufmerksam emporgehoben, welche dem betenden so sehr notwendig ist, durch zu lange Gebete leer werde und stumpf; damit zeigen sie selber hinreichend, dass diese Absicht nicht abgestumpft werden soll, wenn sie doch nicht länger dauern kann; und dass sie nicht allzu schnell zu unterbrechen ist, so lange sie dauert.“ Und dies gilt wie beim Einzelgebet mit Rücksicht auf die besondere gute Absicht, so beim gemeinsamen öffentlichen Gebet mit Rücksicht auf die Andacht des Volkes." Ib.

"Das Gebet habe neben der Wirkung der geistigen Erquickung die Wirkung, dass es verdient; und dass es erlangt, wonach der betende trachtet. (Vgl. oben.) Insoweit das Gebet nun von der heiligen Liebe ausgeht, der Wurzel alles Verdienstes, wohnt ihm die Wirkung inne, dass es bei Gott verdient. Es geht aber von der Liebe aus vermittelst der Gottesverehrung unter Begleitung anderer Tugenden, zumal der Demut und des Glaubens. Denn die Gottesverehrung bringt das Gebet selber unmittelbar dar; die Liebe vollendet das innere Verlangen, dessen Erfüllung das Gebet sucht; der Glaube macht uns sicher, dass wir von Gott erhalten können das, was wir wollen; die Demut erkennt das eigene Bedürfnis an. Die Andacht, welche ebenfalls notwendig ist, gehört als Tätigkeit der Gottesverehrung an. Die Wirksamkeit aber im Erreichen des Gesuchten hat das Gebet aus der Gnade Gottes, zu dem wir beten und der uns zum Beten anleitet. Deshalb sagt Augustinus (serm. 5. de verb. Dom.): „Er würde uns nicht ermähnen, dass wir beten sollen, wenn er nicht uns geben wollte;“ und Chrysostomus: „Niemals. verweigert Gott Wohltaten demjenigen, der da bittet; denn er flösst es ein und muntert auf, dass die betenden nicht müde werden in ihrer Hingebung.“ Das Gebet ohne heiligmachende Gnade ist nicht verdienstlich, wie dies auch kein anderer Akt ist. Trotzdem aber geht das Gebet, welches die heiligmachende Gnade bittet und sie erlangt, wieder von einem Gnadengeschenke aus; denn „das Beten selbst ist ein Geschenk Gottes,“ sagt Augustinus. (De Persev. 23.)" Ib.

Bittet also der Sünder als Sünder um etwas, nämlich gemäß dem sündhaften Verlangen; so wird er darin nicht von Gott erhört und zwar aus Barmherzigkeit. Wenn er jedoch darin erhört wird, so geschieht es zu gerechter Strafe, weil nämlich Gott den Sünder dann weiter in Sünden stürzen lässt. Denn Gott „bewilligt Manches im Zorne, was er verweigert jenem, dem er barmherzig sein will;“ sagt Augustinus. (Tract 73. in Joan.) Das Gebet aber, welches von der an sich guten Natur im Sünder ausgeht, erhört Gott; nicht zwar aus Gerechtigkeit, weil der Sünder die Erhörung nicht verdient; sondern aus reinster Barmherzigkeit, vorausgesetzt, dass der Sünder für sich betet, fromm, beharrlich und um das zum Heile Notwendige. Jenes Wort sagt der noch nicht vollkommen erleuchtete Blinde. Seine Wahrheit kann jedoch aufrecht gehalten werden, wenn man es vom Sünder als Sünder versteht. Frömmigkeit und Gerechtigkeit gibt es nicht beim Sünder und damit auch nicht bei Muslimen, die zum Beispiel die Sunde der Gotteslästerung begehen. "Fromm, d. h. kraft des Zustandes der entsprechenden Tugend kann der Sünder nicht beten; er kann aber fromm beten mit Rücksicht auf den Gegenstand, um den er bittet. So kann jemand, der nicht den Zustand der Gerechtigkeit in sich hat, etwas Gerechtes manchmal wollen. Und obgleich ein solches Gebet nicht verdienstlich ist, so kann es doch wirksam sein für die Erreichung dessen, worum man bittet. Denn das Verdienst hat zur Grundlage die Gerechtigkeit; das Erreichen aber von etwas Gewünschten kommt von reiner Gnade." [130] 
„Die wahren Anbeter werden anbeten im Geiste und in der Wahrheit.“ - Joh. 4

"Die körperliche Anbetung geht vom Geiste aus und bezweckt ihrerseits wieder die Erbauung des Geistes. Wie das Gebet an erster Stelle im Innern ist und an zweiter erst in den Worten, so besteht die Anbetung zuvörderst und maßgebenderweise in der innerlichen Hochachtung und an zweiter Stelle erst in körperlichen Zeichen." - Thomas von Aquin, II-II, q 84

"Gemäß einer gewissen Schicklichkeit beten wir nach Osten hin gewendet; und zwar 1. weil uns damit die göttliche Majestät angezeigt wird, wie sie sich in der Bewegung der Sonne offenbart, die im Osten aufgeht;  2. weil das Paradies im Osten gelegen war, nach Gen. 2. (Septuaginta) und wir nun dahin zurückzukehren trachten;  3. weil Christus, das Licht der Welt, als Oriens, als aufgehende Sonne bezeichnet wird bei Zach. 6., Ps. 67, 34. und weil er von Osten her kommen wird, um zu richten, nach Matth. 24.: „Wie der Blitz von Osten ausgeht, und leuchtet bis zum Westen, so wird auch sein die Ankunft des Menschensohnes.“ Ib.

„Wer aus ungerechtem Gute opfert, dessen Gabe ist befleckt.“ Ekkli. 34

„Das Gelübde ist das Bezeugen eines freien Versprechens, welches Gott gegenüber geschehen muss und nur das, was Gottes ist, betreffen darf.“ - Petrus Lombardus, 38. dist. lib. 4. Sent.

"Christus durfte nichts geloben; denn er war Gott und als Mensch war er auf Erden im Zustande der Seligen, also befestigt im Guten. Was in der Person Christi der Psalmist sagt (Ps. 21.): „Meine Gelübde werde ich erfüllen vor denen, die Gott fürchten,“ gilt vom Leibe Christi, d. h. von den Gläubigen. Die Apostel haben das Gelübde der Vollkommenheit gemacht, als sie sich entschlossen, Christo nachzufolgen." - Thomas von Aquin, II-II, q 88
 

28. Schwören, Eidschwur, Meineid

„Was heisst das: Schwören bei Gott? Nichts Anderes als: Gott ist Zeuge.“ - Augustinus
Nach Hebr. 6. habe der Eidschwur den Zweck, etwas zu bekräftigen. Eine solche Bekräftigung aber geschieht im Bereiche des Wissens kraft der Vernunft, welche ausgeht von Grundsätzen, die an sich vermittelst der Natur selber bekannt und unfehlbar wahr sind. Besondere einzelne Tatsachen aber im Bereiche dessen, was sein oder nicht sein kam im Bereiche des Zufälligen also, können nicht auf diese Weise bekräftigt werden, dass ihre Kenntnis kraft Gründen und Schließen eine notwendig zuverlässige sei; und deshalb pflegen solche Tatsachen durch Zeugen bestätigt und gekräftigt zu werden. Das menschliche Zeugnis nun ist wegen zweierlei unzureichend: 1. wegen der Unzuverlässigkeit und des Mangels an Wahrheit; leicht nämlich fallen die Menschen in Lügen, nach Ps. 16.: „Ihr Mund hat Lüge gesprochen;“  2. wegen des Mangels an Kennntis; weder das Zukünftige, noch das Innere des Herzens, noch das Fernstehende erkennen die Menschen; und doch sprechen die Menschen davon und ist es heilsam für die menschlichen Angelegenheiten, darin die sichere Wahrheit zu wissen. Und deshalb war es notwendig, dafür zu Gottes Zeugnis seine Zuflucht zu nehmen, der weder lügen kann noch über etwas in Unkenntnis ist. Gott nun zum Zeugen dessen nehmen, was man behauptet, nennt man „schwören“; und es ist als Recht (jus, jurare) anerkannt, dass das, was man unter Anrufung des Zeugnisses Gott aussagt, für wahr gehalten wird. Nun ruft man das göttliche Zeugnis manchmal an für die Behauptung dessen, was vergangen oder gegenwärtig ist; und das ist „der behauptende Eid“ (juramentum assertorium); zuweilen zur Kräftigung von etwas Zukünftigen; und das ist „der versprechende Eid“ (juramentum promissorium). Was aber wissenschaftlich bewiesen werden kann, das wird nicht beschworen; denn lächerlich wäre es, seine wissenschaftliche Ansicht mit Eidschwüren beweisen. Etwas Anderes ist es, sich des bereits gegebenen Zeugnisses Gottes zu bedienen, wie dies bei der Anführung von Schriftstellen geschieht und etwas Anderes, das Zeugnis Gottes anzurufen als etwas zu Gebendes wie das beim Eide geschieht. Man gibt Gott etwas, wenn man schwört, indem man da erfüllt, was man beschworen hat; oder indem man durch das Schwören selber anerkennt, Gott kenne Alles. Man ruft jemanden zum Zeugen an, damit er die Wahrheit enthülle. Gott nun enthüllt die Wahrheit in doppelter Weise: 1. durch inneres Einsprechen oder durch die Enthüllung des Geschehenen, indem er offenbar macht, was verborgen war;  2. durch Bestrafung dessen, der lügt; und in diesem Falle ist er zugleich Zeuge und Richter, denn er bestraft den Lügner und macht so offenbar die Lüge. Und sonach gibt es eine zweifache Weise zu schwören: 1. durch einfaches Anrufen Gottes; z. B. „Gott ist mir Zeuge“ oder: „Vor Gott spreche ich“, oder: „Bei Gott“ (Augustinus. 1. de serm. Dom. in monte 17.);  2. durch Verwünschung. [131]

Es kann ein Ding an sich etwas Gutes sein, demjenigen aber zum Übel gereichen, der sich dessen nicht geziemendermaßen bedient. Denn 1. ist sein Ursprung gut, da die Menschen der Glaube an die unfehlbare Wahrheit Gottes dazu gebracht hat, den Eid einzuführen; 2. ist sein Zweck gut; denn der Eidschwur soll den Menschen Recht verschaffen und jeden Streit beenden, nach Hebr. 6. Wer aber ohne Not und ohne gebührende Ursache des Eidschwures sich bedient, dem gereicht er zum Übel. Denn das zeigt, dass der betreffende wenig Achtung vor Gott hat, da er Ihn leichthin zum Zeugen nimmt, was er sich nicht vermesssen würde gegenüber einem anständigen Menschen. Es droht zudem einem solchem leichtsinnigen Schwören die Gefahr des Meineides; denn leicht fällt der Mensch im Sprechen: „Wer in seinen Worten nicht fehlt,“ sagt Jakobus (3, 2.), „ist ein vollkommener Mann.“ Deshalb heisst es Ekkli. 23.: „Dein Mund gewöhne sich nicht ans Schwören: denn viel wird darin gefehlt.“ Deshalb sagt Augustinus (lib. de mendacio c. 5): „Da der Apostel selber in seinen Briefen schwört, so zeigt er damit, wie das Wort des Heilandes aufzufassen sei: Ich sage euch, ihr sollt gar nicht schwören, wir sollen nämlich nicht durch häufiges Schwören zu einer gewissen Leichtigkeit im Schwören kommen; und aus solcher Leichtigkeit zur Gewohnheit des Schwörens und von einer derartigen Gewohnheit aus zum Meineide. Deshalb findet man, wie der Apostel nur schwört im Schreiben; weil da Überlegung nicht von der voreiligen Zunge überholt wird.“ [132] 

"Zum guten Gebrauche des an sich guten Eidschwures werde zweierlei erfordert: 1. dass jemand nicht leichthin, sondern mit gebührender Ursache, also aus Notwendigkeit schwöre; und mit Bezug darauf wird ein die Umstände unterscheidendes, abwägendes Urteil erfordert;  2. dass jemand weder Falsches schwöre noch Unerlaubtes durch den Schwur bekräftige; mit Bezug darauf wird Wahrheit und Gerechtigkeit erfordert, der unvorsichtige Eid entbehrt des Urteils; der falsche Eid der Wahrheit; der boshafte oder ungerechte Eid entbehrt der Gerechtigkeit." - Thomas von Aquin, II-II, q 89

"Die Medizin ist gut, um den kranken zu heilen. Wird sie aber in zu starkem Maße genommen, über die Grenzen des Notwendigen hinaus, so schadet sie. So ist es mit dem Eide. Je mehr er gescheut werden muss, desto mehr Gefahr wohnt ihm inne. Deshalb sagt Ekkli. 23.: „Hast du den Bruder getäuscht, so wird sein Fehler dir angerechnet werden; wenn du heuchelst (d. i. um zu täuschen falsch schwörst), so sündigst du doppelt,“ denn „geheuchelte Billigkeit ist doppelte Bosheit“, sagt Augustin; „und wenn du ohne Grund geschworen hast, so wirst du nicht dich rechtfertigen können.“ Ib.

Das gilt vom verschlagenen, betrügerischen Eidschwure; denn Isidor fügt hinzu: „Doppelt ist schuldig, wer sowohl den Namen Gottes vergeblich führt, als auch den Nächsten mit Trug und List überwältigt.“ in Europa und Amerika schwören neuerdings islamische Politiker auf den Koran, wie zum Beispiel Rashida Tlaib aus Michigan, Tochter palästinensischer Einwanderer und Sadiq Khan, der Bürgermeister von London. Sadiq Khan bezeichnet "den Islam ausdrücklich als Teil seiner Identität. Bei der Amtseinführung ließ er sich auf den Koran vereidigen." Er hat also nicht  "bei dem wahrhaftigen Gott" geschworen, sondern beim nachweislich falschen Gott, was bedeutet, dass sein "falscher Eid" der Wahrheit entbehrt: "der unvorsichtige Eid entbehrt des Urteils; der falsche Eid der Wahrheit; der boshafte oder ungerechte Eid entbehrt der Gerechtigkeit." Jetzt ist ein muslimischer Pakistaner Bürgermeister von London geworden. Da ihm Wahrheit und Gerechtigkeit abgeht, hatte er als Anwalt Islamisten verteidigt und sich als Opfer von Islamophobie stilisiert. Im Londoner Stadtteil Tower Hamlets versuchte Khans früherer Parteifreund Lutfur Rahman - bis zu seinem Sturz - ein kleines "Londonistan" zu errichten, indem er Moscheen begünstigte und Indoktrination an islamischen Schulen gewähren ließ. "Die islamischen Parallelgesellschaften, nicht nur in London, verfestigen sich. Die Entfremdung zwischen den Kulturen wächst" - was nicht nur auf die in London verbreitete Ganzkörperverschleierung zurückzuführen ist. Als Anwalt verteidigte er Islamisten, 2005 wurde er ins Unterhaus gewählt. Dort holte ihn der damalige Premierminister Gordon Brown als Staatssekretär in die Labour-Regierung. Wenig später wurde er zum ersten Muslim, der (als Verkehrsminister) an einem britischen Kabinettstisch sitzen durfte. Als Rechtsanwalt - der er nach Thomas von Aquin gar nicht hätte sein dürfen - hatte sich Khan gegen die Abschiebung eines Islamisten eingesetzt, der später (in den Vereinigten Staaten) wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde. Ein Berater von Khan fiel durch frauenfeindliche Äußerungen auf. Er musste entlassen werden. "Khan verstand es, die Vorwürfe in eine Waffe gegen Goldsmith umzuschmieden. Bereitwillig ließ er sich von seinen Unterstützern als Opfer von Islamophobie oder Rassismus darstellen." Khan sprach im Wahlkampf davon, die Stadt zu "vereinen". Andere befürchten das Gegenteil und blicken auf den Londoner Stadtteil Tower Hamlets, wo ein muslimischer Bürgermeister krachend gescheitert ist: "Auch Lutfur Rahman wurde zunächst als 'Vereiniger' gefeiert. Nichtmuslime sahen dann fassungslos zu, wie die kommunalen Gelder an den Statuten vorbei in die Kassen von Moscheen flossen. Weil Rahman Kritik an seiner Amtsführung mit dem Vorwurf der 'Islamophobie' zurückwies, dauerte es Jahre, bis Druck auf ihn ausgeübt wurde. Erst als ein Gericht bestätigte, dass er seiner Wiederwahl mit Fälschung nachgeholfen hatte, musste er den Posten räumen." Auch in den USA versuchen Muslime Machtpositionen zu ergattern und christliche Positionen zu verwässern. Als eine 37 Jahre alte Demokratin aus Minnesota Anfang 2019 zur konstituierenden Sitzung des Repräsentantenhauses fuhr, konnte sie damit rechnen, auf Anhieb Geschichte, allerdings keine rühmliche, zu schreiben. "Denn als eine der beiden ersten Musliminnen im Kongress hatte Ilhan Omar die Führung ihrer Fraktion überzeugt, eine vor 181 Jahren erlassene Regel zu streichen, die ihr im Plenarsaal das Tragen eines Kopftuchs verweigert hätte. Die durch muslimische Ohrenbläserei verführte Fraktionschefin Nancy Pelosi, die nach der Umkehrung der Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Demokraten noch im Januar 2019 zum „Speaker of the House“ gewählt wurde, "will das Verbot von Hüten oder anderen Kopfbedeckungen zwar nicht streichen, aber Ausnahmen aus religiösen Gründen zulassen. Da die Neuerung in einem großen Geschäftsordnungspaket enthalten ist, galt eine Annahme als sehr wahrscheinlich. Die ebenfalls neu gewählte Demokratin Rashida Tlaib aus Michigan, Tochter palästinensischer Einwanderer, wollte zwar nicht Kopftuch tragen, aber ein anderes Zeichen setzen: Für ihren Eid brachte sie eine englische Koran-Übersetzung von 1734 mit, die einst dem amerikanischen Verfassungsvater Thomas Jefferson gehörte." Ilhan Omar wurde in Somalia geboren. Ihre Familie floh wenige Jahre später nach Kenia und erhielt schließlich Asyl in Amerika. Erst als sich dort nach den Anschlägen vom 11. September 2001 teilweise eine feindliche Stimmung gegen Muslime ausbreitete, fing Omar nach eigenen Angaben an, den Hidschab zu tragen, um sich zum Irrglauben bzw. der „erheuchelten Religion (simulata religione)“ zu bekennen. "Sie versichert, dass das ihre freie Wahl sei, welche die amerikanische Verfassung schütze. Es regt sich denn auch wenig Widerspruch gegen die Neuregelung im Kongress. Der scheidende republikanische „Speaker“ Paul Ryan hob hervor, dass das Kopfbedeckungsverbot von 1837 seit Menschengedenken nicht durchgesetzt worden sei." Omar wurde in den Kongress gewählt obwohl ihr, wie übrigens vielen anderen Muslime auch, Antisemitismus vorgeworfen werden kann. "Kurz nach ihrem Wahlsieg stellte sie klar, dass sie die Boykottbewegung gegen Israel unterstütze. Um ihr Kopftuch wurde bisher aber wenig Aufhebens gemacht. Bloß der schwarze, konservative Pastor und Provokateur E. W. Jackson beschwerte sich, dass das Repräsentantenhaus bald aussehen werde „wie eine islamische Republik“. In dieser Beziehung könnten Europa und die USA den Libanon als Vorbild nehmen, denn dort dürfen Muslime, vor allem Palästinenser und Mitglieder der Hizbullah "weder wählen noch die Staatsbürgerschaft erwerben"; zudem dürfen sie "weder Lehrer noch Anwälte oder Ingenieure werden." Würde diese Regel nicht eingehalten, könnte dies nämlich die "gesellschaftliche Balance zerstören". [133] 

Nach der ersten Art darf man nicht die Teufel beschwören; denn das hiesse ihnen Wohlwollen oder Freundschaft zeigen. Der zweiten Art dürfen wir uns aber nach einer Seite hin gegenüber den Teufeln bedienen; nach der anderen Seite hin nicht. Denn die Teufel sind in diesem sterblichen Leben unsere Gegner, die uns Gefahren bereiten. Nicht aber sind ihre Handlungen unserer Verfügung überlassen, sondern der Leitung von seiten Gottes und der heiligen Engel; wie Augustin (3. de Trin. 4.) sagt: „Der abgefallene Geist wird geleitet durch den treu gebliebenen.“ Wir können also kraft der Anrufung des göttlichen Namens die Teufel als unsere Feinde zurücktreiben, wie es Luk. 10. heisst: „Ich habe euch Macht gegeben, auf Schlangen und Skorpionen zu treten und auf alle Gewalt des Feindes; sie wird euch nicht schaden.“ Aber wir dürfen nicht sie beschwören, um etwas von ihnen zu lernen oder zu erlangen; da dies eine gewisse Genossenschaft mit ihnen bedeuten würde. Nur auf besonderen göttlichen Antrieb oder auf Grund göttlicher Offenbarung wäre Letzteres gestattet, wie wir vom seligen Jakobus lesen, dass er den Hermogenes durch Teufel zu sich führen ließ. Origenes spricht vom Beschwören, was in Form wohlwollender Bitten geschieht. Die Schwarzkünstler wollen etwas lernen oder erlangen von den Teufeln; und das ist unerlaubt. Deshalb sagt Chrysostomus (conc. 2. de Lazaro): „Dies ist eine heilsame Lehre, dass wir den Teufeln nicht glauben, welche Wahrheit auch immer sie verkünden.“ [134] 

"Will aber das Beschwören den Teufel zwingen, nicht mehr durch die unvernünftigen Kreaturen den Menschen zu schaden, so ist das der in der Kirche gebräuchliche Exorzismus, welche die Macht des Teufels über die vernunftlose Kreatur ausschließen will." - Thomas von Aquin, II-II, q 90

"Die moralischen Akte erlangen ihren Wesenscharakter vom Zwecke aus. Der Zweck des Eides nun ist die Bekräftigung einer menschlichen Aussage. Dieser Bekräftigung aber steht direkt das Falsche gegenüber; denn dadurch wird eine Aussage gekräftigt, dass man zeigt, sie sei unverrückbar wahr, was natürlich nicht geschehen kann bei etwas, was da falsch ist. Also macht das Falsche unmittelbar und durchaus wesentlich den Eid zwecklos; und sonach wird vom Falschen der Wesenscharakter des Meineides hergenommen. Nach Hieronymus (Jer. 4.) ist Meineid vorhanden an erster leitender Stelle, wenn die Wahrheit fehlt; an zweiter untergeordneter Stelle, wenn die Gerechtigkeit fehlt; denn wer Unerlaubtes schwört, der schwört folgegemäß Falsches, da er verpflichtet ist, das Gegenteil von dem zu tun, was er geschworen hat; an dritter Stelle, wenn das umsichtige Urteil fehlt, denn wer bei jeder Gelegenheit schwört, setzt sich der Gefahr aus, falsch zu schwören. Die Prinzipien in den Syllogismen stehen höher an Wert wie das Gefolgerte, weil sie den Charakter wirksam tätiger Prinzipien haben. Im Moralischen aber ist der Zweck hauptsächlicher wie das wirksam tätige Prinzip. Obgleich sonach es ein verkehrter Eid ist, wenn jemand bei falschen Göttern schwört; so kommt doch der Wesenscharakter des Meineides präzis vom Falschen, weil dies den Eid zwecklos macht."  - Thomas von Aquin, II-II, q 98

"Schaut, wie dieses wilde Tier (der Meineid) verabscheuenswert ist und herausgejagt werden muss aus dem Bereiche der menschlichen Angelegenheiten.“ - Augustinus, 28. de verb. ap. Jacobi

"Schwören heiße: Gott zum Zeugen anrufen. Es ist aber Mangel an Ehrfurcht vor Gott, wenn er als Zeuge angerufen wird für etwas Falsches; denn damit ist gesagt, Gott kenne die Wahrheit nicht oder er wolle das Falsche als wahr bezeugen. Also ist der Meineid in jedem Falle eine Sünde gegen die Tugend der Religion. Wer etwas Unerlaubtes beschwört, in dessen Eid mangelt die Gerechtigkeit. Wenn er aber das Beschworene nicht tut, sündigt er gar nicht; denn er hat nicht etwas beschworen, was erlaubterweise beschworen werden konnte."- Thomas von Aquin, II-II, q 98

"Ich antworte, dass jene Sünden, welche an sich nur lässliche oder in ihrer „Art“ betrachtet selbst gute Werke sind, Todsünden werden, wenn sie aus Verachtung Gottes hervorgehen. Also ist mit weit mehr Recht das, was seinem Wesen nach die Verachtung Gottes einschliesst, schwere Sünde. Der Meineid aber schliesst in seinem Wesenscharakter die Verachtung Gottes ein; denn von daher kommt die Schuld in ihm, weil er Mangel an Ehrfurcht vor Gott ist. Also ist er seinem innersten Wesen nach Todsünde." Ib.
 

29. Musik

Das mündliche Lob Gottes soll dazu dienen, das Herz des Menschen zu Gott zu ziehen. Was also nützlich ist, um diesen Zweck zu erreichen, kann mit dem Lobpreise Gottes verbunden werden. Nun werden gemäß den verschiedenen melodischen Weisen die Gemüter in verschiedene Verfassung gebracht, wie Aristoteles (8 Polit. 5, 6, 7.) sagt und Boëtius (prol. de musica). Also ist es eine heilsame Einrichtung, dass mit dem Lobpreise Gottes Gesang verbunden würde, um das Herz der schwächeren zur Andacht zu bewegen. Deshalb sagt Augustinus (10. Conf. cap. 33.): "die Gewohnheit des Singens in der Kirche zu billigen, damit durch die angenehm das Ohr berührenden Töne der schwächere Geist zur Liebe und Frömmigkeit sich erhebe;“ und von sich selbst sagt (9. Conf. cap. 6.): „Ich weinte bei Deinen heiligen Liedern und Gesängen, im Innersten bewegt durch die angenehmen, sanft dahinströmenden Melodien Deiner Kirche.“ Geistige Gesänge sind auch jene äußerlichen, hörbaren; insoweit dadurch die innere Andacht des Geistes erregt und vermehrt wird. Hieronymus tadelt nicht den Gesang, sondern die theatralische Sangweise, durch welche man nicht die Andacht erregen, sondern die Aufmerksamkeit auf die eigene Person ziehen will. Deshalb sagt Augustinus (10 Conf. cap. 33.): „Wenn es sich trifft, dass mich der Gesang mehr bewegt wie die Sache, welcher er gewidmet ist, so bekenne ich, dass ich sündige und Strafe verdiene; dann wollte ich lieber den singenden nicht hören!“ Die Predigt und Belehrung stehen als Mittel, die Andacht zu erregen, höher wie der Gesang. Deshalb sollen die Diakone und kirchlichen Vorsteher, denen es obliegt zu predigen, nicht so viel mit Gesang sich befasssen. Darum fügt Gregor hinzu: „Die Gewohnheit ist in hohem Grade verwerflich, dass Diakone so viel mit ihrer Stimme und deren melodischer Ausbildung sich beschäftigen; sie sollen vor Allem dem Amte der Predigt und dem Beistande der armen sich widmen.“ Nach Aristoteles (8 Polit. 6.) „soll man bei der Erziehung nicht sanftem Flötenspiele unterrichten oder in der Zither oder sonst in einem ähnlichen Instrument; man soll die Hörer vielmehr zu guten und sittlich brauchbaren Menschen machen.“ Derartige Instrumente nämlich bereiten mehr sinnliches Ergötzen, als dass durch sie eine ernste innere Verfassung geformt würde. Im Alten Testamente waren dergleichen Instrumente im Gebrauch; sowohl weil das Volk von harten Sitten und irdischen Sinnes war, als auch weil diese musikalischen Instrumente die Figur von geistigen Dingen vorstellten. Durch den Gesang, womit jemand sich darauf verlegt, bloß zu ergötzen, wird der Mensch von der Betrachtung dessen, was (welche Worte) gesungen wird, abgezogen. Wer aber aus Andacht singt, der gibt mehr acht auf die Worte, sowohl weil er länger dabei verweilt, als auch „weil alle die verschiedenen Regungen und Neigungen unseres Geistes eigene Weisen in der Stimme und im Gesänge haben, die ihnen entsprechen und durch deren Verwandtschaft sie erregt werden.“ (Aug. 10. Conf. cap. 33.) Und ebenso geht es mit den Hörern. Wenn auch von ihnen manche nicht verstehen, was gesungen wird, so verstehen sie doch, wozu gesungen wird; nämlich zum Lobe Gottes; und das genügt zum anfachen der Andacht. [135] 

zu einer Ästhetik und Philosophie der Kunst und zur Musik zum Beispiel von Händel, Monteverdi, Mozart, Joseph Haydn, Beethoven und Wagner haben sich schon Aristoteles und Schopenhauer geäussert, was dann von Wagner für seine Bühnenweihfestspiele aufgegriffen wurde. "In den Tönen haben wir aber eine unmittelbare Nachahmung der Charaktere, wie sich das faktisch zeigt: denn schon die Art der Harmonien zeigt Unterschiede, so dass wir uns als Hörer bei jeder von ihnen verwandeln." (Aristoteles). So lässt sich auch erklären, dass berühmte SängerInnen sowohl klassische Musik als auch Nicht-Klassik singen können. Zum Beispiel hat auch der größte brasilianische Popstar, Larissa de Macedo Machado (Anitta) mit zwei Milliarden Youtube-Klicks sowohl in der Kirche gesungen als auch auf der Bühne. Ihr Großvater kam aus Nord-Brasilien, aus Paraíba. Er sei Musiker und habe in der Kirche musiziert. "Ich bin immer mit ihm mitgegangen - und habe dann selbst auch gesungen."  [136] 
 

30. Aberglaube, „erheuchelte Religion (simulata religione)“, Unglaube, Gotteslästerung

Zu Koloss. 2. sagt Ambrosius: „Aberglaube“, d. i. „eingeheuchelte Religion (simulata religione.)“. Also die Heuchelei ist eine Gattung im Aberglauben. Auf der anderen Seite gibt Augustin II. de doctr. christ. 20, 21, 22, 23, 24. die verschiedenen Gattungen Aberglauben an. Der Aberglaube überschreitet, wie bereits gesagt, das Maß der Gottesverehrung gemäß einzelnen Umständen. Nun macht nicht jede Verschiedenheit in solchen Umständen eine Verschiedenheit in der Gattung der entsprechenden Sündenart, sondern nur wenn diese Umstände auf verschiedene Gegenstände sich richten oder verschiedene Zweckrichtungen haben; denn danach bestimmt sich die Gattung der moralischen Tätigkeiten. Demgemäß werden die Gattungen des Aberglaubens unterschieden 1. von seiten der Art und Weise, 2. von seiten des Gegenstandes. Es kann nämlich Gott wohl ein Kult dargebracht werden, aber ein ungebührlicher; das ist die erste Gattung Aberglauben. Und es kann einer beliebigen Kreatur göttliche Ehre dargebracht werden; das ist die zweite Art Aberglauben, die in viele Unterabteilungen gemäß den verschiedenen Zwecken zerfällt. Zuerst nun hat der Kult den Zweck, Gott Ehre zu erweisen. Danach ist die erste Gattung Aberglauben der Götzendienst, in dem einer Kreatur göttliche Ehre erwiesen wird. Dann hat der Kult den Zweck, dass der Mensch unterrichtet werde von Gott. Danach ist die zweite Gattung Aberglauben die Schwarzkünstlerei, in welcher die Teufel befragt werden auf Grund eines stillschweigend oder ausdrücklich mit ihnen eingegangenen Übereinkommens. Drittens hat der Kult den Zweck, gemäß den Verfügungen Gottes, der verehrt wird, für die menschlichen Handlungen eine Richtschnur zu sein; und dazu gehört die dritte Art Aberglauben, die sich auf Beobachtung mancher an sich gleichgültiger Vorkommnisse stützt. Diese drei Arten Aberglauben deutet Augustinus an, der da sagt: Abergläubisch ist 1. „was von den Menschen eingerichtet worden, um Götzenbilder zu verehren oder zu machen;“  2. „was dazu gehört, die Teufel um Rat zu fragen oder mit ihnen vermittelst gewisser Zeichen ein Übereinkommen zu schließen;“  und 3. „dazu gehören auch alle Bänder und dergleichen Gegenstände, die beobachtet werden.“ „Um etwas Gutes herzustellen, müssen alle gehörigen Ursachen in Wirksamkeit sein; damit etwas Schlechtes erfolge, genügt das Fehlen einer einzigen;“ sagt Dionysius. (4. de div. nom. 1.) Daher kommt es, dass einer einzigen Tugend oft mehrere Laster entgegengesetzt sind. Aristoteles spricht von dem Falle, wo der nämliche maßgebende Grund für die Vervielfältigung besteht.  [137] 

Thomas meint, die „erheuchelte Religion (simulata religione)" werde dort so genannt, "wo rein menschlicher Überlieferung der Name „Religion“ gegeben wird. Also will dies nichts Anderes besagen, als in ungebührlicher Weise Gott einen Kult darbringen", wie dies die Muslime oder andere Sekten wie Scientology tun. [138] 

"Die Beobachtung gewisser Vorkommnisse und die Schwarzkünstlerei gehört zum Aberglauben, insoweit sie von einigen Tätigkeiten der Teufel abhängen; und so sind sie einbegriffen in den mit Teufeln eingegangenen Übereinkommen. „Erheuchelte Religion“ wird da genannt der Fall, wo rein menschlicher Überlieferung der Name „Religion“ gegeben wird. Also will dies nichts Anderes besagen, als in ungebührlicher Weise Gott einen Kult darbringen; wie wenn jemand jetzt, zur Zeit der Gnade, Gott nach den Riten des Alten Testamentes verehren wollte." - Thomas von Aquin, II-II, q 92

"Ich antworte, dass nach Augustin (de mendacio 18.) „eine im höchsten Grade verderbliche Lüge jene ist, welche zu dem auf die Religion bezüglichen gehört.“ Eine Lüge aber ist es, wenn ein äußeres Zeichen der inneren wirklichen Wahrheit widerspricht. Wie aber durch Worte, so bezeichnet man auch durch die Tat; und gerade in solcher Bezeichnung von etwas, was getan wird, liegt die Grundlage für den äusseren Kult. Wird also durch den Kult etwas Falsches bezeichnet, so ist dies ein verderblicher Kult. Dies geschieht nun 1. von seiten der Sache, die bezeichnet werden soll, wenn von dieser sich das Zeichen des Kultus entfernt; und danach ist es jetzt, wo Christus bereits gekommen ist und gelitten hat, verderblich, einen Kult anzuwenden, wie den des Alten Bundes, der da bezeichnet, Christus werde erst kommen und leiden;  2. von seiten des den Kult ausübenden; und das tritt ein zumal im öffentlichen Kult, den die Diener der Kirche vollziehen. Denn wie das ein Fälscher ist, der Aufträge von einem anderen ausrichtet, die ihm nicht anvertraut worden sind; so tut der Diener der Kirche etwas Falsches, der seitens der Kirche einen Kult Gott darbringt, welcher gegen den von der Kirchenautorität gebilligten Kult verstößt. Deshalb sagt Ambrosius zu 1. Kor. 11. (Quicumque edit panem): „Unwürdig ist jener, der das Mysterium anders feiert, wie Christus gelehrt hat und uns überliefert ist.“ Darum sagt die Glosse zu Koloss. 2.: „Aberglauben findet sich, wann menschlicher Erfindung der Name „Religion“ gegeben wird.“  Da Gott die Wahrheit ist, so rufen Gott jene an, welche im Geiste und in der Wahrheit Ihn verehren, nach Joh. 4. Ein Kult, der Falsches in sich enthält, gehört im eigentlichen Sinne nicht zur Anrufung Gottes, welche durch die Wahrheit rettet. Vor der Zeit des Gesetzes wurden durch inneren Antrieb die Gerechten über die Art und Weise Gott zu verehren belehrt; und diesen folgten dann andere. Nachher sind durch nach aussen hervortretende Gebote die Menschen belehrt worden; und diese beiseite zu lassen, ist verderblich. Die verschiedenen Riten innerhalb der Kirche treten in nichts der Wahrheit entgegen; und deshalb sollen sie beobachtet werden. Sie beiseite zu lassen ist unerlaubt." - Thomas von Aquin, II-II, q 93

"Das Alles ist als überflüssig und abergläubisch zu betrachten, weil es nur in Äusserlichkeiten bestehend zum inneren Kulte Gottes nicht gehört. Deshalb wendet Augustinus (de vera Relig. c. 3.) das Wort des Herrn: „Das Reich Gottes ist in euch“ gegen die Abergläubischen an, die hauptsächlich auf Äußerliches achtgeben." Ib.
Dem Aberglauben entspricht es, das gebührende Maß im göttlichen Kultus zu überschreiten. Das nun geschieht vorzugsweise, wenn derselbe einem erwiesen wird, dem er nicht gebührt. Gott nämlich allein darf man göttliche Ehre erweisen; wird solche also einer Kreatur dargebracht, so ist dies abergläubisch. Wie aber manchen sinnlich wahrnehmbaren Kreaturen göttliche Verehrung dargebracht wurde vermittelst sinnlich wahrnehmbarer Zeichen wie vermittelst Opfer, Spiele u. dgl.; so auch wird sie dargebracht der Kreatur, insoweit diese gemäß einer sinnlich wahrnehmbaren Form oder Figur von Menschenhand dargestellt war, was Götzenbild genannt wird. In verschiedenen Weisen nun wird den Götzenbildern göttliche Verehrung dargebracht. Denn manche stellten vermittelst ruchloser Kunstfertigkeit gewisse Bilder her, welche kraft des Einflusses der Teufel bestimmte Wirkungen zur Folge hatten, so dass man meinte, diesen Bildern wohne göttliche Kraft inne und somit gebühre ihnen göttliche Verehrung. Und dies war die Meinung des Hermes Trismegistus, nach Augustinus. (8. de civ. Dei 23.) Andere brachten göttliche Verehrung dar, nicht zwar den Bildern aber den darin dargestellten Kreaturen. Beides berührt der Apostel (Röm. 1.); das Erste mit den Worten: „Und sie vertauschten die Ehre des unsterblichen Gottes mit der Ähnlichkeit des Bildes eines vergänglichen Menschen und von Vögeln und vierfüssigen Tieren und Schlangen;“ das Zweite mit den Worten: „Sie verehrten und dienten vielmehr der Kreatur wie dem Schöpfer.“ Nun bestanden da drei Meinungen. Denn 1. die einen meinten, manche Menschen seien Götter gewesen wie Jupiter, Merkurius etc. Die anderen 2. waren der Ansicht, die ganze Welt sei ein einiger Gott; nicht wegen der körperlichen Substanz, sondern wegen der Seele; denn sie sagten Gott sei die Weltseele, welche vermittelst der Bewegung und der Vernunft die Welt regiere; wie ja auch der Mensch als weise bezeichnet wird, nicht wegen des Körpers, sondern wegen der Seele. Deshalb glaubten diese letzteren, der ganzen Welt und allen ihren Teilen, wie den Sternen, der Luft, dem Wasser sei göttliche Ehre zu erweisen; und darauf bezogen sie, wie Varro berichtete (Augustinus. 7. de civ. Dei 21.), die Namen und Bilder ihrer Gottheiten. Wieder andere 3. wie die Platoniker, nahmen einen einigen höchsten Gott des All an; und nach diesem kämen geistige vom höchsten Gott geschaffene Substanzen, die sie „Götter“ nannten, weil sie an der Gottheit Anteil hatten, und die wir „Engel“ nennen; nach diesen ihren „Göttern“ dann beständen die Seelen der Himmelskörper und unter diesen die Dämonen, welche sie als aus Luft zusammengesetzte sinnbegabte Wesen bezeichneten; unter diesen nun erst befänden sich die Seelen der Menschen, von denen sie meinten, sie würden durch das Verdienst der Tugend zur Gemeinschaft der Götter oder der Dämonen erhoben. Diesen also allen brachten sie göttliche Ehre dar, nach 8. de civ. Dei 14. Diese letzten beiden Ansichten gehörten gemäß ihnen zur natürlichen Theologie, welche die Philosophen in der Welt betrachteten und in den Schulen lehrten; die erste von den drei letzten Ansichten war nach diesen selben die Fabeltheologie, nämlich die, wozu die Verehrung von Menschen gehörte und welche durch die Poeten verarbeitet und auf den Theatern dargestellt wurde; während die vorhergenannte Meinung, welche auf die Bilder sich richtete, speziell die bürgerliche Theologie war, welche die Priester feierten in den Tempeln. Dies Alles ist götzendienerischer Aberglaube. Deshalb sagt Augustinus (II. de doctr. christ. c 20.): „Abergläubisch ist alles das, was von den Menschen eingerichtet worden ist, entweder um Götzenbilder herzustellen und zu verehren oder um die Kreatur als Gott zu verehren oder einen Teil der Kreatur etc.“ Die Gottesverehrung ist nicht die Tugend des Glaubens, sondern ein Bekenntnis desselben vermittelst äusserlicher Zeichen. Und so ist der Aberglaube ein Bekenntnis des Unglaubens durch äusseren Kult. Dieses Bekenntnis nun bezeichnet der Ausdruck „Götzendienst“; nicht aber der Ausdruck „Häresie“, der vielmehr auf eine falsche Meinung hindeutet, und so ist die Häresie eine Gattung im Unglauben; der Götzendienst eine Gattung Aberglauben. Die äussere Gottesverehrung, latria, bezeichnet entweder eine menschliche Tätigkeit, die zum Kulte der Gottheit gehört; und danach ändert die Bedeutung dieses Ausdrucks sich dem Wesen nach nicht, mag die Verehrung dem wahren Gotte oder den Götzenbildern erwiesen werden; denn wem sie erwiesen wird, das steht nicht in der Begriffsbestimmung, wie z. B. die Bezahlung eines Tributs wesentlich (univoce) dasselbe bezeichnet, mag sie dem wahren oder dem falschen Könige geleistet werden; oder das Wort wird in der nämlichen Bedeutung genommen wie die Tugend der Gottesverehrung, die Religion, selber; und demgemäß, da dies eine Tugend ist, wird es nur von dem Kulte des wahren Gottes gebraucht. So ist im letzteren Sinne nur der Ausdruck derselbe, nicht das innere Wesen (aequivoca); wie in der Tugend der Klugheit und in der Klugheit des Fleisches nur der Ausdruck, nicht die Bedeutung dieselbe ist. Der Apostel meint, „die Götzenbilder seien nichts in der Welt“, weil jene Bilder, die man als Götzenbilder bezeichnete, nicht belebt waren und keinerlei göttliche Kraft in sich enthielten; wie Hermes wollte, der da meinte, ein Götzenbild sei etwas aus Leib und Seele Zusammengesetztes. Und ähnlich „ist das, was diesen Bildern geopfert wird, nichts;“ [139]
"Hier sei ein zweifacher Irrtum zu verzeichnen, die einen meinten, die Opfer und anderes zur Anbetung Gehörige komme nicht nur dem höchsten Gott, sondern auch den anderen als etwas an sich Geschuldetes und Gutes zu; weil jeder höheren Kreatur als einer näherstehenden göttliche Ehre zu erweisen sei. Das aber wird ohne Grund behauptet. Denn der Höchste, Gott nämlich, steht allen anderen rein geistigen Wesen kraft ganz einziger Vorzüge voran; und deshalb gebührt Ihm eine ganz einzige Verehrung, die wir Anbetung, latria, nennen. Man soll auch nicht sagen, diese äusseren Opfer kämen den geordneten „Göttern“ zu, dem Höchsten Gott aber die unsichtbaren, rein geistigen Opfer. Denn wie Augustinus (10. de civ. Dei 19.) sagt, „sind diese äusseren Opfer in der Weise Zeichen für die inneren; wie die Worte die wir sprechen, Zeichen sind der Dinge, die wir denken. Wie wir also betend und lobpreisend an denjenigen unsere Worte als Zeichen richten, dem wir die Sachen selber, die in unserem Herzen befindlich durch die Worte bezeichnet werden, aufopfern; so sollen wir wissen, dass wir keinem anderen das sichtbare Opfer darbringen dürfen, als demjenigen, welchem wir das unsichtbare Opfer in unserem Herzen als Ihm gehörig schulden.“ Andere meinten, man dürfte den Götzenbildern zwar nicht als etwas an sich Geschuldetes und Gutes göttliche Verehrung darbringen, sondern als etwas dem allgemeinen Brauche Entsprechendes, wie Seneca sagt (nach August. 6. de civ. Dei 10.): „So wollen wir anbeten, dass wir daran denken, dies gehöre mehr einer allgemeinen Sitte an als dass es der Wahrheit und Wirklichkeit entspreche;“  und Augustinus schreibt (de vera Relig. 5.): „Bei den Philosophen solle man nach keiner Religion suchen; denn sie machten zwar die heiligen Gebräuche mit dem Volke mit, aber sie dächten das Gegenteil davon, was dieses denkt, über die Natur ihrer Götter und über das höchste Gut und lehrten dieses Gegenteil in den Schulen.“ Diesen Irrtum lehrten auch viele Häretiker; man könne nämlich erlaubterweise, zur Zeit der Verfolgung, äusserlich die Götzenbilder verehren und innerlich den Glauben wahren. Aber dies ist falsch. Denn da der äussere Kult nur ein Zeichen ist des inneren, so ist es ebenso eine verderbliche Lüge, wenn jemand einen äusseren Kult erweist jenem, dem er denselben in seinem Innern verweigert; als wenn jemand mit Worten den wahren Glauben leugnet, den er im Innern festhält. Deshalb sagt Augustinus gegen Seneca: „Um so verdammenswerter war es, dass er die Götzenbilder verehrte, als er, was er lügnerischerweise verehrte, so äusserlich verehrte, dass das Volk meinte, er tue es aus Überzeugung.“ Weder im Alten noch im Neuen Bunde wird Bildern göttliche Verehrung, der Kult der latria, erwiesen; sondern die Bilder dienen da nur, um etwas zu bezeichnen, damit nämlich dadurch der Glaube an die Vorzüge der Engel und Heiligen im Geiste der Gläubigen gefestigt würde. " - Thomas von Aquin, II-II, q 94

So können auch andere Sünden größer sein, die mehr aus innerer Verachtung und Bosheit des Sünders hervorgehen. Der Götzendienst fügt zum inneren Unglauben noch hinzu den ungebührenden äusseren Kult. Ist aber nur äusserlich der Götzendienst ohne inneren Unglauben, so tritt hinzu die Heuchelei. Der Götzendienst schliesst eine große Gotteslästerung in sich, denn er entzieht Gott seine einzig dastehende Herrschaft; und den Glauben bekämpft er durch seine Werke." Ib.

„Zuerst konnte man von den Teufeln lernen, was jeder von ihnen gern hat, was er verabscheut, mit welchem Namen er eingeladen oder zu erscheinen gezwungen wird; so dass die Teufel die Erfinder der magischen Künste waren.“ - Augustinus, 21. de civ. Dei 6

„Die Leerheit und Eitelkeit der Menschen hat die Götzenbilder in der Welt erfunden.“ - Sap. 14

Die vorbereitende Ursache für den Götzendienst ist eine dreifache gewesen und zwar auf seiten des Menschen: 1. die ungeregelte Hinneigung,  2. das von der Natur herrührende Ergötzen der Menschen an der bildlichen Darstellung; und darum erwiesen die roheren unter den Menschen den schön und kunstreich gemachten Darstellungen anderer Menschen göttliche Ehren; wonach es Sap. 15. heisst: „Wenn ein Künstler im Walde sich Holz recht geschnitten hat, so formt er mit der Erfahrenheit seiner Kunst es zu einem Bilde und macht es ähnlich einem Menschen und tut dann vor ihm Gelübde, um etwas zu erfahren wegen seines Vermögens, wegen seiner Kinder, wegen Heiraten;“  3. die Unkenntnis des wahren Gottes, dessen Vollkommenheiten die Menschen nicht erwogen und somit einzelnen Kreaturen wegen deren Schönheit und Kraft göttliche Ehren erwiesen; davon sagt Sap. 13.: „Nicht auf die Werke gaben sie acht, damit sie erkannten, wer der Werkmeister sei; sondern entweder Feuer oder Luft oder Geist oder Sternengebilde oder großes Wasser oder Sonne, Mond etc. betrachteten sie als die Lenker des Erdkreises.“ Die vollendende Ursache des Götzendienstes aber waren die Teufel, die sich den irrenden Menschen als Gegenstand der Verehrung darboten; in den Bildern Antworten gaben und manches für die Menschen Wunderbare vollbrachten; wie der Psalmist sagt (Ps. 95.): „Alle Götter der Heiden sind Teufel.“ [140]
"Wahrsagerei wird nicht so genannt, weil sie in geordneter Weise am Wahren, also an etwas Göttlichem teilnimmt; sondern weil sie sich anmaßt, Göttliches zu wissen."  - Thomas von Aquin, II-II, q 95
Origenes sagt im Periarchon: „Es gibt eine gewisse, im Dienste des Vorherwissens stehende Tätigkeit der Dämonen, welche in gewissen Künsten derer, die den Dämonen sich überlassen haben, sich ausspricht. Denn sei es dass man Karten schlägt oder den Vögelflug beobachtet oder den Schatten betrachtet, Alles dies kommt von den Dämonen.“ Augustinus aber schreibt (II. de doctr. Christ. 23.): „Was aus der Gesellschaft der Menschen mit den Geistern sich ergiebt, ist abergläubisch.“ Der Aberglaube schliesst eine ungeregelte Verehrung Gottes ein. Zur Gottesverehrung aber gehört etwas, indem es wie Opfer, Gaben etc. Gott dargebracht; oder indem etwas Göttliches angewendet und gebraucht wird. (Kap. 89) Also nicht nur den Dämonen opfern ist abergläubisch, sondern auch den Beistand derselben beanspruchen oder gebrauchen, um etwas zu tun oder zu erkennen. Nun wird beim Wahrsagen entweder der Teufel ausdrücklich angerufen, um Zukünftiges zu offenbaren; oder er mischt sich von selbst ein in die eitle Erforschung des Zukünftigen, damit er die Seele des Menschen mit Eitelkeit erfülle, worüber der Psalmist sagt (Ps. 39.): „Er blickte nicht auf Eitelkeiten und falsche Torheiten,“ Also ist das Wahrsagen eine Gattung Aberglauben. "Die Neugierde ist der Zweck des Wahrsagens; abergläubisch ist die Art und Weise des Vorgehens. Das Wahrsagen ist ein Kult, der dem Teufel dargebracht wird,insoweit dabei jemand sich stillschweigend oder ausdrücklich eines Übereinkommens mit demselben bedient."  [141].

Aus zwei Gründen ist alles Anfragen und Anrufen der Dämonen Sünde. Der erste Grund ist das Prinzip des Wahrsagens; nämlich das ausdrückliche Übereinkommen, welches man vermittelst der Anrufung mit dem Teufel eingeht. Deshalb sagt Isaias (28, 15.): „Ihr habt gesagt: Mit dem Tode haben wir einen Bund geschlossen und mit der Hölle einen Vertrag.“ Und schwerer ist noch die Sünde, wenn man gar dem Teufel opfert oder ihm Ehre erweist. Der zweite Grund ist der künftige Ausgang. "Denn der Teufel will das Verderben der Menschen; und sagt er einmal Wahres, so beabsichtigt er damit, die Menschen daran zu gewöhnen, dass sie ihn anrufen und sonach sich selbst verderben." Deshalb sagt Athanasius zu Luk. 4. Incorporavit illum, dicens (oratio I. cont. Arian.): „Obgleich der Teufel Wahres sagte, so schnitt doch Christus dessen Rede ab, auf dass sich nicht zugleich mit dem von ihm gesprochenen Wahren seine Bosheit weit ausbreite; damit wir also uns nicht daran gewöhnen, ihn zu fragen, mag er auch die Wahrheit sagen. Denn ein Frevel ist es, die heilige Schrift vor sich zu haben und sich vom Teufel belehren zu lassen.“Unter diesem Gesichtspunkt muss auch der Islam betrachtet werden, denn der Teufel will das Verderben der Menschen, sich im Zentrum der Christenheit in Szene setzen (z.B. muslimisierter Felsendom in Jerusalem, muslimisierte Hagia Sophia in Konstantinopel) und "sagt er einmal Wahres, so beabsichtigt er damit, die Menschen daran zu gewöhnen, dass sie ihn anrufen und sonach sich selbst verderben" so wie es zur Zeit in der muslimischen Welt passiert. [142]
 

31. Astrologie, Traumdeutung

"Wer also der Betrachtung der Gestirne sich bedient, um zufällige Begebnisse der Zukunft vorherzuerkennen oder mit Gewissheit die Werke der Menschen vorherzuwissen, der geht von einer falschen, eitlen Meinung aus; und so mischt sich der Einfluß des Teufels hinein, so dass ein solches Wahrsagen abergläubisch und unerlaubt sein muss. Wer aber der Erforschung der verursachenden Kraft der Sterne sich bedient, um Trockenheit oder Nässe u. dgl, vorherzusagen, Dinge, welche daraus als aus den Ursachen hervorgehen, so ist ein solches Wahrsagen nicht unerlaubt." - Thomas von Aquin, II-II, q 95
Die äussere Ursache der Träume ist ebenfalls eine doppelte: 1. eine körperliche, inwieweit die Einbildungskraft des träumenden beeinflusst wird von der ihn umgebenden Luft oder vom Einwirken des Lichtes der Himmelskörper und so dem schlafenden Phantasiebilder erscheinen, die dem Zustande der Himmelskörper, insoweit diese eine verursachende Kraft haben, entsprechen;  2. eine geistige: und zwar entweder Gott, der durch den, Dienst der Engel den Menschen in Träumen Manches enthüllt, nach Num. 12.: „Wenn unter euch ein Prophet des Herrn ist, im Traumgesicht will ich ihm erscheinen und im Schlafe will ich zu ihm sprechen;“ oder die Dämonen, welche im Traume bisweilen den Menschen erscheinen und ihnen manches Zukünftige verkünden, soweit die Menschen mit ihnen eine Übereinkunft haben. Gebraucht also jemand die Träume, um Zukünftiges vorherzusagen, insoweit dieselben von göttlicher Offenbarung ausgehen oder von einer innerlichen oder äusserlichen natürlichen Ursache, im Bereiche dieser natürlichen Ursache, so ist das kein unerlaubtes Vorhersagen. Wird aber das Vorhererkennen verursacht durch Enthüllungen von seiten der Dämonen, mit denen eine Übereinkunft stattfindet, sei es ausdrücklich durch Anrufen derselben sei es stillschweigend, insofern ein derartiges Wahrsagen sich erstreckt darauf, worauf es sich nicht erstrecken soll; so ist ein solches Wahrsagen abergläubisch und unerlaubt. [143]
 

32. Keine Folter, Duelle oder "Gottesurteile" in christlichen Ländern

"Das Gottesurteil mit dem glühenden Eisen oder mit heißem Wasser hat zwar zum Zweck die Enthüllung von etwas Verborgenem, was sündhaft ist, und vollzieht sich durch etwas, was vom Menschen aus geschieht; und darin kommt es überein mit dem Losen im allgemeinen. Jedoch wird da ein Wunder von Gott erwartet; und darin geht es über das Losen im allgemeinen hinaus. Dergleichen Urteile also sind unerlaubt; 1. weil sie den Zweck haben, über Verborgenes zu urteilen, was Gott allein zukommt; und 2. weil dergleichen Urteile nirgends von der göttlichen Autorität gebilligt worden sind. In dieser Beziehung erklärt Papst Stephan V. (2 Qq. 5. c. Consuluisti): „Durch glühendes Eisen oder heißes Wasser von jemandem ein Bekenntnis erpressen, dies billigen die heiligen Kanones nicht; und was durch Bestimmung der heiligen Väter nicht angeordnet ist, das soll man in abergläubische Gesinnung zu erfinden und zu tun nicht sich vermessen. Unserer Verwaltung ist es wohl erlaubt, zu urteilen auf freiwilliges Bekenntnis hin oder nachdem durch die Aussage der Zeugen das Vergehen öffentlich geworden ist; das Verborgene aber und Unbekannte ist jenem zu überlassen, der allein kennt die Herzen der Menschenkinder.“ Und dasselbe scheint von den Duellen zu gelten. Jedoch treten dieselben der gewöhnlichen Auffassung des Losens näher, weil da keine einem Wunder ähnliche Wirkung erwartet wird; es müssten denn die beiden Duellanten an Kräften oder an Kunst im Kämpfen sehr ungleich sein." - Thomas von Aquin, II-II, q 95 

33. Wissenschaft erwerben ist gut; aber nicht auf ungehörige Weise (acquirere scientiam bonum est, sed acquirere eam modo indebito non est bonum); Gebräuche der „ars notoria“

Deut. 18.: „In deiner Mitte soll sich nicht finden, wer bei den Toten die Wahrheit sucht;“ weil ein solches Suchen sich auf den Beistand der Dämonen stützt. Durch die Gebräuche der ars notoria aber sucht man die Kenntnis der Wahrheit vermittelst eines Übereinkommens mit den Dämonen. Die genannte Kunst, um zu großer Wissenschaft zu langen, ist unwirksam und unerlaubt: 1. Unerlaubt; denn man gebraucht Dinge, welchen an sich die Kraft nicht zukommt, Wissenschaft zu verursachen, wie z. B. das Anschauen gewisser Figuren und das Aussprechen gewisser unbekannter Worte u. dgl. Solcher Dinge also bedient man sich nicht als Ursachen, sondern als bloßer Zeichen; die jedoch nicht von Gott eingesetzt sind wie die sakramentalen Zeichen. Somit sind es leere, überflüssige Zeichen und gehören „zu den Übereinkommen mit den Dämonen, welche gewissen festgesetzten Zeichen den Bund ausdrücken.“ Danach muss man also diese Gebräuche und Formeln durchaus und in jeder Weise fliehen; wie auch ähnliche unnütze Künste und schädlichen Aberglauben. (Augustinus 2. de doctr. christ. c. 23.) Diese Kunst ist ferner gänzlich 2. unwirksam. Da man nämlich dabei die Erlernung nicht gemäß der natürlichen Art und Weise beabsichtigt, so kann man sie nur von Gott erwarten oder von den Dämonen. Nun flößte freilich manchen Gott die Weisheit und Wissenschaft in besonderer Weise, absehend von der Natur, ein; wie dem Salomo (3. Kön. 3.); und seinen Jüngern sagt der Herr (Luk. 21.): „Ich werde euch die Rede geben und die Weisheit, der nicht widerstehen werden können alle euere Gegner.“ Aber diese Gabe wird nicht jedem beliebigen verliehen und nicht mit Beobachtung gewisser Formeln und Gebräuche; sondern rein nach dem Belieben des heiligen Geistes; wie es 1. Kor, 12. heisst: „Dem einen wird durch den Geist die Rede der Weisheit gegeben… Dies Alles wirkt der eine selbe Geist, zuteilend einem jeden wie er will.“ Die Dämonen aber erleuchten nicht die Vernunft. (I. Kap. 109) Da nun die Erlangung der Wissenschaft und Weisheit durch die Erleuchtung der Vernunft geschieht, so hat noch niemals jemand durch die Dämonen Wissenschaft erlangt. Deshalb sagt Augustinus (10. de civ. Dei 9.): „Porphyrius bekennt selber, durch das Einwirken der Dämonen werde der vernünftige Geist in nichts von der Unkenntnis gereinigt, dass er nämlich geeigneter werde, Gott und die Wahrheit zu schauen.“ Nur einige wissenschaftliche Beweise könnten die Dämonen den Menschen wörtlich vorsprechen, ohne jedoch das Verständnis davon zu verursachen; das sucht aber die hier berührte ars notoria nicht. "Wissenschaft erwerben ist gut; aber nicht auf ungehörige Weise." [144]

"Ich antworte, wenn gewisse Zeichen oder Handlungen ihrer Natur nach gewisse Wirkungen hervorbringen können, so sei in deren Anwendung kein Aberglaube. Wenn sie aber ihrer Natur nach dergleichen Wirkungen nicht hervorbringen können, so werden sie auch nicht als Ursachen angewandt, sondern als reine Zeichen; und gehören dann mit zu den Übereinkommen mit den Dämonen, die auf Zeichen beruhen. Deshalb sagt Augustinus (21. civ. Dei 6.): „Angelockt werden die Dämonen durch Kreaturen, die nicht sie, sondern Gott gemacht hat; es sind dies gemäß der Verschiedenheit Dämonen verschiedene Dinge, welche für die Dämonen ergötzlich sind; nicht wie für die Tiere die Speise, sondern wie Zeichen gefallen sie einem jeden von ihnen; wie z. B. verschiedene Arten Steine, Kräuter, Hölzer, Tiere, Gedichte, Riten.“ Dinge gemäß den bei ihnen vorausgesetzten natürlichen Kräfte zu gebrauchen, ist nicht abergläubisch. Treten aber dazu fremde Namen oder eigentümliche Figuren oder sonst eitle Formeln, die offenbar ihrer Natur nach keine Wirkung haben, so ist dies abergläubisch und unerlaubt. Die natürlichen Kräfte der natürlichen Körper folgen den Wesensformen derselben und zur Hervorbringung dieser Wesensformen wirkt mit das Licht der Himmelskörper; sonach erhalten sie auch kraft dieser letzter einzelne wirksame Kräfte. Die Formen der künstlich hergestellten Körper aber gehen von der Auffassung des Künstlers aus. Und da sie deshalb (nach 1. Phys.) nichts Anderes sind als Zusammensetzung, Ordnung, Formung von Elementen, die von Natur bereits bestehen; so können sie von sich aus als reine Ergebnisse der Kunst keine weitere natürliche Kraft, um zu wirken, besitzen. Also nur nach ihren natürlichen Bestandteilen können sie unter dem linflusse der Himmelskörper eine deren Wesensform entsprechende Kraft erhalten; nicht als Kunstprodukte. Falsch ist demnach, was Porphyrius annahm (Augustinus. de civ. Dei 11; 21, 6.), „dass mit Hilfe von Kräutern, Steinen, Tieren, bei gewissen Tönen, Gesängen, Tänzen, Worten, unter Beobachtung der Bewegungen der Himmelskörper und gewisser Sternbilder Gegenstände hier von den Menschen hergestellt werden können, welche gewaltig genug sind, um die nämlichen Wirkungen hervorzubringen, welche sonst aus den Sternen sich ergeben“ als ob nämlich die Wirkungen der magischen Künste von der Natur der Himmelskörper käme. „Dies Alles,“ fügt Augustinus hinzu, „kommt von den Dämonen, welche mit den ihnen unterwürfigen Seelen ihren Spott treiben.“ Also auch jene sogenannten astrologischen Bilder leiten ihre Wirksamkeit von den Dämonen her. Und das Zeichen davon ist, dass man zu ihnen noch gewisse Charaktere, Worte oder Figuren, beischreiben muss, welche ja ihrer Natur nach zu keiner Wirkung mithelfen können, da die Figur an und für sich kein Prinzip der Tätigkeit ist. "Darin aber unterscheiden sich die astrologischen Bilder von denen der schwarzen Kunst, dass in letzteren ausdrücklich Anrufungen der Dämonen stattfinden; während bei den astrologischen die Übereinkunft mit den Dämonen eine stillschweigende ist und nur in gewissen Abzeichen, Figuren u. dgl. besteht. Gott hat die Vollgewalt über die Dämonen. Er allein kann sie gebrauchen, wozu er will. Das ist bei den Menschen nicht der Fall. Sie sollen impfen gegen die Dämonen; und nicht ihren Beistand beanspruchen." [145]

„Manche tragen einen Teil des Evangeliums aufgeschrieben um den Hals. Aber wird nicht täglich das Evangelium vorgelesen und von allen gehört? Wem also die Worte des Evangeliums, wie sie in sein Ohr drinnen, nichts nützen; wie können sie ihm zum Heile sein, wenn er sie um seinen Hals trägt? Ferner, wo liegt denn die Kraft des Evangeliums? In der Figur der Buchstaben oder im Verständnisse des Sinnes? Wenn in der Figur, dann thust du gut, die Buchstaben um den Hals zu tragen; wenn sie aber nur als eingeprägt in das Herz nützen, dann betrachte sie tief!“ - Chrysostomus, hom. 43. in Matth. op. imp.

"In allen solchen Gesängen und Schriften muss man sich vor zweierlei hüten: 1. dass nichts geschrieben sei, was auf das Anrufen der Dämonen sich bezieht und demgemäß, dass keine unbekannten Namen und Ausdrücke dastehen; weshalb Chrysostomus sagt: „Wie einst die Pharisäer den Saum ihrer Gewänder verlängerten, so gibt es jetzt viele, welche sich hebräische Namen von Engeln bilden, sie aufschreiben und sie sich anbinden; weil sie denen, die sie nicht kennen, als furchtbar vorkommen;“ auch muss man darauf sehen, dass nichts Falsches geschrieben sei, weil man sonst vom Gotte der Wahrheit keine Wirkung erwarten kann;  2. dass keine besonderen Figuren, Zeichen etc. mit dabei geschrieben seien ausser dem Zeichen des Kreuzes. Zudem muss man seine Zuversicht nicht setzen auf die bestimmte Weise des Schreibens oder des Anbindens oder dergleichen unnützen Dingen, dies wäre abergläubisch; sonst ist es erlaubt. Deshalb sagt die Dekretale (26 Qq. 5. cap. Non liceat): „Beim Sammeln von Kräutern, die der Heilkunde dienen, soll man nicht auf leere Formeln und gewisse Gesänge achtgeben; man solle nur den Glauben und das Vaterunser beten, damit allein Gott, der Schöpfer des All, geehrt werde.“  Auch das Sprechen von Worten der heiligen Schrift, soweit damit abergläubische Gebräuche verbunden werden, ist unerlaubt. Auch mit Bezug auf Tiere, wenn nur auf die göttliche Kraft und die heiligen Worte gesehen wird, kann man letztere anwenden. Meistenteils aber haben solche Gesänge u. dgl. in ihrer Begleitung unerlaubte Formeln und Gebräuche, welche kraft der Dämonen ihre Wirkungen zur Folge haben. Das Gleiche gilt von Reliquien. Werden sie im Vertrauen auf Gott und die Heiligen getragen, so ist das erlaubt. Wird aber dabei auf anderes Unnützes gesehen, z. B. dass das Reliquiar ein Dreieck sei, so ist es unerlaubt und abergläubisch." - Thomas von Aquin, II-II, q 96

"Die heilige Agatha aber hatte die göttliche Barmherzigkeit bereits an sich erfahren, dass sie entweder keine Krankheiten hatte, um derentwillen sie körperliche Medizin bedurft hätte oder dass sie alsbald die Wirkung der göttlichen Heilkraft fühlte." - Thomas von Aquin, II-II, q 97

"Zweck der Religion oder Gottesverehrung sei Gott Ehrfurcht darbringen. Alles Jenes also, was der Ehrfurcht vor Gott direkt ermangelt, steht im Gegensatze zur Tugend der Religion. Jemanden aber in genannter Weise versuchen, schliesst offenbar einen Mangel an Ehrfurcht diesem gegenüber ein. Denn niemand versucht oder erprobt jemanden, an dessen Vorzügen er nicht zweifelt. Also ist Gott versuchen offenbar der Gottesverehrung entgegengesetzt. Zur Tugend der Gottesverehrung gehört es, den Glauben zu bekennen durch solche Zeichen, welche Ehrfurcht vor Gott ausdrücken. Also steht es zur Gottesverehrung im Gegensatze, wenn jemand infolge der Ungewissheit im Glauben Manches tut, was der Ehrfurcht vor Gott ermangelt; und derartig ist es: Gott versuchen." Ib.

"Ich antworte, unter den Sünden gegen die Religion sei jene um so schwerer, die mehr zu der Gott geschuldeten Ehrfurcht im Gegensatze steht. Derselben steht aber in minderem Grade jener gegenüber, der am göttlichen Vorrange zweifelt, als jener, der denselben mit Sicherheit leugnet. Denn wie in höherem Grade ungläubig ist, der an seinem Irrtume hartnäckig festhält, als derjenige, welcher an der Wahrheit des Glaubens zweifelt; so versündigt sich in höherem Grade gegen die Gott geschuldete Ehrfurcht, der durch seine Tat das Gegenteil bekennt, als jener, der durch seine Tat nur seinen Zweifel dartut. Der Aberglaube nun ist ein Bekenntnis des hartnäckig festgehaltenen Irrtums; Gott versuchen bekennt nur den Zweifel am göttlichen Vorrange. Also ist Aberglaube eine schwerere Sünde." Ib.
 

34. Gottesraub, Sakrileg (sacrilegium)

"Wie aber etwas, was zum Guten dient, dadurch den Charakter des Guten erhält; so erhält etwas dadurch dass es dem Kulte Gottes dient, gewissermaßen den Charakter des Göttlichen. Und deshalb gebührt demselben Ehrfurcht und Achtung, die freilich auf Gott sich bezieht. Was also zur Missachtung heiliger Sachen gehört, das ist eine Beleidigung Gottes und hat den Charakter des Sakrilegs oder Gottesraubes. Das christliche Volk ist durch den Glauben und die Sakramente Christi geheiligt; nach 1. Kor. 6.: „Aber abgewaschen seid ihr, geheiligt seid ihr.“ Und Petrus (1. 2, 9.): „Ihr seid ein ausgewähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk, welches erworben worden.“ Deshalb gereicht es dem christlichen Volke zur Schande, dass Ungläubige ihm als Obrigkeit vorgesetzt werden; und es ist dies ein Mangel an Ehrfurcht vor einer heiligen Sache und wird mit Recht als Sakrileg bezeichnet." - Thomas von Aquin, II-II, q 99
Thomas schreibt: "Was also zur Missachtung heiliger Sachen gehört, das ist eine Beleidigung Gottes und hat den Charakter des Sakrilegs oder Gottesraubes. Das christliche Volk ist durch den Glauben und die Sakramente Christi geheiligt." Ausserdem "gereicht es dem christlichen Volke zur Schande, dass Ungläubige ihm als Obrigkeit vorgesetzt werden; und es ist dies ein Mangel an Ehrfurcht vor einer heiligen Sache und wird mit Recht als Sakrileg bezeichnet." Insofern muss man den Muslimen in allen Ländern, in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, die Regierung stellen und Christen unterdrücken, "Mangel an Ehrfurcht vor einer heiligen Sache" vorwerfen, was dann mit Recht als Sakrileg bezeichnet wird. Ganz zu schweigen von dem Gottesraub, den die Muslime begehen, wenn sie chrislich-jüdische Heiligtümer besetzen und verunehren wie den Felsendom in Jerusalem oder christliche Kirchen schänden wie die Türken es mit vielen Kirchen und Klöstern sowie der Hagia Sophia getan haben.  [146]

Wo ein spezieller Grund für die Hässlichkeit einer Sünde ist, da müsse auch eine spezielle Sünde angenommen werden. Im Gottesraube aber besteht ein solcher spezieller Grund für die Hässlichkeit der Sünde; nämlich die Verunehrung einer gottgeweihten Sache. Also ist er eine spezielle Sünde. Denn wie nach Damascenus (4. de orth. fide 3.) "handelt auch jener, der eine heilige Sache verletzt, eben deshalb gegen die Gott geschuldete Ehrfurcht und sündigt so durch Irreligiosität.“ Von jenen heisst es, sie begingen einen Gottesraub an der Heiligkeit des Gesetzes, welche, wie die Häretiker und Gotteslästerer, das göttliche Gesetz selber an sich betrachtet bekämpfen. Weil sie nun Gott nicht glauben, haben sie die Sünde des Unglaubens; weil sie die Worte des Gesetzes verkehren, haben sie die Sünde des Gottesraubes. Eine spezielle Sünde kann in mehreren Arten Sünde sich finden, insoweit mehrere Sünden auf den Zweck einer einzigen bezogen werden; wie dies auch bei den Tugenden sich findet, von denen eine mehreren befiehlt. Und so begeht jemand, in welcher „Art“ von Sünden auch immer er sich gegen die Ehrfurcht vor heiligen Sachen verfehlt, immer formal die Sünde des Gottesraubes und die anderen Sünden dienen dieser. [147]

Je nach dem Grade der Heiligkeit in solch geheiligten Sachen also, denen gegenüber ein Mangel an Ehrfurcht besteht, müssen im Gottesraube verschiedene Gattungen unterschieden werden. Denn um so größer ist der Gottesraub, je höhere Heiligung der betreffenden Sache zu teil geworden, die da verunehrt wird. Nun kommt Heiligung zu 1. den geheiligten Personen, d. h. jenen, die dem Kulte Gottes gewidmet sind;  2. den heiligen Orten;  3. den sonstigen heiligen Gegenständen. Da aber die Heiligkeit des Ortes wegen der Heiligkeit des Menschen da ist, der in diesem Orte Gott den Kult darbringt, denn „nicht wegen des Ortes hat Gott das Volk, sondern den Ort wegen des Volkes erwählt;“ so ist jene Sünde schwerer, welche gegen eine geheiligte Person begangen wird als die gegen einen heiligen Ort verübte. Und auf beiden Seiten hat dann der Gottesraub wieder verschiedene Grade der niedrigeren oder höheren Würde des Ortes und der Person. Unter den übrigen heiligen Sachen stehen nun an der Spitze die Sakramente selber; und unter diesen ist das erste die heilige Eucharistie, welche Christum selber enthält. Der Gottesraub also, der sich gegen dieses Sakrament richtet, ist der schwerwiegendste von allen. Nach den Sakramenten kommen dann die heiligen Gefäße, die den Sakramenten dienen; die heiligen Bilder, die Reliquien der Heiligen, in denen die Personen dieser Heiligen selbst gleichsam geehrt oder verunehrt werden; dann was zum Schmucke der Kirchen und der Diener des Kultus gehört; und endlich für den Unterhalt der letzteren bestimmt ist, seien dies bewegliche oder unbewegliche Dinge. Wer gegen eines von diesen Dingen sich vergeht, sündigt durch einen Gottesraub. Nicht ist in den vorgenannten Dingen immer der nämliche maßgebend bestimmende Grund der Heiligung; also ist der Unterschied der heiligen Dinge ein formaler. Zwei Dinge können nach der einen Seite hin zu einer Gattung gehören und nach einer anderen Seite hin zu einer anderen; wie z. B. Sokrates und Plato übereinkommen in der Gattung des Sinnbegabten und sind verschieden in der Gattung des Farbigen, wenn der eine schwarz, der andere weiß ist. Und so können gemäß dem materialen Inhalte zwei Sünden in ihrem Wesenscharakter verschieden sein; aber übereinkommen in der formalen Beziehung des Gottesraubes wie wenn jemand eine gottgeweihte Jungfrau geschlagen und verletzt hat. Jede Sünde, die von einer gottgeheiligten Person begangen wird, ist im materialen Sinne, insoweit zu ihrem Wesenscharakter der Umstand hinzutritt, dass eine solche Person sie begeht, ein Gottesraub. Deshalb sagt Hieronymus/Bernardus (2. de consideratione c. 11.): „Schwätzereien im Munde eines Priesters sind nicht mehr bloßes Geschwätz, sondern Lästerung.“ [148]
 

35. Simonie (simonia), Jakob und Esau

Eine Handlung ist in ihrer ganzen „Art“ schlecht wenn ihr Gegenstand ein ungehöriger ist. (I- II. Kap. 18) Gegendstand des Kaufens oder Verkaufens aber zu sein, ist für eine geistige Sache ungehörig aus drei Gründen: 1. Nichts Geistiges kann in einem zeitlichen Preise seinen vollentsprechenden Wert finden;  2. Der Kirchenvorsteher ist nicht Herr der geistigen Dinge, sondern nur deren Verwalter, nach 1. Kor. 4.: „So erachte uns der Mensch wie Diener Christi und wie Verwalter der Geheimnisse Gottes;“ also kann er nicht verkaufen, was er nicht besitzt. 3. Solcher Verkauf widerspricht dem Ursprünge der geistigen Güter; denn „umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet,“ sagt der Herr. (Matth. 10.) ,Wer also eine geistige Sache kauft oder verkauft, der sündigt durch Mangel an Ehrfurcht vor Gott; und somit sündigt er gegen die Tugend der Gottesverehrung. Wie die Tugend der Gottesverehrung oder Religion in einem Bekenntnisse des Glaubens besteht, den man jedoch manchmal nicht im Herzen hat, so enthalten die dieser Tugend entgegengesetzten Sünden ein Bekenntnis des Unglaubens nach aussen hin, während der Unglaube selbst manchmal nicht im Herzen ist. Also nach dem äusseren Werke wird die Simonie als Häresie bezeichnet, weil jener, der eine Gabe des heiligen Geistes verkauft, damit gleichsam bekennt, er sei Herr und Meister dieser Gabe, was häretisch ist. Simon Magus aber wollte nicht nur Geistiges von den Aposteln kaufen; sondern er lehrte auch, die Welt sei nicht von Gott geschaffen, sondern von einer gewissen höheren Gewalt, und manches Andere, nach Isidor. (8 Etymol. 5.) Deshalb wird er unter den Häretikern aufgezählt. (Vgl. Augustinus, de hearesibus, haer. 1.) Die Gerechtigkeit und alle damit zusammenhängenden Tugenden, also auch die entgegenstehenden Laster sind im Willen. Somit wird in der Definition hier mit Recht gesetzt: „ist der Wille“. Es wird hinzugefügt „vollbewusst“, um die freie Wahl auszudrücken, welche vorzugsweise etwas zu einer Tugend oder zu einer Sünde macht. Nicht aber jeder, welcher aus freier Wahl sündigt, verfehlt sich gegen den heiligen Geist; sondern nur derjenige, welcher die Sünde als solche zum Gegenstande seiner Wahl macht, nicht das sündhafte Gut; und der dem gemäß alles das verachtet, was die Menschen vom Sündigen zurückhält. Das Reich Gottes wird „gekauft“ im weiteren Sinne gesagt für: „es wird verdient“. Da besteht nicht der vollkommene Wesenscharakter des Kaufens. Denn 1. „sind die Leiden dieser Zeit (womit doch das Himmelreich verdient wird) nicht wert der künftigen Herrlichkeit, die in uns wird enthüllt werden“ (Röm. 8.), also es ist da nichts ex condigno; und 2. besteht das Verdienst nicht in äusserlichen Dingen und Handlungen, sondern in der inneren Liebe. Simon Magus wollte die geistige Gewalt kaufen, damit er sie nachher wiederverkaufen könnte. Und sind jene, die Geistiges verkaufen, dem Simon gleichförmig in der Absicht; die Geistiges kaufen, im Tätigsein. Die ersteren aber gleichen im Tätigsein dem Ghiezi, der da (2. Kön. 5.) Geld nahm von jenem Aussätzigen, welchen Elisäus wunderbar geheilt hatte. Deshalb werden Simonisten auch Ghieziten genannt. Kaufen und Verkaufen will jeden Kontrakt in sich einschließen, der auf beiden Seiten Lasten auflegt. Also auch das Vertauschen von Präbenden und Benefizien und alles Ahnliche ist untersagt. Wie die Seele für sich allein lebt, der Körper aber kraft der Vereinigung mit der Seele; so gibt es Geistiges für sich allein, wie die Sakramente und Ähnliches; und andere Dinge werden geistige genannt, weil sie mit diesen verbunden sind. "Der Papst kann wie jeder andere durch Simonie sündigen; und seine Sünde ist dann um so größer, je höher er in der Würde steht. Denn auch er ist nicht Herr und Meister der kirchlichen Dinge, sondern nur Verwalter, wenn auch der hauptsächliche. Empfängt er also für eine geistige Sache Geld aus den Einkünften einer Kirche oder empfängt er von einem Laien Geld, damit dieser Kirchengüter in Verwaltung nehme; so wäre dies Simonie." [149]

Die Sakramente des Neuen Bundes sind im höchsten Grade geistig; denn sie sind Ursache geistiger Gnade, welche mit keinem Preise erkauft werden kann. Also widerstreitet es dem Wesen der Sakramente, dass sie nicht umsonst, sondern um Geld gespendet werden. Die Sakramente werden aber durch die Diener der Kirche verwaltet, welchen das Volk den Lebensunterhalt schuldet, nach 1. Kor. 9.: „Wisst ihr nicht dass, die dem Altar dienen, vom Altar leben?“ Geld also annehmen für die geistige Gnade der Sakramente ist das Verbrechen der Simonie; und keine Gewohnheit kann dagegen rechtlich aufkommen, denn keine Gewohnheit kann rechtlich gegen das Natur- und das göttliche Gesetz sich richten. Unter Geld nun wird Alles verstanden, was Geldwert hat. (4 Eth. 1.) Geld aber annehmen und dergleichen für den Lebensunterhalt und zwar nach den Bestimmungen und Anordnungen der Kirche, ist dem Diener des Altars erlaubt. Denn es ist dies kein Lohn für das Spenden des Sakramentes, sondern ein Beitrag zum notwendigen Lebensunterhalte. Deshalb sagt Augustinus (de pastorib. 2.): „Mögen sie annehmen das Notwendige für das Leben vom Volke, den Lohn ihre Verwaltung vom Herrn.“ [150]

Wie die Sakramente, so wird manches Andere als geistig bezeichnet, weil es zur geistigen Gnade vorbereitet oder aus ihr hervorflließt; was jedoch durch den Dienst der Menschen dargeboten wird. Verkaufen also das, was in den entsprechenden Handlungen an geistigem Inhalte sich findet, ist Simonie. Da aber „niemand auf eigene Kosten Kriegsdienste leistet … und wer die Herde weidet, von der Milch der Herde sich nährt,“ so ist es den Dienern der Kirche erlaubt, zum Lebensunterhalte gemäß Anordnungen der Kirche, etwas Zeitliches anzunehmen; so freilich, dass jede Absicht von Kauf und Verkauf des Geistigen fernbleibe und dass widerwilligen nichts abgenötigt werde durch die Entziehung des Geistigen; was zu sehr dem Verkaufen ähnlich sein möchte. Die höhere Obrigkeit kann, wenn das Geistige umsonst geleistet ist, von den widerwilligen, die aber zahlungsfähig sind, die festgesetzten Gaben und Einkünfte gesetzlich einfordern. Die falschen Propheten machten Gelderwerb aus der vorgegebenen Prophetengabe; die wahren nahmen das freiwillig Dargebotene zu ihrem Lebensunterhalte. Die den armen etwas geben, damit diese für sie beten, wollen damit nicht das Gebet kaufen; sondern durch ihre Wohltätigkeit das Gemüt der armen erregen, damit diese von freien Stücken und aus heiliger Liebe für sie beten. Was den Predigern gegeben wird, dient zu deren Unterhalt; nicht dazu, die Predigt zu kaufen. Deshalb sagt Augustinus (de pastorib. 8.):„Bedürfnis ist es, anzunehmen, wovon man lebt; Liebe ist es, es zugeben; nicht aber käuflich ist das Evangelium, das wegen dieser Gaben etwa gepredigt würde; verkaufen sie so das göttliche Wort, so verkaufen sie eine wertvolle Sache um feilen Preis.“ Ebenso dient denen, die das Lob Gottes in der Kirche singen für die Lebenden und Verstorbenen, was gegeben wird als Beitrag zum Lebensunterhalte; dasselbe gilt von Prozessionen, Begräbnissen. Tritt in allem diesem ein Übereinkommen dazwischen, dass man es nicht tun würde ohne Bezahlung, oder die Absicht des Kaufens und Verkaufens von Geistigem, so ist dies Simonie. Also wäre die Anordnung in einer Kirche z. B. unerlaubt, dass niemand feierlich begraben würde, wenn er nicht so und so viel zahlte; denn eine solche Anordnung würde dies ausschließen, dass man andere umsonst feierlich begräbt. Man könnte aber anordnen, alle, die ein bestimmtes Almosen geben, würden feierlich begraben; denn damit ist nicht gesagt, dass man dieselbe Ehre nicht anderen erweist. Zudem hat die erstere Anordnung den Schein der Erpressung;die zweite den einer freiwilligen Entgeltung. Wem eine geistige Gewalt anvertraut wird, der ist infolge seines Amtes verpflichtet, diese seine Gewalt auszuüben; und für seinen Lebensunterhalt sind ihm Einkünfte seitens der betreffenden Kirche zugewiesen. Nimmt er also etwas für den Gebrauch der geistigen Gewalt, so versteht man darunter nicht, dass er seine Müheverwaltung vermietet, die er bereits ja aufwenden muss infolge seines Amtes; sondern dass er die Spendung der geistigen Gnade selber verkauft. Demnach dürfen solche für keine Amtshandlung etwas annehmen; ebenso nicht dafür, dass sie andere mit dem ihrem Amte Zukommenden beauftragen. Wer aber Wissenschaft besitzt oder Ähnliches und damit kein Amt hat, welches ihm den Gebrauch und die Anwendung seiner Wissenschaft zur Pflicht macht; der kann rechtlich seine Mühewaltung vermieten. Damit verkauft er nicht das geistige Wissen, sondern nur seine Mühe im einzelnen besonderen Falle. Verpflichtet ihn aber schon sein Amt zu diesem Gebrauche der Wissenschaft, so würde er schwer sündigen, wenn er noch Geld für diesen selben Gebrauch nähme; er würde dann die Wahrheit verkaufen wollen. Sind also Personen in den Kirchen z. B. angestellt, um die jungen Kleriker oder um arme zu unterrichten und werden sie dafür von der Kirche bezahlt, so ist es ihnen nicht erlaubt, noch besonders von diesen etwas zu nehmen, damit sie dieselben unterrichten. Für den Eintritt ins Kloster darf man nichts nehmen als Preis dafür. Ist aber das Kloster arm, so dass es nicht genügt, um so viele Personen zu unterhalten; so darf man etwas nehmen für den Lebensuntelhalt der Person, die eintreten will. Auch ist es erlaubt, jemanden, der auf Grund frommer Zuneigung zu selbem freigebig Almosen dem Kloster gibt, leichter aufzunehmen; wie man auch jemanden umgekehrt durch zeitliche Wohltaten zur Zuneigung zum Kloster anregen darf, damit er geneigt werde, in dasselbe einzutreten. Aber es darf kein Übereinkommen stattfinden, dass man für den Eintritt in ein Kloster etwas gibt oder nimmt.  [151]

I doppelter Weise kann etwas mit dem Geistigen verbunden sein: 1. wie etwas daraus Folgendes, wie z. B. die Tatsache dass man kirchliche Benefizien besitzt, mit dem Geistigen verbunden ist, weil dies nur dem gebührt, der ein klerikales Amt hat; dergleichen also kann niemals ohne das Geistige sein; und deshalb ist es nie erlaubt, Solches zu verkaufen, denn damit ist notwendig besagt, auch das Geistige sei mit verkauft;  2. wie etwas zum Geistigen Beziehung Habendes, selbem Dienendes; z. B. das Patronatsrecht, was den Zweck hat, Kleriker zu Ämtern zu präsentieren; oder wie die heiligen Gefäße, die dem Spenden der Sakramente dienen. Dies Letztere also setzt die geistigen Ämter, das rein Geistige, nicht voraus, sondern geht ihm vielmehr vorher. Dergleichen kann in gewissen Fällen verkauft werden. Alles Zeitliche hat das Geistige zum Zwecke. Sonach kann man wohl alle zeitlichen Dinge verkaufen; aber nicht ihre Beziehung zum letzten Endzwecke. Auch die heiligen Gefäße gehören zum Geistigen wie zum Zwecke; und somit darf man ihre Weihe oder Konsekration nicht verkaufen. Ihr Stoff aber darf auf Grund der Bedürfnisse der Kirchen und der armen verkauft werden, wenn man sie nur vorher nach vorausgeschicktem Gebete zerbricht; denn nachdem sie zerbrochen sind, wird der Rest nur als Metall betrachtet. Würden also aus diesem Metalle wieder ähnliche Gefäße gemacht, so müssten sie wieder konsekriert werden. Von jener Doppelhöhle wird nicht berichtet, dass sie geweiht gewesen wäre. Abraham also tat dasselbe, was wir jetzt tun würden, wenn wir einen Platz kaufen, damit daraus ein Begräbnisplatz werde oder eine Kirche da gebaut würde. Weil jedoch bei den Heiden die Begräbnisplätze für heilig galten, so sündigte Ephron, falls er für diesen Platz als für einen Begräbnisplatz den Preis forderte; dagegen sündigte Abraham nicht, weil er nur beabsichtigte einen wie immer beschaffenen Platz zu kaufen. Denn auch jetzt ist es gestattet, einen Platz, wo früher eine Kirche stand, zu kaufen oder zu verkaufen im Notfalle; wie dies eben über den Stoff der heiligen Gefäße gesagt worden ist. Oder Abraham wird entschuldigt, weil er damil sich von aller Belästigung loskaufte. Denn obgleich Ephron ihm das Begräbnis umsonst darbot, erwog doch Abraham, dass er dies, ohne anzustoßen, nicht annehmen konnte. "Dem Jakob gebührte das Recht der Erstgeburt gemäß göttlicher Gnadenwahl, nach Malach. 1, 2.: „Jakob habe ich geliebt; Esau aber gehasst.“ Jakob hat daher im Ankaufe nicht gesündigt, weil er sich dadurch nur von aller Belästigung loskaufte; Esau aber sündigte, weil er das Erstgeburtsrecht verkaufte. Das Patronatsrecht kann für sich allein weder verkauft noch verpachtet werden; es geht zugleich mit dem Besitze des betreffenden Grund und Bodens auf einen anderen über. Das geistige Recht aber, die Zehnten zu empfangen, wird den Laien nicht bewilligt, sondern nur die betreffenden materiellen Früchte. Wenn der Bischof endlich, ehe er ein Benefizium überträgt, aus irgend einem Grunde bestimmt, es sei von den Einkünften etwas abzuziehen und zu frommen Zwecken zu verwenden; so ist dies nicht unerlaubt; verlangt er etwas für seine Person, so ist das ein Geschenk und somit Simonie."  [152]

Unter „Geld“ wird Alles verstanden, was mit Geld bezahlt werden kann. Die Dienstleistungen eines Menschen dienen aber offenbar einem Nutzen, der mit Geldwert geschätzt werden kann; weshalb ja auch um Geld Diener gemietet werden. Also ist das ganz gleich, ob jemand eine geistige Sache um Geld gibt oder für eine Dienstleistung, die mit Geld abgeschätzt werden kann. Ähnlich dass jemand den Bitten eines anderen nachgibt, damit er eine zeitliche Gunst erlange, hat zum Zwecke einen mit Geld abzuschätzenden Nutzen. Also wird auch auf diese Weise (a lingua vel ab obsequio) Simonie getrieben. Wenn jemand einem Kirchenoberen kirchlichen Nutzen leistet in der Verwaltung der kirchlichen Dinge, so wird er gerade dadurch geeignet, ein Kirchenamt zu bekleiden, ebenso wie durch andere gute Werke. So ist das obsequium hier nicht zu verstehen; sondern z. B. dahin, dass er in Familienangelegenheiten dem Oberen oder dessen Verwandten geholfen hat. Ein kirchliches Benefizium seinem blutsverwandten oder aus fleischlicher Zuneigung zu verleihen, ist fleischlich und weltlich, aber nicht Simonie; denn es wird da nichts als Entgelt gegeben. Wird aber ein Benefizium jemandem verliehen in der Absicht oder mit dem Übereinkommen, dass infolgedessen für die verwandten gesorgt werde, so wäre das offenbare Simonie. „Lob“, was mit Geld abgewogen werden kann, oder „Bitten“,auf Grund deren zeitliche Gunst erlangt wird oder man zeitliche Missgunst vermeidet, bilden das munus a lingua. Und wer sich dadurch in erster Linie bewegen lässt, der begeht Simonie. Es lässt sich aber der betreffende Obere dem Anscheine nach in leitender Weise dann bestimmen, wenn er Bitten für einen gänzlich unwürdigen erhört; und ist deshalb die Tatsache der Übertragung einer Pfründe in diesem Falle Simonie. Werden die Bitten für einen würdigen dargebracht, so ist die Tatsache der Übertragung einer Pfründe nicht Simonie; denn es besteht eine gebührende Ursache für selbe. Aber die Absicht kann simonistisch sein, wenn man auf zeitliche Gunst acht giebt. Bittet aber jemand für sich selbst, so stellt er sich dadurch selber als unwürdig hin. Nur eine Pfründe ohne Seelsorge kann jemand erlaubterweise für sich erbitten. Der Heuchler gibt nichts Geistiges als Entgelt für das Lob. Also ist da keine Simonie.  [153]
 

36. Ehrerbietigkeit (dulia) und Anbetung (latria), Der Glaube Christi als das Prinzip und die Ursache der Gerechtigkeit

Etwas Anderes ist Gott geschuldet als dem Herrn des All, der da Vollgewalt hat über alle Kreatur; und etwas Anderes ist dem Menschen geschuldet, der nur in gewisser Weise teilhat an der göttlichen Gewalt, insoweit er einen anderen Menschen oder eine andere Kreatur leitet. Also ist die dulia oder Ehrerbietigkeit, welche gebührenden Dienst dem Menschen gegenüber leistet, eine andere Tugend wie die latria oder die Anbetung, die Gott den gebührenden Dienst leistet. Und zwar ist diese dulia eine Art Hochachtung. Denn durch letztere ehren wir höhere Personen im allgemeinen. Wie die „Religion“ eine hervorragende „Pietät“ ist, insofern Gott als Vater von Allem betrachtet wird; so ist im hervorragenden Sinne die Anbetung Ehrerbietigkeit, denn Gott ist der Herr Aller. Die Kreatur aber nimmt nicht teil an der Macht, zu schaffen, kraft deren Gott Anbetung gezollt wird. Und danach wird Gott die latria, zugeteilt als dem Schöpfer. Gott ist der maßgebende Grund für die Nächstenliebe. Und somit umfasst die eine heilige Liebe Gott und den Nächsten. Ein anderer maßgebender Grund besteht aber dafür, Gott zu dienen; und ein anderer dafür, einem Menschen zu dienen. So sind auch ausser der heiligen Liebe noch andere Freundschaften unter den Menschen, auf denen andere Tugenden beruhen. Inwieweit etwas präzis Bild ist, bezieht sich die Bewegung auf das durch das Bild Vorgestellte. Nicht aber jede Bewegung richtet sich auf das Bild, inwieweit es präzis Bild ist. Und so ist es manchmal eine andere Bewegung, die auf das Bild, und eine andere, die auf das Urbild geht. Die dulia oder Ehrerbietigkeit also richtet sich schlechthin, abgesehen von allem Anderen, auf eine Würde im Menschen. Eine solche Würde ist zwar immer etwas Gott Ähnliches; aber der Mensch bezieht nicht immer die diesbezügliche Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, auf Gott als auf das Urbild. Oder es ist auch nicht erfordert, dass die Bewegung, welche auf das Urbild geht, zugleich auf das Abbild sich richtet. Und danach fließt die Ehre, welche jemand dem Menschen als einem Bilde Gottes erweist, auf Gott über. Eine andere Ehre ist es aber, die der Mensch Gott selber erweist; und diese fließt nicht auf die Kreatur über. [154] 
"Der Glaube Christi sei das Prinzip und die Ursache der Gerechtigkeit, nach Röm. 3.: „Die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben Jesu Christi.“ Durch den Glauben Christi also wird die Gerechtigkeit nicht weggenommen, sondern gekräftigt. Diese aber fordert, dass die niedrigeren den höheren gehorchen, denn anders könnte die menschliche Gesellschaft nicht bestehen. Also bildet der christliche Glaube keinen Grund, dass die Christen nicht den zeitlichen Gewalten gehorchten. Der Dienst des Menschen dem Menschen gegenüber geht den Leib an, nicht die Seele. Im Zustande der Gnade Christi, wie er jetzt ist, werden wir sonach befreit von den Mängeln der Seele, nicht von denen des Leibes; wie der Apostel selber sagt (Röm. 7.): „Mit dem Geiste diene ich dem Gesetze Gottes, mit dem Fleische dem Gesetze der Sünde.“ Wer also durch die Gnade Christi Kind Gottes wird, der ist frei von der geistigen Knechtschaft, von jener nämlich der Sünde; nicht aber von der körperlichen Knechtschaft, womit er irdischen Herren unterworfen ist; vgl. 1. Tim. 6. Das Alte Gesetz war das Bild und die Figur des Neuen Testamentes; also musste es aufhören, da letzteres kam. Das gilt aber nicht vom menschlichen Gesetze, kraft dessen der eine Mensch dem anderen dient; dazu ist der Mensch auch durch Gottes Willen verpflichtet. Nur soweit die Gerechtigkeit es erheischt, darf der Mensch den weltlichen Fürsten gehorchen. Ist das, was sie vorschreiben, etwas offenbar Unerlaubtes oder ist ihre Herrschaft eine angemaßte, so braucht man ihnen nicht zu gehorchen, ausser etwa ein Ärgernis zu vermeiden." - Thomas von Aquin, II-II, q 104
Weil muslimischen Ländern die "Ursache der Gerechtigkeit" fehlt, herrscht dort auch kein "Prinzip der Gerechtigkeit", was schon in der Erziehung verheerende Folgen hat. Nicht nur im Irak, auch in anderen nahöstlichen Ländern fließt neben dem ohnehin verfälschten islamischen Schulunterricht, zunehmend radikal-islamisches Gedankengut in Schulbücher und den Unterricht ein. So müssen die Schüler (auch Christen) in diesen Ländern im Fach Arabisch "Verse aus dem Koran als Prüfungsstoff deuten. Zuletzt wurde ein Gedichtvers präsentiert, der die Gewaltideologie der Terrormiliz 'Islamischer Staat' gegen die 'Ungläubigen' feiert: Lasst sie töten, ausser die kleinen Kinder und die Alten!" Wie weit die arabischen Staaten vom "Prinzip der Gerechtigkeit" entfernt sind, zeigt sich auch an Saudi-Arabien: Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Wach" spricht "von einer beispiellosen Unterdrückung der Frauenrechtsbewegung in Saudi-Arabien." Badawis Bruder, der Blogger Raif Badawi ist 2012 "wegen Beleidigung des Islams zu einer Gefängnisstrafe und 600 Peitschenhieben verurteilt worden. Die Strafe wurde nach den ersten 50 Peitschehieben ausgesetzt." In Sachen Ungerechtigkeit "hat Saudi-Arabien Zustimmung aus anderen arabischen Staaten bekommen. So erklärte in Abu Dhabi der Staatsminister im Aussenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate" die Emirate stünden an der Seite Saudi-Arabiens. Dass Muslime im Nahen Osten kaum ein Verständnis von Gerechtigkeit haben, zeigt sich daran, dass dort inoffiziell immer noch Sklavenhaltung geduldet wird. Die Kuweiterin Sondos Alqattan, der auf Instagram mehr als 2 Millionen Musliminnen folgen und ihren Schönheitstipps lauschen, was bei ihr hauptsächlich bedeutet, viel Schminke aufzutragen, sagte in einem Video auf Instagram: "Wie kann man ein Dienstmädchen zu Hause haben, das seinen Pass bei sich behält?" Sie fragt, wer es ihr erstatte, wenn die Angestellte weglaufe und zurück in ihr Heimatland reise. Noch schlimmer sei, "dass sie jede Woche einen Tag frei haben!" Rund 250 000 philippinische Hausangestellte gibt es allein in Kuweit. Der "Sklavenhalter" oder "Kafil (Bürge)" behält in der Regel "für die Dauer des Vertragsverhältnisses den Pass des Angestellten ein. Bei Vertragsende oder vorzeitiger Kündigung erfolgt die Abschiebung. Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Fälle von finanzieller Ausbeutung, körperlichem und seelischem Missbrauch an philippinischen Hausangestellten bekannt. Für Bestürzung sorgte der Fall der neunundzwanzig Jahre alten Joanna Daniela Demafelis, die von ihrem Arbeitgeber gefoltert und ermordet wurde. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte verhängte im vergangenen Februar für Philippiner, die in Kuweit arbeiten wollten, eine Ausgangssperre. Im Pril veröffentlichte das philippinische Aussenministerium ein Video, in dem Mitarbeiter der Botschaft ihre Landsleute vor kuweitischen Arbeitgebern in Sicherheit bringen." Kein Wunder, dass einige EU-Staaten wie Polen, ihr Land nicht mit Muslimen fluten wollen, sondern bei der Zuwanderung darauf achten, dass die Migranten aus christlichen Ländern kommen. Deshalb die Konzentation auf die philippinische Bevölkerung. Die Philippinos sind wie die Polen überwiegend katholisch und haben daher eine besondere "kulturelle Nähe" zu anderen christlichen Ländern. Der Arbeitsminister sagt, man wolle Kulturkämpfe vermeiden, die nicht nur die polnische Regierung bei zu vielen Einwanderern aus dem islamischen Kulturkreis befürchtet. Viele EU-Länder wollen sich wieder mit dem Christentum identifizieren, was sie auch durch das Keuz zum ausdruck bringen wollen, wie der Kreuzerlass in Bayern und Italien zeigt. Georg Gänswein, der Präfekt des Päpstlichen Hauses, hatte den bayrischen Kreuz-Erlass ausrücklich gelobt: "Es bewahrt den Staat vor der Versuchung, sich totalitär des Menschen zu bemächtigen."  [155] 
 

37. Wahrheit (veritas) und Gerechtigkeit (iustitia)

Die Wahrheit kann in doppeltem Sinne genommen werden: 1. insoweit kraft der ihm innewohnenden Wahrheit etwas als wahr bezeichnet wird; und danach ist die Wahrheit keine Tugend, sondern Gegenstand oder Zweck der Tugend; sie ist so nichts Anderes als die Gleichheit zwischen der Auffassung in der Vernunft und der Wirklichkeit oder zwischen der Sache und ihrer Regel;  2. insoweit jemand Wahres sagt und er danach als eine Person „wahrhaft“ genannt wird; und so ist die Wahrheit notwendig eine Tugend. Denn Wahres sagen ist eine gute Tätigkeit; und die Tugend ist ein Zustand, „der gut macht den, der sie hat, und sein Werk zu einem guten macht.“ Das aussprechen oder bekennen, was einen selber angeht so, wie es ist, das ist der „Art“ nach etwas Gutes. Aber dies genügt noch nicht zu einer Tugend; dazu sind auch die geeigneten Umstände erforderlich. "Und danach ist es fehlerhaft, wenn jemand ohne gebührende Ursache sich selbst lobt, auch wenn er bei der Wahrheit bleibt; und ebenso ist es fehlerhaft, wenn jemand seiner Sünden sich rühmt oder unnützerweise sie offenbar macht." [156] 

Ein Teil der Gerechtigkeit will besagen eine Tugend, welche mit der Gerechtigkeit verbunden erscheint; aber nicht deren vollendeten Wesenscharakter erreicht. Die Tugend der Wahrheit nun kommt 1. in zwei Dingen mit der Gerechtigkeit überein: einmal darin, dass sie auf einen anderen sich bezieht; denn das Offenbarmachen, was wir oben als einen Willensakt bezeichnet haben, bezieht sich auf einen anderen, insofern was ihn angeht der eine dem anderen offenbart; dann, insoweit der Gerechtigkeit wie der Wahrheit eine gewisse Gleichheit zukommt. Die Wahrheit erlangt aber 2. nicht den vollen Wesenscharakter der Gerechtigkeit mit Rücksicht auf das Geschuldete. Sie beachtet nämlich nicht das gesetzliche Geschuldete wie die Gerechtigkeit; sondern vielmehr eine moralische Schuld, da auf Grund der Wohlanständigkeit der eine dem anderen Wahrheit schuldet. Der Mensch ist von Natur aus zur Gesellschaft bestimmt. Also schuldet der eine dem anderen das, was der gesellschaftliche Charakter erfordert. Die Menschen aber könnten nicht zusammenleben, wenn sie nicht gegenseitig einander glaubten; nämlich dass der eine dem anderen die Wahrheit offenbart. Also in dieser Weise findet sich in der Wahrheit in etwa der Charakter des Geschuldeten. Die Wahrheit als etwas Gekanntes ist innerhalb der Vernunft. Kraft seines Willens aber, vermöge dessen er sich auch seiner Zustände, seiner Glieder etc. bedient, gehen vom Menschen äussere Zeichen aus, um die Wahrheit zu offenbaren; und danach ist die Offenbarung der Wahrheit ein Akt des Willens. Die Wahrheit, von der hier die Rede, unterscheidet sich, wie bereits gesagt, von der Wahrheit des Lebens. Von einer „Wahrheit der Gerechtigkeit“ aber spricht man in doppelter Weise: einmal, insofern die Gerechtigkeit selber geregelt ist gemäß der Richtschnur des göttlichen Gesetzes; und danach unterscheidet sich die Wahrheit der Gerechtigkeit von der Wahrheit des Lebens; da kraft der letzteren jemand recht und geordnet lebt in sich selbst, nach der ersteren aber das göttliche Gesetz beobachtet in den Urteilen, welche auf einen anderen gerichtet sind; wonach die Wahrheit der Gerechtigkeit nicht jene Wahrheit ist, von der wir hier sprechen; dann, insoweit jemand aus Gerechtigkeitssinn die Wahrheit offenbart, z. B. vor Gericht ein wahres Zeugnis ablegt; und diese Wahrheit ist ein besonderer Akt der Gerechtigkeit und geht die Wahrheit, von der hier die Rede, nichts an, weil bei dieser Wahrheit an erster Stelle der Mensch beabsichtigt, dem anderen sein Recht werden zu lassen. Deshalb sagt Aristoteles (4 Ethic. 7.): „Wir sprechen jetzt nicht von jenem Wahrhaftigen, was wir vor Gericht aussagen; und überhaupt von nichts, wobei es sich um Recht und Unrecht handelt.“ Die Wahrheit der Lehre aber besteht in einem gewissen Offenbarmachen von Worten, welche sich auf die innere Wissenschaft beziehen; also gehört auch sie nicht hierher, wo es sich streng genommen nur darum handelt, dass jemand im Leben und in der Rede sich so zeigt, wie er innerlich beschaffen ist. Weil aber das Moralische, insoweit es gekannt ist, uns angeht und auf uns sich erstreckt; danach kann die Wahrheit der Lehre zu dieser Tugend der Wahrheit gehören, die uns hier beschäftigt, ebenso wie jede andere Wahrheit, die jemand durch Wort oder Tat offenbart.  [157] 

Man kann weniger sagen: 1. insofern man etwas behauptet; wie wenn jemand nicht das ganze Gute, was er hat, z. B. seine Wissenschaft, seine Tugend etc. offenbar macht; und das geschieht ohne Nachteil der Wahrheit, denn wer das Größere hat, kann mit Sicherheit und Wahrheit das Mindere von sich aussagen; danach sagt man, diese Tugend neige dahin, weniger zu sagen. „Es scheint dies,“ meint Aristoteles, „klüger zu sein, weil, wenn man zu viel sagt, dies eine gewisse Last mit sich bringt. Denn Menschen, die von sich mehr behaupten als sie sind, werden anderen lästig, weil sie stets vor ihnen etwas voraus haben wollen; Menschen, welche Geringeres von sich behaupten, als in Wirklichkeit ist, sind angenehmer und gefälliger, da sie sich in weiser Mäßigung mit den anderen auf die nämliche Stufe stellen.“ Deshalb spricht der Apostel (2. Kor. 12.): „Wenn ich mich rühmen wollte, so wäre ich nicht ein Tor, denn die Wahrheit würde ich sagen; ich schone aber, damit nicht jemand meint, ich sei mehr als man an mir sieht oder von mir hört.“ Es kann 2. jemand hinneigen, um weniger zu sagen, indem er leugnet, es wohne ihm das inne, was tatsächlich ihm innewohnt; und so ist es nicht der Tugend der Wahrheit eigen, zum Minderen im Sprechen hinzuneigen; denn dies hieße: Falsches sagen. Dieses selbst aber würde weniger der Wahrheit widerstreiten; nicht zwar in Anbetracht des der Wahrheit eigenen Wesenscharakters, sondern in Anbetracht der Klugheit, die man doch in jeder Tugend wahren muss. Denn mehr widerspricht es der Klugheit, insoweit es gefahrvoller ist und für andere lästiger, dass jemand sich rühmt, zu haben was er nicht hat, als wenn er erachtet oder sagt, er habe nicht das, was er hat.  [158] 
 

38. Lüge (mendacium)

Der Zweck ist Gegenstand des Willens, der da in erster Linie alle Vermögen im Menschen in Tätigkeit setzt. Das vom Willen aus in Bewegung gesetzte Vermögen aber hat seinen eigenen Gegenstand; und dieser ist der nächste Gegenstand des freiwilligen Aktes und verhält sich im Willensakte zum Zwecke wie das Bestimmbare zum Bestimmenden. Nun besteht die Tugend der Wahrheit im Offenbarmachen und dieses geschieht vermittelst einiger Zeichen; somit ist diese Offenbarung oder dieses Aussprechen eine Tätigkeit der Vernunft, die das Zeichen mit dem Bezeichneten vergleicht; denn das Darstellen von etwas ist immer ein gewisses Vergleichen und gehört deshalb der Vernunft an. Demgemäß können die Tiere wohl etwas offenbar machen, aber sie beabsichtigen nicht das Offenbarmachen; sondern infolge natürlichen Antriebes sind sie tätig, und dieser Tätigkeit folgt das Offenbarmachen. Insoweit jedoch solches Offenbaren eine moralische Tätigkeit ist, muss sie freiwillig sein und vom Willen abhängen. Der Gegenstand aber des Offenbarens oder Aussprechens ist das Wahre oder Falsche. Und die Absicht des Willens kann sich auf zweierlei erstrecken: 1. dass Falsches ausgesprochen; und 2. dass der andere getäuscht werde, was die Wirkung eines falschen Satzes ist. Wird also Falsches gesprochen und geschieht dies mit Absicht und zudem mit der Absicht zu täuschen; dann besteht 1. das materiale oder bestimmbare Element: das Falsche; 2. das formale, bestimmende: die Absicht, Falsches zu sagen; 3. die eigenste beabsichtigte Wirkung: den anderen zu täuschen. Das Wesen der Lüge nun wird vom formalen Elemente genommen, von da her nämlich, dass jemand den Willen hat, Falsches zu sagen. Sagt also jemand Falsches und meint, es sei wahr; so ist dies im materialen Sinne falsch. Es besteht da nicht der vollendete Wesenscharakter der Lüge; denn was nicht beabsichtigt ist, kann im Moralischen nicht bestimmende Wesensform sein. Ist aber etwas wahr, was jemand sagt, dieser aber hat den Willen, etwas Falsches zu sagen; so ist das wesentlich oder formal eine Lüge, wenn es auch Material Wahrheit sein mag. Dass aber jemand den anderen durch die Lüge täuschen will, gehört zum inneren Wesen der Lüge nicht; wohl aber bildet dies eine gewisse Vollendung derselben. So kann auch im Bereiche des rein Natürlichen ein Ding die innere Wesensform haben, und doch fehlt deren Wirkung; wie wenn ein schwerer Körper mit Gewalt in der Höhe festgehalten wird, damit er nicht gemäß dem dass seine Form es erheischt herunterfalle. Lügen also steht durchaus wesentlich entgegen der wahren Aussage. Jegliches Ding wird nach seiner Wesensform in erster Linie beurteilt; nicht nach etwas Nebensächlichem, von aussen Hinzutretendem. Also mehr ist der Wahrheit als moralische Tugend entgegengesetzt, dass jemand Wahres sage, aber mit dem Willen, Falsches zu sagen; als dass er Falsches sage mit dem Willen, Wahres zu sagen. Worte sind die vorzüglichsten Zeichen. Unter dem Ausdrucke „falsche Bezeichnung eines Wortes“ wird also jegliches Zeichen verstanden. Wer mit Winken z. B. Falsches mitteilt, lügt ebenfalls. Die Begierde zu täuschen ist eine gewisse Vollendung der Lüge; nicht ihr inneres Wesen. [159] 

Die Lüge kann eingeteilt werden gemäß ihrem inneren Wesenscharakter; und danach teilt sie sich in Prahlerei und Ironie, wie Aristoteles sagte. Denn die Wahrheit ist dem Wesen nach eine gewisse unverbrüchliche Gleichheit, der das „zuviel“ und das „zuwenig“ gegenübersteht. Ferner kann die Lüge eingeteilt werden, insoweit sie den Charakter der Schuld trägt; und danach wird sie eingeteilt gemäß dem, was auf seiten des beabsichtigten Zweckes die Schuld erschwert oder erleichtert. Erschwert wird die Schuld dadurch, dass man den Schaden eines anderen beabsichtigt; erleichtert dadurch, dass man die Lüge zur angenehmen Unterhaltung eines anderen hinbezieht oder zu einem Nutzen in der eigenen Person oder für andere. Danach ist die obige Einteilung. Endlich teilt man die Lüge noch allgemeiner ein nach ihrer Beziehung zum Zwecke, abgesehen von der Vermehrung oder Verminderung der Schuld. Die ersten drei unter diesen acht Arten Lügen schließen die "schädliche Lüge" ein; nämlich entweder gegen Gott, und dazu gehört die erste Art „in der Lehre der Religion; oder gegen den Mitmenschen, soweit die Lüge nur schadet oder soweit mit dem Schaden des einen der Nutzen des anderen verbunden ist. Die erste Art Lüge ist die schwerste, die dritte die am mindesten schwere. Die vierte Art hat den eigenen der Lüge an sich entsprechenden Umfang der Schuld; es tritt von keiner Seite her etwas hinzu, was die Schwere vermehrt oder vermindert; es ist dies das Lügen aus Gewohnheit, „wenn man eben nur lügen will, sich an der Lüge allein freut.“ Die vier übrigen vermindern an der Schuld der Lüge. Denn die fünfte ist die Scherzlüge; und die drei anderen enthalten die Notlüge, wo irgend ein Nutzen, sei es in äusseren Gütern oder am Leben selber oder in der Ehrbarkeit ersichtlich ist. Da nun das nützliche Gut dem rein erfreuenden vorgezogen wird und die Lüge um so minder Schuld hat, je besser das beabsichtigte Gut ist; so besteht hier in den vier letzten Arten eine Stufenfolge in der Verminderung der Schuld. Denn dem Gute der angenehmen Unterhaltung steht voran das Nützliche, dem Nutzen in Geldsachen wird vorgezogen das körperliche Leben, diesem die Ehrbarkeit. [160] 

"In den Scherzlügen aber z. B. täuscht man niemanden, da man dergleichen nicht deshalb sagt, damit sie geglaubt würden, sondern nur um der Heiterkeit willen." - Thomas von Aquin, II-II, q 110
Was an und für sich schlecht ist, das wird in keiner Weise etwas Gutes und Erlaubtes. Denn damit etwas gut sei, muss Alles, was dazu gehört, in der rechten Weise da sein; da für das Gute die ganze Ursache wirken muss, für das Schlechte ein einziger beliebiger Mangel genügt. Die Lüge aber ist in ihrer „Art“ etwas Schlechtes; denn ihr Gegenstand ist etwas Ungebührliches. Da nämlich von Natur die Worte da sind, um Zeichen zu sein für das innere Verständnis; so ist es unnatürlich und ungebührlich, dass die Worte gebraucht werden, um zu bezeichnen das, was nicht im Verständnisse ist: „Die Lüge ist deshalb zu fliehen und zu verabscheuen,“ sagt Aristoteles (4 Ethic. 7.), „das Wahre aber ist etwas Gutes und Lobenswertes;“ und Augustinus: „Jede Lüge ist Sünde.“ In der ganzen heiligen Schrift ist nichts Falsches behauptet; sonst ginge die Zuverlässigkeit des Glaubens zu Grunde, die ihre Grundlage und Stütze in der Schrift hat. Dass aber im Evangelium oder auch anderen Büchern der heiligen Schrift die Worte mancher Personen in verschiedener Weise berichtet werden, dies bildet keine Lüge. Demnach sagt Augustinus (2. de cons. Evang. 12.): „Wer klug ist, urteilt, dass darin man gar nicht sich abmühen solle; denn wenn die Aussprüche selber notwendig sind, um die Wahrheit zu erkennen, so kommt es nicht darauf an, mit welchen Worten sie ausgedrückt seien.… Darin ist keine Lüge, dass, wenn mehrere einen Ausspruch angehört oder etwas gesehen haben, sie den nämlichen empfangenen Eindruck nicht mit den gleichen Worten wiedergeben.“ Für ihr Wohlwollen und ihre Furcht Gottes sind die Hebammen belohnt worden, nicht für ihre Lüge. Deshalb heisst es da Exod. 1,3  weil sie Gott fürchteten, erbaute ihnen Gott Häuser.“ Die nachfolgende Lüge war nicht verdienstvoll. Die Taten mancher Personen werden nach Augustinus (de mendac. 5.) in der heiligen Schrift aufgeführt als Beispiele vollendeter Tugend; und von diesen Personen muss man nicht meinen, sie hätten gelogen. Erscheint in ihren Worten und Handlungen etwas der Lüge Ähnliches, so ist dies als Figur und Prophetie zu verstehen. Deshalb sagt Augustinus: „Man muss glauben, dass jene Männer, welche in den prophetischen Zeiten als mit Autorität begabt erwähnt werden, Alles, was über sie geschrieben ist, in prophetischer Weise taten und sprachen.“ Abraham (22. cont. Faust. 33. Augustinus) wollte die Wahrheit verbergen und nicht, dass Sara eine Lüge sage; denn sie wird Schwester genannt, weil sie die Tochter des Vaters war,“ weshalb Abraham antwortet: „Sie ist wahrhaft meine Schwester, die Tochter meines Vaters und nicht die Tochter meiner Mutter.“ Jakob sagte im mystischen Sinne, er sei Esau; denn die Rechte der Erstgeburt gebührten ihm in der Tat. Es ist aber der Gebrauch, im Geiste der Prophetie so zu sprechen; damit das Mysterium bezeichnet werde, wonach dem älteren Volke, dem der Juden, zuvorkommen sollte in der Bekehrung zum Glauben das jüngere, das der Heiden. Andere aber werden in der Schrift nicht wegen ihrer vollendeten Tugend empfohlen, sondern wegen einer gewissen tugendhaften Anlage. Denn von einer gewissen lobenswerten Hinneigung in ihnen wurden sie bestimmt, Ungebührliches zu tun. Auf diese Weise wird Judith gelobt; nicht wegen der Lüge dem Holophernes gegenüber, sondern wegen ihres Eifers für die Rettung des Volkes, wofür sie sich Gefahren aussetzte. Ihre Worte können aber auch erklärt werden gemäß einem gewissen mystischen Verständnisse. Die Regellosigkeit in der Lüge ist ebenso die Quelle der Sündenschuld wie der dem Nächsten zugefügte Nachteil. Solcher Regellosigkeit aber darf man sich nicht bedienen um eines Nutzens oder der Entfernung eines Hindernisses willen; wie man nicht stehlen darf, um Almosen zu geben, ausgenommen im Falle der Noth. Man darf also nicht lügen, um jemanden aus einer Gefahr zu befreien; wohl aber darf man klug die Wahrheit verbergen. Wer zur Zeit, da er etwas verspricht, den Willen hat, es zu tun, lügt nicht; tut er es später nicht, so ist das mehr Mangel an Treue. Entschuldigt wird er durch zweierlei: 1. wenn er versprochen hat was offenbar unerlaubt ist; denn in diesem Falle hat er gesündigt, als er versprach; und er handelt gut, dass er es nicht tut; 2. wenn die Personen oder die Umstände verändert sind. Denn, wie Seneca sagt (4. de benefic. 34.), damit der Mensch verpflichtet sei, was er versprochen zu halten, müssen alle Umstände die nämlichen bleiben, welche beim Versprechen maßgebend waren. Ist das nicht der Fall, so hat der versprechende nicht gelogen; denn er versprach, was er im Sinne hatte, selbstverständlich die gebührenden Bedingungen vorausgesetzt; und er ist auch nicht untreu, weil derselbe Fall wie beim Versprechen nach den wesentlich veränderten Umständen nicht mehr vorliegt. Somit hat auch der Apostel (2. Kor. 1.) nicht gelogen, da er nicht nach Korinth ging, trotzdem er es versprochen hatte; denn die hinzugetretenen Hindernisse waren zu groß. Der „Art“ des Tuns nach zu urteilen hat die Scherzlüge in sich den Charakter einer Täuschung; wenn auch die Absicht des sie sprechenden nicht dahin geht, zu täuschen, und die Weise sie vorzubringen keine Täuschung zulässt. Das gilt aber nicht von den hyperbolischen oder anderen figürlichen Redeweisen, die in der Schrift sich finden. Denn „was in figürlicher Weise geschieht oder gesprochen wird, ist keine Lüge. Jede Aussage nämlich auf das zu beziehen, was sie aussagt; und demnach sagt jegliche figürliche Tatsache oder Redeweise das, was sie für jene bezeichnet, für deren Verständnis sie vorgebracht worden. [161] 
"Die Todsünde widerstreite so recht eigentlich der heiligen Liebe, kraft deren die Seele mit Gott verbunden lebt. Nun kann die Lüge im Gegensatze zur heiligen Liebe stehen: 1. an sich, in ihrem formalen Wesen betrachtet; 2. gemäß dem beabsichtigten Zwecke; 3. auf Grund von etwas von aussen her Hinzutretendem, per accidens. 1. An sich betrachtet steht die Lüge im Gegensatze zur Liebe auf Grund der falschen Bezeichnung. Betrifft diese nun die göttlichen Dinge, so ist sie der Liebe Gottes entgegen, dessen Wahrheit jemand durch Lüge verdirbt oder verheimlicht. Solche Lüge also steht gegenüber nicht nur der Liebe, sondern auch dem Glauben und der Tugend der Religion; und ist deshalb im höchsten Grade schwer. Betrifft die falsche Bezeichnung etwas, dessen Kenntnis das Wohl des Menschen fördert, wie Alles das, was auf die Wissenschaft und die Regeln der Moral sich erstreckt; so ist eine solche Lüge, insoweit sie dem Nächsten den Nachteil einer falschen Meinung zufügt, der heiligen Liebe entgegen mit Rücksicht auf den Nächsten; und ist deshalb ebenfalls eine schwere Sünde. Beschäftigt sich aber eine solche falsche Meinung, die man durch Lügen im anderen erzeugt, mit etwas, wo es nicht darauf ankommt, ob es so oder anders erkannt werde, wie z. B. wenn jemand getäuscht wird mit Rücksicht auf einzelne besondere Umstände, die keine ausdrückliche Beziehung zu ihm haben, so leidet daraus der Nächste keinen Nachteil; und ist somit solche Lüge keine Todsünde. 2. Mit Rücksicht auf den gewollten Zweck ist jede Lüge eine Todsünde, welche Gott Unrecht tut, denn sie ist gegen die Tugend der Religion; ferner jede, welche den Nächsten im Besitze oder im guten Namen schwer benachteiligt. Ist der gewollte Zweck keine Todsünde, also nicht im Gegensatze zur Liebe, so ist die betreffende Lüge ebenfalls keine Todsünde; wie die Scherzlüge und Notlüge. 3. Nebenbei kann die Lüge im Gegensatze stehen zur heiligen Liebe auf Grund eines Ärgernisses oder eines daraus folgenden Nachteils. Und da wird die Lüge Todsünde sein in dem Falle, wenn jemand sich nicht scheut, trotz des sich ergebenden Ärgernisses öffentlich zu lügen."  - Thomas von Aquin, II-II, q 110
Thomas spricht von der "schädlichen" und "schwersten Lüge", nämlich gegen den wahren Gott und die dazugehörige "Lehre der Religion", wie sie z.B. von Muhammad begangen wurde und in der Folge von allen Muslimen wiederholt wird. Thomas sagt daher über diese Lüge: "Betrifft diese nun die göttlichen Dinge, so ist sie der Liebe Gottes entgegen, dessen Wahrheit jemand durch Lüge verdirbt oder verheimlicht. Solche Lüge also steht gegenüber nicht nur der Liebe, sondern auch dem Glauben und der Tugend der Religion; und ist deshalb im höchsten Grade schwer." [162] 
 

39. Heuchelei (hypocrisis), Verstellung (simulatio)

Die Tugend der Wahrheit erfordert, dass man sich nach aussen hin so gibt wie man ist. Äussere Zeichen aber sind nicht nur die Worte, sondern auch die entsprechenden Taten. Wie also zur Weisheit es im Gegensatze steht, dass jemand durch seine Worte Anderes ausdrücke als er innerlich meint, dass er sonach lüge; so steht es mit der Wahrheit im Gegensatze, dass jemand anders tue als er es im Innern hat, d. h. sich verstelle. Also ist die Verstellung eigentlich eine Lüge Tun. „Wann wir in der Weise uns stellen, dass damit nichts Anderes bezeichnet werde, dann ist dies Lüge; geschieht es aber in der Weise, dass unser Verstellen etwas Anderes, Wahres anzeige, dann ist dies nicht Lüge, sondern eine Figur der Wahrheit;“ sagt Augustinus (Qq. Evgl. 5.). Er führt als Beispiel an die Figuren in der Rede, die Gleichnisse etc., die wir gebrauchen nicht um damit zu behaupten, es sei so, sondern als Figur einer anderen Wahrheit, die wir behaupten wollen. So stellte sich der Heiland, als „wolle er weiter gehen;“ denn er machte eine solche Bewegung wie jemand, der weiter gehen will, um damit anzudeuten, nach Gregor (23. in Evgl.) „dass er vom Glauben derselben weit entfernt war;“ oder wie Augustinus sagt (2. de Qq. EvgI. ult.), „da er weiter gehen wollte durch die Himmelfahrt, wurde er nur durch die Gastfreundschaft gewissermaßen auf Erden zurückgehalten.“ [163] 

Im Griechischen kommt der Name Heuchler von dem Gebahren jener, die in den Schauspielen ihr Antlitz verdecken und dasselbe so herrichten, dass sie eine andere Person, sei es einen Mann oder eine Frau, vorstellen und somit das Volk täuschen. (Vgl. Isidor 1. 0.) Deshalb sagt Augustinus (2. de serm. Domini in monte): „Wie jene, die in den Schauspielen die Personen anderer vorstellen, das scheinen und die Rolle dessen spielen, was sie nicht sind (denn wer den Agamemnon spielt, ist nicht wahrhaft Agamemnon), so ist in der Kirche, wer als einer angesehen werden will, der er nicht ist oder als etwas, was er nicht ist, ein Heuchler; denn er verstellt sich als ob er ein Gerechter wäre und ist es nicht.“ Die Heuchelei ist also eine Verstellung; aber sie ist nicht jede Verstellung, sondern nur eine solche, welche die Person eines anderen vorstellen will; wie der Sünder z. B. die Person des Gerechten vorstellt. Das äusserliche Werk bezeichnet von Natur aus die Absicht. Wenn also jemand durch die guten Werke, welche infolge ihrer „Art“ zum Dienste Gottes gehören, nicht Gott zu gefallen sucht, sondern den Menschen, so zeigt er nach aussen eine gute Absicht, die er innen nicht hat; d. h. er verstellt sich. Deshalb sagt Gregor: „Die Heuchler dienen in den Dingen, die Gott angehen, der Meinung der Welt; denn durch das Heilige selbst, was sie nach dem äusseren Scheine wirken, suchen sie nicht die Bekehrung der Menschen, sondern wollen das Lob der Bewunderer hören.“ Sie stellen also, was das Äussere betrifft, lügenhaft eine rechte Absicht hin, welche sie nicht haben; obgleich sie nicht ein gutes Werk sich verstellend nach aussen wirken, was sie nicht tatsächlich wirkten. Das Äussere der Heiligkeit, also z. B. das Ordens- oder Priestergewand, bezeichnet den Stand, wodurch jemand zu Werken der Vollkommenheit verpflichtet wird. "Wer also das Äussere der Heiligkeit trägt und die Absicht hat, den Weg der Vollkommenheit zu wandeln, ist kein Heuchler, wenn er aus Schwäche einmal fällt; denn er ist nicht gehalten, seine Sünde zu veröffentlichen, indem er das Äussere der Heiligkeit von sich entfernt. Würde einer aber deshalb z. B. das Ordenskleid nehmen, damit er sich als gerecht zeigte, so wäre dies Verstellung und Heuchelei. In der Verstellung wie in der Lüge ist 1. das Zeichen und 2. das dadurch Bezeichnete. Die schlechte Absicht also in der Heuchelei wird wie das Bezeichnete erachtet, was dem Zeichen nicht entspricht; nach aussen hin merkbare Taten aber oder Worte oder was immer sinnlich wahrnehmbar ist, wird bei jeder Verstellung und bei jeder Lüge als Zeichen betrachtet." [164] 

Da nun die Heuchelei ihrer Wesensform nach eine Verstellung ist, deren eigensten Gegenstand es bildet, eine Person vorzustellen, die man nicht ist; so ist sie direkt entgegengesetzt der Wahrheit, welche ihrer Wesensform nach sich so nach aussen hin gibt wie sie ist. Ein indirekter Gegensatz aber kann erwogen werden gemäß beliebigen Äusserlichkeiten; wie z. B. gemäß dem entfernten Zwecke oder gemäß einem Wertzeuge als Mittel, vermöge dessen der Akt sich vollzieht, oder gemäß Ähnlichem. Der Heuchler nimmt eine Tugend als Zweck; nicht um sie wirklich zu haben, sondern um zu scheinen, als ob er sie hätte. Er steht also nicht im Gegensatze zu dieser Tugend, sondern zur Wahrheit; insoweit er die Menschen täuschen will mit Bezug auf die betreffende Tugend. Die Werke dieser Tugend aber tut er nicht, als ob er sie direkt als Zweck sich vornähme; sondern sie dienen ihm als Werkzeug, nämlich als Anzeichen der Tugend. Der Klugheit steht gegenüber direkt die Schlauheit, welche scheinbare, in der Wirklichkeit aber nicht bestehende Mittel und Wege erfindet, um einen Zweck zu erreichen. Die Ausführung nun des schlau Erdachten vollzieht sich durch List, soweit es auf Worte; durch Trug, insoweit es auf Taten ankommt. Wie also sich die Schlauheit zur Klugheit verhält, so die List und der Trug zur Einfalt. List und Trug aber hat Beziehung in erster Linie zum Täuschen und dem untergeordnet zum Schaden. Also entspricht es direkt der Einfalt, nicht zu täuschen; und danach ist sie die nämliche Tugend wie die Tugend der Wahrheit. Der Unterschied besteht nur in der Auffassung, so dass Wahrheit ist die Übereinstimmung des Zeichens mit dem Bezeichneten, Einfalt das Streben nach einem einheitlichen Zwecke; nicht dass man äusserlich nach etwas zu streben vorgebe und innerlich etwas Anderes erstrebe. "Geldgewinn und eitler Ruhm ist der entfernte Zweck des Heuchlers wie auch des Lügners. Von da her kommt also nicht die Wesensgattung. Diese wird vom nächsten Zwecke her bestimmt, nämlich von der Absicht als ein anderer zu erscheinen als man ist. Bisweilen also verstellt sich oder heuchelt jemand in keiner anderen Absicht wie damit er anders erscheine als er ist (4 Ethic. 7.); wie das oben bei der Lüge gesagt worden." [165] 

In der Heuchelei findet sich der Mangel an Heiligkeit, trotzdem aber die Anzeichen derselben. Richtet sich also die Absicht de Heuchlers auf Beides: nämlich will er nicht die Heiligkeit und will er doch das Zeichen derselben, wie die Schrift gewöhnlich die Heuchelei nimmt; so ist dies offenbar eine Todsünde, denn niemand ist gänzlich der Heiligkeit bar, so dass er sie nicht will, ausser auf Grund einer Todsünde. Will aber der Heuchler nur heilig scheinen; dann, mag er auch im Stande der Todsünde sein, insofern er der Heiligkeit bar ist, ist das Heucheln selber nicht immer Todsünde, sondern manchmal lässliche. Hier entscheidet der Zweck. "Denn widerstreitet der Zweck des Heuchlers der Liebe Gottes oder des Nächsten, so ist die Heuchelei selber Todsünde; wie wenn jemand heuchelt, damit er falsche Lehren säen oder kirchliche Würden erlange oder andere zeitliche Güter, die er sich als Endzweck vorstellt. Widerstreitet aber der Zweck des heuchelnden nicht der heiligen Liebe, so ist seine Heuchelei lässliche Sünde; wie wenn jemand am Heucheln oder Sich-Verstellen selber sich ergötzt, was „vielmehr unnütz und eitel ist wie schlecht.“ Bisweilen endlich heuchelt jemand heilige Vollkommenheit, insoweit diese nicht zum Heile erfordert ist; und solches Heucheln ist weder Todsünde noch immer mit innerer Todsünde zusammenbestehend." So wurde schon die Religion Muhammads als erheuchelten Religion ("simulata religione") bezeichnet. Dazu Thomas: "Denn widerstreitet der Zweck des Heuchlers der Liebe Gottes oder des Nächsten, so ist die Heuchelei selber Todsünde; wie wenn jemand heuchelt, damit er falsche Lehren säen oder kirchliche Würden erlange oder andere zeitliche Güter, die er sich als Endzweck vorstellt." [166] 
 

40. Prahlerei (iactantia)

Die Prahlerei besteht zumal in Worten, dass nämlich einer in seinen Reden sich erhebt; wie wenn jemand, um einen Gegenstand weit von sich zu werfen, denselben vorher in die Höhe hebt. Dann aber erhebt sich jemand im eigentlichen Sinne, wann er über sich selber mehr als ihm ziemt spricht. Dies geschieht nun in doppelter Weise: 1. Insofern jemand über sich spricht mehr als die Menschen seinen Wert schätzen, als seine Vorzüge somit vor den Menschen gelten, wenn auch dieselben tatsächlich so sind, wie er sagt. Dies vermied der Apostel, da er sagte (2. Kor. 12.): ) „Ich schone, damit nicht jemand mich schätze über das hinaus, was die Menschen von mir denken.“ Dann erhebt sich 2. der Mensch in Worten, wenn er über das hinaus von sich selber spricht, was in Wirklichkeit in ihm sich findet. Und in dieser letzten Auffassung ist Prahlerei im eigentlichen Sinne vorhanden und danach steht sie im Gegensatze zur Wahrheit. Dies betrifft die Prahlerei im ersten Sinne, nach der Abschätzung der Menschen. Gemäß ihrer inneren Wesensgattung ist die Prahlerei im Gegensatze zur Wahrheit. Mit Rücksicht auf ihre Ursache geht sie gewöhnlich aus Hochmut hervor; denn deshalb prahlt jemand über das hinaus, was ihm an Vorzügen wirklich innewohnt, weil er in Anmaßung innerlich sich über sich selbst stellt. Manchmal aber kommt der Mensch auch durch eine gewisse leere Eitelkeit dazu, dass er prahlt und daran sich ergötzt; weil das eben seine Gewohnheit ist. Der Hochmut also ist für gewöhnlich die Ursache des Prahlens; und deshalb betrachtet Gregor die Prahlerei als eine Gattung des Stolzes. Da aber meistenteils der Prahler eitlen Ruhm erlangen will durch sein Prahlen, deshalb lässt Gregor die Prahlerei unter dem Gesichtspunkte der Zweckursache aus eitler Ruhmgier entstehen. Wohlhabenheit ist 1. Gelegenheit zu Prahlerei, weil man auf Grund derselben stolz wird; 2. ist Wohlhabenheit bisweilen Zweck des Prahlens (4 Ethic. 7.), wie Weise z. B. oder Ärzte mit ihrer Erfahrenheit prahlen, um Geld zu gewinnen. [167] 
„Der Prahler spricht von sich über das hinaus, was wirklich in ihm ist, bisweilen um die Gunst von niemandem willen, bisweilen aus Ehr- und bisweilen aus Geldsucht.“- Aristoteles, 4 Eth. 7

"Wenn er freilich sein Prahlen der Liebe Gottes vorzieht oder deswegen die göttlichen Gebote verachtet, so wäre dies gegen die Liebe Gottes, in dem allein unser Geist ruhen soll als in seinem letzten Endzwecke." - Thomas von Aquin, II-II, q 112

Es kann die Prahlerei nun in doppelter Weise betrachtet werden: 1. An sich, als Lüge; und so ist sie bisweilen Todsünde, bisweilen nur lässliche. Sie ist Todsünde, wenn jemand prahlerisch von sich vorbringt, was sich direkt und unmittelbar gegen die Ehre Gottes richtet, wie Ezech. 28. es heisst: „Erhoben hat sich dein Herz, du hast gesagt: Ich bin Gott;“ oder auch gegen die Liebe des Nächsten, wenn man in prahlerischer Weise sich erhebt und infolgedessen den Nächsten schmäht, wie der Pharisäer (Luk. 18.) sprach: “Ich bin nicht wie die übrigen Menschen, wie die Räuber, Ehebrecher, die Ruchlosen oder wie dieser Zöllner hier.“ Ist die Prahlerei weder gegen Gott noch gegen den Nächsten gerichtet, so ist sie an sich eine lässliche Sünde. Die Prahlerei kann 2. in ihrer Ursache erwogen werden; insofern sie aus Geldgier, Hochmut etc. hervorgeht. Sind nun diese letzteren Zustände Todsünde, so ist es dann auch das Prahlen; sonst ist dieses lässliche Sünde. Über die Geldgier als Ursache bemerkt jedoch Aristoteles: „Schimpflicher ist es, aus Geld- wie aus Ehrbegier zu prahlen.“ Denn weil, wo Geldgier die Ursache ist, da auch meist ein Schaden für den Nächsten erwächst; ist da auch viel leichter die Prahlerei Todsünde als wenn nur leere Eitelkeit sie hervorruft. Wer prahlt in der Absicht, Streit zu verursachen, sündigt damit schwer. Bisweilen aber folgt Streit, ohne dass derselbe beabsichtigt worden; und dann ist Prahlen keine Todsünde. Nicht immer ist die Prahlerei verderblich d. h. gegen Gott und den Nächsten gerichtet; sondern der prahlende ergötzt sich eben manchmal an seinem Prahlen wie an etwas Eitlem, Leerem, ohne weiteren Grund, was dann auf die Scherzlüge sich zurückführen lässt. "Wenn er freilich sein Prahlen der Liebe Gottes vorzieht oder deswegen die göttlichen Gebote verachtet, so wäre dies gegen die Liebe Gottes, in dem allein unser Geist ruhen soll als in seinem letzten Endzwecke. Zur Notlüge scheint es zu gehören, wenn jemand um Geldgewinnes halber prahlt; vorausgesetzt dass dadurch niemand Schaden leidet." [168] 
 

41. Ironie (ironia)

In doppelter Weise spricht man von Weisheit und Torheit. Denn es gibt eine Weisheit gemäß dem Göttlichen, welche von der weltlichen oder menschlichen Torheit begleitet ist, wie 1. Kor. 3. es heisst: „Wer unter euch da glaubt, weise zu sein in dieser Welt, der werde Tor, damit er weise sei.“ Und dann gibt es eine weltliche Weisheit, welche „Torheit ist bei Gott.“ Jener also, der von Gott gestärkt wird, bekennt sich als den größten Tor nach der Meinung der Menschen, weil er nämlich all jenes Menschliche verachtet, was menschliche Weisheit erstrebt. Deshalb folgt da gleich: „Und die Weisheit der Menschen ist nicht in mir… und ich lernte kennen die Wissenschaft der Heiligen.“ Oder kann „menschliche Weisheit“ jene nennen, die kraft der Arbeit der Vernunft gewonnen wird; und „Weisheit der Heiligen“ jene, welche Gott unmittelbar einflößt. Amos nun leugnete, dass er infolge seiner Herkunft Prophet sei; denn er war nicht vom Geschlechte der Propheten; wonach er hinzufügt: „und nicht Sohn eines Propheten.“ [169] 

Die eine Lüge ist schwerer wie die andere, bisweilen auf Grund des Inhaltes, wie die Lüge in Sachen der Glaubenslehre eine im höchsten Grade schwere ist; bisweilen auf Grund des Beweggrundes, wie die schädliche Lüge schwerer ist als die Scherz- und Notlüge. Die Ironie und Prahlerei aber sind Lügen rücksichtlich des Nämlichen, nämlich rücksichtlich der Lage der Person. Also nach dieser Seite hin stehen sie auf gleicher Stufe. Meistenteils aber geht die Prahlerei aus einem unsittlicheren Beweggrunde hervor, nämlich aus Geld- oder Ehrgier; während die Ironie es scheut, wenn auch in ungeregelter Weise, anderen lästig zu fallen durch zu vieles Erheben der eigenen Person. Und danach sagt Aristoteles, die Ironie sei eine kleinere Sünde wie das Prahlen. Spricht jedoch jemand zu geringfügig über sich, um mit List zu täuschen, so ist diese Ironie eine schwerere Sünde wie das Prahlen. Dieser Einwurf geht von der erstgenannten Auffassung aus. Es gibt einen doppelten Vorrang: in zeitlichen Dingen und in geistigen. Nun will jemand manchmal in äusseren Dingen, wie in Kleidern oder in der Nahrung mangelhaft erscheinen, damit so die geistigen Vorzüge der Tugenden recht hervortreten; wie der Herr sagt (Matth. 6.): „Sie verunstalten ihr Antlitz, damit sie den Menschen als fastende vorkommen.“ Diese Menschen also sündigen zugleich durch Ironie und durch Prahlerei. Deshalb liest man von Augustinus, er hätte weder allzu kostbare noch allzu ärmliche Kleider getragen; denn in Beidem suchen die Menschen ihren Stolz." [170] 
 

42. Freundschaft als Leutseligkeit (amicitia)

Das Gute besteht in der Ordnung. Da nun der Mensch für den gewöhnlichen Verkehr mit den anderen zu diesen eine geordnete Beziehung haben muss, sei es in seinem Reden oder in seinem Tun, so besteht da ein besonderer Wesenscharakter des Guten; und danach ist die Freundschaft oder Leutseligkeit, welche diese Beziehungen zu den anderen Menschen im gegenseitigen Verkehr regelt, eine besondere Tugend. Hier ist nicht von der Freundschaft die Rede, welche auf der Hinneigung beruht, wonach also der eine den anderen liebt; diese wurde bei Gelegenheit der Liebe oben behandelt. Die Freundschaft, wie sie hingenommen wird, besteht nur im geregelten Sprechen und Tun, soweit es auf den Verkehr unter den Menschen ankommt; es ist dies keine vollendete Freundschaft, sondern hat nur eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser. Der Mensch ist auf Grund der einen gemeinsamen Natur bereits Freund des anderen; und nur diese allgemeine Liebe stellen die äusseren Zeichen der Höflichkeit dar. Da ist keine Verstellung. Die Weisen sollen solche trauernden trösten, nach Ekkli. 7.: „Ermangle nicht, die weinenden zu trösten und mit den traurigen sei dein Verkehr.“ Und das Herz der Toren ist, wo Freude; nicht weil sie Freude verursachen, sondern weil sie sich freuen wollen. Der Weise also soll trösten, nach Ps. 132.: „Siehe, wie angenehm und gut es ist, wenn Brüder friedlich zusammenwohnen.“ Bisweilen aber scheut der Gute auch nicht davor zurück, jene, die mit ihm verkehren, zu betrüben; wenn nämlich daraus etwas Gutes folgt oder ein Übel vermieden wird. (4 Ethic. 6.) Deshalb sagt der Apostel (2. Kor. 7.): „Wenn ich euch betrübt habe in meinem Briefe; ich bereue es nicht … Ich freue mich darüber, nicht weil ihr betrübt worden seid, sondern weil euere Trauer zur Buße hingeleitet hat.“ Denen also, die hingeneigt sind zum Sündigen, müssen wir kein freudiges Gesicht bieten, um sie zu ergötzen; damit wir nicht ihrer Sünde beizustimmen scheinen und gewissermaßen sie ermutigen, weiter zu sündigen.  [171] 

Diese Tugend ist eine der Gerechtigkeit untergeordnete Tugend. Denn sie kommt mit dieser einerseits darin überein, dass sie sich auf den anderen, den Mitmenschen, bezieht; sie bleibt aber andererseits unter der Gerechtigkeit zurück, weil ihr Gegenstand nicht den vollendeten Charakter des Geschuldeten hat, soweit nämlich das Gesetz oder eine Wohlthat eine Schuld oder Verpflichtung auflegt; vielmehr kommt das Geschuldete in der Höflichkeit rein aus einer gewissen Wohlanständigkeit. Weil der Mensch von Natur gesellschaftlich angelegt ist, schuldet er infolge einer gewissen Wohlanständigkeit die Offenbarmachung der Wahrheit den anderen Menschen; denn ohne das könnte die menschliche Gesellschaft nicht bestehen. Ebenso kann der Mensch im Verkehr mit den anderen nicht gut bestehen ohne Annehmlichkeit; denn „niemand kann,“ so Aristoteles 8 Ethic. 5.), „einen ganzen Tag mit einem betrübten zubringen.“ Sonach verpflichtet den Menschen eine gewisse Wohlanständigkeit zu einem angenehmen Verkehr mit den anderen; wenn es nicht bisweilen nötig ist, sie zu betrüben. Die Sinnesergötzlichkeiten zügelt die Mäßigkeit. Der angenehme Verkehr aber hat seine Quelle in der Vernunft. Aristoteles will sagen, mit allen müsse man verkehren, wie es sich für einen jeden schickt; nicht als ob man in materiell gleicher Weise mit allen umgehen müsste. [172]
 

43. Schmeichlerei (adulatio)

Es entspricht wohl der Leutseligkeit, angenehm mit den anderen zu verkehren; aber, wo es notwendig erscheint, sei es unsere Sache, manchmal andere zu betrüben, falls es sich um die Erreichung eines Gutes oder die Vermeidung eines Übels handelt. Will also einer immer und in jedem Falle dem anderen Angenehmes sagen, so sündigt er durch das „zuviel“; und zwar wird er „gefällig“ genannt, wenn er nur freuen; Schmeichler, wenn er etwas dadurch gewinnen will. (4 Eth. 6.) Gemeinhin also sind Schmeichler solche, welche über das gebührende der Tugend hinaus anderen im Verkehr, sei es im Reden oder im Tun angenehm sein wollen. Beim Loben muss man auf die entsprechenden Umstände geben. Lobt man jemanden, um ihn damit zu trösten, damit er nicht im Leid vergehe, oder um ihn für den Fortschritt im Guten zu begeistern; so ist das, wenn die anderen Umstände dabei gebührend beachtet werden, tugendhaft. Lobt aber jemand den anderen in dem, worin er kein Lob verdient, nach Ps. 9.: „Der Sünder wird gelobt im Verlangen seiner Seele;“ oder in dem, wo noch keine Gewissheit vorhanden ist, nach Ekkli. 37.: „Vor seiner Rede lobe nicht den Menschen;“ oder darin, wo er leicht durch das Lob zur Eitelkeit verleitet wird, nach Ekkli. 11.: "Vor dem Tode sollst du den Menschen nicht loben;“ so gehört dies zur Schmeichelei. Ebenso wenn jemand den Menschen gefallen will, um die Liebe zu nähren, so ist das zu loben; denn das dient zum Fortschritte in der Liebe. Will er aber gefallen um Geldgewinnes willen oder wegen eitler Ruhmgier, so ist das Sünde, nach Ps. 52.: „Gott wird zerstreuen die Gebeine derer, die den Menschen gefallen;“ und Gal. 1.: „Wenn ich noch den Menschen zu gefallen suchte, so wäre ich kein Knecht Christi.“  [173] 
 

44. Freigebigkeit (liberalitas) und Geiz (avaritia), "Kinder des Geizes"

Nach Aristoteles (4 Ethic. 1.) „sind jene, welche in Unmäßigkeit viel vergeuden, nicht freigebig, sondern verschwenderisch;“ und ähnlich muss man über alle jene sprechen, die ihr Geld ausgeben, um Sünden zu begehen. Deshalb sagt Ambrosius: „Hilfst du jenem, der den Besitz anderer an sich zu reißen sucht, so ist das nicht Freigebigkeit; und ebenso wenig ist das vollkommene Freigebigkeit, wenn du gibst, mehr um zu prahlen wie um barmherzig zu sein.“ Wer also der übrigen Tugenden ermangelt, ist nicht freigebig, wenn er auch auf manche schlechte Werke viel verwendet. Es kann auch jemand ganz gut Vieles zu guten Werken verwenden, ohne dass er den inneren tugendhaften Zustand der Freigebigkeit hätte; denn auch andere Tugendwerke tun die Menschen, bevor sie den Zustand der entsprechenden Tugend besitzen, obgleich sie dies nicht in der nämlichen Weise wirken als ob sie die Tugend besäßen. Es können ebenso umgekehrt arme Personen, die tugendhaft sind, freigebig sein. Deshalb sagt Aristoteles (4 Eth. 1.): „Gemäß dem, was man hat, wird man als freigebig bezeichnet; denn nicht besteht diese Tugend in der Menge dessen, was man gibt, sondern in dem inneren Zustande des gebenden.“ Und Ambrosius schreibt (1. de offic. 30.): „Die Hinneigung oder der gute Wille macht die Gabe zu einer reichen oder zu einer ärmlichen und ist der Gradmesser ihres Wertes.“ [174] 
„Die Freigebigkeit ist gewissermaßen die rechte Mitte in Geldsachen.“- Aristoteles, 4 Eth. 1
Der freigebige ist nach 4 Eth. 1. geneigt, zu spenden und auszugeben. Er wird deshalb auch als weitherzig bezeichnet; denn was weit oder breit ist, lässt vielmehr ausfließen als dass es zuhält. Und dasselbe besagt der Name „freigebig“. Denn wer etwas vom Seinigen ausgibt, der macht sich gleichsam von dessen Behütung und Verfügung frei und zeigt, dass sein Herz dadurch nicht beengt oder beschränkt werde. Was aber ausgegeben wird vom einen zu gunsten des anderen, das sind die besessenen Güter, die mit dem Namen „Geld“ bezeichnet werden. Also ist die eigenste Materie der Freigebigkeit das Geld. Wie oben gesagt worden, wird die Freigebigkeit nicht so sehr nach dem Umfange des Gegebenen, wie nach dem guten Willen des gebenden bemessen. Dieser gute Wille oder die Hinneigung des gebenden aber bestimmt sich nach den Leidenschaften der Liebe und der Begierlichkeit; somit also der Freude oder der Trauer bei dem, was man gibt. Demgemäß bilden nun den unmittelbaren Gegenstand oder die direkte Materie der Freigebigkeit die inneren Leidenschaften als zu regelnde; für diese Leidenschaften selbst aber ist das Geld der äussere Gegenstand. Nach Augustinus „wird Alles, was die Menschen auf Erden besitzen und wovon sie Herr und Meister sind, Geld genannt“ (wonach pecunia von pecus dem Viehbestande kommt). Und Aristoteles erklärt: „Wir nennen Geld Alles das, dessen Wert durch die Münze gemessen wird.“ Die Gerechtigkeit stellt das Gleichmaß in den aussen befindlichen Dingen her; sie regelt aber nicht im eigentlichen Sinne die inneren Leidenschaften. Anders also ist das Geld Gegenstand der Gerechtigkeit und anders Gegenstand der Freigebigkeit. [175] 

Aristoteles (4 Eth. 1.) sagt: „Jeglichen Dinges wird einer sich im höchsten Grade gut bedienen, wenn er rücksichtlich dieses Dinges eine Tugend hat. Den Reichtum also wird einer gut gebrauchen, wenn er die Tugend hat, welche mit dem Gelde sich beschäftigt.“ Diese Tugend aber ist die Freigebigkeit. Also ist die eigentliche Tätigkeit der Freigebigkeit: das Geld gut gebrauchen. Die Wesensgattung einer Tätigkeit wird vom Gegentande aus bestimmt. Der Gegenstand aber der Freigebigkeit ist das Geld und Alles, dessen Wert mit Geld abgeschätzt werden kann. Da nun jede Tugend sich in gebührender Weise zu ihrem Gegenstande verhält, so muss auch die Tätigkeit für die Tugend der Freigebigkeit im gebührenden Verhältnisse stehen zum Gelde. Das Geld aber gehört zu den Gütern, deren Charakter als Gutes darin besteht, dass sie nützlich sind; erscheinen doch alle äusseren Güter bestimmt zum Gebrauche des Menschen. Also ist die der Freigebigkeit recht eigens entsprechende Tätigkeit: der gute Gebrauch des Geldes oder des Reichtums. Der Freigebigkeit entspricht es, das Geld gut zu gebrauchen; weil dasselbe ihr eigenster Gegenstand oder ihre Materie ist. Die Gerechtigkeit gebraucht das Geld, insoweit ihm der Charakter des Geschuldeten zukommt. Sache der Prachtliebe ist es, das Geld zu gebrauchen, um irgend ein großes Werk zu vollenden; also aus einem ganz besonderen Grunde. Deshalb fügt die Prachtliebe (Kap. 134) auch zur Freigebigkeit nur noch etwas hinzu. [176] 

"Des tugendhaften Sache ist es, nicht nur des entsprechenden Gegentandes der Tugend oder eines Werkzeuges dafür sich tatsächlich zu bedienen, sondern auch die gute Gelegenheit vorzubereiten für den tatsächlichen guten Gebrauch; wie zur Tugend der Stärke im Soldaten es gehört, nicht nur das Schwert gegen den Feind tatsächlich zu ziehen, sondern auch dasselbe zu schärfen und in der Scheide zu behalten. So nun entspricht es der Freigebigkeit, nicht nur das Geld gut zu gebrauchen, sondern die vorbereitenden Schritte zu treffen, damit dasselbe behütet werde für den geeigneten Gebrauch. Den nächsten Gegenstand der Freigebigkeit bilden die inneren Leidenschaften; und sonach ist es Sache der Freigebigkeit, den Menschen so zu regeln, dass er durch ungeregelte Anhänglichkeit an das Geld nicht vom gebührenden Gebrauche desselben abgehalten werde. Nun wird das Geld sowohl gebraucht für die eigenen Bedürfnisse und Auslagen als auch für Geschenke an andere. Also muss der freigebige darauf sehen, dass er nicht auf Grund ungeregelter Liebe zum Gelde von den zukömmlichen Ausgaben für sich oder für andere abgehalten werde. Und demnach beschäftigt sich die Freigebigkeit sowohl mit den Gaben für andere als auch mit dem Aufwande für die eigene Person; sie zieht darin die rechte Mitte. (4 Eth. 1.) Seneca spricht an dieser Stelle von der Freigebigkeit nur, soweit sie anderen schenkt. Denn aus diesem Grunde wird niemand freigebig genannt weil er sich selbst etwas schenkt." - Thomas von Aquin, II-II, q 117

"Die Freigebigkeit sei keine eigentliche Gattung in der „Tugendart“ Gerechtigkeit. Denn die Gerechtigkeit gibt dem anderen was sein ist; die Freigebigkeit, was ihr, nämlich der freigebigen Person selber, zugehört. Aber letztere Tugend kommt mit der Gerechtigkeit in zwei Dingen überein: 1. weil sie an erster Stelle sich auf den anderen bezieht wie auch die Gerechtigkeit; 2. weil sie mit den aussen befindlichen Dingen sich beschäftigt wie ebenfalls die Gerechtigkeit. Und deshalb betrachtet man die Freigebigkeit als eine zur Gerechtigkeit hinzutretende Tugend." Ib.

„Die starken und gerechten werden am meisten geehrt und nach diesen die freigebigen.“- Aristoteles, 1 Rhet. 9.

"Je höher das Gute steht, worauf eine Tugend sich richtet, desto besser sei die Tugend. An und für sich nun, ihrem Wesen nach, strebt die Freigebigkeit danach, die eigene Neigung rücksichtlich des Besitzes und des Gebrauches von Geld und Gut zu regeln; und danach steht der Freigebigkeit voran die Mäßigkeit, welche die auf den eigenen Körper bezüglichen Begierden und Ergötzlichkeiten regelt; noch mehr dann stehen voran die Stärke und Gerechtigkeit, welche als Zweck, worauf sie Alles beziehen, das Gemeinbeste verfolgen, die eine zur Zeit des Friedens, die andere zur Zeit des Krieges; allen voran stehen schließlich die Tugenden, welche zum göttlichen Gute hinbeziehen. Denn das göttliche Gut ragt über alles menschliche Gut hervor; unter den menschlichen Gütern aber steht das Gemeinbeste höher wie das Wohl einer Privatperson; und im Bereiche des letzteren steht der Körper und sein Wohl höher wie das von aussen kommende Gute. Sodann aber kann man berücksichtigen alles jenes Gute, zu dem die Freigebigkeit nicht ihrem Wesen nach zwar Beziehung hat; was wohl aber aus ihr folgt. Und danach bezieht sich auf alle erwähnten Güter die Freigebigkeit. Denn daraus dass der Mensch nicht am Gelde festhält, folgt, dass er es benutzt zum eigenen Nutzen, zum Besten anderer und zur Ehre Gottes. Und danach, weil die Freigebigkeit zu Vielem nützlich ist, hat sie einen gewissen Vorrang vor den anderen Tugenden. Weil aber Jegliches beurteilt wird nach seinem Wesen und nicht nach dem, was aus ihm folgt, so muss man schlechthin sagen, die Freigebigkeit sei nicht die größte Tugend. Das Geben von seiten Gottes kommt daher weil er die Menschen liebt, denen er gibt; nicht aus irgend einer Hinneigung mit Bezug auf das, was er gibt. Also gehört dies mehr zur Liebe, wie zur Freigebigkeit. Jede Tugend nimmt am Charakter des Guten teil mit Rücksicht darauf, dass von derselben die ihr eigene Tätigkeit ausgeht. Die Tätigkeiten mancher anderer Tugenden aber sind besser wie die, deren Gegenstand nur das Geld ist; also wie die der Freigebigkeit. Man liebt die freigebigen auf Grund des eigenen Nutzens nur; denn sie bieten mehr Nutzen in den aussen befindlichen Gütern, nach denen der Mensch sich so sehr sehnt. Und wegen derselben Ursache rühmt man sie und nennt ihre Namen." - Thomas von Aquin, II-II, q 117

"Wo auch immer etwas Gutes sich findet, da bestehe es in den gebührenden Grenzen. Wird das bestimmte Maß überschritten oder nicht erreicht, so folgt daraus ein Übel. Das Maß aber oder die Grenzen für alles Zweckdienliche bildet der Zweck; wie für die Medizin das bestimmende Maß die Gesundheit ist. (1 Polit. 6.) Da also die äusseren Güter den Charakter des zum Zwecke Dienlichen und Nützlichen haben und nur in diesen Grenzen wahre Güter sind, so ist das Überschreiten dieses Maßes, nämlich dass sie dem Menschen gemäß seinem Stande und seiner Lage zum Lebensunterhalte dienen, offenbar Sünde; und wird dies „Geiz“ oder „Habsucht“ genannt, wenn jemand über das gebührende Maß hinaus sie erwerben oder aufbewahren will; so dass Habsucht ist: „die ungeregelte Sucht, zu haben.“ Als Zweckdienliches wird das Äusserliche von Natur aus durch den Menschen begehrt. Der Geiz aber überschreitet dieses Maß. Soweit der Geiz ohne Maß erwirbt oder zurückhält die äussern Güter, welche für alle da sind, ist er eine Sünde gegen den Nächsten; denn da zeitliche Güter nicht von vielen zugleich besessen und gebraucht werden können, so kann der eine nicht großen Überfluß daran haben, ausser wenn der andere darbt. Insoweit ferner der geizige ungeregelte Neigungen zu Geld und Gut hat und daran sich ohne Maß ergötzt, sündigt er gegen sich selbst; denn die innere Neigung, wenn auch nicht der Körper, ist ungeordnet. Und insoweit wegen eines zeitlichen Gutes dabei das ewige Gut verachtet wird, ist Sünde gegen Gott vorhanden. Die natürlichen Neigungen sollen gemäß der Vernunft geregelt werden. Wenn somit auch die Greise wegen der Schwäche in ihrer Natur begieriger sind im Suchen nach äusseren Hilfsmitteln, wie ja ebenso jeder bedürftige Aushilfe sucht für seine Notdurft; so sind sie doch damit nicht entschuldigt, wenn sie ohne Maß nach Reichtum suchen." Ib., q 118

"Der Reichtum aber besitzt an sich den Charakter eines nützlichen Gutes; denn er wird in dem Maße erstrebt als er in den Gebrauch des Menschen kommt. Also ist eine besondere Sünde der Geiz, wonach dieses an sich nützliche Gut, das Geld oder der zeitliche Besitz, ungeregelterweise erstrebt wird. Weil jedoch dieses Wort „haben“, welches gemäß seiner ursprünglichen Bedeutung auf den Besitz sich bezieht, weil wir dessen durchaus Herr und Meister sind, auf vieles Andere angewandt wird, wie man sagt, man habe Gesundheit, man habe eine Frau; deshalb findet sich der Name „Habsucht“ oder Geiz auch auf andere beliebige ungeregelte Begierden angewandt; wie Gregor (16. in Evgl.) sagt: „Die Habsucht sei nicht nur auf Geld gerichtet, sondern auch auf hohe Stellungen, wenn diese mit Ehrgeiz gesucht werden.“ Dieser letzten Auffassung nun gemäß ist die Habsucht eine allgemeine Sünde; und danach spricht Augustinus. Alle äußeren Dinge, welche von den Menschen gebraucht werden sind nützlich und werden insoweit unter dem Ausdrucke „Geld“ verstanden. Die Begierde aber nach solchen äusseren Gütern, die, wie Vergnügen, Ehre etc. mit Geld zwar erworben werden können, jedoch nicht als nützliche begehrenswert sind, wird nicht als Geiz, nämlich als die besondere Sünde des Geizes betrachtet." Ib.

"Der Geiz schließe mit Rücksicht auf den Reichtum Maßlosigkeit in doppelter Weise in sich ein: 1. unmittelbar, soweit es auf das Annehmen und Aufbewahren von Geld und Gut ankommt, wenn nämlich jemand Geld erwirbt über das ihm geschuldete Maß hinaus dadurch dass er fremdes Gut an sich reißt und behält; und danach ist der Geiz entgegengesetzt der Gerechtigkeit; wie dies Ezechiel 22. nimmt: „Seine Fürsten in seiner Mitte wie Wölfe, welche Beute rauben, um Blut zu vergießen; und wie geizige, die nur auf Gewinn sinnen.“ Sodann 2. mittelbar, wenn jemand zu viel sein eigenes Geld liebt oder über das Maß hinaus danach begehrt oder zu sehr sich daran ergötzt; und danach steht der Geiz gegenüber der Freigebigkeit, welche dergleichen innere Neigungen regelt, Demgemäß sagt Paulus (2. Kor. 9.): „Sie mögen dafür sorgen, dass der versprochene Segen bereit sei; und dass derselbe so ein wirklicher Segen und nicht Geiz werde,“ nämlich: „dass es ihnen nicht leid tue, weil sie geben, und es nur wenig sei, was sie geben.“ Da ist die Rede vom Geize nach der erstgenannten Auffassung; den Geiz in der zweiten Weise nennt Aristoteles: Mangel an Freigebigkeit. Die Gerechtigkeit bestimmt die rechte Mitte zwischen Empfangen und Geben nach dem Gesetze, dass der Mensch kein fremdes Gut nehme und behalte; die Freigebigkeit regelt die Anhänglichkeit an das Geld von seiten der inneren Leidenschaften und ist da bloß von moralischer Verpflichtung die Rede. Der Geiz als der Gerechtigkeit entgegengesetzt hat kein ihm entgegengesetztes Laster. Denn der Geiz will mehr haben als was geschuldet ist; und diesem steht entgegen das „weniger haben“, was nicht Schuld, sondern Strafe ist. Der Geiz aber als der Freigebigkeit entgegen hat als entgegengesetztes Laster die Verschwendung." Ib.

„Finsternis für die Seele ist die Geldgier.“- Chrysostomus

Insoweit (vgl. oben) der Geiz zur Gerechtigkeit im Gegensatze steht, ist er nach Thomas Todsünde; denn in diesem Falle reißt jemand durch Raub, Diebstahl etc. fremdes Gut an sich. Lässliche Sünde besteht da nur auf Grund dessen dass der betreffende Akt nicht vollendet ist, wie Kap. 66 gesagt wurde, als es sich um den Diebstahl handelte. Wird der Geiz angesehen als im Gegensatze zur Freigebigkeit, so ist er dann Todsünde, wenn die Regellosigkeit in der Neigung zum Gelde so groß erscheint, dass sie der heiligen Liebe vorgezogen wird; wenn jemand nämlich es nicht scheuen würde, gegen die Liebe Gottes und des Nächsten zu handeln. Reicht aber die ungeordnete Begierde nicht bis zu diesem Grade, so ist der Geiz eine lässliche Sünde. Die Begier nach Geld verfinstert die Seele dann, wenn sie das Licht der heiligen Liebe ausschliesst; wenn sie nämlich die Liebe zum Gelde vorzieht der Liebe Gottes. Nicht nur viele muslimisch-arabischen Clans ziehen "Liebe zum Gelde" vor, auch muslimischen Hilfsorganisationen fehlt "das Licht der heiligen Liebe", da sie Christus verleugnen. "Die Begier nach Geld verfinstert die Seele dann, wenn sie das Licht der heiligen Liebe ausschliesst." Das Geld wird an der falschen Stelle ausgegeben und verschwendet, zum Beispiel für unsinnige Bauten in Mekka oder dem Aufbau krimineller islamischer Hilfsorganisationen wie der Hamas, gegen die es sogar Foltervorwürfe gibt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat der islamistischen Hamas sowie der Palästinenserregierung von Mahmud Abbas vorgeworfen, ihre Kritiker routinemäßig festzunehmen und zu foltern. In mehr als zwei Dutzend Fällen seien Menschen ohne eindeutigen Grund festgenommen worden. Sie hätten lediglich einen kritischen Text geschrieben oder einer missliebigen Organisation angehört, berichtete Human Rights Watch. Die Organisation forderte unter anderem die EU und die Vereinigten Staaten auf, ihre Unterstützung für die entsprechenden Behörden einzustellen, bis diese die Praktiken beendeten. „Forderungen palästinensischer Vertreter, die Rechte der Palästinenser zu schützen, klingen hohl, während sie selbst Kritik im Keim ersticken“, hieß es. [177] 

Insoweit eine Sünde vom Übel ist, besteht sie im Verderben oder im Mangel eines Gutes; insoweit sie freiwillig ist, besteht sie im Begehren nach einem Gute. Also kann man die Schwere einer Sünde 1. bemessen nach der Größe des Guten, was verachtet wird; und danach ist die Sünde, welche sich gegen Gott unmittelbar richtet, die schwerste; dahinter kommt die Sünde gegen den Menschen und darauf die Sünde, die sich mit den äusseren vom Menschen gebrauchten Dingen beschäftigt, wozu also der Geiz gehört. Es wird 2. die Schwere einer Sünde bemessen nach dem Gute, dem sich das ungeregelte Begehren unterwirft; und so ist eine Sünde um so ungeregelter und somit um so schimpflicher, je geringer das Gut ist, dem sie ungeregelterweise anhängt. Nun stehen die äusseren Güter am tiefsten unter allen Gütern, auf die das menschliche Begehren sich richten kann; noch tiefer nämlich als die körperlichen Ergötzlichkeiten. Danach also hat der Geiz einen besonderen hervorragenden Grad der Hässlichkeit. Weil aber der Mangel am Guten sich in formal bestimmender Weise bei der Sünde verhält, die Zuwendung zu einem vergänglichen Gute in material bestimmbarer Weise; deshalb muss man vielmehr die Schwere einer Sünde beurteilen nach dem Guten, was verdorben wird und somit mangelt, als nach dem Gute, dem der Sünder sich unterwirft. Danach ist also die Habsucht nicht die größte Sünde. Jene Stellen sprechen vom Geize, insoweit er sich den geringsten Gütern unterwirft; weshalb auch Ekkli. 10. bezeichnend als Grund hinzugefügt wird, „der geizige halte seine Seele feil,“ weil er nämlich seine Seele, d. h. sein Leben, Gefahren aussetzt, um Geld zu gewinnen. Auch Cicero fügt hinzu, es sei dies Sache eines „engen Herzens“; nämlich dem Gelde Untertan zu werden. Augustinus nimmt hier „Begierde“ für die Sucht nach irgend welchem zeitlichen Gute, nicht speziell für Geiz; infofern nämlich der Mensch um zeitlicher Güter willen das ewige Gut verachtet. "Die Sünde gegen den heiligen Geist ist unheilbar auf Grund der Verachtung, weil nämlich der Mensch die Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit Gottes oder im allgemeinen Solches, wodurch er von der Sünde abgezogen wird, verachtet; da kommt also die Unheilbarkeit von der größeren Schwere der Sünde. Der Geiz aber hat seine Unheilbarkeit vom menschlichen Mangel her, worin die Natur des Menschen, je länger sie dauert, immer weiter vorangeht. Denn je ohnmächtiger der Mensch wird, desto mehr bedarf er des Beistandes der äusseren Dinge und desto mehr fällt er daher in Geiz. Dadurch tritt also nicht so sehr die Schwere der Sünde hervor, als ihre Gefährlichkeit. Wie der Götzendiener sich einer aussen befindlichen Kreatur unterwirft, so ähnlich auch der Geiz; aber nicht in derselben Weise. Denn der Götzendiener bringt dieser Kreatur göttlichen Kult dar; der geizige aber begehrt das Geld ungeregelterweise zu seinem Gebrauche, nicht als Kultgegenstand. Und somit braucht der Geiz nicht eine so schwere Sünde zu sein wie der Götzendienst." Es ist kein großer Unterschied, ob man "wie der Götzendiener sich einer aussen befindlichen Kreatur unterwirft" oder wie die Muslime einem falschen abstrakten Gott unterwerfen. Für beide Fälle gilt: "die Sünde gegen den heiligen Geist ist unheilbar auf Grund der Verachtung." [178] 

"Geistige Sünden werden diejenigen genannt, welche im Ergötzen der geistigen Auffassung bestehen ohne fleischliches Ergötzen. Und derartig ist der Geiz; denn der geizige findet seine Freude darin, sich als den Besitzer von Reichtum aufzufassen. Also ist der Geiz eine geistige Sünde. Der Geiz sucht am körperlichen Gegenstande kein fleischliches Ergötzen, sondern folgt der durch die Sinne vermittelten Auffassung. Allerdings steht er auf Grund des körperlichen Gegenstandes in der Mitte zwischen den rein fleischlichen und rein geistigen Sünden (wie z. B. dem Stolze, der nur den Vorrang sucht). Die Bewegung wird benannt nach ihrem Abschlusspunkte, nicht nach ihrem Ausgangspunkte. Fleischlich also heisst eine Sünde, weil sie ihren Abschluss sucht in körperlichem Ergötzen; nicht aber weil sie ausgeht von einem Mangel im Körper. Chrysostomus vergleicht den geizigen mit jenem vom Teufel besessenen (Mark. 5.); nicht weil dieser im Fleische gequält wurde, sondern wegen des Gegensatzes, weil nämlich wie der besessene sich entkleidete, so der geizige sich immer mehr mit Geld und Gut umgibt." - Thomas von Aquin, II-II, q 118

"So ist doch der Geiz ein Hauptlaster; denn er geht auf das Geld, welches einen gewissen Vorrang hat unter den sinnlich wahrnehmbaren Gütern. Die Verschwendung aber besitzt keinen an erster Stelle erstrebbaren Zweck, sondern scheint mehr aus einem Mangel an Vernunft hervorzugehen: „Der Verschwender ist mehr leer und eitel wie schlecht,“ sagt Aristoteles. (4 Ethic. 1.) Ib.

Unter dem Gesichtspunkte des Begehrens nach dem Zwecke des Geizes, also nach dem Gelde, müssen die "Kinder des Geizes" gewürdigt werden. 1. Nun hält der geizige im Übermaße fest an dem Besessenen; und daraus entspringt die Hartherzigkeit. 2. Ist der geizige übermäßig im Annehmen oder Erwerben von Geld und Gut; und zwar a) in der Hinneigung und so ist die Unruhe ein Kind des Geizes, denn „der geizige ist nie gesättigt am Gelde“ (Ekkle. 5.); b) im Wirken; "und so folgt aus dem Geize die Gewalttätigkeit, welche mit Gewalt fremdes Gut an sich reisst; dann die List, welche, wenn sie in Worten besteht Täuschung heisst und bei hinzugefügtem Eide Meineid; besteht es im Tun, so ist das dann, soweit es sich um Personen handelt, Verrat, geht es bloß um Dinge, Betrug. Zu dem Zwecke des einen Lasters können Beziehung haben Sünden, die zu einer anderen „Art“ gehören. Denn etwas Anderes ist es, dass ein Laster Kinder; und etwas Anderes, dass es Gattungen, die also an derselben „Art“ teilnehmen, hat. Es brauchen also die Kinder einer Hauptsünde nicht zur selben Sündenart zu gehören. Die Lüge und das falsche Zeugnis ist in der „Täuschung“ nach Gregor enthalten. Der Diebstahl ist eine besondere Gattung von „Trug“. Das Begehren nach schimpflichem Gewinne ist in der „Unruhe“ enthalten; die Raubsucht in der „Gewalttätigkeit“; die Unmenschlichkeit ist dasselbe wie „Hartherzigkeit“." Auf diese Weise haben sich die Muslime ausgebreitet, mit Hilfe der "Kinder des Geizes" durch Lüge, falsches Zeugnis, Diebstahl, Trug, "Begehren nach schimpflichem Gewinne", „Gewalttätigkeit“, Unmenschlichkeit, die dasselbe ist wie „Hartherzigkeit“ [179] 
 

45. Verschwendung (prodigalitas)

Im Bereiche des Moralischen wird der Gegensatz zwischen den Lastern und zwischen dem Laster und der Tugend gemäß dem „zuviel“ und „zuwenig“ bemessen. Nun ist der geizige im Übermaße dem Gelde innerlich ergeben; der Verschwender aber hat zu wenig Sorge um das Geld weniger nämlich als seine Pflicht erfordern würde. Also steht der Geiz im Gegensatze zur Verschwendung. Und zwar ist es Sache des Verschwenders, übermäßig zu sein im Geben; zu ermangeln aber des Zurückhaltens und des Erwerbens; dagegen ermangelt der geizige des Gebens und ist übermäßig im Zurückhalten und Erwerben. Unter verschiedenen Gesichtspunkten können einander entgegengesetzte Dinge in ein und derselben Person sein. Es wird aber jemand benannt nach dem, was an leitender Stelle ihm innewohnt. Wie nun in der Freigebigkeit die Hauptsache ist das Geben, wozu das Entnehmen und Bewahren hingeordnet erscheint, so wird auch der Geiz und die Verschwendung in erster Linie beurteilt gemäß dem Geben. Wer also über das Maß hinaus gibt, der ist verschwenderisch; und wer ermangelt des Gebens, der ist geizig. Es kann jedoch jemand im Geben ermangeln, der aber nicht über das Maß hinausgeht im Entnehmen und Erwerben. Und ähnlich kann jemand zu viel geben, kann verschwenderisch sein und zugleich damit wie in notwendiger Folge im Übermaße sich finden im Entnehmen; denn weil ihm für das Geben nicht Jenes genügt, was er erlaubterweise erwirbt, ist er gezwungen, fremdes Gut sich anzueignen, was dem Geize zugehört. Der Verschwender nämlich gibt nicht auf Grund der Tugend; und somit ist er nicht in Sorge in welcher Weise er sich Geld verschafft. Der Verschwender hat die Leidenschaft, zu wenig Sorge zu tragen um das Geld. Nicht immer haben die Verschwender als Zweck das Vergnügen vor sich; sondern manchmal sind sie von Natur zum Verschwenden angelegt oder sie geben manchmal aus anderen Gründen aus. Zum größten Teile freilich sind sie zu den fleischlichen Ergötzungen hingeneigt; denn da sie sich am Glücke der Tugend nicht erfreuen, haben sie ihre Freude am körperlichen Ergötzen. Und zudem scheuen sie sich nicht, auf Vergnügungen ihr Geld zu verwenden, wozu die Begierlichkeit bereits hinneigt, da sie doch die Neigung haben, es für andere auszugeben: „Viele Verschwender werden unmäßige,“ sagt deshalb Aristoteles. (4 Ethic. 1.) [180] 

"Der Freigebige also gibt manchmal Größeres wie der Verschwender; wenn nämlich es notwendig ist." Wirklich freigebig kann jedoch niemand sein, der dem islamischen Gott folgt, denn er wird das Geld immer an der falschen Stelle einsetzen, wie gezeigt wurde. [181] 

An sich betrachtet ist die Verschwendung eine geringere Sünde; 1. weil der Geiz mehr im Gegensatze steht zur Freigebigkeit, deren Haupttätigkeit das Geben ist, worin der Verschwender das Maß überschreitet; während der geizige zu viel behält und empfängt; 2. weil der Verschwender vielen nützlich ist; der geizige niemandem, nicht einmal sich selbst; 3. weil die Verschwendung leichter heilbar ist; denn schon das Alter vermindert sie und die Armut und Not; sonach wird der Verschwender leicht zur rechten Mitte der Tugend geleitet, deren Ähnlichkeit er bereits in sich hatte. Der geizige aber ist nicht leicht heilbar. Der Unterschied zwischen dem Verschwender und dem geizigen kommt nicht von da her, dass man gegen sich selbst oder gegen den Nächsten fehlt. Denn der Verschwender sündigt sowohl gegen sich selbst, da er das Seinige verausgabt, wovon er leben sollte, als auch gegen den Nächsten, da er Güter verschwendet, von denen aus er für andere sorgen könnte; wie dies besonders bei den Klerikern so recht hervortritt, den Verwaltern des Kirchengutes als des Gutes der armen. Denn letztere werden um das Ihrige betrogen, wenn die Kleriker mit dem anvertrauten Gute verschwenderisch umgehen. Und ähnlich sündigt der geizige gegen andere, weil er nichts gibt und ebenso gegen sich selbst; weshalb es Ekkle. 6. heisst: „Ein Mann, dem der Herr Reichtum verliehen; und er hat ihm nicht die Gewalt gegeben, davon zu genießen.“ Der Verschwender jedoch schadet so sich selbst und anderen dass er doch wenigstens einigen nützlich ist; wahrend der geizige weder sich selbst nützt noch den anderen; denn er wagt nicht einmal für sich selber das Seinige zu gebrauchen. Sprechen wir gemeinhin von den Lastern, so beurteilen wir ein jedes nach seinem eigenen inneren Wesen; wie die Verschwendung übermäßig gibt, der Geiz übermäßig zurückbehält. Dass jemand nun aus Unmäßigkeit verschwendet, dies bezeichnet bereits viele Sünden; so dass solche Verschwender auch immer schlechter werden. (4 Eth. 1.) Dass aber der geizige kein fremdes Gut in Anspruch nehmen will, ist zwar an sich lobenswert. Aber infolge der Ursache, die ihn dazu treibt, ist es tadelnswert; denn er will von anderen nichts nehmen, damit er nicht gezwungen sei, zu geben. [182] 
 

46. Billigkeit (epieikeia)

Weil die menschlichen Handlungen sich unter einzelnen Umständen vollziehen und somit endlosen Veränderungen zugänglich sind; deshalb ist es nicht möglich, ein Gesetz zu machen, das für jeden betreffenden Fall angewandt werden könnte. Vielmehr berücksichtigen die Gesetzgeber in ihren gesetzgeberischen Arbeiten das, was gewöhnlich vorkommt; und demgemäß erlassen sie Gesetze, die zu befolgen jedoch in manchen Fällen gegen die mit der Gerechtigkeit verträglichen Billigkeit wäre und gegen das vom Gesetze beabsichtigte Gemeinbeste. So z. B. ordnet ein Gesetz an, das anvertraute Gut solle man zurückerstatten, weil dies für gewöhnlich ein Erfordernis der Gerechtigkeit ist;  "bisweilen aber würde die Befolgung dieses Gesetzes schädlich sein, wenn z. B. ein rasender in der Raserei das anvertraute Schwert von dem betreffenden zurückforderte; oder wenn man das anvertraute Gut verwenden wollte zur Bekämpfung des Vaterlandes. In solchen Dingen also ist es gut und erfordert, das Gesetz beiseite zu lassen und zu tun, was die gerechte Billigkeit und der allgemeine Nutzen erfordert. Und dazu dient die Billigkeit, die demnach eine Tugend ist. Die Billigkeit übersieht nicht das schlechthin Gerechte, sondern nur, soweit dasselbe durch positives Gesetz bestimmt ist. Auch ist sie nicht gegen Strenge, welche, wo es notwendig ist, das Gesetz begleitet. Dem Wortlaute allein des Gesetzes folgen in dem, worin dies nicht geziemt, ist fehlerhaft. Deshalb heisst es: „Unzweifelhaft fehlt jener gegen Gesetz, welcher auf die Worte allein des Gesetzes gerichtet gegen den Willen des Gesetzgebers angeht.“ So könnte Frau Merkel als solche bezeichnet werden, die "das anvertraute Gut verwenden wollte zur Bekämpfung des Vaterlandes", nämlich für das mehrheitlich christliche Deutschland und Europa einzustehen, statt es mit Muslimen zu überfluten. [183] 

Aristoteles (5 Ethic. 10.): „Die Billigkeit ist etwas Gerechtes.“ In der letzten Weise, wird nun von der Billigkeit gesagt, sie sei eine gewisse Gerechtigkeit. Also ist die Billigkeit ein subjektiver Teil der Gerechtigkeit. Und von ihr wird die Gerechtigkeit früher ausgesagt wie von der öffentlichen gesetzlichen Gerechtigkeit. Denn die öffentliche gesetzliche Gerechtigkeit wird verwaltet auf Grund und mit Voraussetzung der Billigkeit. Also ist letztere gewissermaßen eine höhere Regel der menschlichen Handlungen. Die Billigkeit entspricht der öffentlichen, durch Gesetze geregelten Gerechtigkeit; sie ist aber einerseits in ihr enthalten und geht andererseits über sie hinaus. Denn wenn öffentliche Gerechtigkeit genannt wird jene, die dem Gesetze folgt, sei es dass der Wortlaut in Betracht kommt, sei es dass die Absicht des Gesetzgebers erwogen wird, so ist die Billigkeit ein (der letztgenannte) Teil der Gerechtigkeit und zwar der hauptsächliche. Wird aber öffentliche Gerechtigkeit genannt jene, welche nur den Wortlaut des Gesetzes berücksichtigt, so ist davon nicht die Billigkeit ein Teil; sondern dieselbe alsdann ein Teil der Gerechtigkeit, die gemeinhin so genannt wird, und geht über die öffentliche Gerechtigkeit hinaus. Aristoteles meint: Wer den Sinn des Gesetzes beachtet, sei besser wie jener, der nur die mechanischen Worte für maßgebend hält. „Gerechtigkeit“ heisst da nicht „jede Gerechtigkeit“, sondern die öffentliche. [184]
 

47. Vorschriften der Gerechtigkeit (praeceptis iustitiae), die zehn Gebote

"Also mußte bei demjenigen, der durch das Gesetz gut gemacht werden sollte, gleichsam ein Fundament gelegt werden; nämlich das der Tugend der Religion, wodurch der Mensch gebührend geregelt wird zu Gott hin, dem letzten Endzwecke des menschlichen Willens. Ferner müssen beim Entstehen oder Herrichten von etwas vor Allem die Hindernisse entfernt werden; wie der Landmann den Acker zuerst von Steinen reinigt und dann den Samen hineinwirft, nach Jerem. 4.: „Wetzet euch das Messer und säet nicht auf Dornen.“ Also musste bei der Tugend der Gottesverehrung oder Religion zuvörderst das Hindernis der wahren Gottesverehrung entfernt werden. Dieses aber besteht in erster Linie darin, dass der Mensch einem falschen Gott anhängt, nach Matth. 6.: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Und danach wird im ersten Gebote der Kult falscher Götter ausgeschlossen. Auch unter den drei ersten Geboten, welche alle drei die Tugend der Religion betreffen, findet sich ein affirmatives, nämlich das dritte: „Gedenke, dass du den Sabbath heiligest.“ Zuerst aber mussten, wie das die Ordnung des Entstehens mitsichbringt, die Hindernisse entfernt werden. Denn der Natur nach ist zwar das Behaupten früher wie das Verneinen; aber nicht beim Entstehen oder Herrichten von etwas. Da ist das Entfernen der Hindernisse das Erste; und zumal wenn es sich um Gott und göttliche Dinge handelt, wo Verneinungen, wo das Entfernen des Unvollkommenen also vorgezogen wird den positiven Beziehungen; nämlich wegen unserer Schwäche und Ohnmacht, (Dionys. 2. coel. hier.) Manche verehrten Kreaturen als Gott ohne Bilder, wie Varro den alten Römern erzählt; dieser Kult wird mit den ersten Worten verboten. Bei anderen waren falsche Götter verehrt unter gewissen Bildern; und dies wird durch den zweiten Absatz verboten; endlich soll man die Bilder selbst nicht ehren. Aller andere Aberglaube kommt von einem stillschweigenden oder ausdrücklichen Übereinkommen mit dem Teufel; er ist also eingeschlossen im Verbote: „Du sollst keine fremden Götter haben.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 122
Es mussten zuerst die Hindernisse entfernt werden, ehe der Mensch in der wahren Tugend der Religion fest gegründet werden konnte. Es musste "das Hindernis der wahren Gottesverehrung entfernt werden", also falsche Götter ausgeschlossen werden, heute wäre es vor allem der Gott des Islams. Denn vom Muslim kann man sagen, dass er sich "in einem ungebührlichen Kult Gottes verwickelt" und für die wahre Religion untauglich wird. "Zuerst ward also das Übermäßige betreffs dieser Tugend verboten, wenn jemand nämlich göttliche Verehrung erweist dem, welchem sie nicht zugehört, oder wenn er sie in ungebührender Weise darbietet; was der Aberglaube tut. Dann wird der Mangel an Achtung vor Gott, die Irreligiosität, verboten, wodurch Göttliches vielmehr verachtet wird. Der Aberglaube nun hindert die Tugend der Religion mit Rücksicht darauf, dass man den wahren Gott nicht anerkennt als aller Ehre würdig. Denn wer sich in einem ungebührlichen Kult Gottes verwickelt hat, der kann nicht zugleich den einzig Gott gebührenden Kult annehmen und ausüben, nach Isai. 28.: „Zu eng ist das Lager; einer muss herunterfallen,“ nämlich der falsche oder der wahre Gott muss aus dem Herzen des Menschen weichen „und ein kurzer Mantel kann nicht beide bedecken.“ Die Irreligiosität aber hindert die Tugend der Gottesverehrung in der Weise, dass Gott, nachdem er als der wahre anerkannt und aufgenommen worden, nicht geehrt wird." Früher aber ist es, Gott aufnehmen und anerkennen, um ihn zu ehren; als Ihn, nachdem man Ihn anerkannt, nicht ehren. Also wird mit Recht an die erste Stelle gesetzt das Verbot des Aberglaubens; und erst an zweiter Stelle kommt das Verbot des Meineids, das sich auf die Irreligiosität bezieht. Jene Erklärungen sind mystische oder figürliche. Die wörtliche Erklärung steht bei Deut. 5.: „Du sollst den Namen deines Gottes nicht vergeblich führen;“ d. i. „indem du beschwörest eine Sache, die nicht ist.“ Nicht jegliches Gebrauchen des Namens Gottes wird hier verboten; sondern im eigentlichen Sinne jener eitle Gebrauch des göttlichen Namens, wodurch ein menschlicher Ausdruck wie eidlich bekräftigt werden soll. Als Folgerung davon kann gelten, dass man überhaupt den Namen Gottes nicht in ungeordneter Weise in den Mund nehmen soll. „Vergeblich“ oder „um nichts“ schwören heisst zuvörderst: falsch schwören. Denn da ist nichts vorhanden, was durch den Eid bekräftigt werden könnte. Schwört aber jemand ohne Urteil; so ist doch etwas Wahres zu Grunde liegend und der Mangel ist nur auf seiten des schwörenden, der ohne gehörigen Grund schwört. Demjenigen, der unterrichtet werden soll, werden zuerst einzelne allgemeine, auf Alles anwendbare Grundwahrheiten vorgetragen. So geschieht es auch in den zehn Geboten, in denen der Mensch den ersten Unterricht für die Tugend empfängt. Es wird da geboten und verboten, was dem Menschen gemeinhin im gewöhnlichen menschlichen Leben zu begegnen pflegt. Und deshalb wird da der Meineid oder das leichtsinnige Schwören erwähnt, was gewöhnlicher bei den Menschen vorzukommen pflegt, wie die Gotteslästerung. [185] 

"Ich antworte, nach Entfernung der Hindernisse durch die ersten zwei Gebote werden jetzt die Menschen in der wahren Gottesverehrung festgegründet. Dazugehört: Gott den gebührenden Kult darbringen. Wie aber in der Schrift die innere Anbetung Gottes unter Benutzung der Ähnlichkeiten körperlicher Dinge gelehrt wird, so knüpft der äussere Kult an ein äusseres sichtbares Zeichen an. Und weil zum inneren Kulte Gottes, der im Gebete und in der Andacht besteht, der Mensch bereits angetrieben wird im eigenen Innern durch den heiligen Geist; so musste das Gesetz von seiten Gottes gegeben werden mit Rücksicht auf den äusseren Kult und demgemäß nach einem sinnlich wahrnehmbaren Zeichen. Da ferner die zehn Gebote wie allgemein zugängliche, erste Grundwahrheiten sind, so knüpfte das dritte Gebot beim Vorschreiben des äusseren Kultes an das äussere Zeichen der allgemeinsten Wohlthat seitens Gottes an, nämlich an die Darstellung des Werkes der Schöpfung, wovon Gott ruhte am siebenten Tage; denn um dies zu bezeichnen ward der siebente Tag ausgewählt, damit er heilig gehalten d. h. zu Gottes Dienst verwandt werde. Deshalb fügt Exod. 20. zum Gebote der Heilighaltung des Sabbaths hinzu, „denn in sechs Tagen schuf Gott Himmel und Erde; und am siebenten Tage ruhte er.“ Nach dem Wortverständnisse ist das dritte Gebot teils ein moralisches, teils ein Ceremonialgebot. Es ist ein Moralgebot mit Rücksicht darauf dass der Mensch eine Zeit in seinem Leben feststellt, um dem Dienste und der Verehrung Gottes sie zu widmen. Denn von Natur besteht im Menschen die Neigung, dass er für Alles das, was ihm notwendig ist, eine gewisse Zeit bestimmt; wie z. B. für das Essen, Schlafen etc. Demgemäß widmet auch der geistigen Erholung in Gott, ganz nach der Anordnung der natürlichen Vernunft, der Mensch eine gewisse Zeit. Dies also, eine gewisse Zeit in vorher bestimmter Weise festhalten, um göttlichen Dingen sie zu widmen, fällt unter das Moralgebot. [186] 

„Die Schmiede und sonstigen Handwerker feiern am Tage des Sabbaths; der aber das göttliche Gesetz erklärt und die Wahrheit lehrt, steht nicht ab von seinem Werke und verletzt trotzdem nicht den Sabbath; wie ja auch die Priester im Tempel am Sabbathe wirken und ohne Sünde sind.“- Origenes, hom. 23. in Mem.zu Num. 28. (die autem sabbati)
Der Sonntag ist im Neuen Bunde an die Stelle des Sabbaths getreten; nicht zwar infolge einer Vorschrift des Gesetzes, sondern auf Grund kirchlicher Bestimmung und des Gebrauches im christlichen Volke. Denn die Beobachtung des Sonntags ist nichts Figürliches wie es die Beobachtung des Sabbaths war im Alten Gesetze. Deshalb ist das Verbot, am Sonntage zu arbeiten, nicht so streng und eng wie es das Verbot war, am Sabbathe zu arbeiten. Vielmehr werden manche körperliche Arbeiten nun am Sonntage erlaubt, die vorher im Alten Gesetze verboten waren; wie das Bereiten und Kochen der Speisen und Ähnliches. Und ebenso wird in manchen sonst verbotenen Werken, wenn ein Notfall eintritt, leichter dispensiert, im Neuen wie im Alten Bunde. Denn das, was figürlich ist, gehört zum Bekenntnisse der Wahrheit und darf letztere auch nicht im mindesten außer acht gelassen werden; während die Werke selber an sich betrachtet veränderlich sind und anders beurteilt werden können nach den verschiedenen Zeit- und Ortsumständen. [187] 

"Ich antworte; wie infolge der Gerechtigkeit geleistet wird, was man einzelnen bestimmten Personen schuldet auf Grund besonderer Verpflichtung, so auch das, was man gemeinhin allen schuldet. Also nach den drei ersten Geboten, die sich auf die Religion beziehen, kraft deren Gott gegenüber wir das Ihm Geschuldete leisten; und nach dem vierten, das sich auf die Hingebung oder Pietät bezieht und unsere Verpflichtung gegen die Eltern regelt, in welcher die auf besonderen Gründen beruhenden Verpflichtungen gegen einzelne bestimmte Personen eingeschlossen sind; mussten einige Gebote kommen, welche zur eigentlich so genannten Gerechtigkeit gehören und wonach man den Verpflichtungen, die man unterschiedslos gegem alle Menschen hat, gerecht wird. Dies sind die letzten sechs Gebote. Dazu ist der Mensch gegen alle Menschen verpflichtet, dass er keinem einen Nachteil zufügt. Demgemäß also waren unter die zehn Gebote, welche allgemein geltende Grundregeln sein sollen, die negativen aufzunehmen. Was positiv dem Nächsten darzubieten ist, das ist verschieden für jeden Menschen je nach den verschiedenen Personen; und sonach wurden darüber keine positiven Gebote in den Dekalog aufgenommen. Aller andere Nachteil, den man dem Nächsten zufügt, kann auf diese sechs Gebote zurückgeführt werden als auf die allgemeineren und hauptsächlicheren Schäden. Denn jeder Nachteil, welcher sich auf die Person des Nächsten beziehen kann, ist enthalten im Totschlage. Der Nachteil aber, der sich auf den Nächsten bezieht, weil derselbe einer diesem eng verbundenen Person zugefügt wird, ist enthalten im Ehebruche. Was zum Schaden in den besessenen Dingen gehört, schließt das Verbot des Diebstahles ein. Und was mit der Zunge gegen den Nächsten gesündigt wird, wie die Verkleinerungen, Lästerungen etc., wird verboten durch das Verbot des falschen Zeugnisses, welches direkter der Gerechtigkeit gegenübersteht. [188] 
 

48. Stärke (fortitudine), Stoiker - Peripatetiker

Zur Tugend der Stärke gehört es, die Hindernisse zu entfernen, wodurch der Mensch abgehalten wird, der Vernunft zu folgen. Dass aber jemand sich zurückzieht von etwas Schwierigem, kommt von der Furcht, welche besagt: Zurückweichen vor einem Übel, welches mit Schwierigkeiten verbunden ist, anstatt es abzuwehren. (I., II. Kap. 42) Also beschäftigt sich die Stärke zumal mit der Furcht vor schwierigen Dingen, welche den Willen zurückziehen können von der Gefolgschaft der Vernunft. Derartiges Ausstoßen von Schwierigkeiten aber muss man nicht allein geduldig hinnehmen, indem man die Furcht in etwa zügelt, sondern man muss darauf losgehen; wann nämlich die Sicherheit für die Zukunft davon abhängt, dass die Schwierigkeit und Gefahr vollständig verschwindet; und dies ist Sache der Kühnheit. Die Stärke also verhindert die Wirkungen der Furcht und mäßigt die Kühnheit. [189] 

Vermittelst der Stärke zieht sich der Mensch vom Guten nicht zurück aus Furcht vor einem körperlichen Übel. Es muss aber das der Vernunft entsprechende Gute trotz alles entgegenstehenden Übels deshalb festgehalten werden, weil kein körperliches Gut gleichkommt dem Gute der Vernunft. Also wird Seelenstärke jene Tugend genannt, welche den Willen im vernunftgemäßen Guten festhält gegen die größten Übel. Denn wer feststeht gegen die größten Übel, der steht folgerichtig auch fest gegen die geringeren; aber nicht umgekehrt.  [190] 

„In der Absicht, Frieden zu haben, führt man Krieg,“ Augustinus, 19. de civ. Dei 12

„Die Stärke besteht im höchsten Grade darin, dass sie gegen Todesgefahren im Kriege die Seele stählt.“- Aristoteles, 3 Eth. 6

"Die Stärke festige die Seele gegen die grössten Gefahren. Nun gehört es zur Stärke als einer Tugend, dass sie ihrem Wesenscharakter gemäß auf etwas Gutes sich richtet. Somit lässt sich der Mensch nur deshalb nicht durch Todesgefahr zurückhalten, weil er ein Gut erreichen will. Nun droht die Todesgefahr, welche von einer Krankheit oder von Meeressturme oder von Räubern oder von sonst woher kommt, nicht jemandem direkt aus dem Grunde, weil er etwas an sich Gutes erreichen will. Dagegen tritt man der Todesgefahr im Kriege direkt gerade deshalb entgegen, weil das Gemeinbeste durch einen gerechten Krieg verteidigt wird. Ein solch gerechter Krieg jedoch kann auf doppelte Weise bestehen: einmal allgemein, insofern man in der Schlachtreihe fechtet; dann in beschränkten und besonderen Verhältnissen, insofern z. B. ein Richter oder auch eine Privatperson nicht vom rechten Urteilsspruche abgeht aus Furcht vor dem drohenden Schwerte oder vor sonst einem todbringenden Übel. Für Beides stählt die Tugend der Stärke die Seele, dass diese den Tod nicht fürchte; und so ist es wohl wahr, dass die Stärke zumal für Todesgefahren im Kriege die Seele stählt." - Thomas von Aquin, II-II, q 123

„Sache des starken Mannes ist es, sich nicht vor sich selber die Gefahr zu verbergen; sondern vorherzusehen und wie von dem Wartturme der Vernunft aus zu erforschen und die zukünftigen Dinge mit vorsichtigem Gedanken bereits sich gegenwärtig zu halten; damit er nicht nachher sage: Daran habe ich nicht gedacht, deshalb bin ich da hinein geraten.“ - Ambrosius, 1. de offic. 68 

"Im Tätigsein der Stärke sei zweierlei zu beachten: dass es ihr eigen ist, freie Wahl zu treffen; und danach richtet sich Stärke nicht auf Plötzliches, denn der starke will lieber vorsehen und vorherüberlegen, damit er leichter widerstehen könne: „Die Geschosse nämlich, die vorhergesehen werden, verletzen minder,“ sagt Gregor (23. in Evgl.) „und die Übel dieser Welt ertragen wir leichter, wenn wir uns dagegen schützen durch den Schild des Vorherwissens;“ 2. ist zu beachten das, was sich auf die Äusserung der Stärke bezieht; und danach wird der bestehende Zustand am meisten offenbar bei plötzlich eintretenden Gefahren. Denn dass jemand ohne vorheriges Überlegen tut, was die Tugend erfordert, ist das beste Zeichen von deren festem Bestande in der Seele." - Thomas von Aquin, II-II, q 123

„Der Zorn hilft den starken.“- Aristoteles

„Die Stärke ohne Gerechtigkeit ist Ruchlosigkeit; denn je stärker jemand ist, desto mehr ist er dann geeignet, den schwächeren zu unterdrücken.“ - Ambrosius 

Die Stoiker haben den Zorn wie alle anderen Leidenschaften von der Seele des weisen ausgeschlossen; Aristoteles aber mit den Peripatetikern schrieben die Leidenschaften auch der Seele des weisen zu, jedoch insoweit sie durch die Vernunft ihr rechtes Maß erhalten. Vielleicht war nun da der Unterschied nur in den Ausdrücken. Denn die Peripatetiker nannten Leidenschaften alle Eindrücke und Tätigkeiten im sinnlichen Teile ohne Unterschied. Und weil seitens der Vernunft das sinnliche Begehren in Tätigkeit gesetzt wird zu dem Zwecke, damit es beitrage, um bereitwilliger, kräftiger zu handeln; deshalb nahmen sie an, der Zorn und die anderen Leidenschaften seien von den tugendhaften zu benutzen gemäß der Anordnung der Vernunft. Die Stoiker aber nannten Leidenschaften gewisse maßlose Hinneigungen des sinnlichen Teiles; weshalb sie dieselben als Krankheiten, Schwächen bezeichneten und meinten, der tugendhafte dürfe in keiner Weise sie gebrauchen. Den Zorn also gebraucht der starke gemäß der Anweisung der Vernunft; nicht aber einen maßlosen Zorn. Der von der Vernunft gemessene Zorn ist selbstverständlich dem freien Willen unterworfen. [191] 

Denn den Tod gebührenderweise ertragen ist an und für sich nicht lobenswert; sondern nur insoweit es in Beziehung steht zu einem Gute, was in einer Tugendtätigkeit besteht, wie zum christlichen Glauben, zur Liebe Gottes; wo dann diese letztere Tugendtätigkeit, weil als Zweck dastehend, besser ist. "Der Märtyrer sei ein Zeuge der christlichen Wahrheit, durch die uns vorgestellt wird, wie wir um des Unsichtbaren willen das Sichtbare verachten müssen. (Hebr. 11.)" Märtyrer kann es also immer nur auf das Christentum bezogen geben, denn für den islamischen Gott zu sterben, ist nicht lobenswert, da kein "Zeugnis der Wahrheit" gegeben wird, weshalb zum Beispiel die islamischen Selbstmordattentäter auch keine Märtyrer sind. Die Muslime und manche Bischöfe, die sich schon als halbe Muslime fühlen wie der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm, der sogar wenn nötig sein Kreuz ablegt um den Muslimen zu gefallen,  "bekennen in Worten, dass sie Gott erkennen; durch ihre Taten aber verleugnen sie diese Kenntnis.“ [192] 

"Die Märtyrer werden „Zeugen“ genannt, weil sie bis zum Tode Zeugnis geben der Wahrheit und zwar jener Wahrheit, welch auf die Tugend sich richtet und durch Christum uns bekannt geworden. Also von jedem Martyrium ist die Ursache die Wahrheit des Glaubens Christi, so dass man die Märtyrer „Zeugen Christi“ nennt. Zur Wahrheit des Glaubens gehört aber nicht nur das gläubige Herz, sondern auch das Bekenntnis nach aussen hin, durch Worte und durch Taten; wie Jakobus 2. sagt: „Ich will dir aus den Werken meinen Glauben dartun;“ oder Tit. 1.: „Sie bekennen in Worten, dass sie Gott erkennen; durch ihre Taten aber verleugnen sie diese Kenntnis.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 124

"Christ wird jener genannt, der zu Christo gehört. Zu Christo gehört aber jemand, nicht nur weil er an Christum glaubt, sondern auch weil er im Geiste Christi Tugendwerke macht, nach Röm. 8.: „Wer den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu Ihm;“ und ebenso weil er in der Nachfolge Christi den Sünden abstirbt, nach Gal. 5.: „Wer zu Christo gehört, hat sein Fleisch gekreuzigt mit seinen Begierden und Lastern.“ Als Christ also leidet nicht allein jener, der für das Bekenntnis Christi, welches durch Worte geschieht, leidet, sondern auch wer für welch immer ein gutes Werk oder für die Vermeidung einer Sünde um Christi willen leidet; denn das Alles heisst: den Glauben bekennen. Die Wahrheit in anderen Wissenschaften gehört nicht zum Kulte der Gottheit; wie z. B. die Wahrheit der Geometrie, Algebra etc.; sondern nur die Wahrheit Gottes, also die gemäß der Tugend ist. Das Bekenntnis anderer Wahrheiten kann somit an sich kein Grund des Martyriums sein." - Thomas von Aquin, II-II, q 124
 

49. Furchtlosigkeit (intimiditas), Kühnheit (audacia)

Bisweilen geschieht es infolge von etwas Stumpfsinnigkeit, von Mangel an Vernunft, wie es bei den muslimischen Eroberungszügen der Fall war. Furchtlos also sein ist fehlerhaft; mag es aus Mangel an Liebe herrühren oder aus Selbstüberhebung oder aus Dummheit, welch' letztere von der Sünde freispricht, wenn sie unbesiegbar ist.. Der gerechte wird gelobt dafür, dass die Furcht ihn nicht vom Guten abzieht; nicht dafür, dass er überhaupt ohne Furcht sei; denn Ekkli. 1. es: „Wer ohne Furcht ist, kann nicht gerecht werden.“ Der Tod ist nicht zu fürchten, insoweit man durch die betreffende Furcht sich veranlassen lässt, von der Gerechtigkeit abzuweichen. Man darf aber fürchten, insoweit er hindert, des weiteren tugendhafte Werke zu tun entweder zur Vermehrung der eigenen Verdienste oder für den Fortschritt anderer: Die zeitlichen Güter muss man als Hindernisse der Liebe Gottes erachten und deren Gegenteil also im selben Maße nicht fürchten; weshalb Ekkli. 14. es heisst: „Wer den Herrn fürchtet, wird nicht zittern.“ Als Werkzeuge aber, die der Liebe und der Furcht Gottes beistehen, dürfen die zeitlichen Güter nicht verachtet werden. [193] 

Die Stärke erstreckt sich auf Furcht und Kühnheit. Also gehört es der Stärke an, der Furcht ein Maß zu setzen gemäß der Vernunft, dass nämlich der Mensch wisse, was und wann er zu fürchten habe. Dieses Maß nun kann überschritten werden ebenso gut wie nicht erreicht werden. Wie also die Furchtsamkeit der Stärke entgegentritt auf Grund des Übermaßes an Furcht, so die Furchtlosigkeit auf Grund des Mangels an Furcht, wonach jemand nicht fürchtet, was und wann er fürchten soll. Der Akt der Stärke besteht darin, gemäß der Vernunft dem Tode entgegenzutreten oder selben zu leiden; was bei der Furchtlosigkeit nicht der Fall ist. Die Furchtlosigkeit in ihrem Wesen übertritt die von der Stärke gezogene rechte Mitte; also ist sie direkt derselben entgegen. Nach ihren Ursachen kann sie im Gegensatze zu anderen Tugenden stehen. Die Kühnheit als Fehler ist ein Übermaß der Kühnheit und deshalb der Stärke zuwider; die Furchtlosigkeit ist ein Mangel an Furcht. Die Stärke aber bezeichnet in beiden Leidenschaften die rechte Mitte. [194] 

Die Kühnheit ist eine Leidenschaft. Jede Leidenschaft aber ist Sünde, wenn sie des Maßes der Vernunft entbehrt; sei es dass sie dasselbe überschreitet oder darunter zurückbleibt. Nun werden manche Namen der Leidenschaften vom Übermaße hergenommen; wie man „Zorn“ nicht jedweden Zorn nennt, sondern einen zu großen. Und so nennt man auch Kühnheit oft etwas deshalb, weil es das Maß überschreitet. Kühnheit als von der Vernunft geregelt ist zur Tugend der Stärke gehörig. Die Kühnheit ist insoweit lobenswert als sie von der vernünftigen Überlegung, also von der Beratung, sich leiten lässt. Sie ist tadelnswert, insoweit sie mit übereilter Schnelle vorgeht.  [195] 
 

50. Hochherzigkeit (magnanimitas)

"Ich antworte, zum Wesen der menschlichen Tugend gehöre es, dass in den menschlichen Dingen das vernunftgemäße Gute gewahrt werde, was da ist: das dem Menschen als solchem entsprechende Gute. Unter den menschlichen Angelegenheiten aber stehen an bevorzugter Stelle die Ehren. Also ist die Hochherzigkeit, die den Maßstab der Vernunft an die höchsten Ehren anlegt, eine Tugend. Ebenso (4 Eth. 3.) heisst es bei Aristoteles: „Der hochherzige strebt zwar nach dem Höchsten, aber gemäß der rechten Mitte; denn er strebt nach dem Maßstabe der Vernunft, wie, wann etc. es sich gebührt; hält er sich doch nicht größerer Ehren wert als er erachtet, verdient zu haben.“ Die Verknüpfung der Tugenden ist nicht gemäß den Tätigkeiten zu verstehen, dass es jedem nämlich zukomme, alle Tugenden tatsächlich zu üben; denn die Tätigkeit der Hochherzigkeit kommt nur den großen zu, nicht jedem tugendhaften. Vielmehr sind gemäß den Prinzipien der Tugenden, der Klugheit und der Gnade, alle Tugenden verbunden; insoweit alle Tugenden zuständlich in der Seele sind und zwar entweder nach einem tatsächlich bestehenden Zustande oder nach einer nahen Vorbereitung dazu. Und so kann jemand, dem die Tätigkeit der Hochherzigkeit nicht zukommt den entsprechenden Zustand haben, kraft dessen er vorbereitet ist für eine solche Tätigkeit, wenn sie ihm nach seinem Stande gebühren sollte. Die körperlichen Bewegungen gestalten sich verschieden je nach den verschiedenen Auffassungen und Hinneigungen der Seele. Und danach begleiten die Hochherzigkeit gewisse bestimmte äussere Zutaten mit Rücksicht auf die körperlichen Bewegungen. Die Schnelligkeit der Bewegung nämlich kommt daher, dass jemand auf Vieles seine Meinung gerichtet hat, was er eilig zu verwirklichen sucht. Der hochherzige aber hält seine Absicht nur auf Großes gerichtet und somit auf Weniges; da dies selbstverständlich aber große Aufmerksamkeit verlangt, so ist seine Bewegung eine langsame. Ähnlicherweise kommt die helle Stimme und die Schnelligkeit im Sprechen jenen zu, welche über alles Mögliche streiten wollen. Das aber ist nicht Sache der hochherzigen, die nur in Großes sich hineinmischen. Und weil nun solche natürliche Bewegungen den hochherzigen gemäß den Hinneigungen derselben innewohnen, so finden sich dergleichen natürliche Eigenheiten auch in jenen, welche eine natürliche Anlage zur Hochherzigkeit haben. Im Menschen findet sich etwas Großes, was er als Geschenk Gottes besitzt; und es findet sich da mancher Mangel, der infolge der Schwäche seiner Natur ihm innewohnt. Die Hochherzigkeit nun bewirkt, dass der Mensch sich großer Dinge für wert hält in Anbetracht der Gaben, die er von Gott empfangen; wie z. B., wenn er eine große Tugend in der Seele hat, die Hochherzigkeit macht, dass er nach den im höchsten Grade vollendeten Werken oder Tätigkeiten dieser Tugend strebt; und dasselbe gilt vom Gebrauche eines jeden beliebigen anderen Gutes, wie der Wissenschaft, des zeitlichen Besitzes. Die Demut aber bewirkt, dass der Mensch sich selbst geringschätzt in Anbetracht der eigenen Mängel. Ebenso verachtet die Hochherzigkeit andere, insofern sie abfallen von den Gaben Gottes; denn sie schätzt die anderen nicht in der Weise, dass sie um derentwillen etwas Ungeziemendes tun möchte. Und umgekehrt ehrt die Demut die anderen als ihre Vorgesetzten, insoweit sie in ihnen etwas von den Gaben Gottes erblickt. Deshalb heisst es Ps. 14. vom gerechten Manne: „Zu nichts ist geworden vor ihm der böswillige,“ was zur Verachtung seitens des hochherzigen gehört; und: „die aber Gott fürchten, ehrt und verherrlicht er,“ was zur Ehre gehört, die der demütige erweist. Also ist danach offenbar, wie die Hochherzigkeit und die Demut in keinem Gegensatze zu einander stehen, obgleich sie auf einander Entgegengesetztes hinzuzielen scheinen; denn jede von beiden Tugenden geht von verschiedenen Anschauungen aus. Jene Eigenheiten, soweit sie auf den hochherzigen sich beziehen, sind nicht tadelnswert, sondern im Übermaße lobenswert: 1. dass der hochherzige der empfangenen Wohltaten nicht gedenkt, will sagen, es sei für ihn keine Freude, von anderen Wohltaten zu empfangen, ohne dass er mit größeren wiedervergilt; was zur vollendeten Dankbarkeit gehört, in deren Akte er, wie in allen Tugendakten, das Höchste leisten will. 2. Er ist langsam und scheint müßig zu sein; nicht als ob er nicht tätig sei, sondern weil er nicht mit vielerlei, sondern nur mit Großem sich beschäftigt, was Nachdenken verlangt, wie sich das für ihn gebührt. 3. Er bedient sich der Ironie; nicht insoweit sie der Wahrheit entgegengesetzt ist, dass er nämlich von sich Erniedrigendes sagte, was nicht in Wirklichkeit besteht, oder bedeutende Vorzüge von sich ableugnete, welche in Wirklichkeit bestehen; sondern weil er nicht seine ganze Größe offenbar macht und zumal nicht vor einer großen Menge solcher, die tiefer stehen: „Als groß soll der hochherzige dastehen mit Rücksicht auf die hochgestellten und reichen; mit Rücksicht auf die tieferstehenden aber als maßvoll gering.“ (4 Eth. 3.) 4. Er lebt nicht gern mit anderen zusammen, nämlich in vertraulicher Weise. Das tut er nur mit seinen Freunden, damit er Schmeichelei vermeide und Verstellung, was einen niedrigen Geist verrät. Er lebt aber mit allen, ob sie groß oder klein seien, zusammen, wie es sich mit Rücksicht auf einen jeden gebührt.  [196] 

Die Hochherzigkeit erstrebt ihrem Wesen nach alles Hervorragende und flieht jeglichen Mangel. Dass aber jemand wohltue, mitteile, reichlich vergelte, ist gewissermaßen etwas Hervorragendes. Also dazu zeigt sich der hochherzige bereit; nicht insofern diese Dinge den Akt anderer Tugenden einschließen, sondern insoweit sie den Charakter des Hervorragenden haben. Ein Mangel aber ist es, insoweit äussere Güter oder Übel zu beachten, dass man um ihretwillen von der Gerechtigkeit sich entfernt. Ein Mangel wiederum ist alles Verbergen der Wahrheit, denn da ist Furcht der Grund. Ein Mangel ist die Gewohnheit zu klagen, denn infolgedessen scheint die Seele äußerem Übel zu unterliegen. Dies und Ähnliches vermeidet der hochherzige; aber immer unter dem ihm eigenen besonderen Gesichtspunkte, dass es dem Charakter des Hervorragenden widerstreite, nach dem er strebt. [197] 
 

51. Vermessenheit (praesumptio)

Da das, was gemäß der Natur besteht, geregelt ist durch die göttliche Vernunft, welche die menschliche Vernunft nachahmen soll, so ist Alles fehlerhaft, "was gemäß der Anordnung der menschlichen Vernunft gegen die Ordnung sich richtet, wie sie den natürlichen Dingen mitgeteilt worden. Dies aber findet sich gemeinhin in allen natürlichen Dingen, dass die Tätigkeit eines Dinges genau entspricht dem Maße der ihm entsprechenden wirkenden Kraft; und keine tätige Kraft in der Natur versucht, über den Bereich ihrer Möglichkeit hinaus tätig zu sein. Also ist es fehlerhaft und Sünde, wenn ein Mensch sich anschickt zu tun, was über seine Kräfte geht. Und dies gehört zum Wesenscharakter der Vermessenheit, wie der Name selbst anzeigt; denn der betreffende folgt nicht dem ihm und seinem Tätigsein gegebenen Maße, er vermisst sich." Was nicht von einem natürlichen Dinge gewirkt werden kann, dazu kann immerhin dieses Ding ein leidendes, empfangendes Vermögen in sich haben; so hat die Luft nicht in sich die Kraft zu wärmen, kann sie aber vom Feuer her empfangen. Deshalb wäre es vermessen, wenn jemand, der nur eine unvollkommene Tugend hat, sogleich versuchen wollte, was der vollendeten Tugend eigen ist. Aber danach streben, dass er Fortschritte mache in der Tugend, das ist keine Sünde; und demgemäß spricht Paulus. Göttliches und Unsterbliches steht gemäß der Natur des Menschen über ihm. Er hat aber das Vermögen der Vernunft, wodurch er sich Unsterblichem und Göttlichem zuwenden kann. Er kann, und so meint dies Aristoteles, kraft der Vernunft und des Willens mit Gott vereinigt werden. „Was wir durch Freunde können, das können wir selbst.“ (3 Eth. 3.) Weil wir also Gutes tun und denken können kraft des göttlichen Beistandes, so geht dies nicht über unser Vermögen hinaus. "Vermessen wäre es nur, wenn jemand ein gutes tugendhaftes Werk zu tun sich anschicken wollte ohne die Zuversicht auf den Beistand Gottes." Auch die Wissenschaftler, die sich Gentechniker nennen haben sich seit Jahrzehnten der "Vermessenheit oder Aufgeblasenheit" schuldig gemacht, indem sie sich gegen die Ordnung gerichtet haben, "wie sie den natürlichen Dingen mitgeteilt worden" ist. Nebenbei sind sie als Agnostiker so vermessen, dass sie die "Sünde gegen den heiligen Geist" begehen, wie unten ausgeführt. Der Hauptübeltäter, die Firma Monsanto, die geworden ist zu einer "aufgeblasenen, einen Störenfried, unruhigen, der andere bedroht und in Alles, was gemäß den Worten oder Taten einigermaßen hervorragend ist, unter Beiseitelassung der Ehrbarkeit und des Anstandes in vermessener Übereilung sich stürzt", wird in den Vereinigten Staaten nun mit fast 10 000 Klagen überhäuft. [198] 
„Der Hochherzigkeit steht als Übermaß gegenüber die Vermessenheit oder Aufgeblasenheit.“- Aristoteles 2 Eth. 7
Die Hochherzigkeit hält die rechte Mitte ein gemäß dem eigenen Vermögen im Streben und den eigenen Verhältnissen; sie strebt nach dem Größten, aber angemessen den eigenen Kräften. Dagegen strebt der vermessene wohl auch nach dem Größten, jedoch unangemessen seinen Kräften und Verhältnissen; und darin ist das „zuviel“ bei ihm, denn der hochherzige überschreitet diese Grenzen nicht. "Nur jene Vermessenheit, mit der jemand die Gerechtigkeit Gottes verachtet und in ungeregelter, freventlicher Weise auf die Barmherzigkeit Gottes baut, ist Sünde gegen den heiligen Geist. Und diese Vermessenheit steht auf Grund ihres Gegenstandes, der etwas Göttliches ist, im Gegensatze zur heiligen Liebe oder besser zur Gabe der Furcht, der es zueignet, Gott zu ehren. Insoweit nun eine solche Vermessenheit die Verhältnisse der eigenen Kraft beiseite lässt, ist auch sie der Hochherzigkeit entgegengesetzt." Wie die Hochherzigkeit, so strebt auch die Vermessenheit nach etwas Großem; denn man nennt nicht jenen einen sehr vermessenen, der nur in geringen Dingen seine Kräfte überschätzt. Wird jedoch ein solcher wirklich als vermessen bezeichnet, so ist diese Vermessenheit im Gegensatze zur Ehrliebe, welche auf kleinere Ehren sich richtet. Jeder, welcher etwas über seine Kräfte tut, überschätzt letztere. Dieser Irrtum kann ein zweifacher sein: 1. einzig und allein rücksichtlich des Umfanges, wie jemand meinen kann, er habe mehr Wissen, Fähigkeit etc. als er tatsächlich besitzt; und 2. rücksichtlich der „Art“ seiner Kräfte; wenn jemand sich großer Ehren für wert hält auf Grund von Vorzügen, die dies nicht verdienen, wie auf Grund des Reichtums oder sonstiger Glücksgüter. Denn „die solche Güter ohne die Tugend besitzen, meinen ungerechterweise, sie seien großer Ehren wert und werden mit Unrecht als hochherzige bezeichnet.“Auch ist ebenso bisweilen das, wonach jemand über seine Kräfte hinaus strebt, etwas in Wirklichkeit Großes; wie z. B. Petrus für Christo leiden wollte, was über seine Kräfte war. Bisweilen ist aber das so Erstrebte nicht der Wirklichkeit nach etwas Großes, sondern nur gemäß der Meinung der Toren; wie z. B. jene, die kostbare Kleider haben, andere in Schatten stellen; was dann ein Übermaß ist gegenüber der Hochherzigkeit nicht zwar der Wirklichkeit, sondern nur der Meinung der Leute nach. Deshalb sagt Seneca: „Wenn die Hochherzigkeit das Maß überschreitet, macht sie aus dem Menschen einen aufgeblasenen, einen Störenfried, unruhigen, der andere bedroht und in Alles, was gemäß den Worten oder Taten einigermaßen hervorragend ist, unter Beiseitelassung der Ehrbarkeit und des Anstandes in vermessener Übereilung sich stürzt.“ So kann der vermessene bisweilen der Wirklichkeit nach unter der Hochherzigkeit zurückbleiben; aber der Meinung der Leute, also dem äußeren Scheine nach, besitzt er ein Übermaß an Hochherzigkeit.  [199] 
 

52. Ehrgeiz (ambitio)

Die Ehre ist eine gewisse Achtung, die man jemandem erweist zum Zeichen eines Vorzuges, den er besitzt. Nun hat aber 1. Mensch seine Vorzüge nicht von sich selbst, sondern von Gott; und somit gebührt Gott in erster Linie die entsprechende Ehre; 2. soll er mit dem von Gott Verliehenen anderen nützen, so dass insoweit die erwiesene Ehre dem Menschen gefallen soll, als dieselbe ihm den Weg öffnet, anderen zu nützen. In dreifacher Weise also kann das Verlangen nach Ehre ungeregelt sein: 1. insofern der Mensch Ehre verlangt, ohne den entsprechenden Vorzug zu besitzen; was da heisst Ehre über die bestehenden Kräfte verlangen; 2. wenn er die ihm erwiesene Ehre nicht auf Gott bezieht;  3. wenn er an der Ehre allein sich sättigt und nicht an den Nutzen anderer denkt. Also ist der Ehrgeiz oder die ungeregelte Sucht nach Ehre Sünde. Das Verlangen nach Gutem muss durch die Vernunft geregelt werden; und diese Regel lässt der Ehrgeizige beiseite. Getadelt wird, wer nicht um die Ehre sich kümmert in der Weise, wie die Vernunft es anordnet; der nämlich nicht das vermeidet, was Schande verdient. Die Ehre ist nicht Lohn der Tugend mit Rücksicht auf den tugendhaften, so dass dieser sie als Lohn erstreben sollte; dafür ist die Seligkeit der erstrebte Zweck der Tugenden. Aber es wird die Ehre als Lohn der Tugend bezeichnet mit Rücksicht auf die anderen, die nichts Höheres haben, um dem tugendhaften damit zu entgelten wie die Ehre; denn die Ehre hat eben darin ihren Wert, dass sie ein Zeugnis der Tugend ist. Also ist sie offenbar kein hinreichender Lohn. (4 Eth. 3.) "Wie die Ehre, vernunftgemäß begehrt, zum Guten antreibt und vom Bösen abzieht; so ist ebenfalls die Ehre, ungebührend verlangt, Gelegenheit zum Bösen; wenn jemand nämlich ganz unbekümmert darin ist, in welcher Weise er Ehre erlangt. Deshalb sagt Sallust (Catilina): „Ruhm, Ehre und Herrschaft werden gleichermaßen vom guten wie vom Feiglinge erstrebt. Jener aber bedient sich des rechten Weges; dieser der List und des Betruges, da wahre Vorzüge ihm fehlen.“ Jedoch sind auch jene, welche einzig im Hinblicke auf die Ehre das Gute tun und das Böse meiden, nicht tugendhaft: „Nicht sind wahrhaft stark, die nur um der Ehre willen Starkes tun.“ (3 Eth. 8.) [200] 

Der Ehrgeiz schließt ein das ungeregelte Begehren nach Ehre. Die Hochherzigkeit aber lehrt, die Ehren zu gebrauchen wie es sich gebührt. Also ist der Ehrgeiz im Gegensatze zur Hochherzigkeit wie das Ungeregelte zum Geregelten. [201] 
 

53. Eitler Ruhm (inani gloria), Ruhmsucht (appetitus gloriae)

Wird nun der Ausdruck „Ruhm“ im weiteren Sinne genommen, so besteht der Ruhm nicht nur in der Kenntnis vieler, sondern auch in der Kenntnis weniger oder eines einzigen oder auch des betreffenden selber allein; insofern nämlich jemand das in ihm befindliche Gute als lobwürdig betrachtet. dass aber jemand das in ihm befindliche Gute kennt und billigt, ist nicht tadelnswert; nach 1. Kor. 2.: „Wir aber haben nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern einen Geist, der aus Gott ist, damit wir wissen, welche Gaben uns geworden sind.“ Auch ist es keine Sünde, dass jemand seine guten Werke anerkannt wissen will, nach Matth. 5.: „Lasset euer Licht leuchten vor den Menschen.“ Das Verlangen also nach Ruhm ist an sich nichts Fehlerhaftes; aber das Begehren nach eitlem oder leerem Ruhme ist eine Sünde, wie alles Eitle sündhaft ist, nach Ps. 4.: „Was liebt ihr die Eitelkeit und suchet nach Lüge.“ Eitel nun wird der Ruhm genannt in dreifacher Weise: 1. von seiten der Sache her; wie wenn jemand Ruhm sucht auf Grund einer Sache, die keinen Ruhm verdient, wie dies bei hinfälligen, vergänglichen Dingen der Fall ist; 2. von seiten desjenigen her, von dem jemand Ruhm sucht; nämlich von einem Menschen, dessen Urteil ja kein zuverlässiges ist; 3. von seiten dessen her, der Ruhm sucht; wenn er nämlich was er tut nicht zum gehörigen Zwecke, zu Gottes Ehre oder zu des Nächsten Heile, hinlenkt. Augustinus bemerkt zu Joh. 13. (Vos vocatis me): „Gefahrvoll ist es, sich selber zu gefallen; denn man muss sich da hüten, nicht hochmütig zu werden. Der aber über Alles ist, der kann sich loben soviel er will; Er erhebt sich nicht über sich selbst. Uns nämlich nützt es, Gott zu kennen, nicht Gott ist dies von Nutzen; und niemand kann Ihn erkennen, wenn er sich nicht selber vorstellt, der ja Alles kennt.“ Gott also sucht seinen Ruhm nicht um Seinetwillen, sondern zu unserem Nutzen. Und so kann auch der Mensch lobwerterweise seinen Ruhm erstreben um des Nutzens der anderen willen, nach Matth. 5.: „Sie sollen sehen euere guten Werke und preisen eueren Vater, der im Himmel ist.“ Der Ruhm, der von Gott kommt, ist kein leerer, eitler; sondern der wahre; und solcher Ruhm wird als Lohn versprochen. Von ihm heisst es 2. Kor. 10.: „Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn; denn nicht wer sich selbst empfiehlt ist erprobt, sondern wen Gott empfiehlt.“ Auch durch die Aussicht auf weltlichen Ruhm werden manche zu Tugendwerken angeeifert, wie ja auch durch das Verlangen nach zeitlichen Gütern. Wer jedoch wegen weltlichen Ruhmes tätig ist, der ist nicht wahrhaft tugendhaft, wie Augustinus beweist. (5. de civ. Dei 12.) [202]

Dies eben widerstreitet der Hochherzigkeit, dass jemand geringe Dinge soweit hochschätzt, um sich deren zu rühmen: „Dem hochherzigen erscheint gering die Ehre;“ heisst es 4 Eth. 3. Auch was um der Ehre willen gesucht wird, wie Macht und Reichtum, wird von ihm geringgeschätzt. Ebenso widerstreitet dies dem hochherzigen, dass sich jemand rühmt dessen, was in Wirklichkeit nicht ist: „Mehr trägt der hochherzige Sorge für die Wahrheit, wie für die Meinung der Leute“. Dasselbe gilt vom menschlichen Lobe als dem Zeugnisse guter Werke: „Der hochherzige bekümmert sich nicht darum, dass er gelobt werde. Mögen also die erwähnten Dinge anderen Tugenden immerhin entgegengesetzt sein; dies hindert nicht, dass sie der Hochherzigkeit gegenüberstehen, insoweit der hochherzige Jenes für gering achtet, was der eitle für groß hält. Der nach eitlem Ruhme begierige bleibt gemäß der wirklichen Sachlage unter dem hochherzigen zurück; denn er rühmt sich dessen, was dieser für gering achtet. [203] 

Todsünde ist eine Sünde auf Grund ihres Gegensatzes zur heiligen Liebe. Mit Rücksicht auf die Nächstenliebe nun scheint der eitle Ruhm nicht der heiligen Liebe gegenüberzustehen. Mit Rücksicht auf die Liebe zu Gott aber kann dies in zweifacher Weise der Fall sein: 1. Auf Grund des Gegenstandes, dessen man sich rühmt; wenn jemand etwas Falsches sich zum Ruhme anrechnet, was der Ehre Gottes widerstreitet; wie Ezech. 28. gesagt wird: „Dein Herz hat sich erhoben; und gesagt hast du: Ich bin Gott“ und 1. Kor. 4.: „Was hast du, was du nicht empfangen hättest; hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?“ oder wenn man etwas Zeitliches Gott vorzieht, was Jerem. 9. verboten wird: „Es rühme sich der weise nicht in seiner Weisheit und der starke nicht in seiner Kraft und der reiche nicht in seinem Reichtume; dessen aber rühme sich der, welcher sich rühmt, dass er mich weiß und kennt;“ oder wenn man das Zeugnis der Menschen dem Gottes vorzieht, nach Joh. 12.: „Die da liebten mehr den Ruhm vor den Menschen wie den vor Gott.“ 2. Auf Grund desjenigen, der sich rühmt und der im Ruhme seinen letzten Endzweck sieht, zu welchem hin er alles Andere, was er tut, bezieht und um dessentwillen er selbst davon nicht ablässt, zu tun, was gegen Gott ist. Deshalb sagt Augustinus (5. de civ. Dei 14.): „Diese Sünde,“ nämlich die Sucht nach Menschenlob, „ist, wenn im Herzen größer ist die Ruhmgier wie die Gottesfurcht und Gottesliebe, dem wahren Glauben so feindlich, dass der Herr (Joh. 5.) sagte: Wie könnt ihr glauben, die ihr doch Ruhm von euch gegenseitig erwartet und den Ruhm, der von Gott allein kommt, nicht suchet.“ Also ist in diesen beiden Fällen die eitle Ruhmsucht Todsünde. Treten diese beiden Fälle aber nicht ein; d. h. ist sie nicht gegen die Liebe Gottes weder auf Grund des Gegenstandes, um dessentwillen man sich rühmt, noch auf Grund der Absicht des ruhmsüchtigen; so ist da lässliche Sünde. Keiner verdient durch irgend welche Sünde das ewige Leben. Das tugendhafte Werk also verliert die Kraft, das ewige Leben zu verdienen, wenn es aus eitlem Ruhme geschieht; mag auch dieser eitle Ruhm keine Todsünde sein. Verliert aber jemand das ewige Leben überhaupt wegen des eitlen Ruhmes und nicht bloß das Verdienst eines einzelnen Aktes, so ist der eitle Ruhm schwere Sünde. [204] 
 

54. Die Kinder der eitlen Ruhmgier sind: der Ungehorsam, die Prahlerei, die Heuchelei, der Streit, die Hartnäckigkeit, die Zwietracht, die Vermessenheit 

Jene Sünden werden als Kinder einer Hauptsünde betrachtet, welche an und für sich dazu da sind, um zur Erreichung des Zweckes der Hauptsünde mitbeizutragen. Der Zweck nun der eitlen Ruhmgier ist die Offenbarmachung der eigenen Vorzüge. Nach solcher Offenbarmachung kann aber der Mensch streben: 1. direkt durch Worte und das ist a) Prahlerei; oder durch Tatsachen und so ist b) die Vermessenheit in Neuerungen, falls die Tatsachen in Wirklichkeit bestehen, denn das Neue wird bewundert, c) die Heuchelei, falls die Tatsachen nicht bestehen;  2. indirekt oder mittelbar, indem der Mensch zeigt, er sei nicht geringer wie der andere und das geschieht: a) mit Rücksicht auf die Vernunft; und so besteht die Hartnäckigkeit, kraft deren jemand zu sehr auf die eigene Meinung sich verlässt, überzeugt, die andere sei nicht besser; b) mit Rücksicht auf den Willen; und so besteht die Zwietracht, wenn jemand von seinem Willen nicht ablassen will, um mit anderen einträchtig zu leben; c) mit Rücksicht auf die Rede; und so ist der Streit, wenn jemand schreiend dem anderen widerstreitet; d) mit Rücksicht auf die Tat; und so ist der Ungehorsam, wenn nämlich jemand der Vorschrift des Vorgesetzten nicht folgen will. [205] 
 

55. Kleinmut (pusillanimitate)

Koloss. 3. aber heisst es: „Väter, reizet nicht zum Zorne euere Kinder, dass sie nicht im Herzen kleinmütig werden.“ Was der Neigung der Natur widerspricht, widerspricht dem Naturgesetze. Von Natur aber wohnt jedem Dinge inne die natürliche Neigung, so tatsächlich zu wirken, wie es dem Maße seines Vermögens entspricht; wie das in allen natürlichen Dingen, in den lebenden und leblosen, beobachtet werden kann. Wie aber durch Vermessenheit jemand überschreitet das Verhältnis seines Könnens, da er mehr tun will als er fähig ist; so bleibt der kleinmütige zurück hinter dem Verhältnisse und dem Inhalte seines Vermögens, da er sich weigert das zu erstreben, was der Beschaffenheit seines Vermögens entspricht, ebenso demnach wie die Vermessenheit, so ist der Kleinmut Sünde. Aristoteles nennt an jener Stelle diejenigen schlecht, die dem Nächsten schaden, was der kleinmütige an und für sich nicht tut; ausser etwa weil er infolge seines Kleinmutes der Tätigkeiten ermangelt, die dem Nächsten nützlich sein können. Denn Gregorius sagt (pastoral. 1, 5.): „Jene, welche es scheuen, dem Nächsten durch ihre Predigt nützlich zu sein, sind, wenn ihre Sache genau geprüft wird, ohne Zweifel für so viele verantwortlich als die Zahl derer beträgt, denen sie durch ihr öffentliches Wort nützlich sein konnten.“ [206] q 133

Der Kleinmut kann in dreifacher Weise betrachtet werden: 1. an und für sich, in seinem Wesenscharakter; und so ist er offenbar im Gegensatze zur Hochherzigkeit, denn wie der hochherzige aus Seelengröße auf Großes sich richtet, so zieht sich der kleinmütige vom Großen zurück;  2. von seiten seiner Ursache, die da ist in der Vernunft: Unkenntnis der eigenen Beschaffenheit; im Willen: Furcht, zu schwach zu sein in dem, was nach seiner falschen Meinung seine Kraft übersteigt;  3. mit Rücksicht auf die Wirkung, die da ist das Zurückziehen von Großem, wofür er das Vermögen hat. Jedoch wird der Gegensatz eines Lasters mehr erwogen nach dem eigensten inneren Wesen, als nach Ursache und Wirkung. "Auch in Anbetracht seiner Ursache, der Unkenntnis seiner selbst, kann nicht gesagt werden, dass der kleinmütige zum klugen im Gegensatze stehe. Denn solche Unkenntnis kommt mehr von der Trägheit im Erwägen der eigenen Fähigkeiten wie von der Torheit." [207]
 

56. Prachtliebe (magnificentia)

Die Hochherzigkeit strebt in allen Tugenden danach. Großes zu wirken; und hat zum Gegenstande nur den Charakter des Großen. Die anderen Tugenden aber richten ihre Hauptabsicht nicht auf das Große in dem, was sie tun; sondern auf das dem Wesen einer jeden Tugend Eigentümliche und es folgt da die Größe aus dem mehr oder minder hohen Grade der Tugend. Die Prachtliebe aber macht nicht nur Großartiges, sondern sie strebt auch danach; jedoch nicht wie die Hochherzigkeit in jedem Tugendwerke, sondern einzig in einem aussen aufzuführenden Werke. Deshalb sagt Cicero (2. de lnv.): „Die Prachtliebe ist das Nachdenken und das Ausführen hoher und erhabener Dinge mit einem weiten Herzen und einem aufs Glanzvolle gerichteten Vorsatze.“ Die Prachtliebe will ein großes Werk machen und muss somit ein solches auch wie alle menschlichen Werke zu irgend einem Zwecke, hinlenken. Kein Zweck aber ist so groß wie die Ehre Gottes und sonach macht die Prachtliebe vorzugsweise große Werke um der Ehre Gottes willen. Deshalb sagt Aristoteles: „Aufwendungen, die alle Ehre verdienen, sind zumal jene, welche mit Rücksicht auf die göttlichen Opfer gemacht werden.“ Also steht die Prachtliebe der Religion nahe; denn ihre besten Wirkungen dienen der Heiligkeit. [208] 

Soll die Prachtliebe als Tugend sich auf großartige Werke richten, so muss sie sich notwendig wie mit ihrem eigensten Gegenstande mit großen Ausgaben befassen; denn zu großen Werken gehören verhältnismäßige Geldaufwendungen. Dazu aber ist eine Tugend nötig; denn von großen Ausgaben hält die überflüssige Liebe zum Gelde ab. Diese Liebe zum Gelde also wird geregelt durch die Tugend der Prachtliebe; das Geld benützt sie zu großen Ausgaben; und die großen Ausgaben macht sie, um ein großes Werk zu vollenden. Die Tugenden, welche sich mit den äußeren Dingen befassen haben eine gewisse Schwierigkeit auf Grund der „Art“ der Dinge selbst, um die es sich bei der einzelnen Tugend handelt (vgl. Kap. 129) und zudem auf Grund des Umfanges, des „Mehr“ oder „Minder“ nämlich in diesen Dingen. Deshalb richten sich auf das Geld und dessen Gebrauch zwei Tugenden; nämlich die Freigebigkeit, welche den gewöhnlichen Gebrauch des Geldes regelt; und die Prachtliebe, welche Großartiges im Ausgeben des Geldes berücksichtigt. Sache des freigebigen ist es, in geregelter Weise und auf Grund einer geordneten Hinneigung zum Gelde sich dessen zu bedienen für Geschenke und Ausgaben mit Überwindung des Hindernisses, welches von der Liebe zum Gelde kommt. Sache des prachtliebigen aber ist es, das Geld zu gebrauchen mit Beziehung auf ein großes Werk, was er machen will; und solcher Gebrauch kann nicht sein ohne großen Aufwand. Der prachtliebende macht auch Geschenke; aber nicht unter dem Gesichtspunkte von Geschenken, sondern unter dem Gesichtspunkte eine Werkes; z. B. um jemanden zu ehren oder um etwas zu tun, wovon das ganze Gemeinwesen Ehre erntet. Die innere Wahl ist die Haupttätigkeit bei jeder Tugend; und danach kann auch der arme prachtliebend sein. Zu den äusseren Akten der Tugenden aber wird Beistand von aussen her verlangt; wie der Kunst Werkzeuge nötig sind, wenn sie tatsächlich etwas schaffen will. Und danach kann der arme nicht schlechthin in prachtliebender Weise tätig sein; sondern höchstens im Bereiche dessen kann er etwas Großes tatsächlich tun, wo das Große nur im Verhältnisse zu Anderem, nicht schlechthin groß ist; denn „groß“ und „klein“ sagt man gemäß verschiedenen Beziehungen aus. [209] 

Thomas sagt:"Die Prachtliebe regelt den Gebrauch der Kunst. Die Kunst aber ist in der Vernunft. Also muss die Prachtliebe gut die Vernunft gebrauchen im Bemessen des Verhältnisses zwischen den Ausgaben und dem beabsichtigten Werke, zumal wegen der Größe beider; und deshalb kommt der Prachtliebe es zu, „wissend“ zu sein." Da Muslime in dieser Hinsicht, besonders was die Religion betrifft, als "wissend" gelten, geben sie ihr Geld für Prachtbauten aus, die wenig überzeugend wirken. In allen islamischen Städten, vor allem in Mekka und Jerusalem sind die Moscheen und andere islamische Gebäude (wie die höchste Turmuhr der Welt in Mekka) voll mit Hetzparolen gegen das Christentum. Um Muhammad ist ein "gewaltiges dogmatisch-kitschiges Erinnerungsbusiness" entstanden. Die ursprüngliche Kaaba in Mekka ist kaum noch zu erkennen, weil islamisch-monströse Bauten, die jegliches Maß verloren haben, aus dem Boden gestampft wurden, nicht zuletzt der sogenannte größte Turm mit Uhrwerk, an dem auch westliche Architekten mitgewirkt hatten; allerdings durften sie das von ihnen entworfene Bauwerk nicht betreten, da Mekka nur von Moslems besucht werden darf. Der Grund dafür liegt darin, dass hier die Pilger in aller Ruhe durch Beleidigungen des wahren christlichen Gottes radikalisiert und gegen das Christentum aufgehetzt werden sollen. [210] 
 

57. Knauserei (parvificentia)

Vom Zwecke aus vornehmlich erhalten die moralischen Zustände ihren Gattungscharakter. Knauser nun heisst jemand, weil seine Absicht darauf geht, etwas Kleinliches zu machen. Das muss aber verstanden werden gemäß dem Verhältnisse des Kleinlichen zur „Art“ des Werkes, das er tut; wo das Kleine und Große beachtet werden kann 1. von seiten des zu vollbringenden Werkes und 2. von seiten der Ausgaben. Der prachtliebende nämlich will zuerst die Größe des Werkes und dann gibt er acht auf die Größe der Ausgaben, die er um des Werkes willen nicht vermeidet. Der Knauser aber gibt zuerst acht darauf, wie die Ausgaben recht gering werden, „damit er so wenig als möglich verwende“; und erst auf Grund dessen will er das beabsichtigte Werk, wenn nämlich es nicht zu viel kostet. Deshalb sagt Aristoteles: „Das Größte lässt der Knauser im Kleinlichen zu Grunde gehen;“ er verliert nämlich das Gute des großartigen Werkes, weil er nie viel ausgeben will. Und sonach bleibt der Knauser hinter dem Verhältnisse zurück, das vernunftgemäß bestehen muss zwischen dem Werke und den Ausgaben. Der Mangel aber in dem, was der Vernunft gemäß ist, verursacht den Charakter eines Fehlers oder einer Sünde. Also ist die Knauserei offenbar ein Fehler. "Der Knauser bleibt zurück hinter der Richtschnur der Vernunft. Denn nicht wird Knauser genannt jener, der geringe Ausgaben zu regeln weiß; sondern der, mag es große oder geringe Ausgaben gelten, dabei hinter der Regel der Vernunft zurückbleibt. „Die Furcht macht, dass man sich sorgsam berät,“ heisst es bei Aristoteles. (2. de lnv. 5.) Der Knauser also gibt auf die Rechnungen genau acht, weil er das Geringste in dem, was er besitzt, ungeregelterweise zu verlieren fürchtet. Er lenkt demnach seine Neigung nicht nach der Vernunft, sondern umgekehrt lässt er die Vernunft dienen der Regellosigkeit seiner Neigung; und das ist Sünde. Wie der prachtliebende mit dem freigebigen es gemein hat, gern und bereitwillig Geld auszugeben; so hat der Knauser es mit dem geizigen gemein, dies ungern und mit Trauer zu tun. Der Geiz aber bezieht sich auf gewöhnliche Ausgaben; die Knauserei dagegen auf große, die man mit mehr Schwierigkeiten macht. Und deshalb ist sie eine kleinere Sünde wie der Geiz: „Das Knausern ist zwar ein Fehler, aber es schadet nicht dem Nächsten und ist nicht schimpflich,“ wie der Geiz. (4 Eth. 2.)" [211]
"Der Luxus steht zur Knauserei im Gegensatze gemäß dem Wesenscharakter der betreffenden Tätigkeit; denn er überschreitet die Vernunftregel, während die Knauserei hinter dieser zurückbleibt. Dazu kann der Luxus aber noch einen anderen Zweck haben, wie z. B. die eitle Ruhmgier. " - Thomas von Aquin, II-II, q 135

58. Geduld (patientia)

„Im ewigen Heim wird nicht die Geduld selber verbleiben, wo keine Übel mehr zu ertragen sind; ewig aber wird bleiben, was wir durch die Geduld erreicht haben.“- Augustinus, 14. de civ. Dei 9
"Die Liebe aber können wir nur besitzen durch die Gnade, nach Röm. 5.: „Die heilige Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben worden.“ Also kann niemand ohne Gnadenbeistand Geduld haben. Es ist auch nicht gegen das Wesen der Geduld, gegen jenen, wann es notwendig ist, sich zu erheben, der da Übles antut; wie Chrysostomus sagt zu Matth. 4. Vade Satan (hom. 5. op. imp.): „Gegenüber den Beleidigungen, die der eigenen Person angetan werden, geduldig sein, ist lobenswert; die Beleidigungen Gottes aber geduldig hinnehmen, ist allzu gottlos.“ Ebenso Augustinus (ep. 138.): „Die Vorschriften der Geduld sind dem staatlichen Gemeinbesten nicht entgegengesetzt; um dessentwillen man gegen die Feinde kämpft.“ [212] 
 

59. Beharrlichkeit (perseverantia)

„Wir halten fest, es sei eine Gabe Gottes die Beharrlichkeit, kraft deren man bis zum Ende in Christo verharrt.“- Augustinus, de persev. 1
Soweit es auf den Zustand der Beharrlichkeit ankommt, bedarf der Mensch nur der heiligmachenden Gnade, wie dies auch für die übrigen Tugendzustände gilt. Wird aber die Tugendtätigkeit erwogen, insoweit sie bis zum Ende des Lebens dauert, so bedarf der Mensch nicht allein der zuständlichen, heiligmachenden Gnade, sondern auch eines besonderen Gnadenbeistandes Gottes, der den Menschen im Guten behütet bis ans Ende, nach I., II. Kap. 109. Denn da der freie Wille sich ändern kann und dies ihm nicht genommen wird durch die heiligmachende Gnade; so unterliegt es nicht der Macht des freien Willens, auch insoweit derselbe durch die Gnade wieder aufgerichtet ist, unbeweglich am Guten festzuhalten, obgleich es in seiner Macht steht, dies zu erwählen. Denn oft ist es in unserer Macht, zu erwählen; aber nicht, das Betreffende auszuführen. Die Tugend der Beharrlichkeit an sich betrachtet neigt dazu hin, zu beharren. Aber da jede Tugend nur ein Zustand ist, dessen man sich bedient, wann man will; so ist damit nicht gegeben, dass wer den Tugendzustand hat auch unverrückbar desselben sich bedient bis zum Tode. Augustinus schreibt: „Dem ersten Menschen ist verliehen worden, nicht dass er tatsächlich verharre, sondern dass er vermöge seines freien Willens verharren könne; denn damals war kein Verderbnis in der menschlichen Natur, das da etwa der Beharrlichkeit Schwierigkeiten entgegengestellt hätte. Jetzt aber wird den vorherbestimmten verliehen nicht allein, dass sie verharren können, sondern dass sie kraft der Gnade Christi tatsächlich verharren bis ans Ende. Der erste Mensch also, obgleich kein Feind schreckte, stand trotz des Gebotes Gottes, das abschreckte, nicht fest inmitten so großen Glückes bei so vieler Leichtigkeit, die er hatte, nicht zu sündigen; er gebrauchte zu seinem Verderben seinen freien Willen; diese aber, die vorherbestimmten Christi, stehen fest im Glauben, wenn auch die ganze Welt gegen sie wütet.“ [213] 
 

60. Weichlichkeit (mollities) und Hartnäckigkeit (pertinacia)

„Dem weichlichen ist entgegengesetzt der beharrliche.“ - Aristoteles
Das Lob der Beharrlichkeit besteht darin, dass man nicht vom Guten abweicht wegen des langwierigen Erduldens von Mühen und Schwierigkeiten. Weichlich aber wird jemand genannt, der leicht vom Guten abgeht eben wegen mancher Schwierigkeiten, die er nicht ertragen kann; wie ja was weich ist leicht den Eindrücken des berührenden zugänglich wird. Nicht aber wird etwas darum weich genannt, weil es dem stark anstürmenden nachgibt, wie ja auch feste Mauern schweren Schlägen weichen. So nun wird auch niemand weichlich genannt, der großen Schwierigkeiten nachgibt. Deshalb sagt Aristoteles: „Wer von starken und übermenschlichen Ergözlichkeiten oder Betrübnissen überwunden wird; der wird zwar nicht bewundert, aber es wird ihm verziehen, wenn er nachgibt.“ Offenbar aber stürmt schwerer die Gefahr an wie die Begierde nach Ergötzen, so dass Cicero (1. de offic.) sagt: „Es ist das nicht angemessen, dass jenen, den die Furcht nicht gebrochen hat, nun die Begierde knickt, und dass, der aus allen Beschwernissen unbesiegt hervorgegangen ist, nun von dem Vergnügen überwunden wird.“ Das Vergnügen selbst auch bewegt stärker dadurch, dass es anzieht, wie die Trauer über die Abwesenheit des Vergnügens, die da abzieht; ist ja doch die Abwesenheit des Vergnügens ein reiner Mangel. Deshalb heisst nach Aristoteles im eigentlichen Sinne „weichlich“ jener, der, weil die Abwesenheit der Ergötzlichkeiten ihm Trauer verursacht, vom Guten sich entfernt; er gibt nämlich einem schwachen Eindrucke nach. Diese Weichlichkeit wird verursacht: 1. durch Gewohnheit; denn wenn jemand an Vergnügungen gewohnt ist, kann er schwerer deren Mangel ertragen; 2. durch die besondere Verfassung seiner Natur; wenn jemand nämlich auf Grund seiner körperlichen Komplexion einen minder standhaften Geist hat. [214] 

Hartnäckig heisst jemand weil er einen harten, steifen Nacken hat; d. h., wie Aristoteles sagt (7 Eth. 9.) weil er an seiner Meinung mehr als gebührend festhält; wie der weichliche weniger als gebührend festhält, der beharrliche aber gerade so wie es sich gebührt. Also wird der hartnäckige getadelt wegen des „zuviel“. Der hartnäckige will seinen Vorrang offenbaren; deshalb hält er über Gebühr fest an seiner Meinung. Also kommt die Hartnäckigkeit aus eitler Ruhmsucht, übrigens muss man den Gegensatz der Tugenden und Laster nicht bemessen nach den Ursachen, sondern nach dem inneren Wesenscharakter. Der hartnäckige hat ein „zuviel“, weil er ungeregelterweise an etwas festhält trotz vieler Schwierigkeiten; er freut sich aber am Zwecke wie der starke und der beharrliche. Weil jedoch diese Freude fehlerhaft ist, nämlich als zu sehr erstrebt, ähnelt er dem weichlichen. [215] 
 

61. Die Stärke ist eine Gabe des heiligen Geistes

Die Stärke besagt eine gewisse Festigkeit der Seele. Diese aber erstreckt sich sowohl auf das Gute, was man tun, wie auf die Übel, die man ertragen soll; zumal wenn mit Beidem der Charakter des schwer Erreichbaren verknüpft ist. Kommt nun die der Natur entsprechende Weise in Betracht, so kann nach beiden Seiten hin der Mensch diese Festigkeit haben; dass er nämlich nicht vom Guten absteht wegen der auftauchenden Schwierigkeiten oder wegen eines bedeutenden Übels. Und danach besteht die Tugend der Stärke. Weiter aber wird die Seele des Menschen bewegt vom heiligen Geiste, dass er zum letzten Ende oder zum schließlichen Zwecke des angefangenen Werkes komme und allen entgegentretenden Gefahren entgehe; denn das übersteigt die menschliche Natur. "Bisweilen nämlich liegt es nicht in der Macht des Menschen, dass er das Ende seines Werkes erreiche oder die Gefahren vermeide, da er oft vorher dem Tode unterliegt. Das wirkt aber dann der heilige Geist im Menschen, indem er ihn zum ewigen Leben geleitet; d. h. zum letzten Endzwecke aller guten Werke und der Beendigung aller Gefahren. Und danach hat Bestand die Stärke als Gabe des heiligen Geistes; indem der heilige Geist eine gewisse Zuversicht der Seele einflößt, welche die gegenteilige Furcht zerstreut." [216] 

Deut. 20.: „Fürchtet sie nicht, denn der Herr euer Gott ist mitten unter euch und wird für euch kämpfen gegen euere Gegner.“ Die menschlichen Gesetze aber haben ihren Zweck in einzelnen zeitlichen Gütern; und werden somit nach deren Beschaffenheit über die Stärke Vorschriften erlassen. Der Alte Bund hatte zeitliche Güter als Gegenstand der Verheißungen; und deshalb musste das Volk auch belehrt werden, wie es körperlich gegen die Feinde streiten solle für seinen irdischen Besitz. Der Neue Bund hat nur geistige Verheißungen; und danach waren die Menschen zu belehren, wie sie zum Besitze der ewigen Seligkeit gelangen sollten, nach Matth. 11.: „Das Himmelreich leidet Gewalt und nur die Gewalt gebrauchen reißen es an sich.“ Darum schreibt Petrus vor: .Euer Gegner geht herum wie ein brüllender Löwe zu suchen wen er verschlinge; ihm widerstehet stark im Glauben;“ und Jakob. (4, 7.): „Widerstehet dem Teufel und er wird vor euch fliehen.“ Und weil durch die Furcht vor zeitlichen Übeln die Menschen vom Streben nach geistigen Gütern abgehalten werden können, schreibt der Heiland vor (Matth. 10.): „Fürchtet nicht jene, die den Leib töten.“ [217] 
 

62.  (temperantia)

Worauf die Mäßigkeit sich richtet, das lockt deshalb den Menschen im höchsten Grade an, weil es zur Natur des Menschen gehört. Und deshalb wird die Seelenruhe in besonderer Weise der Mäßigkeit zugeschrieben; obgleich sie gemeinhin allen Tugenden gebührt. Das Anständige, Schöne kommt wohl jeder Tugend zu, in besonderer Weise aber der Mäßigkeit: 1. nach der allgemeinen Bezeichnung der Mäßigkeit, wonach sie ein Maßhalten ist; im Maße aber oder im richtig abgemessenen Verhältnisse besteht der Wesenscharakter der Schönheit (4. de div. nom.), nach Dionysius; 2. mit Rücksicht auf dasjenige, dem die Mäßigkeit die Zügel anlegt; denn es ist dies das Niedrigste im Menschen, von woher der Mensch im höchsten Grade beschmutzt werden kann, so dass der Mäßigkeit die Schönheit oder das Wohlanständige zugeschrieben wird, weil sie diesen Schmutz entfernt. Ebenso verhält es sich mit dem Ehrbaren; denn „ehrbar wird gesagt gewissermaßen wie im Zustande der Ehre befindlich, wo nichts Schmutziges, nichts Schimpfliches sich findet,“ nach Isidor. (10 Etymol. H.) Die Mäßigkeit aber entfernt die schmutzigsten Laster. [218] 

Die moralische Tugend soll das Gute der Vernunft bewahren gegen das Anstürmen der Leidenschaften. Die sinnliche Tätigkeit nun erstreckt sich einerseits auf das Begehren nach sinnlichen, körperlichen Gütern; und andererseits auf das Fliehen vor den sinnlichen körperlichen Übeln. Die erstgenannte Tätigkeit aber widerstreitet vorzugsweise der Vernunft mit Rücksicht auf das Maßlose. Denn die äusseren, sinnlich wahrnehmbaren Güter sind an sich nicht gegen die Vernunft, vielmehr dienen sie derselben wie Werkzeuge dem Künstler; aber sie richten sich gegen die Vernunft, insoweit das sinnliche Begehren mit Rücksicht auf sie das von der Vernunft vorgeschriebene Maß nicht einhält. Und demgemäß ist es Aufgabe der moralischen Tugend an erster Stelle, derartige Leidenschaften zu regeln, welche das Begehren nach Gutem bedeuten. Die andere Tätigkeit aber, vermittelst deren das sinnliche Begehren das Üble flieht, widerstreitet vorzugsweise der Vernunft; nicht zwar wegen des Maßlosen, aber weil der Mensch oft wegen der Übel, welche das Gute der Vernunft begleiten, von diesem letzteren selber abgeht; und sonach muss die moralische Tugend hier ihre Hauptaufgabe darin finden, Festigkeit zu geben. [219] 

Wie die Stärke zum Gegenstande die Furcht hat, so richtet sich die Mäßigkeit auf die Ergötzlichkeiten und Begierden. Die Stärke aber geht auf die größten Gefahren, durch welche die Natur im Menschen selber bedroht wird. Also richtet sich die Mäßigkeit ähnlich auf die Begierde nach den größten Ergötzungen. Und weil das Ergötzen die Wirksamkeit der Natur als solche begleitet; so sind Ergötzungen um so heftiger, je mehr sie Tätigkeiten begleiten, welche tiefer in der Natur begründet sind. Im höchsten Grade naturgemäß aber sind den sinnbegabten Wesen jene Tätigkeiten, durch welche die Natur des Einzelwesens vermittelst von Speise und Trank erhalten wird und ebenso die Natur der Gattung vermittelst der Verbindung von Mann und Weib. Und demnach sind die Ergötzungen in Speise und Trank sowie im Geschlechtlichen recht eigentlich der Gegenstand für die Mäßigkeit. Derartige Ergötzungen aber folgen dem Tastsinne. Der eigentlichste Gegenstand der Mäßigkeit also sind die Ergötzlichkeiten des Tastsinnes. Augustinus nimmt da die Mäßigkeit im allgemeinen Sinne, wonach sie in jeder Tugend Maß hält gemäß der Vernunft. Es kann jedoch auch gesagt werden, dass, wer die heftigsten Ergötzlichkeiten zügeln kann, dazu um so mehr mit Rücksicht auf die geringeren imstande ist; und so gebührt es dem mäßigen, zuerst die Ergötzlichkeiten des Tastsinnes zu zügeln und folgegemäß dann auch die anderen. Aristoteles nimmt da „Mäßigkeit“ im übertragenen Sinne mit Rücksicht auf die äusseren Dinge, insofern sie den Fähigkeiten des handelnden entsprechen. Die Ergötzungen der anderen Sinne verhalten sich im Menschen nicht so wie im Tiere. Bei den Tieren nämlich bieten die anderen Sinne keinerlei Ergötzen, ausser kraft ihrer Beziehung zum Tastsinne. Denn der Löwe ergötzt sich, wenn er den Hirsch sieht oder hört, nur auf Grund der Begierde nach Speise. Der Mensch aber ergötzt sich nicht allein in dieser Weise an den anderen Sinnen, sondern auch an und für sich, insoweit nämlich ihr Gegenstand in richtigem Verhältnisse zu denselben steht. Werden also die Ergötzlichkeiten der anderen Sinne auf den Tastsinn bezogen wie bei den Tieren, so erstreckt sich demgemäß auch auf sie die eigentliche Mäßigkeit. Freut sich aber der Mensch z. B. am Anhören der Musik allein, weil dies eben Musik ist; so gehört dieses Ergötzen nicht zur Aufrechthaltung der Natur und sonach ist es nicht Gegenstand der eigentlichen Mäßigkeit. [220] 
 

63. Im Gegensatz zur Mäßigkeit: Abgestumpftheit (insensibilitas), Unmäßigkeit (intemperantia), Furchtsamkeit (timiditas)

Alles Jenes, was der Ordnung der Natur entgegengesetzt ist, ist fehlerhaft. Nun hat die Natur aber Ergötzen beigemischt den für das menschliche Leben notwendigen Tätigkeiten. "Sonach verlangt es die natürliche Ordnung, dass der Mensch insoweit solcher Ergötzungen sich bediene als es dem menschlichen Wohle zuträglich ist; sei es für das Einzelwesen sei es für die Erhaltung der Gattung. Würde jemand bis zu dem Punkte also derartiges Ergötzen fliehen, dass er vernachlässigte das, was zur Behütung der Natur notwendig ist, so würde er sich zur natürlichen Ordnung in Gegensatz stellen und demgemäß sündigen. Und dies ist die Sünde der Abgestumpftheit. Um eines gewissen erlaubten Zweckes willen aber kann jemand lobenswerterweise sich dergleichen Ergötzungen enthalten; wie manche aus Gesundheitsrücksichten sich einzelner Arten von Speise und Trank oder des Geschlechtlichen enthalten; oder wie die Soldaten, infolge der Verpflichtungen ihres Standes oder Amtes; oder wie die Büßer, welche die Gesundheit der Seele wiedererlangen wollen oder wie schließlich solche, die geistiger Betrachtung und göttlichen Dingen sich widmen, sich den fleischlichen Wünschen entziehen. Dies Alles geschieht nach der Regel der Vernunft und entbehrt somit des Fehlers der Abgestumpftheit. Daniel wollte sich durch jenes Enthalten geeignet machen für Betrachtung heiliger hoher Dinge; nicht als ob er sinnliche Ergötzungen als solche verabscheut hätte. Deshalb folgt gleich darauf jene Offenbarung von seiten Gottes, die ihm auf Grund dessen wurde. Weil der Mensch im Gebrauche seiner Vernunft nicht von den niederen Sinnesvermögen absehen kann; deshalb muss er seinen Körper aufrecht halten, damit er vernünftig tätig sein könne. Der Leib aber wird aufrecht erhalten eben vermittelst solcher ergötzlichen Tätigkeiten. Also kann es für den Menfchen nicht ein der Vernunft entsprechendes Gut sein, wenn er von allen solchen Ergötzlichkeiten sich enthält. Soweit jedoch der Mensch bei der Leistung der vernünftigen Tätigkeit mehr oder minder körperlicher Kraft bedarf, hat er mehr oder minder es notwendig, körperliches Ergötzen zu gebrauchen. Die Menschen also, die dies als Stand genommen haben, dass sie der Betrachtung göttlicher Dinge sich widmen und das geistige Gute wie durch geistige Zeugung auf andere fortpflanzen, enthalten sich lobwerterweise vieler körperlicher Ergötzungen, deren jene nicht lobwerterweise sich enthalten, denen es ihrem Stande nach obliegt, körperlich zu arbeiten und dem Körper nach zu zeugen." [221] 

Die Unmäßigkeit werde nicht als Kindersünde bezeichnet, weil sie den Kindern zukömmlich ist; sondern wegen einer gewissen Ähnlichkeit. Denn sie ist eine Sünde, welche von überflüssiger Begierde kommt; und nach dieser Seite hin ist sie dem Kinde ähnlich: 1. weil weder das Kind noch der unmäßige auf die Regel der Vernunft achtgibt, und somit beide nichts Schönes, sondern vielmehr Hässliches begehren; denn „schön ist, was dem Vorrange des Menschen entspricht in dem, worin er sich von den Tieren unterscheidet;“ 2. mit Rücksicht auf das Ergebnis; denn wird das Kind seinem Willen überlassen, so wachst der Eigensinn in ihm, nach Ekkli. 30.: „Ein unbezähmtes Pferd wird widerspenstig und ein Kind, das man sich selbst überläßt, überstürzt sich;“ ebenso wird die Begierlichkeit desto mächtiger, wenn man ihr nachgibt, so dass Augustinus schreibt (8. Conf. 5.): „Dient man der Begierde, so wird sie Gewohnheit; und widersteht man der Gewohnheit nicht, so wird sie zur Notwendigkeit;“ [222]

Keiner will gerade unmäßig sein; er wird angelockt durch besondere einzelne Ergötzlichkeiten, so dass das beste Heilmittel dagegen ist, nicht sich zu lange Zeit mit dem Erwägen des besonderen Falles und seiner einzelnen Verhältnisse aufzuhalten, sondern zu allgemeineren Betrachtungen sich zu wenden. Bei der Furchtsamkeit aber ist es umgekehrt. Da ist das, was man im besonderen Falle tut, minder freiwillig; das Allgemeine, nämlich sich zu retten, ist mehr freiwillig. Freiwilliger aber geschieht dies, was mit Rücksicht auf die einzelnen Verhältnisse geschieht, unter welchen die Tätigkeit sich vollzieht, wie was nur mit Rücksicht auf allgemeine Prinzipien getan wird. Schlechthin also ist die Unmäßigkeit eine schwerere Sünde wie die Furchtsamkeit, weil sie schlechthin mehr freiwillig ist. Gegen die Unmäßigkeit kann man sich mehr schützen wie gegen die Furchtsamkeit; denn die Ergötzungen an Speise und Trank treten das ganze Leben hindurch entgegen. Man kann sich also da mehr üben, um mäßig zu sein. Die Todesgefahren aber kommen selten vor; und gefahrvoller ist es, sich darin zu üben, um die Furchtsamkeit zu vermeiden. Der unmäßige also sündigt, schlechthin genommen, schwerer wie der furchtsame. [223] 

Das Verabscheuen stehe gegenüber der Ehre und dem Ruhme. Die Ehre aber gebührt einem hervorragenden Vorrange und der Ruhm schließt Herrlichkeit und Glanz in sich ein. Die Unmäßigkeit nun widerstreitet 1. am meisten dem Vorrange des Menschen; denn sie richtet sich auf Ergötzungen, die uns mit den Tieren gemein sind, weshalb es Ps. 48 heisst: „Da der Mensch in Ehren war, hat er es nicht verstanden; er hat sich mit den vernunftlosen Tieren auf die nämliche Stufe herabgelassen und ist ihnen ähnlich geworden.“ Es widerstreitet 2. die Unmaßigkeit am meisten dem Lichte oder der Schönheit; denn die ganze Herrlichkeit und Schönheit des Menschen kommt vom Lichte der Vernunft, diese aber erscheint am wenigsten in den Ergötzlichkeiten, welche Gegenstand der Unmäßigkeit sind. Gregor der Große (33. moral. 11.) sagt: „Die fleischlichen Sünden (die alle in der Unmäßigkeit einbegriffen sind) schließen nicht so große Schuld in sich ein; sind aber schändlicher.“ Die Größe der Schuld nämlich wird vom Zwecke aus bemessen; die Schande aber kommt von der Schimpflichkeit oder dem Mangel an Vernunft. Die Gewohnheit zu sündigen vermindert die Schande vor den Menschen; nicht aber in Anbetracht der Natur selber der Laster. "Die Unmäßigkeit ist am meisten abscheulich unter den menschlichen Lastern. Jene Laster, welche die Verhältnisse oder das Maß der menschlichen Natur übersteigen, sind abscheulicher. Diese aber selbst lassen sich zurückführen auf die Unmäßigkeit gemäß einem gewissen Übermaße; wie wenn jemand sein Wohlgefallen findet im Fressen von Menschenfleisch oder in unnatürlicher Unzucht mit Tieren." [224] 
 

64. Verschämtheit (verecundia)

Die Verschämtheit ist die Furcht vor Schändlichem. Die Unmäßigkeit nun ist im höchsten Grade schändlich. Also hält sich die Verschämtheit vorzugsweise zur Mäßigkeit. Insoweit aber andere Laster ebenfalls schändlich und abscheulich sind, kann die Verschämtheit auch zu den diesen entgegengesetzten Tugenden gehören. Ps. 51.: „Was rühmst du dich in Bosheit.“ Auf der anderen Seite heisst es bei Damascenus und Gregor von Nyssa (de nat. hom. 20.): „Scham ist die Furcht vor einer schändlichen Handlung.“ Die Furcht richtet sich an erster Stelle auf ein schwer zu vermeidendes Übel. Nun gibt es in doppelter Weise etwas Schändliches: Das eine besteht in der Hässlichkeit des freiwilligen Aktes; und mit Bezug darauf besteht keine Furcht, denn hier fällt die Schwierigkeit, ihn zu vermeiden, fort, da was allein vom Willen abhängt nicht unter dem Gesichtspunkte des Schrecklichen aufgefasst wird (2 Rhet. 5.); das andere besteht im Tadel, den man von einem anderen her erfährt und das ist wie Strafe und nicht wie Schuld; besteht doch ein gewisser Glanz in der Verehrung, die man jemandem zollt. Und weil solches Schändliche den Charakter eines schwer zu vermeidenden Übels hat wie die Ehre ein schwer erreichbares Gut ist; deshalb richtet sich die Verschämtheit oder Furcht vor Schande zuerst und hauptsächlich auf den Tadel oder die Unehre. Weil aber der Tadel so recht eigentlich der Sünde gebührt, deshalb richtet sich an zweiter Stelle die Verschämtheit auf Schändliches im eigenen Tun und Handeln. Deshalb sagt Aristoteles (2. de Rhet.): „Weniger schämt sich der Mensch jener Mängel, welche nicht aus seiner Schuld sich ableiten.“  [225] 

Aristoteles sagt (4 Ethic. ult.): „Der tugendhafte hat keine Verschämtheit.“ Die Verschämtheit ist Furcht vor Schändlichem. Dass nun ein Übel nicht gefürchtet wird, kommt einmal daher, dass es für kein Übel gehalten wird; und dann daher, dass es nicht als schwer zu vermeiden gilt. Demnach also schämen sich nicht 1. die im Schändlichen durchaus begrabenen, denn sie halten dasselbe nicht mehr für ein Übel, sondern rühmen sich vielmehr dessen; 2. die Greise und die tugendhaften; denn sie erfassen das Schändliche nicht als etwas ihnen Mögliches oder als etwas schwer zu Vermeidendes; jedoch sind sie in einer solchen innerlichen Verfassung, dass, wenn etwas Schändliches in ihnen wirklich sich fände, sie sich auf Grund dessen schämen würden. Die Ursache ist verschieden, auf Grund deren weder die sehr Guten noch die sehr Bösen sich schämen. Die da in der Mitte stehen haben Verschämtheit, weil sie das Gute lieben, jedoch nicht gänzlich frei vom Bösen sind. „Der tugendhafte muss nicht nur das tatsächlich Böse meiden, sondern auch das, was vor den Menschen als ein Übel gilt.“ (4 Eth.) Und 1. Thess. 5.: „Von allem Scheine des Bösen haltet euch ferne.“ Verleumdungen und dergleichen Schmach verachtet der tugendhafte, weil er überzeugt ist, sie nicht verdient zu haben; und deshalb schämt er sich dessen nicht viel. Die ersten, der Vernunft zuvorkommenden Bewegungen der Scham kann er jedoch haben; wie auch diejenigen, welche den anderen Leidenschaften entsprechen. Die Verschämtheit ist nicht ein zum Wesen der Mäßigkeit gehöriger Teil, sondern verhält sich nur vorbereitend. Deshalb sagt Ambrosius (1. de offic. 43.): „Die Verschämtheit lege die ersten Fundamente der Mäßigkeit, weil sie Schrecken einflößt vor dem Schändlichen.“ [226] 
 

65. Ehrbarkeit (honestate) und geistige Schönheit

Zum Charakter des Schönen oder Wohlanständigen trägt bei der Glanz und das gebührende Verhältnis, nach Dionysius (4. de div. nom.), der da sagt: „Gott ist schön als die Ursache der Harmonie im All und des Glanzes.“ Deshalb besteht die Schönheit des Körpers darin, dass derselbe Glieder besitzt, die in sich und untereinander in gutem Verhältnisse stehen. "Und ähnlich besteht die geistige Schönheit darin, dass das Benehmen und das Tun des Menschen durch ein gutes Verhältnis gemessen sei gemäß dem geistigen Glanze der Vernunft. Dies aber gerade entspricht dem Ehrbaren oder der Tugend, welche gemäß der Vernunft die menschlichen Dinge leitet und abmisst. Deshalb nennt Augustinus (83 Qq. 30) das Ehrbare „eine geistige Schönheit.“… „Vieles ist,“ so gleich darauf, „schön anzusehen, wird aber mit minderem Rechte als eigentlich ehrbar bezeichnet.“ Der das Begehren bestimmende Gegenstand ist das Gute, insoweit es aufgefasst wird; was aber in der Auffassung selber als wohlanständig oder schön erscheint, das wird als etwas Zukömmliches und als etwas Gutes betrachtet. Deshalb sagt Dionysius (4. de div. nom.): „Allen erscheint das Schöne und Gute als liebwert.“ Danach wird nun das Ehrbare selber, soweit es als geistig schön und wohlanständig sich vorstellt, etwas Begehrbares. In diesem Sinne sagt Cicero (l. de offic.): „Könntest du das Antlitz und die gleichsam äußerliche Form des Ehrbaren sehen, so würde, wie Plato erklärt, eine bewundernswerte Liebe zur Weisheit in dir erstehen.“ [227] 

Das Ehrbare besitzt eine gewisse Schönheit, weil es der Richtschnur der Vernunft entspricht. Was aber der Vernunft gemäß ist, das ist von Natur dem Menschen zukömmlich. Da nun jegliches Ding von Natur sich ergötzt an dem ihm entsprechend Zukömmlichen; so ist das Ehrbare an sich betrachtet etwas Ergötzliches, wie Aristoteles dies betreffs der Tugendtätigkeiten beweist. (1 Eth. 8.) Nicht jedoch ist alles Ergötzliche etwas Ehrbares; denn es kann etwas ergötzen dem Sinne und nicht der Vernunft nach. Solches Ergötzliche aber sieht ab von der Vernunft des Menschen, welche denselben naturgemäß vollendet. Die an sich ehrbare Tugend ist zudem etwas Zweckdienliches, nämlich mit Rücksicht auf die Glückseligkeit. Und danach kommt ihr es zu, auch nützlich zu sein. Somit ist also dem Subjekte oder dem Träger nach es dasselbe das, von dem ausgesagt wird, es sei nützlich, ehrbar, ergötzlich. Die Aufsassung oder der Wesenscharakter aber dieser drei Eigenheiten schliesst einen Unterschied ein. Denn ehrbar heisst, was in sich etwas Hervorragendes einschliesst, was der Ehre an sich selber also würdig ist; eine geistige Schönheit somit; ergötzlich wird genannt, was dem Begehren Ruhe gewährt; und nützlich, was etwas Anderem dient. Das Ergötzliche ist aber umfassender; denn alles Nützliche und Ehrbare schliesst etwas Ergötzliches in sich ein, nicht jedoch umgekehrt. (2 Eth. 3.) Das „Ehrbare“ wird um seiner selbst willen erstrebt mit dem vernünftigen Begehren; das „Ergötzliche“ wird um seiner selbst willen erstrebt mit dem sinnlichen Begehren. Der Reichtum gilt bei der Menge als etwas der Ehrenwertes; und zudem dient er als Werkzeug zur Betätigung von Tugenden. Schlechthin kann nichts wahrhaft nützlich sein, was dem Ehrbaren widerstreitet; denn es entspricht nicht dem letzten Zwecke des Menschen. Es kann jedoch nützlich sein mit Rücksicht auf einen besonderen beschränkten Zweck. Ambrosius und Cicero wollen somit nicht sagen, „nützlich“ und „ehrbar“ sei wesentlich ein und dasselbe. [228] 

"Schön sein aber ist entgegengesetzt dem Hässlichen oder Schändlichen. Da nun Gegensätze sich wechselseitig beleuchten, so gehört offenbar die Ehrbarkeit zur Mäßigkeit, die ja das für den Menschen Schändlichste und Hässlichste, tierische Ergötzlichkeiten nämlich, fernhält. Deshalb leuchtet schon im Namen der Mäßigkeit das geistig Schöne der Vernunft durch, deren Sache es nämlich ist, die niedrigen Begierden zu leiten und zu lenken, respektive sie zu zügeln; ist ja doch die Vernunft ihrem Wesen nach Maß und Richtschnur. Und so wird die Ehrbarkeit als ein integraler Teil, d. h. als eine Eigentümlichkeit der Mäßigkeit selbst, betrachtet." - Thomas von Aquin, II-II, q 145

66. Abstinenz (abstinentia)

Insoweit Abstinenz besagt, schlechthin sich der Speise zu enthalten, ist sie keine Tugend, sondern etwas Gleichgültiges. Besagt sie dies aber mit Rücksicht auf die Regelung durch die Vernunft, so ist sie eine Tugend dem Zustande oder der Tätigkeit nach. Deshalb sagt Petrus, „in der Wissenschaft Abstinenz“; dass nämlich der Mensch sich der Speise enthalte gemäß dem dass die Vernunft unterscheidet, ob es der Gesundheit oder den Menschen, mit denen man zusammenlebt, oder überhaupt den persönlichen Verhältnissen entspreche. 1. Kor. 8. heisst es: „Die Speise empfiehlt uns nicht Gott dem Herrn; wir werden nicht (geistig) stärker sein, wenn wir essen, und nicht schwächer, wenn wir nicht essen.“ Die Speise an sich also ist gleichgültig. Soweit aber Essen und Nichtessen geregelt wird durch die Liebe Gottes und des Nächsten, gehört es zum Reiche Gottes. Soweit die Gesundheit des Leibes in Betracht kommt, muss die Kunst des Arztes den Umfang und die Beschaffenheit der Speisen bemessen. Soweit aber die inneren Neigungen erwogen werden, geht dies die Tugend an: „Betreffs der Tugend liegt gar nichts daran, was für Nahrung oder wie viel deren der Mensch zu sich nimmt, wenn er nur dies tut mit Rücksicht auf die Menschen, mit denen er lebt, und gemäß der Notwendigkeit, die mit Rücksicht auf sein Amt von seiner Person und von seiner Gesundheit ausgeht. Aber die Tugend steht in Frage, wenn darauf gesehen wird, mit welcher Leichtigkeit, wie heiter und ruhig in der Seele er der Speise entbehrt, wenn es sich geziemt, derselben zu entbehren.“ (August. 2 Qq. Evgl. 11.) [229] 
"Jene Laster kommen von der ungeregelten Abstinenz. Die gesunde Vernunft lehrt, sich zu enthalten, wie es sich gebührt; nämlich aus recht mäßigem Grunde, mit geistiger Heiterkeit, zur Ehre Gottes und nicht zur eigenen Ehre" - Thomas von Aquin, II-II, q 146

67. Fasten (ieiunium)

„Von der fleischgewordenen Weisheit Gottes selbst, durch die wir zur Freiheit berufen werden, sind wenige äusserst heilsame Sakramente eingesetzt worden, welche die Gemeinschaft des christlichen Volkes, d. i. der unter Gott frei gewordenen Menge, zusammen halten sollen.“ - Augustinus, de vera relig. 17
Nun ist oben gesagt worden, wie das Fasten nützlich ist, "um die Sünde zu verhindern, um zu büßen, und den Geist zu göttlichen Dingen zu erheben; somit ist danach jeder kraft der natürlichen Vernunft gehalten, so viel zu fasten als zu besagten Zwecken erforderlich ist. Das Fasten also im allgemeinen fällt unter die Vorschriften des Naturrechtes. Die weitere Bestimmung der Zeit aber und der Art und Weise des Fastens, wie dies der Nutzen und das Heil des christlichen Volkes entsprechend verlangt, fällt unter die Vorschriften des positiven Rechtes, welches von den Kirchenoberen aufgestellt worden. Das Fasten an sich besagt nur eine Strafe. Es wird Gegenstand der freien Wahl erst unter dem Gesichtspunkte eines Zweckes, dem es dient. Also schlechthin ist es nicht ein Gebot. Es ist ein Gebot, nur insoweit man desselben bedarf. Die Menge der Menschen aber bedarf für gewöhnlich eines solchen Heilmittels; denn „in vielen Dingen beleidigen wir alle Gott“ (Jakob 3.) und „das Fleisch begehrt gegen den Geist.“ (Galat. 5.) Also war es zukömmlich, dass die Kirche einige Fasten vorschrieb, welche alle Gläubigen beobachten müssen; nicht als ob sie vorschreiben wollte, was seinem Wesen nach reiner Ausfluß des freien Willens ist, sondern um in besondere einzelne Bestimmungen zu fassen, was für alle notwendig ist. Die Vorschriften, welche der Gesetzgeber für das Gemeinwesen gibt, verpflichten nicht alle Glieder des letzteren in ganz der nämlichen Weise; sondern gemäß dem Zwecke, welchen der Gesetzgeber beabsichtigt. Wer also in seiner Übertretung das betreffende Gesetz verachten will oder wer den Zweck vereitelt, welcher den Gesetzgeber geleitet hat; der sündigt schwer. Wer aber die bezügliche Vorschrift nicht beobachtet auf Grund einer vernünftigen Ursache, zumal in einem Falle, in welchem der Gesetzgeber, wenn er anwesend wäre, erklären würde, die Vorschrift sei nicht zu beobachten; der sündigt nicht schwer. Also begehen nicht alle, welche das Fastengebot der Kirche nicht beobachten, eine Todsünde. Augustinus spricht hier von solchen Gebräuchen, welche weder durch die heilige Schrift noch durch allgemeine Konzilien noch durch allgemeine Gewohnheit in der Kirche geheiligt und vorgeschrieben sind. Die Fastenvorschriften aber kommen von Konzilien und von der allgemeinen Gewohnheit der Kirche. Sie sind auch nicht gegen die Freiheit des christlichen Volkes; sondern fördern die geistige Freiheit, indem sie die Knechtschaft der Sünde hindern, nach Gal. 5.: „Ihr, Brüder, seid zur Freiheit gerufen; machet aber nur daraus keinen Anlaß, den fleischlichen Begierden nachzugehen.“ [230] 

Das Fasten des Frohlockens und Jubelns gibt der heilige Geist ein; es fällt deshalb unter kein Gebot. Die Fasten der Kirche sind vielmehr Fasten der Trauer, welche den Festtagen nicht zukommen. Deshalb ist in der ganzen Osterzeit kein Fasten und ebensowenig an Sonntagen. „Wenn jemand in solchen Zeiten gegen den Gebrauch des christlichen Volkes (Augustinus. ep. 36.), welcher als Gesetz gilt, oder aus Irrtum" wie die Muslime, die auch an Sonn- und Feiertagen ein solches Fasten für notwendig halten, fasten wollte, "so würde er sündigen; mag auch das Fasten an und für sich, wie Hieronymus an Lucinius (ep. 28.) schreibt, zu jeder Zeit wünschenswert sein.“  [231] 

Zum Irrtum der Muslime in Bezug auf das Fasten: Auch der Präsident der Vereinigten Staaten bricht mit einer jahrzehntealten Tradition; zum muslimischen Fest des Fastenbrechens richtet er zum ersten Mal seit 20 Jahren kein Abendessen im Weißen Haus aus. Das Ende des Fastenmonats Ramadan: Seit Bill Clinton war das alljährlich ein Anlass für amerikanische Präsidenten, ein festliches Abendessen im Weißen Haus abzuhalten, zu dem prominente Muslime eingeladen wurden. Bis jetzt. Denn mit Donald Trump hat zum ersten Mal seit 20 Jahren ein amerikanischer Präsident mit dieser Tradition zu dem vollkommen sinnlosen „Eid al-Fitr“, dem „Fest des Fastenbrechens“, gebrochen. Ramadan ist auch nach Thomas von Aquin ein sinnloses Fasten, da tagsüber falsch gefastet (ohne trinken) und abends wieder getafelt wird. Kinder sind dadurch unkonzentriert in der Schule und können den Unterricht nicht mitmachen, weshalb muslimische Feste und der Fastenmonat Ramadan in christlichen Ländern verboten werden sollen. So wie andere sinnlose Gepflogenheiten wie die Unterstützung der Verbreitung gentechnisch veränderter Lebensmittel hatte der demokratische Präsident Bill Clinton die Abendessen eingeführt, die sowohl von George W. Bush als auch von Barack Obama fortgeführt wurden. Zu ihnen wurden traditionell prominente Muslime sowie muslimische Kongressabgeordnete und Diplomaten ins Weiße Haus eingeladen. Auch Trumps Aussenminister hat mit einer jahrzehntelangen Tradition zum Ende des Ramadan  gebrochen: Wie der Sender CNN berichtet, wies der Außenminister die Anfrage des Büros für Religion und internationale Beziehungen des Außenministeriums zurück, zum Fest des  Fastenbrechens einen traditionellen Empfang im Ministerium auszurichten. In Europa und Amerika ist es schon soweit gekommen, dass sich viele Schulen schon länger bemühen, "Schulfeste nicht in den Fastenmonat zu legen, weil dann Eltern nicht mitessen können. Nun hört man aber auch, dass Feste verschoben werden, weil Schüler fasten. In Frankfurt erzählen das Lehrer und Eltern aus mehreren Schulen, darunter auch eine Grundschule." Kinder kommen zu spät zum Unterricht, weil sie nach dem nächtlichen Frühstück wieder einschlafen. Am Abend vorher sind sie spät ins Bett gegangen, weil die Familie während des Ramadan mitten in der Nacht zu Abend isst. "Die Kinder fragen in der großen Pause, ob sie im Schulgebäude bleiben dürfen, statt auf den Hof zu gehen; dort werde so viel rumgelaufen, das sei ihnen zu anstrendend. Kinder wollen nicht beim Sportunterricht mitmachen, weil sie keine Kraft haben, und beim Schwimmen schon gar nicht, weil sie fürchten, dass sie aus Versehen Wasser schlucken, was streng genommen trinken wäre. Kinder wirken matt, unkonzentriert, und machmal kippt eins vom Stuhl oder kollabiert, wenn es doch versucht beim Sport mitzumachen." Auch Nicht-Muslime werden von ihren Mitschülern dazu verführt, am sinnlosen muslimischen fasten oder am Fest danach teilzunehmen, mit in die Moschee oder Koranschule zu gehen. Fast alle zwanzig Neukölner Moscheen halten am Ramadan für Kinder fest. Nur ein generelles Verbot kann dem Abhilfe schaffen. In Deutschland gibt es allerdings einige ewiggestrige Bürgermeister, die dem muslimischen Fasten etwas positives abgewinnen können und wider alle Vernunft, trotz kollabierender Schulkinder, diese muslimische Sitten befürworten. Ein Bürgermeister hat "in seinen Einführungsworten deutlich gemacht, dass er diese Initiative des religiösen Dialogs unterstützt und schätzt." Eingeladen war auch eine muslimische Deutsche, also eine Konvertitin, die erklärte, warum das Fasten sinnvoll sei, was allerdings nur derjenige verstehen konnte, der zuvor seine Vernunft komplett ausgeschaltet hatte. [232]

Die Kirche hat "niemals die Absicht gehabt, das Trinken zu verbieten; denn dieses dient mehr zur Verdauung der genossenen Speisen wie zur Nahrung, mag es auch in etwa nähren. Wollte jedoch jemand zu oft trinken, so würde er das Verdienst des Fastens verlieren. Früchte u. dgl., was man zum Nachtische hat, werden nicht als Nahrung genommen, wenn sie auch ein wenig nähren, sondern behufs der Verdauung. Solche Sachen brechen also nicht das Fasten, sie sind wie Medizin; sie müssten denn in großer Quantität genossen werden, in welchem Falle sie dem betreffenden nur als Mittel zur Täuschung seiner selbst dienen würden." [233]

"An erster Stelle wird Fleisch untersagt und erst an zweiter Milch und Eier; nämlich das, was von den Tieren ausgeht, welche das Fleisch bieten. Unter den verschiedenen Fasten ist sodann das feierlichste das vierzigtägige; sowohl weil es zur Erinnerung an das Leiden Christi gehalten wird, als auch weil wir durch dasselbe vorbereitet werden, die Geheimnisse unserer Erlösung würdig zu begehen." Deshalb ist bei allen Fasten der Genuß des Fleisches untersagt; in der vierzigtägigen Faste aber auch der von Milch und Eiern, obgleich mit Bezug auf den letzten Punkt verschiedene Gewohnheiten bestehen bei den verschiedenen Kirchen, zu deren Einhaltung jeder in seiner Gegend verpflichtet ist: „Eine jede Provinz folge ihrem Sinne und die Vorschriften der Vorfahren halte sie für Apostolische Gesetze,“ sagt Hieronymus.  [234]
 

68. Die Kinder der Gaumenlust: läppische Freude, Unreinheit, Geschwätz, Stumpfheit des Geistes im Verstehen

Die Gaumenlust besteht so recht eigentlich im ungeregelten Ergötzen an Speise und Trank. Was also aus solch ungezügeltem Ergötzen an Speise und Trank folgt, das wird als Kind der Gaumenlust angesehen. Dies kann nun erwogen werden von seiten der Seele und von seiten des Leibes. Von seiten der Seele wird 1. die Schärfe des Geistes abgestumpft; denn die Ausdünstungen, welche von den Speisen aufsteigen, verwirren den Kopf; wogegen die Abstinenz beiträgt zur Erfassung der Weisheit, nach Ekkle. 2.: „Ich dachte in meinem Herzen, vom Weine will ich mein Fleisch abziehen und meinen Geist der Weisheit zuwenden;“ 2. wird das Begehren ein ungeregeltes, wenn einmal das Steuerruder der Vernunft nicht wirksam eingreift; mit Bezug darauf ergibt sich die läppische Freude, alle ungeregelten Leidenschaften nämlich münden in Freude oder in Trauer; danach heit es: „Der Wein wendet jeden Geist der Sicherheit und Annehmlichkeit zu;“  3. wird das Sprechen ein ungeordnetes; und da ergibt sich das eitle Geschwätz, welches Gregor kennzeichnet mit den Worten (pastor. 3, 20.): „Wenn nicht die der Gaumenlust ergebenen die Geschwätzigkeit beherrschte, so würde die Zunge jenes reichen in der Hölle nicht in besonderer Weise brennen;“  4. die äussere Tätigkeit wird eine ungeordnete; und danach ergeben sich aus viel Essen und Trinken Lächerlichkeiten: Witze, die das Lachen herausfordern. Die beiden letzten Sünden können auch zusammen auf Worte bezogen werden, so dass die Geschwätzigkeit sich auf die unnützen Worte bezöge und die Lächerlichkeit auf die unehrbaren. [235] 
 

69.  (sobrietate) und geistige Keuschheit

 „Nüchtern“ im allgemeinen wird jemand genannt, der seine kalte Vernunft immer behält, wie wenn ihn die Hitze des Tages nicht beeinflusste, sondern immer die Frische der Nacht ihn begleitete. "Am meisten aber wird das ruhige kalte Nachdenken und Urteilen beeinflusst vom ungeregelten Trinken, so wie dieses letztere auch, wenn darin Maß gehalten wird, im höchsten Grade nützlich ist. Mehr schadet also dem Gebrauche der Vernunft das Übermaß im Trinken, wie das im Essen. Deshalb heisst es Ekkli. 31.: „Gesundheit des Leibes und der Seele ein mäßiger Trunk. Im Übermaße getrunkener Wein verursacht Aufregung,. Zorn und viel Unglück.“ Und deshalb beschäftigt sich die Nüchternheit zumal mit dem Getränke; nicht mit jedem zwar, sondern mit solchem Getränke, welches durch seine Ausdünstungen geeignet ist, den Kopf zu verwirren, wie z. B. es beim Wein der Fall ist und bei allem, was trunken macht. Allgemein angewandt kann Nüchternheit aber auch von dem Gegenstande jeder anderen Tugend gebraucht werden, wie der Stärke und der Mäßigkeit; sie bedeutet dann die kalt urteilende, scharf messende Vernunft. Wie der Wein körperlich berauscht, so berauscht die Betrachtung der Weisheit geistigerweise, indem sie durch geistiges Ergötzen den Geist anlockt. So sagt ja der Psalm 22: „Mein berauschender Kelch, wie herrlich ist er!“ Und danach gebraucht man im übertragenen Sinne Nüchternheit auch mit Bezug auf die Weisheit. Was auch immer zur Mäßigkeit gehört, ist für das gegenwärtige Leben notwendig und schadet, wenn es übermäßig genossen wird. In allem dem also muss man das kalte Urteil der Vernunft anwenden, was die Aufgabe der Nüchternheit ist; und deshalb steht Nüchternheit manchmal für Mäßigkeit. Weil aber das Übermaß im Trinken dem Urteile der Vernunft am meisten schadet, deshalb ist der besondere Gegenstand der Nüchternheit das Getränk." [236] 
"Die moralische Tugend solle das vernunftgemäße Gute gegen Hindernisse festhalten. Wo also ein besonderes Hindernis für die Einwirkung der Vernunft sich findet, da bedarf es einer besonderen Tugend zu dessen Entfernung. Nun hat das berauschende Getränk eine besondere Art und Weise, den Gebrauch der Vernunft zu hindern; insoweit es durch seine Ausdünstungen das Gehirn verwirrt. Zur Entfernung dieses Hindernisses also bedarf es einer eigenen Tugend. Speise und Trank haben eine gemeinsame Art, den Einfluß der Vernunft zu hindern, insoweit sie infolge ungeregelten Ergötzens die Vernunft vernachlässigen; und mit Bezug darauf besteht die eine einige Tugend der Abstinenz. Insbesondere aber hindert noch in eigener Weise das Getränk, welches berauscht; und dafür ist die Nüchternheit. Nicht weil Speise und Trank nähren, besteht für sie die Richtschnur der Abstinenz, sondern weil sie die Vernunft hindern. Also bedarf die verschiedenartige Nährkraft in den Speisen und Getränken keiner besonderen Verschiedenheit in den Tugenden." - Thomas von Aquin, II-II, q 149

„Wein mit Nüchternheit getrunken ist billiges Leben für die Menschen; trinke mäßig von ihm und du wirst nüchtern sein.“ Ekkli. 31

„Ein Frohlocken des Herzens und der Seele ist ein mäßiger Trunk Wein.“ Ib.

„Trinke nicht immer Wasser, sondern mäßig Wein wegen deines Magens und deiner häufigen Krankheiten.“  1. Tim. 5

"Ich antworte, nach Matth. 15, 2. ist keine Speise und kein Trank, „das nämlich, was in den Mund eingeht,“ an und für sich, der Natur nach, schlecht. Also ist Wein zu trinken, an und für sich betrachtet, nichts Schlechtes. Wird aber jemand vom Weine leicht benachteiligt oder hat er gelobt, keinen Wein zu trinken, oder trinkt er über das Maß oder nehmen andere daran Ärgernis; aus diesen und ähnlichen äußeren Gründen wird der Weingenuß zu etwas Unerlaubtem. Wird die Weisheit nur in der Weise verlangt oder besessen, wie deren Besitz zur Erreichung der Seligkeit gemeinhin notwendig ist; so besteht keine Notwendigkeit, sich des Weines zu, enthalten. Soll sie in einem besonders hohen Grade erlangt werden und der Geist somit ganz in der Betrachtung göttlicher Dinge aufgehen; so ist es bisweilen nach Lage der persönlichen Verhältnisse erfordert, vom Weine ganz abzulassen. Wenn andere daran berechtigtes Ärgernis nehmen, mahnt der Apostel, vom Weine abzulassen. Christus zieht uns von Manchem als durchaus Unerlaubtem zurück, von Manchem aber als einem Hindernisse hoher Vollkommenheit; und so zieht er manche ab vom Weine, wie ja auch vom Reichtume und Anderem." - Thomas von Aquin, II-II, q 149

"Der übermäßige Weingenuß aber stört die Tätigkeit der Vernunft. Und deshalb sollen Greise, in denen die Vernunft kräftig sein muss, um andere zu belehren; Bischöfe und ähnliche Obere, welche mit frommem Geiste göttlichen Dingen hingegeben sein müssen", Politiker, die "durch Weisheit ihr Volk leiten sollen, ganz besonders die Tugend der Nüchternheit üben."  [237] 

Der Name Keuschheit (castita) oder Reinigkeit kommt daher, dass die Begierde durch die Vernunft gezüchtigt oder gereinigt werde, da die Begierde wie ein Kind am Zügel zu halten ist. (3 Eth) Dass aber etwas unter das Maß der Vernunft gebeugt werde, das ist eben Tugend. Also ist offenbar die Keuschheit eine Tugend. Die Keuschheit hat ihren Sitz in der Seele; ihr Gegenstand aber oder ihre Materie ist der Körper. Gemäß der Vernunft nämlich soll man maßvoll gewisser körperlicher Glieder sich bedienen. Augustinus schreibt darüber (1. de civ. Dei 18.): „Bleibt in der Seele der Vorsatz der Keuschheit, durch den auch der Körper geheiligt zu werden verdiente, so kann selbst die Gewalttat fremder Begierde dem Körper seine Heiligkeit nicht nehmen; an dieser hält fest die Beharrlichkeit der Enthaltsamkeit, … die Keuschheit ist eine Tugend der Seele, ihr Begleiter ist die Stärke, kraft deren man vielmehr beliebige Übel ertragen muss, als Üblem zustimmen.“ „Fern sei es, dass in einem wahre Tugend sei, der nicht gerecht ist; fern sei es, dass jemand in Wahrheit gerecht sei, der nicht aus dem Glauben lebt,“ sagt Augustinus. (4. cont. Julian. 3.) Und daraus schliesst er zusammen mit Thomas von Aquin, dass in den Ungläubigen, den heutigen Muslimen zum Beispiel, die vom Glauben an den wahren Gott abgefallen sind,  weder wahrhaft Keuschheit sei noch eine andere Tugend; weil solche sogenannte Tugenden nämlich nicht zum gebührenden Zwecke bezogen werden, „da nicht auf Grund von Tätigkeiten, sondern auf Grund des Zweckes die Laster von den Tugenden unterschieden werden“ [238] 

„Du wirst verderben alle unkeuschen: jene, die von Dir abfallen.“ Ps. 72
Der Name „Keuschheit“ bedeutet im eigentlichen Sinne die Zügelung der Begierden betreffs des Geschlechtlichen; im übertragenen die Verbindung des Geistes mit Gott. Wenn nämlich der Geist sich ergötzt an der Verbindung mit dem, was zu ihm passt, also mit Gott und sich der Verbindung mit dem enthält, was gegen die göttliche Ordnung ist, so wird dadurch die geistige Keuschheit verursacht, von der Paulus schreibt (2. Kor. 11.): „Ich habe euch verlobt mit einem Manne, als keusche Jungfrau Christo anzuhängen.“ Verbindet sich dagegen der Geist mit anderen Dingen gegen die göttliche Ordnung, so ist das "geistige Unkeuschheit", von der Jeremias spricht (3, 1.): „Du hast Unkeuschheit getrieben mit vielen Liebhabern.“ In diesem Sinne aufgefasst, ist die Keuschheit eine allgemeine Tugend; weil durch jede Tugend der Mensch abgehalten wird, sich mit Unerlaubtem zu verbinden. Der Wesenscharakter dieser Art Keuschheit aber findet sich vornehmlich in der heiligen Liebe und den anderen theologischen Tugenden, durch welche der Mensch mit Gott verbunden wird. [239] 
 

70. Milde und Sanftmut (clementia et mansuetudo), Mozarts „La clemenza di Tito“

Milde und Sanftmut können nicht schlechthin die hauptsächlichsten Tugenden sein; denn ihr Vorzug besteht darin, dass sie vom Bösen abziehen, wogegen es vollkommener ist, das Gute zu erreichen und somit nach dem Guten zu streben. Jene Tugenden also, welche schlechthin auf das Gute sich richten, wie Glaube, Hoffnung, Liebe, Gerechtigkeit, Klugheit, sind größere Tugenden. Milde und Sanftmut haben jedoch einen gewissen Vorrang nach einer gewissen Seite hin; nämlich unter den Tugenden, welche den schlechten Neigungen widerstehen. Denn der Zorn, welchen ja die Sanftmut mäßigt, hindert wegen seines Anstürmens im höchsten Grade den Geist, dass er frei nach der Wahrheit urteilt; und deshalb trägt die Sanftmut im höchsten Grade dazu bei, dass der Mensch seiner mächtig sei. Deshalb heisst es Ekkli. 10.: „Mein Sohn, in der Sanftmut behüte deine Seele.“ Und weil die Milde dadurch dass sie die Strafen mindert im höchsten Grade der heiligen Liebe sich nähert, der schlechthin ersten Haupttugend, wodurch wir das Gute gegenüber den Nächsten tun und das ihnen Nachteilige hindern; so hat auch sie, die Milde, einen gewissen Vorrang. Die Sanftmut entfernt das Hindernis für die Erkenntnis Gottes: 1. insoweit sie den Menschen seiner mächtig macht durch Verminderung des Zornes; 2. insoweit es Sache der Sanftmut ist, dass der Mensch den Worten der Wahrheit nicht widerspreche, was meistenteils infolge zorniger Regungen geschieht. Deshalb sagt Augustinus (2. de doctr. christ. c. 7.): „Sanftmütig sein heisst: der heiligen Schrift nicht widersprechen, sei es dass wir sie recht aufgefasst haben, wenn sie einige unserer Laster zu Boden schlägt, sei es dass wir sie falsch verstanden, als ob wir es besser wissen wollten. Die Sanftmut und Milde machen Gott und den Menschen wohl gefällig; denn sie tragen mit der heiligen Liebe, der größten der Tugenden, zur nämlichen Wirkung bei, die da ist: Übel vom Nächsten abwenden." Sanftmütigkeit findet sich daher nicht bei muslimischen Herrschern, sondern nur bei denen, die "der heiligen Schrift nicht widersprechen", wie auch die letzte Oper von Mozart zeigt. [240] 

Bei dem Begriff clementia muss man an Mozarts letzte Oper denken. In seinen letzten Werken zeigt sich Mozart als Verkünder eines überkonfessionellen Christentums: in seiner c-Moll-Messe, seiner Zauberflöte und in „La clemenza di Tito“. Ähnlich wie der Parsifal-Regisseur Uwe Eric Laufenberg die Gralsritter im aktuellen Religionskriegsgebiet ansiedelt, lässt auch der „La clemenza di Tito“ -  Regisseur Peter Sellars die Oper nicht in der Zeit spielen, in der Ttitus Vespasianus Jerusalem eroberte und den jüdischen Tempel zerstören ließ (Titusbogen in Rom), sondern in der heutigen Zeit, in der Europa mit dem islamischen Terrorismus zu kämpfen hat, nachdem der moderne Titus als Zeichen seiner Macht die pseudo-heiligen Stätten in Mekka zerstören ließ. Die neue Inszenierung zeigt, wie auch die Muslime zum Christentum zurückkehren. "Peter Sellars und Teodor Currentzis misten in Mozarts „La clemenza di Tito“ kräftig aus und erzählen die Oper als Studie über Terror und Macht." Die Oper, die Mozart in seinem letzten Lebensjahr 1791 zur Krönung Leopolds II. komponierte, erzählt die Geschichte eines Mächtigen, der seinen Feinden vergibt, sogar denen, die ihm nach dem Leben trachteten. So ist dem amerikanischen Regisseur der Gedanke an einen Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürtel in den Kopf gekommen, und das Bild, wie nach Terroranschlägen Menschen trauern: still, versunken, auf dem Boden Blumen und Fotos in Bilderrahmen. So steht vor Beginn des zweiten Aktes dann auch der Chor auf der Bühne der Salzburger Felsenreitschule, den Teodor Currentzis ab 2018 Chefdirigent des SWR-Symphonieorchesters, aus dem sibirischen Perm mitgebracht hat, wo er seit 2011 Opernchef ist. Music Aeterna nennt sich das Ensemble aus Instrumentalisten und Sängern, das je nach Werk und Bedarf in historisch informierter Aufführungspraxis oder auch mit modernen Instrumenten musiziert: eine ­exzellente Truppe, die selbst exzentrischen Ideen seines künstlerischen Leiters am Pult punktgenau folgt. Das hört man auch, nachdem sich am ­Anfang des zweiten Aktes die erst stumm Trauernden auf der Bühne verteilt haben. "Dann erklingt – nein, nicht Mozarts Oper, sondern das Kyrie aus dessen c-Moll-Messe. Das Benedictus mit Hosanna, das Laudamus te und das Qui tollis der Messe werden an anderen Stellen eingeschoben, hinzu kommen eine Orchesterfassung des Adagios mit Fuge KV 546 sowie zum Abschluss ein Abschnitt aus Mozarts „Maurerischer Trauermusik“ in einer Fassung für Männerchor und Orchester. Alles Eingefügte steht in c-Moll, und der Mann am Hammerklavier hat immer wieder viel zu tun, um den harmonischen Anschluss an die Oper wieder herbeizumodulieren. Im Gegenzug wurde viel gestrichen: Rezitative, vor allem jene, die Mozart aus Zeitdruck seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr überantwortete." So heben Sellars und Currentzis das Regietheater auf eine neue Ebene: Ihre Produktion von „La clemenza di Tito“ stülpt nicht nur eine neue, heutige Geschichte über die alte, sondern verändert, um dies zu können, ausserdem noch die Vorlage in einer Weise, die über Mozarts bekanntes Selbst-Recycling weit hinausgeht. Auf der Bühne der Felsenreitschule ist die Rechtfertigung der musikalischen Eingriffe zu beobachten. Titus wählt in einem Lager zwei Flüchtlinge aus, um sie bei sich aufzunehmen: Sesto und Servilia. Mit dem Hosanna der c-Moll-Messe danken die Geflüchteten. In der Mitte der Bühne wachsen unterschiedliche Stelen aus dem Boden und fahren wieder in denselben zurück. Titus wählt Servilia zur Gattin: weil sie eine Römerin sei. Sesto plant seinen Anschlag. Er schießt auf den Kaiser, den man im zweiten Akt als Sterbenden auf einem Krankenhausbett erlebt. "Als er dem Attentäter verziehen hat und aus dem Orchestergraben das Qui tollis der Messe erklungen ist, hat der milde Herrscher, verstärkt durch die zahlreichen oratorischen Momente dieser Opernfassung, etwas Messianisches bekommen." [241] 
 

71. Zorn (ira)

Die Stoiker nahmen alle und jede Leidenschaft als schlecht an. Und danach spricht Hieronymus, insofern mit der Leidenschaft immer etwas Schlechtes, Vernunftloses verbunden wird. (I., II. Kap. 24) Denn er spricht vom Zorne, insoweit dieser auf das Übel des Nächsten sich richtet. Die Peripatetiker aber, denen Augustinus sich nähert (9. de civ. Dei 9.) unterschieden, ob die Leidenschaft der Vernunft folge oder nicht. Der Zorn kann dem vernünftigen Urteile vorhergehen; und so zieht er die Vernunft von ihrer Geradheit ab und ist vom Übel. Er kann aber auch der Vernunft folgen, insoweit er auf die Anordnung der Vernunft hin sich gegen die Laster erhebt. Deshab sagt Gregor (5. moral. 30.): „Man sorge recht sehr dafür, dass der Zorn, der als Werkzeug der Tugend in Gebrauch genommen wird, nicht den Geist beherrsche; dass er nicht als Herr vorangehe, sondern als Knecht folge bereit zu allem Dienste, den die Vernunft fordert.“ Dieser Zorn kann nun als ausführendes Werkzeug der Vernunft das freie Urteil derselben in etwa hindern, nimmt aber nicht die Geradheit fort: „Der Zorn als Eifer trübt das Auge der Vernunft;“ sagt Gregor. „Der Zorn als Sünde macht es blind.“ Dies ist aber nicht gegen das Wesen der Tugend, dass die vernünftige Überlegung in etwa unterbleibt während der bloßen Ausführung dessen, was beraten worden ist; denn auch die Kunst würde in ihrer Tätigkeit gehindert werden, wenn sie, da sie ausführen soll, überlegen wollte. [242] 
"Eine Leidenschaft sei insoweit etwas Gutes als sie in der Vernunft ihre Regel und Richtschnur besitzt. Da also der Zorn eine Leidenschaft ist, so unterliegt sie der Regelung seitens der Vernunft; und zwar 1. mit Rücksicht auf das Begehrbare, worauf sie sich richtet, was die Rache ist. Wenn also jemand begehrt, dass die Vergeltung sich vollziehe gemäß der Ordnung der Vernunft, so ist dieser Zorn lobenswert und wird Zorneseifer genannt. Wird eine Vergeltung gegen die Ordnung der Vernunft erstrebt, so dass z. B. jemand bestraft werde, ohne es verdient zu haben oder mehr als er verdiente oder nicht in der gebührenden Weise oder nicht wegen des gebührenden Zweckes, so ist dieser Zorn sündhaft und so entsteht die Sünde des Zornes oder der Zornmut. Mit Rücksicht auf die Art und Weise sich zu rächen, dass der Zorn weder innerlich noch äusserlich über das Maß hinaus erglühe; was wenn es geschieht auch für sich allein sündhaft ist. Der Zorn als Leidenschaft hat weder Verdienst noch Missverdienst, sondern nur mit Rücksicht auf die Regelung durch die Vernunft. Ist er geregelt, so verdient der zornige; ist der Zorn nicht geregelt, so besteht damit ein Missverdienst: „Gelobt oder getadelt wird, wer ein wenig zürnt;“ heisst es deshalb bei Aristoteles." - Thomas von Aquin, II-II, q 158

"Die Toren werden vom Zorne getötet, die nämlich den Zorn nicht zu zügeln wissen und so in Todsünden wie Gotteslästerung, Beleidigung und Benachteiligung des Nächsten fallen. Nicht also jeder Zorn ist schwere Sünde." Ib

"Ich antworte; 1. aus dem Zorne, insoweit er im Herzen ist, entspringen zwei Sünden: a) Der Unwille gegen den Menschen, gegen welchen man zürnt; b) die Aufgeblasenheit mit Rücksicht auf den zornigen selbst, der sich Verschiedenes ausdenkt, um sich zu rächen und so seinen Geist mit Gedanken der Eigenliebe anfüllt, nach Job 15.: „Wird denn der weise sein Herz mit Glut anfüllen.“ 2. Aus dem Zorne im Munde entspringt c) das Geschrei, insoweit der Mensch in seiner Sprechweise den inneren Zorn offenbart; d) die Lästerung, insoweit der Mensch in beleidigende Worte gegen Gottes Majestät ausbricht; e) die Schmähung, insoweit er den Nächsten beleidigt. 3. Aus dem Zorne in Werken entspringt f) der Streit, worunter aller Nachteil verstanden ist, den der zornige dem Nächsten antut. dass jemand überlegterweise in gotteslästerische Reden ausbricht, kommt vom Hochmute. Denn „der Beginn des Hochmuts ist: abfallen von Gott“ d. i. sich abwenden von der Verehrung Gottes, der erste Teil des Hochmuts, und davon kommt die Lästerung. Gott lästern aber, weil der Geist erregt ist, kommt vom Zorne." Ib.

„Wer, wenn er dazu Grund hat, sich nicht erzürnt, sündigt. Denn die unvernünftige Geduld säet Laster, nährt die Nachlässigkeit und veranlasst zum Bösen nicht nur die bösen, sondern auch die guten.“- Chrysostomus, hom. 11. in Matth. 2. op. imp.

"Wird unter Zorn eine einfache Willensbewegung verstanden ohne Leidenschaft, kraft deren jemand auf Grund seines vernünftigen Urteils Strafe verhängt; so ist der Mangel daran zweifellos Sünde. Und so nimmt den Zorn Chrysostomus, der fortfährt: „Zorn mit Grund ist nicht mehr Zornigkeit, sondern Urteil. Denn Zornigkeit ist eigentlich leidenschaftliche Bewegung.“ Wird aber unter Zorn die sinnliche Bewegung verstanden, die mit Notwendigkeit der Willensbewegung folgt, da ja von Natur aus das niedere Begehren in Tätigkeit gesetzt wird vom höheren, wenn es nicht in etwa widerstrebend ist; so darf auch nach dieser Seite hin die Zornesbewegung nicht mangeln; denn ein solcher Mangel würde nur die Schwäche des Willens besagen. Also ist auch ein gewisser Mangel an der Leidenschaft des Zornes sündhaft, ebenso wie die Schwäche des Willens im Strafen gemäß dem Urteile der Vernunft. Wer gar nicht sich erzürnt, da er es doch müsste, ahmt Gott nach, insoweit Gott des sinnlichen Teiles entbehrt; nicht aber darin, dass Gott gemäß seinem Ratschlüsse straft." - Thomas von Aquin, II-II, q 158
 

72. Grausamkeit (crudelitas)

Der Name „Wildheit“ ist der Ähnlichkeit mit den Tieren entnommen, die „wild“ genannt werden. Denn derartige Tiere schaden den Menschen, damit sie sich von deren Fleische nähren; nicht auf Grund einer gerechten Ursache, deren Erwägung die Vernunft allein vornehmen kann. So wird demnach „wild“ jener genannt, der im Strafen nicht eine Schuld des betreffenden berücksichtigt, sondern einzig straft, weil er Freude an des Mitmenschen Qual hat. Danach ist die Wildheit in der Vertierung enthalten. Denn solches Ergötzen ist nicht menschlich, sondern tierisch; und rührt von einer bösen Gewohnheit her oder von der Verderbtheit der Natur wie andere ähnliche solche tierische Neigungen. Die Grausamkeit aber sieht in der Strafe wohl auf die Schuld; aber sie überschreitet das Maß; und so ist sie verschieden von der Wildheit. (7 Eth. 5.) Die Milde ist eine menschliche Tugend. Also steht zu ihr in direktem Gegensatze die Grausamkeit als menschliches Laster. Die Wildheit aber ist ein tierisches Laster. Also steht sie im Gegensatze, wie Aristoteles sagt (7 Eth.) zur heroischen oder göttlichen, d. h. zur hervorragenden Milde; welche nach uns eine Gabe des heiligen Geistes ist; nämlich die Gabe der Hingebung oder Pietät. Gerechtigkeit wird da nicht nach der Wahrheit genommen, sonst wäre es Strenge, sie rücksichtslos einzuhalten; sondern nach dem Eigenwillen. Nachlassen im Strafen ist Sünde nur dann, wenn die Gerechtigkeit beiseite gelassen wird. Die Grausamkeit hat ein Übermaß in der Strafe. Die Wildheit gibt gar nicht auf die Gerechtigkeit acht. Schwächliche Nachsicht also steht im Gegensatze zur Grausamkeit, nicht so sehr zur Wildheit. [243] 
 

73. Demut (humilitas)

„Recht eigentlich gepriesen wird in der Schrift unter den Tugenden nur die Demut; denn der Heiland sagt: Lernet von mir wie ich sanftmütig bin und demütig von Herzen.“ - Origenes zu Luk. 1. (Respexit humilitatem)

„Die Demut ist fast die ganze christliche Lehre.“ - Augustinus,  de virginit. 31

„Willst du hören, wie die Philosophen diese Tugend (der Demut) genannt haben, so vernimm, sie sei die nämliche Tugend wie das Maßhalten;“ - Origenes, hom. 8. in Luc.

Deshalb sagt Aristoteles (4 Eth. 3.), dass „jener, der maßvoll nach Geringem strebt, nicht zwar hochherzig, sondern gemäßigt ist;“ wir würden ihn demütig nennen. Und so nennt auch Cicero die Demut ein Maßhalten des Geistes. Dem stimmt bei 1. Petr. 3.: „In der Unvergänglichkeit eines ruhigen und maßvollen Geistes.“ Das Gute der menschlichen Tugend besteht in der Vernunft. Diese aber richtet sich in erster Stelle auf den Zweck, wonach die theologischen Tugenden die höchsten sind; sodann auf das Zweckdienliche, was nämlich Beziehung hat zum letzten Endzwecke. Diese Hinordnung nun zum Zwecke besteht dem Wesen nach in der Vernunft; und es nimmt daran teil das durch die Vernunft geregelte Begehren. Solche Regelung rührt hauptsächlich aber von der Gerechtigkeit her; zumal von der öffentlichen, gesetzlichen. Einer derartigen Ordnung der Vernunft nun macht die Demut den Geist durchaus unterthan mit Bezug auf Alles; jede andere Tugend mit Bezug auf einzelne besondere Gegenstände. Also kommen zuerst die theologischen Tugenden und die in der Vernunft; dann die Gerechtigkeit zumal die öffentliche und vor den übrigen die Demut. Der mit Stolz verbundenen Gerechtigkeit wird die Demut vorgezogen, nicht der Gerechtigkeit schlechthin. Deshalb „stieg er“ durch das Verdienst der Demut „gerechtfertigt in sein Haus hinab.“ Daher sagt Chrysostomus: „Stelle mir zwei zweispännige Wagen her; den einen bespannt mit der Gerechtigkeit und dem Stolze, den anderen bespannt mit der Sünde und der Demut; und du wirst sehen wie die Sünde durch die Kraft der Demut die Gerechtigkeit überholt; und wie der andere Wagen zurückbleibt, nicht weil die Gerechtigkeit zu schwach ist, sondern weil die Last des Stolzes zu sehr drückt.“ Die Tugenden werden von Gott eingeflößt. Ähnlich dem Fundamente also, was zuerst aufgelegt wird bei der Aufführung eines Baues, wird zuerst die Demut verliehen; nicht aber schlechthin zuerst, sondern wie die Entfernung von Hinderenissen (Steine, Erde in einem Bau), insofern die Demut den Stolz vertreibt und somit den Geist Gott dem Herrn unterntan und dem Gnadeneinflusse zugänglich macht. Deshalb heisst es Jakob. 4.: „Den stolzen widersteht Gott, den demütigen gibt er seine Gnade.“ Der Glaube ist so zu sagen der positive Grundstein der Vollkommenheit und nicht bloß die Entfernung von Hindernissen; denn Paulus (Hebr. 11.) schreibt: „Der zu Gott herantritt, muss glauben.“ Der das irdische Gut verachtet, dem werden ewige Güter verheißen; nach Matth. 6.: „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, sondern Schätze im Himmel.“ Denen, die hier trauern, werden die himmlischen Freuden verheißen (Matth. 5.), gemäß den Worten: „Selig, die trauern, denn sie werden getröstet werden.“ Und so wird denen, die sich demütigen Erhöhung verheißen; nicht als ob die Demut allein Solches verdiente, sondern weil es ihr eigen ist, irdische Erhabenheit zu verachten. Danach sagt Augustinus (hom. ult. inter 50.): „Meine nicht, dass der sich demütigt immer auf dem Boden liege, da gesagt ist: Er wird erhöht werden; und denke nicht, seine Erhöhung sei nur eine sichtbare vor den Augen der Menschen.“ Christus hat zumal die Demut empfohlen, weil sie das Haupthindernis des menschlichen Heiles entfernt; welches dafür besteht, dass der Mensch nach dem Himmlischen strebe. Darin wird er nämlich gehindert durch die zu große Anhänglichkeit an irdische Größe. Damit also der Herr dieses Hindernis entferne, zeigte er durch sein Beispiel, wie man irdische Größe verachten müsse. Und so ist die Demut gleichsam das Vorerfordernis für das freie Hinantreten des Menschen zu Gott und zu den geistigen Gütern. Wie also die Vollendung schwerer wiegt als ein bloßes Vorerfordernis; so ist auch die Liebe samt den anderen Tugenden, durch welche der Mensch direkt zu Gott hinbewegt wird, vorzüglicher wie die Demut." [244] 
 

74. Stolz (superbia)

Stolz oder Hochmut wird danach so genannt, dass jemand kraft seines Willens strebt nach dem, was für ihn zu hoch ist: „Hochmütig wird jemand genannt, weil er als höher erscheinen will wie er wirklich ist.“ (Isid. 10 Etymol. litt. S.) Die gesunde Vernunft aber schreibt vor, dass eines jeden Wille auf das sich richte, was zu ihm in gebührendem Verhältnisse steht. Also ist der Hochmut gegen die Richtschnur der Vernunft und somit Sünde; da „Sünde ist: ausserhalb der Vernunft sein.“ (4. de div. nom.) Stolz wird danach so benannt, da er die Richtschnur der Vernunft überschreitet; und demgemäß ist er immer Sünde. Es wird jedoch „stolz“ auch etwas genannt, insoweit es weit über die gemeine Regel hervorragt; und so wird das Stolze von Gott verheißen. Deshalb sagt Hieronymus zu Isai. 61.: „Es gibt einen guten und einen schlechten Stolz,“ nämlich „einen Stolz als Sünde, dem Gott widersteht; und einen Stolz als Herrlichkeit, die Gott verleiht.“ Man kann aber auch sagen, dass in diesen und ähnlichen Stellen „Stolz“ stehe für „Überfluß“. Von Allem, was der Mensch begehrt, ist die Vernunft die natürliche Regel. Wird diese Regel überschritten oder nicht erreicht, so steht die Sünde da. Der Stolz aber begehrt zu viel Vorrang für das vernünftige Urteil, so dass Augustinus sagt (14. de civ. Dei 13.): „Der Stolz ist das Begehren nach verkehrtem Vorrange.“ Und ebenso (19. de civ. Dei 13.): „Der Stolz ahmt Gott in verkehrter Weise nach; denn er hasst die Gleichheit mit den Genossen unter der Führung Gottes und will anstatt Gottes den Genossen seine Herrschaft auslegen.“ Der Stolz steht im direkten Gegensatze zur Demut; und das ihm entgegengesetzte Laster ist nahe der Kleinmütigkeit, die der Hochherzigkeit als Mangel, als „zu wenig“ entgegensteht. Denn wie die Hochherzigkeit zu Großem antreibt gegen die Verzweiflung; so zieht die Demut vom zu Großen zurück im Gegensatze zur Vermessenheit. Die Kleinmütigkeit aber steht als Mangel gegenüber der Hochherzigkeit, insoweit sie vom Verfolgen des Großartigen abzieht. Und insoweit sie mit zu Geringem sich beschäftigt als es dem Menschen geziemt, steht sie zur Demut als Mangel im Gegensatze; denn Beides kommt von geringem Geiste. So kann auch der Stolz im Gegensatze stehen zur Hochherzigkeit, indem er ungeregelterweise nach Großem strebt; und zur Demut, insoweit er die Unterwürfigkeit verschmäht. Weil aber der Stolz eine gewisse Begier nach Vorrang einschließt, ist er direkter entgegengesetzt der Demut; wie auch die Kleinmütigkeit, welche geringen Geist in sich einschließt in dem, der nach Großem strebt, direkter entgegensteht der Hochherzigkeit. [245] 

Der Stolz sucht den Vorrang auch in rein geistigen Dingen; und er selber besteht seinem Wesen nach in der Verachtung Gottes, nach Ekkli. 10.: „Der Anfang des Stolzes ist: von Gott abfallen.“ Die Abwehrkraft aber erstreckt sich nicht auf Gott und Geistiges. Der eigens entsprechende Gegenstand muss zur Bestimmung des Subjektes oder des Trägers einer Tugend oder eines Lasters anleiten. Denn eine Thätigkeit oder ein Zustand kann keinen anderen Gegenstand haben wie jenen, der dem Vermögen entspricht, in welchem die Tätigkeit oder der Zustand sich findet oder den Sitz hat. Nun ist der eigentliche Gegenstand des Stolzes das schwer Erreichbare. Also muss der Stolz irgendwie zur Abwehrkraft gehören. Es kann die Abwehrkraft aber genommen werden: 1. im eigentlichen Sinne, und so ist sie ein Teil des sinnlichen Begehrens; 2. im weiteren Sinne, so dass sie auch auf das vernünftige Begehren sich erstreckt, dem man ja ebenfalls manchmal Zorn zuschreibt, wie z. B. Gott; nicht als eine Leidenschaft, sondern als vernünftiges Urteil, welches Strafe verhängt. Und in diesem letzteren Sinne genommen ist natürlich die Abwehrkraft nicht als ein verschiedenes Vermögen getrennt von der Begehrkraft. (I. Kap. 59; Kap. 82) Wäre sonach das schwer Erreichbare als Gegenstand des Stolzes nur im Bereiche des Sinnlichen, so würde der Stolz in der sinnlichen Abwehrkraft sein, dem eigentlichen Sinne nach. Weil aber dieser Gegenstand sowohl im Sinnlichen wie im Geistigen sich findet, so hat der Stolz seinen Sitz in der Abwehrkraft dem weiteren Sinne gemäß, soweit auch das vernünftige Begehren darin eingeschlossen ist. Die Kenntnis der Wahrheit ist 1. rein spekulativ, d. h. betrachtend; und diese hindert der Stolz indirekt, indem er die Ursache entzieht. Denn der stolze unterwirft weder Gott seine Vernunft, dass er von Gott die Kenntnis der Wahrheit erhalte, nach Matth. 11.: „Du hast dies verborgen vor den weisen und klugen,“ d. h. den stolzen, „und geoffenbart den kleinen,“ d. h. den demütigen; noch will er von den Menschen lernen, nach Ekkli. 6.: „Wenn du dein Ohr hinneigst,“ d. h. demütig hörst, „wirst du Weisheit kennen lernen.“ Die Kenntnis der Wahrheit ist 2. eine wirksam tätige; und diese Kenntnis hindert der Stolz direkt. Denn die Stolzen ergötzen sich an der falschen Vorstellung ihres eigenen Vorranges und haben Ekel an der Wahrheit; wie Gregor sagt (23. moral. 10.): „Mögen auch die stolzen manche Geheimnisse innerlich wahrnehmen; deren Lieblichkeit schmecken sie nicht. Sie mögen wissen, was diese Wahrheiten in sich enthalten; welche Süße sie verbreiten, das erfahren sie nicht.“ Die Demut gibt acht auf die Regel der gesunden Vernunft, wonach jemand die richtige Wertschätzung seiner selbst hat. Diese Regel aber beachtet der Stolz nicht, sondern hält die eigene Person für größer als sie wirklich ist. Dies aber geschieht auf Grund des ungeregelten Begehrens nach eigenem Vorrange; weil nämlich was jemand heftig verlangt er leicht glaubt, deshalb geht das Begehren höher hinauf als es sich gebührt. Was also dazu beiträgt, dass jemand sich für besser und für mehr hält wie er ist, das führt den Menschen zum Stolze. Dazu gehört nun die Betrachtung der Mängel in anderen, wie Gregor sagt: „Heilige Männer betrachten die Tugenden in den anderen und ziehen sich gegenseitig vor.“ Eine Ursache also für den Stolz findet sich in der Vernunft; nicht ist diese der Sitz des Stolzes. Die Abwehrkraft als Sitz des Stolzes erstreckt sich auch auf das vernünftige Begehren. (S. oben.) „Die Liebe geht allen Neigungen vorher und ist deren Ursache,“ sagt Augustinus (14. de civ. Dei 7.) Also kann die Liebe an die Stelle aller Hinneigungen gesetzt werden. Danach ist der Stolz also „die Liebe Zum eigenen Vorrange, insoweit von der Liebe verursacht wird die ungeregelte Vermessenheit, andere zu übertreffen; was ja Stolz ist." Der Muslim zum Beispiel begehrt nach "verkehrtem Vorrange", weil sein Stolz "die Kenntnis der Wahrheit" hindert und ein "Abfallen von Gott" darstellt. Es gehört "zum innersten Wesen des Stolzes, dessen Tätigkeit ist: die Verachtung Gottes", also Christi. Die Muslime stellen sich daher dem Christentum entgegen; sie setzen sich mit ihrem Scheingott in den Zentren der christlich-jüdischen Welt (Jerusalem, Konstantinopel) fest und nehmen teilweise ihren Platz ein. "Die Stolzen ergötzen sich an der falschen Vorstellung ihres eigenen Vorranges und haben Ekel an der Wahrheit" [246] 

Gregor sagt: „Das augenscheinlichste Zeichen der Verworfenen ist der Stolz und der Auserwählten umgekehrt die Demut.“ Also ist der Stolz eine Todsünde, da die Todsünde allein in die Hölle stürzt. Der Stolz ist entgegengesetzt der Demut. Die Demut besteht aber so recht eigentlich in der Unterwürfigkeit des Geistes unter Gott. Also besteht der Stolz darin, dass sich jemand erhebt über das, was ihm gemäß der göttlichen Richtschnur und Regel von vornherein gebührt; weshalb der Apostel sagt (2. Kor. 10.): „Wir aber rühmen uns nicht bis ins Endlose, sondern gemäß dem von Gott uns vorgeschriebenen Maße.“ Und darum heisst es Ekkli. 10.: „Der Anfang des Stolzes ist das Abfallen von Gott;“ insoweit die Wurzel des Stolzes darin liegt dass jemand sich nicht ganz der von Gott vorgesetzten Richtschnur unterwirft. Gott aber sich nicht unterwerfen heisst sich von Gott abwenden; und das hat den Charakter der Todsünde von vornherein. Wie aber auch in anderen Sünden, die ihrer „Art“ nach schwere sind, einige Tätigkeiten oder Bewegungen es gibt, die wegen ihrer Unvollkommenheit nur als lässliche Sünden bezeichnet werden können, weil sie nämlich dem Urteile der Vernunft zuvorkommen und somit bei diesen keine Zustimmung gefunden haben; so ist dies auch beim Stolze der Fall. Der Stolz ist allgemeine Sünde, nur insoweit andere Sünden aus ihm entstehen; nicht auf Grund seines Wesens. Nur also wenn andere Sünden aus vollendetem Stolze entspringen, der da Todsünde ist, sind sie ebenfalls Todsünde. Der Stolz ist immer der Liebe Gottes entgegen, denn er unterwirft sich nicht der göttlichen Richtschnur und Regel. [247] 

Von seiten der Abwendung aber vom höchsten Gute hat der Stolz den Charakter der schwersten Sünde. Denn nicht aus Unkenntnis oder aus Schwäche oder aus Verlangen nach einem anderen Gute wendet sich der stolze von Gott ab, sondern weil er Gottes Regel nicht untergeben sein will. Deshalb sagt Boëtius: „Alle anderen Sünden fliehen vor Gott, der Stolz allein stellt sich Ihm entgegen,“ weshalb auch (Jakob. 4.) „Gott den stolzen widersteht.' Das Abwenden von Gott und seinen Geboten, was bei den anderen Sünden wie eine Folge aus ihnen ist, gehört also zum innersten Wesen des Stolzes, dessen Tätigkeit ist: die Verachtung Gottes. Und weil jegliches Ding gemäß seinem inneren Wesen beurteilt wird und nicht nach dem daraus irgendwie Folgenden, so ist schlechthin in seiner „Art“ betrachtet der Stolz die schwerste Sünde; denn er überragt alle Sünden in der Abkehr von Gott und somit im Wesentlichen der Sünde. Wird die Schwierigkeit, eine Sünde zu vermeiden, verursacht durch den heftigen Antrieb, wie beim Zorne und noch mehr bei der Begierde, so vermindert dies die Schwere der Sünde; und um so schwerer sündigt nach Augustinus, wer einer leichteren Versuchung nachgibt. Dann aber ist noch eine Sünde schwer zu meiden, weil sie verborgen ist; und das trifft beim Stolze zu, der vom Guten selbst Gelegenheit zu seiner Tätigkeit nimmt. Deshalb sagt Augustinus treffend: „Er stellt nach den guten Werken;“ und Ps. 141. heisst es: „Auf diesem Wege, den ich wandelte, verbargen die stolzen mir ihre Fallstricke.“ Danach nun hat eine solche verborgen hervorbrechende Bewegung des Stolzes nicht den Charakter der größten Schwere, ehe sie durch das Urteil der Vernunft erfasst wird. Ist sie aber erfasst, dann ist es leicht, sie zu vermeiden; indem man die eigene Schwäche sich vorstellt, und ferner indem man die Größe Gottes erwägt, nach Job 15.: „Was bläst dein Geist sich auf gegen Gott;“ und ebenso indem man betrachtet, wie unvollkommen das Gute ist, dessen der Mensch sich rühmt, nach Isai. 40.: „Alles Fleisch ist Heu und alle seine Herrlichkeit wie eine Blume des Feldes;“ und 64.: „Wie ein schmutziges Tuch ist all unsere Gerechtigkeit.“ Der Gegensatz der entgegenstehenden Tugend wird bemessen nach dem Gegenstande, zu dem man sich wendet; und mit Rücksicht auf die Zuwendung zu einem vergänglichen Gute ist der Stolz nicht die schwerste Sünde. "Aber von seiten der Abkehr von Gott ist er die schwerste Sünde. Denn er gibt den anderen Sünden den Grad ihrer Schwere; insofern nämlich die Sünde des Unglaubens selber eine schwerere wird, wenn sie aus der Verachtung des Stolzes hervorgeht als wenn ihr Ursprung Unkenntnis oder Schwäche ist. Und dasselbe gilt von der Verzweiflung. Gleichwie manche logische Schlüsse dadurch überzeugen, dass sie zum Unmöglichen führen; so straft Gott den Stolz mancher Menschen, um sie von demselben zu überzeugen und ihn offen vorzulegen, dadurch dass er zulässt, dass sie in fleischliche Sünden stürzen. Denn diese Sünden sind zwar an sich geringer; aber ihre Schande ist offenbarer. Deshalb sagt Isidor (2. de summo Bono 38.): „Schlechter als jede andere Sünde ist der Stolz; sei es deshalb weil auch die höchsten und ersten Personen davon befallen werden, sei es dass er vom gerechten und tugendhaften Werke sogar entspringt und seine Schuld weniger gefühlt wird. Die Wollust aber ist gleich als Sünde offenbar für alle, denn sie ist an sich schändlich; und doch [S. 948] ist sie eine geringere Schuld wie der Stolz. Wer aber den Stolz in sich hat und ihn nicht fühlt; der fällt in Fleischessünden, damit er gedemütigt von seiner Schande sich erhebe.“ Wie ein weiser Arzt, um eine schwerere Krankheit zu heilen, zuläßt, dass der kranke in eine leichtere falle; so wird dadurch selber der Stolz als eine schwerere Sünde dargethan, weil Gott, um ihn zu heilen, es erlaubt, dass die Menschen in andere Sünden fallen." [248] 

"Was an und für sich, seinem Wesen nach also, etwas ist im Bereiche einer Seinsart, das ist das Erste in jener Seinsart; wie das Feuer das Erste ist im Bereiche der Wärme, weil ihm die Wärme seinem Wesen nach zukommt. Die Abkehr aber von Gott bildet vom Stolze das innerste Wesen, von den anderen Sünden nur eine Folge des eigentlichen Wesens. Diese Abkehr aber vollendet das Wesen der Sünde. Also hat der Stolz seinem Wesen nach den Charakter der ersten Sünde und ist das Prinzip aller Sünden (I., II. Kap. 84), wie früher gesagt worden, als die Ursache der Sünden behandelt wurde von seiten der Abkehr von Gott." - Thomas von Aquin, II-II, q 162

75. Wissbegierde (studiositate)

"Der Geiz strebt nach Geldgewinn und dafür muss man eine gewisse Erfahrung haben in irdischen Dingen; und demgemäß sind wißbegierig jene, die nach Geld streben." - Thomas von Aquin, II-II, q 166
Die Klugheit vollendet alle Tugenden. Insoweit also die Kenntnis der Klugheit sich auf alle Tugenden erstreckt, wird auch der Name der Wißbegierde auf alle Tugenden angewandt. Die Tätigkeit der Erkenntniskraft wird vom begehrenden Teile anbefohlen, der alle Erkenntniskräfte in Tätigkeit setzt. Also muss man mit Rücksicht auf die Erkenntnis ein doppeltes Gut unterscheiden: 1. das des Erkenntnisaktes selber; und solches Gut gehört den Tugenden an, die in der Vernunft ihren Sitz haben; 2. das des Begehrens, dass nämlich der Mensch sein Begehren darauf lenke, dies zu wissen und es so zu wissen, wie es sich gebührt. Und das gehört der Tugend der Wißbegierde an. Somit ist sie eine moralische Tugend. Damit der Mensch tugendhaft werde (2 Eth.), muss er sich in dem etwas einschränken, wozu im höchsten Grade die Natur hinneigt. Deshalb besteht das Lob der Stärke in der Festigkeit mitten in Todesgefahren, welche die Natur im höchsten Grade fürchtet; und das Lob der Mäßigkeit in der Zügelung der Begierden des Tastsinnes, wozu die Natur im höchsten Grade hinneigt. Mit Rücksicht auf die Kenntnis aber besteht im Menschen eine doppelte Strömung, die einen Gegensatz einschliesst. Denn von seiten des Geistes begehrt der Mensch im höchsten Grade nach Wissen; und danach ist es lobenswert, solches Begehren zu zügeln, dass es nicht zu einem maßlosen werde. Von seiten des Körpers aber fürchtet der Mensch die mit der Forschung verbundene Arbeit. Mit Rücksicht auf das Erste also ist die Wißbegierde ein Teil der Mäßigkeit; mit Rücksicht aus das Zweite wird die Stärke der Absicht und des Verlangens nach Wissen gelobt, wonach keine Arbeit gescheut wird, und danach wird die betreffende Tugend benannt. Das Erstere aber ist dieser Tugend wesentlicher wie das Zweite; denn der Drang nach Wissen richtet sich seinem Wesen nach auf die Kenntnis, welche Gegenstand der Wißbegierde ist; dagegen ist die Mühe im Lernen und Forschen ein Hindernis und mit Bezug darauf ist die Wißbegierde nur ein Entfernen dieses Hindernisses. [249] 
 

76. Neugierde (curiositate)

„Alle Weisheit aber ist von Gott dem Herrn“ Ekkli. 1

„Gott hat mir von dem was ist wahres Wissen gegeben, damit ich wisse die Kräfte der Elemente und die Scheidung der Teile des Erdkreises.“ Sap. 7

 „Wenn die Philosophen etwas Wahres gesagt haben, so ist dies ihnen als rechtlosen Besitzern zu entreißen.“ - Augustinus, 2. de doctr. christ. c. 40

Die Kenntnis der Wahrheit nun an sich ist immer etwas Gutes; ausser wenn, was für die Kenntnis selber äusserlich und nebenbei erscheint, jemand sich etwas darauf einbildet, nach 1. Kor. 8.: „Wissen bläht auf,“ oder wenn man sich der Wissenschaft bedient, um mehr zu sündigen. Das Begehren nach der Kenntnis aber kann verkehrt sein: 1. wenn jemand um eines Übels willen dieselbe will, wie z. B. um seinem Stolze zu genügen. Deshalb sagt Augustinus (de morib. Eccl. 21.): „Es gibt deren, welche mit Vernachlässigung der Tugenden und unwissend darüber was Gott sei und welche Majestät der immer dieselbe bleibenden Natur innewohne, etwas Großes zu tun meinen, wenn sie all das Körperliche, was wir Welt nennen, mit größter Neugierde genau durchforschen. Daher kommt ein so großer Dünkel, dass sie sich als im Himmel selbst bereits wohnend vorkommen, über den sie häufig disputieren.“ 2. Jene, die nach Kenntnis begehren, um zu sündigen, haben oft ein verkehrtes Begehren, nach Jerem. 9.: „Sie lehrten ihre Zunge, Lügen zu sprechen; sie mühten sich ab, um gottlos zu handeln.“ Es ist 3. bisweilen das Begehren selber ungeregelt; und zwar a) insoweit man von etwas Wichtigerem abgezogen wird oder gar von der Pflicht; weshalb Hieronymus sagt (ep. 126.): „Die Priester lassen beiseite die Evangelien und Propheten und geben sich an das Lesen von Komödien und an das Singen von Liebes- und Hirtenliedern;“ b) insoweit man lernt von denen, bei welchen dies nicht erlaubt ist, z. B. von den Teufeln; wovon Augustinus (de vera Relig. 4.) schreibt: „Die Philosophen werden gehindert zu glauben durch die Sünde der Neugierde, kraft deren sie sich bei den Dämonen Kenntnis holen;“ c) insoweit die Kenntnis der Kreaturen nicht erstrebt wird, um Gott mehr zu erkennen; weshalb Augustinus sagt (c. 29.): „In der Betrachtung der Kreaturen muss man nicht von bloßer Neugierde getrieben sein; sondern sie benutzen, um zum Ewigen fortzuschreiten;“ d) soweit einer um die Kenntnis der Wahrheit sich abmüht über das Maß seiner Kräfte hinaus; denn dies ist oft Gelegenheit zu Irrtümern. Deshalb sagt Ekkli. 3.: „Was höher ist als du, untersuche nicht; und was stärker ist als du, durchforsche nicht; und in vielen Dingen sei nicht neugierig… denn viele hat verkehrt ihr eingebildetes Wissen und in Eitelkeit hat sie festgehalten ihr Sinn.“ Nicht besteht das höchste Gut des Menschen in der Erkenntnis einer jeden beliebigen Wahrheit; sondern in der vollkommenen Kenntnis der höchsten Wahrheit. (10 Eth. 7.) Wird also die Kenntnis anderer Wahrheiten nicht gebührend bezogen auf die Kenntnis der höchsten Wahrheit als auf den letzten Endzweck alles Erkennens, so kann in solcher Kenntnis einzelner Wahrheiten Sünde sein. Die Kenntnis der Wahrheit ist an sich immer gut; aber es kann jemand solche Kenntnis mißbrauchen zur Sünde oder ungeregelterweise danach streben; da doch das Begehren nach Gutem geregelt sein muss, um selbst gut zu sein. Die Philosophie ist etwas Gutes und Lobenswertes, hat ja doch nach Röm. 1. Gott den Philosophen Wahrheit offenbart. Viele Philosophen missbrauchen aber ihre Kenntnis, um den Glauben zu bekämpfen, nach Koloss.: „Niemand täusche euch durch Philosophie und eitle Trugschlüsse, nach den Lehren der Menschen und nicht nach Christum.“ „Sie (die Philosophen),“ sagt Dionysius (ad Polycarp.), „bedienen sich des von Gott Gegebenen nicht heilig, sondern gegen das Göttliche; durch die Weisheit Gottes sich bemühend, die Verehrung Gottes zu hintertreiben.“ Dies trifft auf Philosophen wie Precht zu und Wissenschaftler wie Monsanto-Gentechniker und Gentherapeuten, die meinen, sie könnten Gott spielen. [250] 

Die Sinnenkenntnis hat zum Zwecke: 1. die Erhaltung des Körpers, wie überhaupt bei allen sinnbegabten Wesen; damit man nämlich das Schädliche vermeide und suche das, was dem Wohle des Körpers förderlich ist; 2. die geistig-vernünftige Kenntnis, zu der die Sinnenkräfte in etwa beitragen. Das Beschäftigen mit sinnlich Wahrnehmbaren und das Bemühen darum ist also fehlerhaft: 1. wenn es, anstatt zu nützen, den Menschen von nützlicher geistiger Betrachtung abwendet; wonach Augustinus (10. Conf. cap. 35.) sagt: „Den Hund, der einen Hasen verfolgt, bemerke ich kaum, wenn ich im Cirkus bin. Sehe ich dies aber auf offenem Felde, so gebe ich acht, und jene Jagd wendet mich vielleicht von einem wichtigen, großen Gedanken ab: und wenn Du mich nicht, o Gott, innerlich schnell ermahnst mit Rücksicht auf meine offenbare Schwäche, dass ich aus diesem Anblicke durch irgend eine Betrachtung zu Dir mich erhebe oder das ganze Schauspiel verachte und vorübergehe, stumpft sich leicht mein Denken eitel ab;“ 2. wenn die sinnliche Wahrnehmung zu etwas Schädlichem führt, wie die Erkundigung über die Handlungen der anderen, um sie zu verkleinern. Wer aber regelrecht, aus Notwendigkeit oder um die Wahrheit zu ergründen, auf sinnliche Erscheinungen acht gibt, der übt die Tugend der Wißbegierde mit Rücksicht auf das sinnlich Wahrnehmbare. [251] 
 

77. Spiel nur nützlich, insofern es Erholung und Ruhe gewährt, Schmuck, Schminke

Wie der Mensch der körperlichen Ruhe bisweilen bedarf; denn seine Kraft ist begrenzt, so dass er nicht immer arbeiten kann; so ist dies auch bei der Seele von Zeit zu Zeit der Fall. Wann also der Mensch sich über das Maß einzelnen Tätigkeiten hingibt, so ermüdet er nach einer gewissen Zeit; zumal ja auch der sinnlichen Kräfte der Geist sich bedient und so der Körper ebenfalls ermüdet. Nun sind die sinnlich wahrnehmbaren Güter der menschlichen Natur entsprechend. Erhebt sich deshalb die Seele über das Sinnliche hinaus in gespannter Weise zu Geistigem, so entsteht daraus eine Ermüdung im sinnlichen Teile; und zwar in einem höheren Grade wenn sie ihre Betrachtung auf rein Geistiges richtet, da sie dadurch mehr über das Sinnliche hinaus erhoben wird. Sowohl aber bei der rein spekulativen Geistesarbeit wie bei der auf das Äusserliche gerichteten ist die Ermüdung um so größer, je angestrengter der Geist tätig war; und somit muss da von Zeit zu Zeit eine Ruhe oder Erholung eintreten. Die Ruhe des Geistes aber ist die Freude oder das Ergötzen. (1., II. Kap. 25) Also ist da bei der Geistesarbeit als Erholung zu betrachten die Unterbrechung derselben durch irgend eine Ergötzung. So wird collat. 24, cap. 21. erzählt, dass einige Schüler Ärgernis nahmen als sie den heiligen Johannes den Evangelisten fanden, wie er sich am Spielen ergötzte; dass dann der heilige Evangelist, da er den Unwillen seiner Schüler merkte, dem einen geboten habe, er solle einen Bogen spannen und den Pfeil abschießen; und als dieser dies mehrmals getan, hätte er den Schüler gefragt, ob dieser dies fortwährend tun könnte, worauf die Erwiderung gegeben worden wäre, dann würde der Bogen brechen; also, hätte endlich Johannes gefolgert, würde ähnlich der menschliche Geist gebrochen werden, wenn man ihm niemals Erholung gönnte. Derartige Worte und Tätigkeiten aber, wo nichts Anderes gesucht wird wie ein gewisses Ergötzen und ein Erholen des Geistes, nennt man „Spiel“. Also darf und muss man bisweilen Spiele gebrauchen, um einem Geiste die nötige Ruhe zu geben. (4 Eth. 8.) Für solchen Gebrauch nun ist dreierlei zu beachten: 1. Man darf solches Ergötzen in nichts Unanständigem oder Schädlichem suchen (Cicero 1. de offic.: „Eine Art Spiel ist schmutzig, knechtisch, unedel, gemein“); 2. die Spannung des Geistes muss nicht ganz und gar aufgelöst werden (Ambrosius 1. de offic. 20.: „Erholen wir den Geist, aber lösen wir die Harmonie, die wie ein Zusammenstimmen der verschiedenen Kräfte in guten Werken ist, nicht gänzlich auf“); 3. das Spiel muss der Zeit, Person, Örtlichkeit angemessen sein. Derartiges muss aber jedenfalls nach der Richtschnur der Vernunft geregelt werden; und so ist der entsprechende Zustand eine Tugend, welche Aristoteles Eutrapelie nennt, nämlich den guten Verkehr in Wort und tat mit anderen. Soweit durch diese Tugend das Spielen gezügelt wird, ist die Eutrapelie ein Teil der Mäßigkeit. Das Spiel muss den Personen und Angelegenheiten entsprechen. Deshalb sagt Cicero (1. de lnv.): „Wenn die Hörer in etwa ermüdet sind, dann ist es nicht unnütz, dass der Redner mit etwas Neuem oder mit einem Scherze beginne, falls nämlich die Würde der Sache das erlaubt.“ Nun beschäftigt sich die heilige Lehre mit den würdevollsten, höchsten Dingen.  Ambrosius also schließt nicht jeden Scherz von der Unterhaltung aus, wohl aber von der heiligen Lehre; denn er schickt vorher die Worte: „Obgleich die Scherze manchmal ehrbar und angenehm sind, die kirchliche Belehrung aber duldet sie nicht. Denn da wir Solches in der Schrift selber nicht finden, wie sollen wir uns anmaßen, sie in unsere Lehren hineinzuflechten!“ Chrysostomus spricht von jenen, die ihren Lebenszweck im Spielen und Scherzen finden, nach Sap. 15.: „Sie meinten, ein Spiel sei unser Leben.“ Und Cicero sagt gegen solche: „Eine Quelle von Bescheidenheit ist es, wenn das Begehren folgsam ist der Vernunft; nicht sind wir von Natur für Spiel und Scherz gemacht; sondern vielmehr für den Ernst, nämlich für strengere und gewichtigere Bestrebungen.“ Die Tätigkeit des Spieles selbst hat nach ihrem inneren Wesen keinen weiteren Zweck; aber das damit verbundene Ergötzen dient der Erholung und Ruhe der Seele. Deshalb sagt Cicero: „Wir dürfen spielen und scherzen, wie wir auch schlafen und ruhen können; aber nachdem wir die ernsten Sachen besorgt haben.“ [252] 
„Wenige Freunde muss man haben, um sich mit ihnen zu vergnügen. Denn ein wenig Vergnügen ist genügend für das Leben, ist wie etwa eine Würze desselben; genügt ja doch auch wenig Salz für die Speise.“   -  Aristoteles, 9 Eth. 10
Cyprian sagt desgleichen: „Nicht nur die Jungfrauen und Witwen, sondern auch die verheirateten und alle Frauen insgesamt sollen hiermit ermahnt sein, dass sie das Werk Gottes und was er geformt und gebildet hat in keiner Weise verderben dürfen, indem sie mit gelber Farbe oder schwarzem Staube oder mit rotem oder mit sonst einem solchen Mittel die Züge, welche ihnen die Geburt gegeben, verunstalten ... Es heisst dies das göttliche Werk bekämpfen, der Wahrheit untreu werden. Gegen Gott erheben sie die Hand, wenn sie sich Mühe geben, das, was jener geformt hat, verbessern zu wollen. Gott wirst du nicht schauen können, wenn jene Augen du nicht hast, wie sie Gott gemacht hat, sondern wie der Teufel sie verpestet hat.“ [253] 
 

78. Prophetie (prophetia)

Jede Vollkommenheit, die zum Erkennen gehört, schließt aus Torheit und Raserei. Beides aber kann mit der Prophetie sich zusammen finden, nach Ose. 9.: „Erkenne, Israel, den törichten und tollen Propheten.“ Auf der anderen Seite heisst es 1. Kön. 9.: „Wer heutzutage Prophet genannt wird, der wurde nämlich früher Seher genannt.“ Sehen aber bezieht sich auf die Kenntnis. Prophetie besteht in erster Linie und hauptsächlich im Erkennen; denn die Propheten heißen so, weil sie Fernes erkennen. Und deshalb wurden sie im Alten Testamente nach Isidor (7 Ethymol. 8.) „Seher“ genannt, „weil sie das sahen, was die übrigen nicht sahen und schauten was im Geheimnisse verborgen war.“ Weil aber nach 1. Kor. 12. „jedem die Offenbarung des Geistes verliehen wird zum Nutzen,“ „zur Erbauung der Kirche“; deshalb besteht die Prophetie an zweiter Stelle im Sprechen, soweit die Propheten das von Gott ihnen Geoffenbarte anderen zu deren Erbauung verkünden, nach Isai. 21.: „Was ich vom Herrn gehört, dem Gotte Israels, dem Herrn der Heerscharen, das habe ich euch gekündet.“ Was zudem über die menschliche Kenntnis hinaus von Gott geoffenbart wird, das kann nicht mit menschlichen Gründen gekräftigt oder bewiesen werden; und somit gehört zur Prophetie auch das Wunderwirken, was auf die über alle menschliche Kraft erhabene göttliche Macht zeigt, nach Mark. ult.: „Sie predigten überall; und Gott stand bei und bekräftigte ihr Wort durch Wunder;“ und Deut. 10.: „Es stand in Israel kein Prophet mehr auf wie Moses, der den Herrn geschaut hätte von Angesicht zu Angesicht in allen Wundern und Großtaten.“ Jene Stellen sprechen von diesem Letzten, Dritten; was zur Bestätigung der Prophetie dient. Jene Propheten sind falsche Propheten, wovon Jerem. (23, 16.) sagt: „Höret nicht auf die Worte der Propheten, die euch etwas voraus sagen, um zu täuschen. Was ihr Herz liebt, das sprechen sie; nicht aber was aus dem Munde Gottes kommt;“(was auf den Propheten Muhammad zutrifft) und Ezech. 13.: „Wehe den törichten Propheten, die täuschen; die da ihrem Geiste folgen und nichts sehen.“ In der Prophetie wird erfordert, dass die gute Meinung des Geistes sich zur Erfassung des Göttlichen erhebt, weshalb bei Ezechiel gesagt wird: „Menschensohn“, stehe auf deinen Füßen und ich will mit dir sprechen.“ Diese Erhebung zu Göttlichem nun wird im Geiste begründet durch den Anstoß und das Einsprechen von seiten des heiligen Geistes; wonach da folgt: „Und es trat in mich der Geist ein und stellte mich auf meine Füße und ich hörte nun den, der zu mir sprach.“ Demnach ist zur Prophetie erfordert: 1. die Einsprechung mit Rücksicht auf die Erhebung des Geistes, nach Job 32.: „Die Einsprechung von seiten des Allmächtigen verleiht Verständnis;“ 2. die Offenbarung mit Rücksicht auf das Erfassen göttlicher Dinge, worin die Prophetie vollendet und wodurch die Hülle des Dunkels und der Unkenntnis entfernt wird (was beim Propheten Muhammad nicht der Fall war).  [254]

Averroes will den Propheten Muhammad in Schutz nehmen und meint, ein solcher Zustand sei etwas, dessen man sich bedienen kann, wann man will. (Averr. 3. de an. comm. 18.) Es kann aber ein Prophet nicht weissagen, wann er will. „Alles was offenbart wird, ist Licht.“ (Ephes. 5.) Wie nämlich was körperlich geschaut wird, durch körperliches Licht offenbar erscheint; so wird auch das geistig Geschaute offenbar durch das geistige Licht. Das Offenbarwerden also muss im entsprechenden Verhältnisse stehen zum Lichte, wodurch es sich vollzieht, wie die Wirkung im Verhältnisse stehen muss zur Ursache. Da nun die Prophetie eine über die natürliche Vernunft erhabene Kenntnis ist, so wird demgemäß zur Prophetie erfordert ein geistiges Licht, das die natürliche Helle der Vernunft übersteigt. Das Licht kann aber als eine dauernde Eigentümlichkeit anwesend sein, wie das Licht in der Sonne ist und im Feuer; oder als ein vorübergehender Eindruck in der Weife einer gewissen Leidenschaft, wie das Licht in der Luft sich findet. In der ersten Weife nun ist das prophetische Licht nicht im Propheten; sonst müsste er immer prophezeien können, was nicht der Fall ist. Denn Gregor sagt: „Manchmal fehlt der Geist der Weissagung den Propheten und nicht immer steht er zu ihrer Verfügung; damit sie, wenn sie ihn haben, erkennen, es sei dies eine freie Gabe Gottes, dass sie ihn haben.“ Aus diesem Grunde sagt Elisäus (4. Kön. 1.): „Ihre (der Sunamitis) Seele ist in der Betrübnis und der Herr hat es vor mir verborgen und nicht es mir offenbart.“ Dies ist nun darin begründet, dass, wo das geistige Licht als dauernde Form die Vernunft vollendet, durch das betreffende Licht an erster Stelle das prinzip des Offenbargemachten der Erkenntnis zugänglich gemacht wird; wie z. B. durch das natürliche Licht der einwirkenden Vernunft, des intellectus agens, zuerst die Prinzipien alles dessen, was im Bereiche und auf Grund der Natur erkannt wird, offenbar werden. Das Prinzip dessen aber, was zur übernatürlichen Kenntnis gehört und was sonach durch die Prophetie erhellt wird, ist Gott selber, der kraft seines Wesens von den Propheten nicht gesehen wird; wohl aber von den Seligen im ewigen Heim, in denen das entsprechende Licht als dauernde und vollendete Form und Eigentümlichkeit sich findet, nach Ps. 35.: „In deinem Lichte werden wir das Licht sehen.“ Also bleibt nur übrig, dass das prophetische Licht in der Seele wie eine Art vorübergehende Leidenschaft oder wie nach Weise eines Eindruckes aufleuchte. Und dies wird bezeichnet Exod. 33.: „Wenn vorübergehen wird meine Herrlichkeit, werde ich dich an die Öffnung des Felsens stellen;“ und 3. Kön. 19.: „Gehe hinaus,“ wird dem Elias gesagt, „und stehe auf dem Berge vor dem Herrn; und siehe der Herr geht vorüber ...“ Wie also die Luft immer von neuem dessen bedarf, erleuchtet zu werden von der Sonne; wie der Schüler, der die Prinzipien der betreffenden Kunst noch nicht in sich besitzt, über die einzelnen Lehrsätze unterrichtet werden muss; so bedarf der Geist des Propheten immer von neuem der Erleuchtung von seiten Gottes. Deshalb heisst es Isai. 50.: „Am Morgen öffnet er mir das Ohr, damit ich Ihn höre wie einen Lehrmeister.“ Dasselbe wird angedeutet durch die gewohnte Ausdrucksweise beim Sprechen der Propheten: „Gesprochen hat zu mir der Herr;“ „das Wort des Herrn ward ihm;“ oder „die Hand des Herrn kam über ihn.“ Der Zustand aber ist eine dauernde Form oder Eigentümlichkeit. Also ist die Prophetie kein Zustand. Aristoteles zählt nicht Alles auf, was in der Seele ist; sondern nur das, was Prinzip der moralischen Tätigkeiten sein kann, die bisweilen von der Leidenschaft, bisweilen von einem Zustande, bisweilen von dem Vermögen ausgehen; wie z. B. Jenes da nicht aufgezählt erscheint, was wir auf Grund des vernünftigen Urteils tun, bevor der entsprechende Zustand vorhanden ist. Jedoch kann die Prophetie auf die Leidenschaft zurückgeführt werden, wenn man «Leidenschaft“ nennen will ein beliebiges Empfangen, wie Aristoteles oft sagt, „das vernünftige Erkennen sei ein gewisses „Leiden“ oder Bestimmtwerden.“ Wie nämlich im Bereiche der natürlichen Kenntnis die „mögliche“ oder empfangende Vernunft vom Lichte der „einwirkenden“ Vernunft aus „leidet“ oder betätigt wird, so „leidet“ oder wird betätigt bei der prophetischen Kenntnis die Vernunft des Propheten vom Leuchten des göttlichen Lichtes aus. Wie im Bereiche des Körperlichen, sobald der leidenschaftliche Eindruck sich entfernt hat, eine gewisse Leichtigkeit im betreffenden Stoffe dafür verbleibt, dass er wieder unter dem nämlichen Eindrucke leide; wie z. B. das Holz, was einmal bereits vom Feuer ergriffen worden, darauf mit größerer Leichtigkeit wieder vom Feuer ergriffen wird, so bleibt in dem Geiste des Propheten, nachdem die tatsächliche Erleuchtung vorbei ist, eine gewisse Leichtigkeit dafür, dass er von neuem erleuchtet werde; wie auch eine Seele, die einmal zur Andacht angeregt worden, später leichter zur Andacht zurück gerufen wird. Deshalb sagt Augustinus im Buche vom Gebete (ep. 130.), man müsse oft beten, „damit nicht die einmal gehabte Andacht ganz erlösche.“ Es kann jedoch zudem gesagt werden, es würde jemand Prophet genannt, auch nachdem die tatsächliche Erleuchtung vorbei ist, infolge göttlicher Auswahl, nach Jerem. 1.: „Zu einem Propheten unter den Völkern habe ich dich gemacht.“ In doppelter Weise wird jemand durch eine Gnadengabe zu etwas erhoben, was über der Natur ist: einmal so, dass die Substanz oder die innere Wesenheit der betreffenden Tätigkeit über der Natur ist, wie z. B. das Wunderwirken, die Kenntnis der Geheimnisse der göttlichen Weisheit; und diesen Tätigkeiten entspricht keine zuständliche Gnadengabe in der Seele; dann so, dass die betreffende Tätigkeit über der Natur ist mit Rücksicht auf die Art und Weise des Tätigseins, nicht mit Rücksicht auf die innere Wesenheit oder Substanz des Aktes; wie z. B. Gott lieben und erkennen im Spiegel der Kreaturen; und dazu besteht eine zuständliche Gnadengabe. [255] 

Dann überschreitet etwas die Kenntnis aller Menschen ganz im allgemeinen; nicht als ob es nicht erkennbar wäre, sondern weil die menschliche Erkenntniskraft zu schwach dafür ist; dazu gehört das Geheimnis der Dreieinigkeit, welches (Isai. 6.) durch die Seraphim offenbart worden ist, die da sangen: „Heilig, heilig, heilig ...“ Das wesentlich bestimmende Moment in der prophetischen Kenntnis ist das göttliche Licht. Von dessen Einheit also hat die Prophetie ihre wesentliche Gattungseinheit-, mögen auch die Gegenstände verschieden sein, welche durch das prophetische Licht offenbar werden. Verschiedene Gegenstände sind nicht zugleich ausser auf Grund von etwas, das da sie einigt, wie alle Tugenden verbunden sein müssen in der Klugheit oder aus Grund der heiligen Liebe. Alles aber, was kraft eines Prinzipes erkannt wird, ist verbunden und geeinigt in diesem Prinzip und hängt von selbem ab. Wer also dieses Prinzip vollkommen kennt, der kennt auch vollkommen Alles, was der Kraft nach in selbem enthalten ist. Ist er aber rücksichtlich dieses Prinzipes in Unkenntnis, so besteht nicht die mindeste Notwendigkeit, dass er alles darin Enthalten« zugleich kennt. Vielmehr muss jedes einzelne darin Enthaltene für sich allein ihm offenbar werden; und somit kann er das Eine erkennen, das Andere aber nicht. Nun ist das wesentlich bestimmende Licht beim Propheten, das Prinzip seiner prophetischen Kenntnis, die erste Wahrheit selber. Da er also diese nicht schaut, besteht auch keinerlei Notwendigkeit, dass er alles durch prophetisches Licht Erkennbare erkennt; sondern er erkennt im einzelnen das Eine ohne das Andere in der Weise wie es ihm geoffenbart wird. Gott offenbart Alles, was dem gläubigen Volke zu glauben notwendig ist, den Propheten; aber nicht Alles einem Propheten, sondern dem einen dies, dem anderen jenes. Die Prophetie ist wie etwas Unvollkommenes im Bereiche der göttlichen Offenbarung, weshalb (1. Kor. 13.) gesagt wird: „Die Weissagungen werden entleert werden“ und: „dass wir zum Teil weissagen“ das heisst unvollkommen. Die Vollendung der göttlichen Offenbarung wird im ewigen Heim sein, wonach (1. Kor. 13.) folgt: „Wenn kommen wird was vollendet ist wird leer gemacht werden was zum Teil ist.“ Der prophetischen Offenbarung kann demnach etwas mangeln; wenn nur nichts mangelt in dem, wozu die Prophetie Beziehung hat. Wer eine Wissenschaft besitzt, der kennt deren Prinzipien, von welchen Alles im Bereiche dieser Wissenschaft abhängt. Wer also in vollkommener Weise den Zustand einer Wissenschaft hat, der weiß Alles, was zur betreffenden Wissenschaft gehört. Das Prinzip der prophetischen Erleuchtungen aber erkennt der Prophet nicht; denn er schaut nicht Gott. [256] 

Mit Rücksicht auf das Erstere also hat der Prophet betreffs des Geoffenbarten die höchste Gewissheit, nach Jerem. 26.: „In der Wahrheit hat mich Gott zu euch geschickt, dass ich in euere Ohren spreche alle diese Worte.“ Sonst wäre ja auch der Glaube, der sich auf prophetische Offenbarungen stützt, kein zuverlässiger. Davon ist übrigens ein Zeichen, dass Abraham, der in prophetischem Gesichte ermahnt worden war, seinen Sohn Isaak zu opfern, sich tatsächlich vorbereitete, es zu vollbringen; fest überzeugt also, Gott hätte dies geboten. Mit Rücksicht auf das an zweiter Stelle Erwähnte kann der Prophet nicht klar unterscheiden, ob er etwas gedacht hat auf Grund göttlichen Antriebes oder aus eigenem Geiste. Nicht also Alles, was wir auf Grund göttlichen Antriebes erkennen, wird uns mit prophetischer Gewissheit offenbar; denn ein solcher Antrieb ist im Bereiche des Prophetischen etwas Unvollkommenes. Und danach ist das Wort Gregors zu verstehen. Da aber kein Irrtum entstehe, „werden sie durch den heiligen Geist,“ so fährt Gregor fort, „schnell verbessert und hören von ihm was wahr ist; sie nehmen dann selber zurück, was sie Falsches gesagt haben.", zumindest wenn es echte Propheten sind; bei ihnen "kann da unmöglich etwas Falsches zu Grunde liegen". Daran zeigt sich auch, dass Muhammad ein falscher Prophet war, denn das meiste, was er in seinem Koran festgehalten hat, stimmt mit den Aussagen der echten Propheten nicht überein. [257] 

"Die Prophetie sei eine durch göttliche Offenbarung dem Geiste nach Weise einer Belehrung eingeprägte Kenntnis. Die Wahrheit der Lehre aber ist die nämliche im Schüler wie im Lehrer, da die Kenntnis des lernenden die Ähnlichkeit ist der Kenntnis des lehrenden; wie auch im Bereiche des Natürlichen die Wesensform im Erzeugten Ähnlichkeit hat mit der im Erzeugenden. Deshalb definiert Hieronymus die Prophetie „als ein Zeichen des göttlichen Vorherwissens“ (in Dan. 2. Respondentes). Ein und dieselbe Wahrheit also wohnt der prophetischen Kenntnis und Rede inne wie der göttlichen Kenntnis. Sonach kann da unmöglich etwas Falsches zu Grunde liegen." - Thomas von Aquin, II-II, q 171

79. Ursache der Prophetie (causa prophetiae)

„Nicht kraft des menschlichen Willens ist die Prophetie zu uns gekommen; sondern kraft der Einsprechung des heiligen Geistes haben die heiligen Männer Gottes gesprochen.“  2. Petr. 1
Die prophetische Kenntnis erstreckt sich 1. auf das Zukünftige in sich, gemäß seinem tatsächlichen Bestände betrachtet; 2. soweit es in seinen Ursachen enthalten ist. Die erstere Art Kenntnis nun ist eigen dem göttlichen Wissen, dem Alles: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, seinem tatsächlichen Sein nach gegenwärtig ist. Eine solche prophetische Kenntnis also kann nur auf Offenbarung von seiten Gottes her sich gründen. Soweit jedoch das Zukünftige in seinen Ursachen mit Notwendigkeit enthalten ist, kann es auch kraft natürlicher Kenntnis vom Menschen erkannt werden; wie der Arzt vorhererkennt die Gesundheit oder den mehr oder minder bald eintretenden Tod in den entsprechenden Ursachen, deren Beziehung zu solchen Wirkungen er erfahrungsgemäß festgestellt hat. Und solche Kenntnis kann dem Menschen in doppelter Weise von Natur aus zukommen: 1. dass die Seele es von vornherein in sich trägt, Zukünftiges zu erkennen; danach wollten nach Augustinus (12. sup. Gen. ad litt. 13.) einzelne, „die Seele habe eine gewisse Seherkraft in ihrer Natur.“ Dies ist nach der Meinung Platos, der annahm, die Seele erkenne Alles kraft der Teilnahme an den Ideen, jedoch werde diese Kenntnis verdüstert durch die Sinne; in den einen mehr in den anderen weniger, je nach den verschiedenen Stufen der Reinheit des Körpers. Dagegen wirft Augustinus jedoch ein: „Warum aber kann dann die Seele nicht immer vorhersehen, da sie es immer will?“ Da indessen jene Meinung bei weitem wahrscheinlicher ist, nach welcher, wie Aristoteles will, die Seele von den Sinnen her ihre Kenntnis erhält (I. Kap. 84), so muss man vielmehr sagen, dass nicht auf diesem erstgenannten Wege, sondern auf dem zweiten, nämlich auf Grund der natürlichen Anlagen, einer guten Verfassung der Einbildungskraft und eines hellen Verständnisses und vermittelst der Erfahrung, Zukünftiges wie das an zweiter Stelle Bezeichnete erkannt werden kann. Dieses Vorherwissen aber ist vom ersten, was auf göttlicher Offenbarung beruht, unterschieden: a) dadurch dass das letztere auf alles Zukünftige schlechthin sich erstreckt und zwar mit unfehlbarer Gewißheit; b) dadurch dass die erste Art prophetischer Kenntnis unverrückbare Wahrheit in sich schließt, während das auf Erfahrung beruhende Vorherwissen auch Falsches zum Gegenstande haben kann; zudem es sich nur auf einzelne, der Zahl nach sehr beschränkte Wirkungen erstreckt, an welche nämlich die menschliche Erfahrung hinanreichen kann. Da nun prophetische Kenntnis das zum Gegenstande hat, was menschliche Erkenntniskraft übersteigt; so kommt die eigentlich so genannte Prophetie nicht von der Natur, sondern aus göttlicher Offenbarung. Die Seele, losgelöst von den äusseren Sinnen, wird geeigneter, um den Einfluß der geistigen Substanzen in sich aufzunehmen und auch, um die feinen stofflichen Eindrücke resp. Bewegungen wahrzunehmen, die vom Einflüsse natürlicher Ursachen her in der Einbildungskraft zurückbleiben und welche die mit dem Sichtbaren beschäftigte Seele nicht erfasst. Deshalb sagt Gregor: „Nähert sich die Seele dem Tode, so erkennt sie kraft ihrer natürlichen Schärfe Manches vorher.“ Oder sie erkennt das Zukünftige kraft der Offenbarung seitens der Engel, nicht aber aus eigener Kraft. Die Kenntnis der zukünftigen Dinge seitens der schlafenden kommt von der Offenbarung geistiger Substanzen oder auf Grund einer körperlichen Ursache. (Kap. 95) Beides geschieht besser im Traume wie im wachenden Zustande, weil da die Seele nicht zerstreut ist durch die Beschäftigung mit dem Äusserlichen und somit auch die feinsten Eindrücke wahrnehmen kann. "Mit Rücksicht aber auf die Vollendung des Urteils ist die Vernunft kraftvoller beim wachenden wie beim schlafenden. Die Einbildungskraft der Tiere wird durch die Ursachen, in denen das Zukünftige enthalten ist und aus denen es mit Notwendigkeit folgt, in Tätigkeit gesetzt; und danach regeln sich ihre äusseren Bewegungen. Die Vernunft aber im Menschen wiegt mehr auf als diese natürlichen Eindrücke in die Einbildungskraft der Tiere; und noch mehr hilft den Menschen die göttliche Gnade, welche die Propheten erleuchtet. Das prophetische Licht erstreckt sich auf die Leitung menschlicher Tätigkeiten. Und danach ist zur Leitung der Völker die Prophetie notwendig; zumal mit Bezug auf die Gottesverehrung, zu welcher die Natur nicht genügt, sondern die Gnade erfordert ist." [258] 

Das aber ist der Ordnung, wie sie von Gott kommt, eigen, dass sie das Niedrigste durch Mittelstufen leite. Nun stehen die Engel in der Mitte zwischen den Menschen und der Vollkommenheit der göttlichen Güte. Also werden den Menschen göttliche Erleuchtungen und Offenbarungen und somit wird ihnen prophetische Kenntnis zu teil vermittelst der Engel. Die heilige Liebe, wodurch der Mensch ein Freund Gottes wird, findet sich innerhalb des Willens, in welchen Gott allein unmittelbar einwirken kann. Die Prophetie aber ist eine Vollendung der Vernunft, welche auch ein Engel zu beeinflussen vermag. (1. Kap. 111) Der heilige Geist gibt als erstes Prinzip die zum Besten anderer dienenden Gnaden, jedoch durch Vermittlung des Dienstes der Engel. Das Eingreifen des Werkzeuges wird dem haupteinwirkenden zugeschrieben, durch dessen Kraft das Werkzeug in Tätigkeit ist. Da also die Engel nur Werkzeuge Gottes sind bei der Erleuchtung der Propheten, so wird diese Gott als dem haupteinwirkenden zugeschrieben. [259] 

Prophetie will sagen: Offenbarung von seiten Gottes. Vorherwissen auf Grund natürlicher Ursachen ist keine eigentliche Prophetie. Wie aber Gott als allgemeine Ursache im Wirken keinerlei Stoff oder stoffliche Vorbereitung voraussetzt, sondern zugleich den Stoff und dessen gebührende Verfassung und die Wesensform herrichten kann; fo bedarf Gott auch rücksichtlich seiner geistigen Erleuchtungen keinerlei Vorbedingung von seiten des Menschen. Vielmehr kann er zugleich die Seele schaffen, sie zur Prophetie vorbereiten und ihr bei der Erschaffung, ebenso zugleich, prophetisches Licht einflößen. Das ist gleichgültig für das prophetische Licht, mit was für Figuren die geistige Wahrheit ausgedrückt wird. "Die Erforschung, welche der Wissenschaft eigen ist, gründet sich auf eine natürliche Ursache; die Natur aber kann nicht wirken, wenn der Stoff oder das Vermögen nicht gehörig vorbereitet ist. Das gilt jedoch nicht von Gott. Eine natürliche Verfassung könnte die Erhebung zu prophetischem Lichte hindern, wie wenn z. B. jemand ganz und gar sinnlos wäre. Und so wird die prophetische Erleuchtung auch gehindert durch eine heftige Leidenschaft, sei es die Begierlichkeit sei es der Zorn oder sonst eine Leidenschaft. Doch solche Verfassung wird entfernt durch die göttliche Kraft, welche die Ursache des prophetischen Lichtes ist." Diese Verfassung wurde bei Muhammad nicht entfernt, wehalb bei ihm keine "göttliche Kraft" im Spiel war. [260] 

Die Reinheit der Sitten kann 1. beachtet werden gemäß, ihrer Wurzel, der heiligmachenden Gnade; und 2. nach den inneren Leidenschaften und äusseren Tätigkeiten. Die heiligmachende Gnade wird nun zumal dazu gegeben, dass die Seele durch die heilige Liebe mit Gott verbunden werde. Deshalb sagt Augustinus (15. de Trin. 18.): „Wenn nicht einem jeden der heilige Geist verliehen wird, dass er ihn zu einem Freunde Gottes und des Nächsten macht, so wird er nicht von der Linken zur Rechten hinübergeleitet werden.“ Was also ohne die heilige Liebe sein kann, das kann auch ohne die heiligmachende Gnade bestehen und somit ohne Reinheit der Sitten. Die Prophetie aber kann ohne die heilige Liebe sein. Denn einerseits ist sie eine Tätigkeit der Vernunft und geht somit voran der Tätigkeit des Willens, den die Liebe vollendet; so dass auch Paulus (1. Kor. 12. u. 13.) die Prophetie unter den Dingen aufzählt, welche man ohne Liebe haben kann. Andererseits wird die Prophetie in erster Linie verliehen zum Nutzen der Kirche: „Einem jeden wird das Offenbarwerden des Geistes verliehen zum Nutzen“ (1. Kor. 12.); und nicht zur Einigung des Propheten selber mit Gott. Also kann danach die Prophetie in jemandem vorhanden sein ohne Reinheit der Sitten. Nimmt man jedoch Rücksicht auf die inneren Leidenschaften und äusseren Tätigkeiten, so wird einer durch die Schlechtigkeit gehindert, Prophet zu sein. Denn zur prophetischen Erleuchtung gehört im höchsten Grade die Erhebung des Geistes zur Betrachtung des Göttlichen und eine solche Erhebung wird gehindert durch die Heftigkeit der Leidenschaften. Deshalb wird 4. Kön. 4. von den „Söhnen der Propheten“ gelesen, dass „sie mit Elisäus zusammenwohnten;“ d. h. ein einsames Leben führten, damit weltliche Beschäftigung sie nicht hindere, die Gabe der Weissagung zu empfangen. Zuweilen wird die Prophetengabe verliehen sowohl zum Nutzen anderer wie auch zur eigenen Heiligung; solche „macht die Weisheit Gottes zu Freunden Gottes und zu Propheten.“ Andere aber erhalten, wie reine Werkzeuge, diese Gabe nur zum Besten der anderen. Deshalb sagt Hieronymus zu Matth. 7.: „Prophezeien, Wunder wirken und Teufel austreiben ift zuweilen nicht das Verdienst dessen, der es tut; sondern es geschieht entweder auf Grund der Anrufung des Namens Christi oder zur Verdammnis und Überführung der bösen und zum Besten der guten.“ Gregor (hom. 27. in Evgl.) erklärt zu Ioh. 15, 15.: „Wenn wir auf Grund dessen was wir gehört haben die erhabenen himmlischen Dinge lieben, erkennen wir bereits das, was wir lieben; denn die Liebe selber ist Kenntnis. Alles also hatte Christus ihnen bekannt gegeben, weil sie von irdischen Begierden befreit in der Glut der höchsten Liebe brannten.“ So aber teilt Gott nicht immer seine Geheimnisse den Propheten mit. Reißende Wölfe sind nur jene, die anderen schaden wollen. Denn Chrysostomus (19. in Matth. op. imp.) sagt: „Die Lehrer der katholischen Wahrheit können wohl Sünder sein, Knechte des Fleisches; reißende Wölfe aber werden sie erst genannt, wenn sie die Christen verderben wollen.“ Dies sind heute immer noch vor allem die Muslime.  "Die Prophetie jedoch wird bezogen auf den Nutzen anderer; und somit sind jene, die schaden wollen, falsche Propheten."  [261] 
 

80. Propheten des Teufels, Art und Weise der prophetischen Kenntnis (de modo cognitionis propheticae)

Die Teufel aber erleuchten nicht den menschlichen Geist. (I. Kap. 109) Prophetie ist ein Zeichen zur Bekräftigung des Glaubens, so dass Ambrosius zu Röm. 12. sagt: „Bemerke, dass im Aufzählen der Gnaden er von der Prophetie den Beginn macht. Denn sie ist der erste Beweis, dass unser Glaube ein vernunftgemäßer fei; weil die Gläubigen, nachdem sie den heiligen Geist empfangen, prophezeiten.“  Prophetie will besagen eine Erkenntnis, welche weit abliegt von der menschlichen: Offenbar aber kann die höhere Vernunftkraft etwas erkennen, was fern liegt für die tiefere. Da nun über der menschlichen Vernunft nicht nur die göttliche ist, sondern auch die Engelvernunft; so erkennen die bösen Engel so gut wie die heiligen Engel Manches, was unserer Kenntnis fernliegt und was sie uns offenbar machen können. Schlechthin fern von unserer Kenntnis aber und ihr durchaus dem ganzen Wesen nach unzugänglich ist nur das, was Gott allein kennt. "Schlechthin und eigentlich also ist nur auf göttliche Offenbarung die Prophetengabe begründet. Beschränkterweise aber wird auch das von den Teufeln offenbar Gemachte Prophetie genannt. Deshalb werden solche Propheten immer mit einem Zusätze, nicht schlechthin Propheten genannt; wie "falsche Propheten“, „Propheten Baals“ . Die Teufel erleuchten nicht den menschlichen Geist, sondern wirken Vermittelst von Phantasiegebilden oder hörbaren Worten; das ist also keine wahre Prophetie."  Es gibt äussere Zeichen, um die Teufelsprophetie von der wahren zu unterscheiden. So sagt Chrysostomus: „Der Teufel mischt Falsches mit Wahrem; der heilige Geist niemals.“ Deshalb steht im Koran auch Falsches mit Wahrem vermischt  Und Deut. 18.: „Wenn du stillschweigend, in Gedanken, zu dir sagst: Wie kann ich wissen, ob der Herr das Wort gesprochen hat? so beachte dieses Zeichen: Hat jener Prophet im Namen des Herrn geweissagt und es ist nicht eingetroffen, so hat der Herr nicht gesprochen.“[262] 

Wie die wahren Propheten vom heiligen Geiste, so werden die falschen inspiriert vom Lügengeiste, nach 3. Kön. ult.: „Ich will ausgehen und werde ein Lügengeist sein im Munde aller seiner Propheten.“ Ioh. 8. heisst es: „Wenn er (der Teufel) Lüge spricht, so spricht er aus dem heraus, was ihm gehört; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.“ Spricht aber der Teufel durch seine Propheten, so spricht er aus dem heraus, was ihm gehört; denn er ist nicht der Diener Gottes, um Wahrheit zu verkünden, denn sonst müsste zum Beispiel im Koran dasselbe wie in der Heiligen Schrift stehen. Wie das Gute im Bereiche der wirklichen Dinge, so verhält sich das Wahre im Bereiche der Kenntnis. Nun ist es unmöglich, ein tatsächlich bestehendes Ding zu finden, welches ganz des Guten bar sei. Also ist es auch unmöglich, eine Kenntnis zu finden, die ganz vom Wahren entblößt sei: „Keine falsche Lehre gibt es, die nicht mit einiger Wahrheit vermischt wäre,“ sagt Beda (in Luc. c. 17. Augustinus Qq. in Evgl. 59.). "Somit enthält auch die Lehre des Teufels, womit er seine Propheten anfüllt, einzelnes Wahre; und wird dadurch zugänglich. Denn so wird die Vernunft zum Irrtum geführt durch den Anschein der Wahrheit wie der Wille zum Bösen durch den Anschein des Guten. Die Teufelspropheten sprechen nicht immer aus Eingebung des Teufels, sondern manchmal bedient sich ihrer Gott, wie aus dem Beispiele Balaams offenbar hervorgeht; denn auch der bösen bedient sich Gott zum Nutzen der guten. Deshalb sagen auch die Teufelspropheten manchmal die Wahrheit; sowohl damit diese durch das Zeugnis aus Feindes Mund noch empfehlenswerter werde, als auch damit die bösen leichter zur Wahrheit sich anleiten lassen. So haben auch die Sibyllen manches Wahre über Christum vorhergesagt. Bisweilen aber sagen die Teufelspropheten auch Wahres, trotzdem sie vom Teufel belehrt worden; und zwar sowohl auf Grund ihrer Natur, deren Urheber der heilige Geist ist, wie auf Grund von Offenbarungen seitens guter Geister, wie Augustinus dartut. (12. sup. Gen ad litt. 19.) Und so ist auch jenes Wahre, was die Teufel künden, vom heiligen Geiste. Der wahre Prophet ist immer vom heiligen Geiste inspiriert und vom heiligen Geiste kann nichts Falsches kommen., Der falsche Prophet aber steht manchmal auch unter dem Einflüsse des heiligen Geistes." [263] 

„Die prophetische Kenntnis gehöre im höchsten Grade dem vernünftigen Geiste an.“ - Augustinus 12. sup. Gen. ad litt. 9
Mit Rücksicht auf die menschliche Kenntnis aber muss man beachten: 1. Die Art und Weise der Darstellung der Dinge und 2. das Urteil über die dargestellten Dinge. Wenn nun dem Menschengeiste gemäß der natürlichen Ordnung Erkenntnisbilder von Dingen vorgestellt werden sollen, so müssen sie zuerst vorgestellt werden dem Sinne, dann der Einbildungskraft und endlich der „möglichen“ (possibilis) also der tatsächlich erkennenden Vernunft, welche gemäß den Phantasiebildern bestimmt wird durch die „einwirkende“ (agens) Vernunft. Nun sind in der Phantasie nicht allein die Bilder der sinnlich wahrnehmbaren Dinge, soweit diese von den äusseren Sinnen her in Empfang genommen werden; sondern sie erleiden da teils auf Grund körperlicher Verhältnisse (wie bei den Narren und rasenden) eine Änderung, teils werden sie durch die Anordnung der Vernunft bezogen auf das vernünftig zu Erkennende. Denn wie aus der verschiedenen Ordnung unter den Buchstaben verschiedene Verständnisse hervorgehen, so entstehen aus der verschiedenen Zusammenstellung der Phantasiebilder durch die Vernunft verschiedene Ideen. Nun wird bei der Prophetengabe etwas dem Geiste über seine natürlichen Kräfte verliehen; und zwar mit Rücksicht auf das Urteil veimittelst des Einflusses des geistigen Lichtes, und auch mit Rücksicht auf die darstellenden Erkenntnisbilder. In letzterer Beziehung kann die prophetische Offenbarung verglichen werden mit dem menschlichen Unterrichte; nicht aber in ersterwähnter Beziehung. Denn der Lehrer stellt seinem Schüler einzelne Dinge vor vermittelst der Zeichen der Reden; nicht aber kann er innen erleuchten, wie Gott dies tut. Das Hauptsächliche nun ist das Erste; denn das Urteil vollendet die Kenntnis. Wem also von Gott einige Bilder vorgestellt werden (wie dem Pharao und dem Nabuchodonosor oder dem Balthasar), seien es Bilder in der Phantasie oder aussenbefindliche körperliche, der ist noch kein Prophet; wenn sein Geist nicht erleuchtet wird, dass er angemessen urteile. Solche Erscheinungen sind etwas Unvollkommenes im Bereiche des Prophetischen. Deshalb nennen einige solche Erscheinungen Ekstasen oder Traumauslegen. Ein Prophet wird aber bereits derjenige sein, der nur das Urteil hat rücksichtlich solcher etwas darstellenden Phantasiebilder, mögen diese auch von anderen ihm berichtet werden, wie dies beim ägyptischen Joseph der Fall war, der den Traum des Pharao auslegte. „Im höchsten Grade freilich ist Prophet jener, der diese Darstellungen als Bilder in seiner Phantasie selbst sieht und der zugleich sie geistig zu verstehen vermag.“ (Augustinus) Nun werden dem Geiste des Propheten bisweilen durch den äusseren Sinn sichtbare Formen vorgestellt, wie Daniel die schreibende Hand sah; oder es sind dies Bilder in der Phantasie und zwar entweder von Gott eigens eingeprägt (wie wenn dem blindgeborenen in die Phantasie Bilder von Farben eingeprägt würden) oder von den äusseren Sinnen her empfangen, wie bei Jerem. 1.; oder es sind durchaus geistige, direkt der Vernunft eingeprägte Ideen, wie Salomo und die Apostel die Gabe der Weisheit empfingen. Dagegen wird das geistige Licht manchmal von Gott her dem Geiste eingeflößt, um recht zu beurteilen, was andere gesehen haben, wie bei Joseph und bei den Aposteln; denen „der Herr den Sinn öffnete, dass sie die heiligen Schriften verständen“ (Luk. 24.), was zur Schrifterklärung gehört; oder um zu beurteilen gemäß der göttlichen Wahrheit, was innerhalb des Natürlichen der Mensch selber erfasst; oder auch um wirksam zu beurteilen, was man zu tun hat, nach Isai. 63.: „Der Geist des Herrn war sein Führer.“ So vollzieht sich also die prophetische Erleuchtung bisweilen durch den Einfluß des Lichtes allein; bisweilen durch Formen, die von neuem eingeprägt worden; und bisweilen durch solche, die nur in andere Ordnung gebracht worden. [264] 

Die prophetische Kenntnis vollzieht sich 1. vermittelst des Einfließens geistigen Lichtes; 2. vermittelst Einprägens geistiger Ähnlichkeiten oder Ideen; 3. vermittelst der Ordnung in den sinnlichen Phantasiebildern und ihrer Beziehung zu einer hohen geistigen Wahrheit; 4. vermittelst äusserlich wahrnehmbarer Formen. Offenbar nun besteht kein Loslösen von der Tätigkeit der äusseren Sinne im letzten Falle, wenn ein äusseres Bild zur Vorstellung der höheren Wahrheiten benützt wird; wie z. B. der brennende Dornbusch, die schreibende Hand; mögen solche Bilder wie die eben genannten von Gott eigens hervorgebracht oder durch andere Ursachen geformt sein, wenn sie nur kraft der göttlichen Vorsehung etwas prophetisch bezeichnen. Auch im ersten und zweiten Falle ist kein Absehen von den äusseren Sinnen erfordert; denn ein vollkommenes Urteil und vollkommen geistige Ideen bestehen in uns zusammen mit der Zuwendung zu den Phantasiebildern und vermittelst dieser zum Sichtbaren, wo die ersten Prinzipien unserer Erkenntnis sich finden. Nur im dritten Falle ist ein Zurückziehen von den äusseren Sinnen notwendig; damit wir nicht das, was wir in Phantasiebildern schauen, beziehen auf das, was aussen sinnlich wahrnehmbar ist. Dieses Zurückziehen von den Sinnen und das Absehen von ihrer Tätigkeit aber geschieht manchmal in vollkommener Weise, so dass der Mensch nichts von der Aussenwelt empfindet; und manchmal unvollkommener, so dass er wohl etwas wahrnimmt, aber nicht völlig zu unterscheiden vermag das, was er von aussen her wahrnimmt, von dem, was er in der Einbildungskraft schaut. Deshalb sagt Augustinus (12. sup. Gen. ad litt. 12.): …So erscheint das, was innerhalb des Geistes (im sinnlichen Teilc) geschieht, nämlich die Bilder von Körperlichem, wie wenn es wirklich Körper wären; so dass zugleich geschaut wird sowohl der Mensch, der wirklich gegenwärtig ist, als auch ein anderer, der nur im Geiste gegenwärtig ist, als ob er wirklich gegenwärtig wäre.“ Ein solches Entfernen von den Sinnen aber ist bei den Propheten nicht von einer Verwirrung und Unordnung in ihrer sinnlichen, Natur begleitet (wie bei den besessenen und ähnlichen), sondern es vollzieht sich kraft einer natürlichen geordneten Ursache; sei diese eine natürliche ähnlich wie der Schlaf, oder eine geistige wie die Betrachtung, was bei Petrus (Act. 10.) stattatte, oder eine unmittelbar mit göttlicher Kraft fortreißende wie bei Ezech. 1.: „Und es ward über ihm die Hand des Herrn.“ [265] 

Wird also jemand vom heiligen Geiste so bewegt, dass er erkennt, er stehe unter dem Einsprechen des heiligen Geistes, um etwas zu erfassen oder abzuschätzen, oder um etwas zu bezeichnen mit seinen Worten und mit seinem Tun, so gehört dies im eigentlichen Sinne zur Prophetie. Wird er aber bewegt, erkennt dies jedoch nicht, so ist dies keine volle Prophetie, sondern ein gewisser prophetischer Antrieb. Jedoch ist dabei im allgemeinen zu bemerken, dass der Geist des Propheten ein mangelhaftes Werkzeug ist; und dass somit auch die wahren eigentlichen Propheten nicht Alles erkennen, was in ihren Gesichten oder Worten oder prophetischen Taten der heilige Geist ausdrückt und beabsichtigt. [266] 

Ephes. 3.: „Anderen Zeiten der Kinder der Menschen war nicht bekannt das Mysterium Christi, welches jetzt offenbart worden im Geiste den heiligen Aposteln und Propheten des Herrn.“ Die Prophetie hat zum Zwecke die Kenntnis der göttlichen Wahrheit, die wir glaubend betrachten und nach der wir leben sollen, nach Ps. 42.: „Sende heraus Dein Licht und Deine Wahrheit; sie haben mich hinabgeführt.“ Sprechen wir nun von der Prophetie, soweit sie zum Zwecke der wahren Kenntnis Gottes Beziehung hat, so nahm sie zu gemäß drei verschiedenen Zeiten: nämlich vor dem Gesetze, unter dem Gesetze und nach demselben. Denn vor dem Gesetze sind Abraham und die anderen Patriarchen unterrichtet worden über den Glauben an die Gottheit und zwar in prophetischer Weise, nach Ps. 104.: „Gegen meine Propheten seid nicht boshaft,“ was zumal von Abraham und Isaak gesagt wird. Unter dem Gesetze war dieselbe Unterweisung eingehender und hervorragender; denn es galt, sie einem ganzen Volke zu geben. Deshalb sagt der Herr zu Moses: „Ich bin der Herr, der erschienen ist dem Abraham, Isaak und Jakob… und meinen Namen Adonai habe ich ihnen nicht angezeigt“ (Exod. 6.); insofern nämlich die alten Väter unterrichtet worden waren im Glauben an die göttliche Allmacht, Moses aber mit größerer Fülle über die Einfachheit des göttlichen Wesens, da Exod. 3. gesagt wird: „Ich bin der ich bin,“ welchen Namen die Juden ausdrücken mit dem Worte „Adonai“, weil das am besten entsprechende Wort ihnen zu ehrwürdig war. Nachher aber zur Zeit der Gnade ist durch den Sohn Gottes allen offenbart worden das Geheimnis der Dreieinigkeit, nach Matth. ult.: „Gehet, lehrt alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ In einer jeden dieser Zeitepochen aber war immer die erste Offenbarung die bedeutendste. Denn dem Abraham, zu dessen Zeit die Menschen zuerst vom Glauben an einen Gott abfielen, wurde eine höhere Offenbarung gemacht wie dem Isaak, welchem gesagt wurde: „Ich bin der Gott Abrahams, deines Vaters,“ weil die an ihn gerichtete Offenbarung gegründet war auf der an Abraham ergangenen; und zu Jakob: „Ich bin der Gott Abrahams und Isaaks.“ Und ähnlich war die an Moses gerichtete Offenbarung bedeutungsvoller; denn sie ist die Grundlage aller späteren Prophezeiungen. Ebenso baut sich die Kirche auf der Grundlage der Offenbarung auf, welche den Aposteln betreffs des Glaubens an einen dreieinigen Gott gemacht worden, nach Matth. 16.: „Über diesen Felsen,“ nämlich deines Bekenntnisses, „will ich meine Kirche bauen.“ Mit Rücksicht auf das Geheimnis der Menschwerdung wurden die Propheten desto mehr unterrichtet je näher sie Christo waren, sei es nachher sei es vorher; in größerer Fülle aber noch nach Christo wie vor Christo, wie Paulus (Ephes. 3.) sagt.Soweit es jedoch auf die Richtschnur der menschlichen Tätigkeiten ankommt, ist die prophetische Erleuchtung eine verschiedene gewesen; nicht nach der Zeitenfolge, sondern gemäß der Verschiedenheit der menschlichen Angelegenheiten; denn „mangelt die Prophetie, so wird zerstreut werden das Volk.“ (Prov. 29.) Zu jeder Zeit also sind die Menschen betreffs ihrer Obliegenheiten unterrichtet worden, je nachdem es dem Heile der auserwählten förderlich war. Die Stelle bei Gregor ist zu verstehen von der Zeit vor Christo mit Rücksicht auf das Geheimnis der Menschwerdung. Augustinus schreibt (18. de civ. Dei 27.): „Wie zur ersten Zeit des assyrischen Reiches Abraham lebte, an den in offenster Weise die Verheißungen ergingen, so begann die Zeit der Propheten mit dem Anfange des westlichen Babylon, mit der Gründung nämlich der Stadt Rom, unter deren Herrschaft Christus geboren werden sollte, in dem alle jene Verheißungen, die bereits Abraham gemacht und dann von den Propheten durch Wort und Schrift weiter und näher bestimmt worden waren, ihre Erfüllung fanden. Während nämlich, seit Könige in Israel waren, immer da Propheten gefunden werden, nicht für die anderen Völker, sondern nur für Israel; so wurde dann, zur Zeit der Gründung der Stadt Rom, in mehr offenbarer Weise die Prophezeiung zugleich der Schrift anvertraut, damit sie auch den anderen Völkern, die von Christo zu erlösen waren, Nutzen brächte und nach und nach die Kunde von der Erwartung eines Erlösers weiter bekannt mache.“ Es hatte zur Zeit der Könige das Volk der Juden immer Propheten, weil es da frei war und deshalb über seine Pflichten besser belehrt werden musste. Die Propheten, welche Christi Ankunft verkündeten, konnten nur bis Johannes dauern, der Christum gegenwärtig sah. Damit aber „schließt“ nach Hieronymus (l. c.) „der Heiland nicht Propheten aus; lesen wir doch in der Apostelgeschichte, Agabus habe prophezeit und die vier Töchter des Philippus.“ Der Apostel Johannes schrieb ebenso ein prophetisches Buch über das Ende der Kirche; und zu den verschiedensten Zeiten fehlten nicht Propheten, die freilich nicht eine neue Lehre des Glaubens verkündeten, jedoch der Regelung der menschlichen Tätigkeiten dem ewigen Endzwecke gemäß dienten. So berichtet Augustinus (5. de civ. Dei 36.), „dass Theodosius Augustus zu Johannes in Ägypten sandte, der mit prophetischem Geiste begabt war, und dass er von ihm die Versicherung erhielt, er werde siegen.“ [267] 

Paulus hat in der Verzückung das Wesen Gottes gesehen (Paulus in raptu viderit Dei essentiam). Augustinus (ep. 147.): „Das Wesen Gottes selber konnte von einigen gesehen werden noch während ihres irdischen Lebens, wie von Moses und Paulus, der verzückt hörte unaussprechliche Worte, welche dem Menschen nicht erlaubt sind zu sprechen.“ Manche meinen, Paulus hätte nur einen gewissen Abglanz des göttlichen Wesens gesehen. Das Gegenteil jedoch bestimmt Augustinus (ep. 147. et 12. sup. Gen. ad litt. 28.) und die Worte des Apostels selber bezeichnen dies; denn „er hörte unaussprechliche Worte etc.“ Derartig aber scheint dies zu sein, was zum seligen Anschauen gehört, nach Isai. 64.: „Das Auge sieht nicht, 0 Gott, ohne Dich, was Du bereitet hast denen, die Dich lieben.“ Denn dies überschreitet Alles, was von den Sinnen ausgedrückt werden kann hier auf Erden. Also wird zukömmlicher gesagt, Paulus habe das göttliche Wesen geschaut. Der menschliche Geist wird 1. verzückt, wenn er die göttliche Wahrheit betrachtet vermittelst einzelner Bilder in der Phantasie, wie dies bei Petrus der Fall war; 2. wenn er sie betrachtet vermittelst rein geistiger Wirkungen, wie bei David, der da sprach (Ps. 115): „Ich sprach in meinem Verzücktsein, jeder Mensch ist Lügner;“ 3. wenn er die göttliche Wahrheit sieht in ihrem Wesen, wie Paulus, der erste Lehrer der Heiden; und Moses, der erste Lehrer der Juden. Das Licht der Herrlichkeit, vermittelst dessen allein nach Ps. 35, 10. das göttliche Wesen von der geschaffenen Vernunft geschaut werden kann, ist 1. in der Seele als andauernder Zustand; und so ist es in den seligen; 2. als vorübergehender Eindruck; und so war es bei Moses und Paulus. Daraus wird jemand also nicht schlechthin selig, so dass die Seligkeit auch auf den Körper überflösse. Paulus hatte nicht den Zustand des Lichtes der Herrlichkeit, sondern nur dessen Tätigkeit. Also war in jenem Schauen nicht zugleich die Tätigkeit des Glaubens und der Hoffnung, wohl aber deren Zustand. Der Ausdruck „dritter Himmel“ bezeichnet zuvörderst den „Feuerhimmel.“ (Vgl. I. Kap. 68) Nicht aber wird gesagt, er sei dahin verzückt worden, damit er ihn sehe oder ein Phantasiebild davon, sondern weil das coelum Empyreum der Ort ist für die Betrachtung der Seelen. Dann bezeichnet „der dritte Himmel“ ein überweltliches Schauen und zwar aus drei Gründen: 1. gemäß der Ordnung der Erkenntniskräfte; so dass „erster Himmel“ genannt wird das überweltliche körperliche Schauen, was durch den Sinn sich vollzieht wie die schreibende Hand bei Daniel; „zweiter Himmel“ das Schauen vermittelst der Phantasiegebilde, wie Johannes in der Apokalypse schaute; „dritter Himmel“ das rein vernünftige Schauen, wie dies Augustinus beschreibt ; 2. gemäß der Ordnung im Bereiche des Erkennbaren; so dass „erster Himmel“ genannt wird die Erkenntnis der Himmelskörper; „zweiter“ die der rein geistigen Substanzen; „dritter“ die Erkenntnis des göttlichen Wesens; 3. gemäß den Stufen, wie Gott erkannt wird, so dass „erster Himmel“ ist die Stufe der niedersten Engelordnung, „zweiter Himmel“ die der mittleren, „dritter“ die der höchsten.  [268] 

Das Wesen Gottes kann nicht anders gesehen werden wie durch die Vernunft. Die menschliche Vernunft aber wendet sich, um zu verstehen, zu den Phantasiebildern, damit sie davon die reinen Ideen ablöse; und diese Phantasiebilder kommen von den äusseren Sinnen. "Wo also in einer Tätigkeit der Vernunft von den Phantasiebildern abgesehen wird, da wird auch von der Tätigkeit der äusseren Sinne abgesehen. Soll aber die Vernunft eines Erdenpilgers die göttliche Wesenheit schauen, so muss dieselbe notwendig von den Phantasiebildern absehen. Denn nicht vermittelst eines Phantasiebildes kann das göttliche Wesen geschaut werden, ja nicht einmal vermittelst einer geschöpflichen Idee; denn das göttliche Wesen überragt unendlich alles Körperliche und alle Geschöpfe überhaupt. Es ist aber notwendig, dass, wenn der Geist des Menschen erhoben wird zu dem über alles Maß hohen Schauen des Wesens Gottes, die ganze Aufmerksamkeit des Geistes in gespanntester Weise sich dahin richte, so dass er nichts Anderes aus Phantasiebildern erkenne, sondern ganz und gar zu Gott sich wende. Also unmöglich kann jemand in diesem Leben Gottes Wesen schauen und zugleich mit seinem sinnlichen Teile tätig sein." [269] 

Augustinus (ep. 147): „Es ist nicht unglaublich, dass einzelnen Heiligen, obgleich sie noch nicht in der Weise gestorben waren, dass deren Körper hätten begraben werden können, diese Höhe des Schauens bewilligt worden sei;“ dass sie Gottes Wesen gesehen haben. "Paulus sah wohl den nämlichen Gegenstand wie die Heiligen; aber er schaute nicht in so vollkommener Weise wie die Heiligen im Himmel; weshalb Augustinus schreibt: „Obgleich dem in den dritten Himmel verzückten Apostel das zur vollendeten Kenntnis der Dinge, wie sie den Engeln innewohnt, fehlte, dass er in Unkenntnis darüber war, ob er im Körper sei oder ausserhalb desselben; das wird aber nicht fehlen den auferstandenen Leibern der Seelen, wenn das hier Vergängliche wird angezogen haben die Unvergänglichkeit.“ [270] 

Ekkli. 6.: „Die angenehme Rede wird in einem guten Menschen überfließen.“ Der Charakter des Guten in einem Menschen aber kommt von der Gnade, also auch die angenehme Rede. Hier ist die Rede von solchen Gaben, die zum Besten der anderen verliehen werden. Die von Gott erhaltene Kenntnis aber kann dem Besten anderer nur dienen vermittelst der Sprache. Und weil der heilige Geist in Allem, was notwendig ist, für das Beste der Kirche sorgt; so fehlen nicht solche Glieder der Kirche, die in guter Rede sich auszeichnen, welche demnach nicht nur so sprechen, dass sie von den verschiedenen Personen verstanden werden können, was zur Sprachengabe gehört, sondern auch so, dass ihr Wort wirksam ist, was zur Redegabe gehört. Sie erleuchten 1. die Vernunft, indem sie lehren; 2. sie regen den Willen an, dass jemand gern das Wort Gottes hört; denn ihre Rede ist angenehm, was jemand nicht aus Eitelkeit suchen muss, sondern um die Leute anzuziehen zum Anhören des Wortes Gottes; sie beugen das Herz, dass man gern das tut, was die göttlichen Gebote vorschreiben. Die Zunge ist da ein Werkzeug in der Hand des heiligen Geistes, der innerlich im Herzen wirkt: „Wenn nicht der heilige Geist die Herzen der Hörer anfüllt, so tönt vergeblich in die Ohren des Körpers die Stimme der lehrenden.“ (Greg. 29. moral. 13.) Der heilige Geist wirkt hier in vollkommener Weise, was die Kunst nur unvollkommen tut; wie auch Gott durch Wunder manchmal vollkommener tut, was die Natur unvollkommen tut. Paulus spricht da von der Rede, die sich nur auf menschlich erworbene Beredsamkeit stützen will; deshalb schickt er vorher: „Ich werde die Rede jener erkennen, die aufgeblasen sind;“ und cap. 2.: „Meine Rede und meine Predigt nicht in den Worten menschlicher Weisheit.“ Die Redegabe dient zum Nutzen anderer. Sie wird bisweilen entzogen wegen der Schuld des Hörers, bisweilen wegen der Schuld des sprechenden. Die guten Werke auf beiden Seiten verdienen aber nicht direkt diese Gnade, sondern halten nur ab die Hindernisse dieser Gnade: nämlich die Schuld. Auch die heiligmachende Gnade wird ja entzogen wegen der Schuld; trotzdem aber verdienen die guten Werke sie nicht, durch die das Hindernis der Gnade entfernt wird. Den Glauben teilt jemand mit eben durch die Rede der Weisheit und der Wissenschaft. „Wissen, wie der Glaube den frommen hilft, gegen die gottlosen verteidigt wird, das scheint der Apostel Wissenschaft zu nennen,“ sagt Augustinus. (14. de Trin. 1.)"  [271] 

Es entspricht der menschlichen Vernunft, dass sie die vernünftig erkennbare Wahrheit durch sinnlich wahrzunehmende Wirkungen erfasst. Und wie somit zur natürlichen Kenntnis Gottes der Mensch gelangen kann durch die Wahrnehmung der natürlichen Wirkungen Gottes, so wird er durch übernatürliche Wirkungen, also durch Wunder, zur übernatürlichen Kenntnis des zu Glaubenden angeleitet. Demgemäß ist das Wunderwirken eine zum Besten anderer verliehene Gnade. Wie die Prophetie sich erstreckt auf alle übernatürliche Wahrheiten, so das Wunderwirken aus alle übernatürliche taten. Da nun, die Ursache davon die Allmacht ist, die keiner Kreatur mitgeteilt werden kann; so darf auch das Prinzip des Wunderwirkens, also die Wundergabe, nie als ein dauernder Zustand in der Seele betrachtet werden. Wie aber der Geist des Propheten von seiten des heiligen Geistes bewegt wird, um etwas zu erkennen; so wird der Geist des Wundertäters bewegt, etwas zu tun, worauf die wunderbare Wirkung folgt, welche Gott kraft seiner Allmacht vollbringt. Daher sagt Gregor (2. dial. 30.): „Die Heiligen tun bisweilen Wunder auf Grund ihrer Macht, bisweilen auf Grund des Gebetes.“ Der Herr spricht von den Wundern, welche zur Zeit des Antichrist geschehen werden. Darüber sagt der Apostel (2. Thess. 2.): „Die Ankunft des Antichrist wird sein gemäß der Wirksamkeit Satans in aller Kraft und in Zeichen und Wunderwerken der Lüge.“ Und Augustinus (20. de civ. Dei 19.) schreibt: „Man zweifelt, ob sie deshalb Lügenwunder genannt sind, weil er die Sinne der sterblichen durch Phantasiegebilde täuschen wird, dass er nämlich scheine zu tun, was er tatsächlich nicht tut; oder ob sie deshalb als lügenhaft bezeichnet werden, weil sie, obgleich wahr, zur Lüge hinziehen werden jene, die daran glauben.“ „Wahr“ nennt sie Augustinus, weil die betreffenden Dinge selbst wahr sein werden, wie die Magier des Pharao wahre Frösche und wahre Schlangen machten; nicht aber weil es wahre Wunder seien, denn sie geschehen vermittelst natürlicher Ursachen. (Vgl. 1., Kap. 114)  "Die Wundergabe aber als Gnade des heiligen Geistes hat zur Grundlage die göttliche Kraft und zum Zwecke das Heil der Menschen. Zweierlei muss man bei Wundern unterscheiden: 1. Das, was geschieht, dies ist etwas die natürliche Fähigkeit übersteigendes; und danach werden die Wunder „Kräfte“ genannt; 2. das, weshalb die Wunder geschehen; nämlich um etwas übernatürliches zu offenbaren; und danach heißen sie gemeinhin „Zeichen“; sind sie aber sehr groß „Großtaten“ oder „staunenswerte Wunderwerke“. Die Gnade des Heilens wird eigens genannt, weil sie ausser der allen Wundern eigenen Wohltat, zur Kenntnis von Übernatürlichem zu führen, noch eine eigene einschließen: nämlich den Körper zu heilen. Das Wunderwirken wird dem Glauben zugeschrieben aus zwei Gründen: 1. weil sein Zweck ist, den Glauben zu kräftigen; 2. weil es von der Allmacht Gottes ausgeht, der Grundlage nämlich des Glaubens. Und trotzdem wie ausser der Glaubensgnade noch notwendig ist die Gabe der Rede, um im Glauben zu unterrichten, so auch das Wirken von Wundern, um den Glauben zu kräftigen." [272]

Manche Wunder sind nur falscher Schein, um den Menschen zu täuschen; andere Wunder sind wohl der Tatsächlichkeit nach wahr; aber nicht kraft göttlicher Macht gewirkt, sondern auf Grund natürlicher Ursachen. Diese beiden Arten Wunder können durch die Teufel geschehen; vgl. oben im vorigen Artikel. Wahrhafte Wunder können nur durch göttliche Kraft geschehen; denn sie dienen 1. zur Bekräftigung der Wahrheit, die gepredigt worden; 2. zur Bezeugung der Heiligkeit eines Menschen, den Gott als Beispiel der Tugend aufstellen will. In der ersten Weise kann durch jeden ein Wunder geschehen, der den wahren Glauben predigt und den Namen Christi anruft; und das geschieht manchmal auch durch böse, wie Matth. 7. gefragt wird: „Haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt?“… Und Hieronymus sagt: „Teufel austreiben oder Prophezeien oder Wunderwirken ist bisweilen nicht das Verdienst dessen, der es tut; sondern kraft der Anrufung des Namens Jesu tut er dies, damit die Menschen Gott ehren, auf dessen Anrufung so viele Wunder geschehen.“ In der zweitgenannten Weise aber tun nur Heilige Wunder, die ja eben geschehen, um ihre Heiligkeit darzutun, sei es in ihrem Leben sei es nach ihrem Tode, durch sie selbst oder durch andere. Das Gebet stützt sich nicht auf das Verdienst, sondern auf die göttliche Barmherzigkeit; und deshalb werden auch die Gebete der bösen manchmal erhört. Darum sagt Augustinus (44. tract. in Joan.): „Jenes Wort hat der blinde gesprochen, weil er noch nicht erleuchtet war; denn Gott erhört bisweilen auch Sünder.“ Verabscheuenswert ist das Gebet des Sünders mit Rücksicht auf sein Verdienst. Bisweilen aber erreicht es das Verlangte aus Grund der Barmherzigkeit Gottes oder um des Heiles des betenden willen, wie (Lk. 18.) der Zöllner erhört worden; oder wegen des Heiles anderer und der Ehre Gottes. Der Glaube ohne Werke ist tot mit Rücksicht auf den glaubenden, der keine lebensfähigen Werke der Gnade tut. Etwas Lebendiges aber kann als Werkzeug benutzen etwas Totes, wie der Mensch einen Stock. Und so kann Gott Wunder tun auch durch Sünder. Die Wunder sind immer wahre Zeugnisse. Sonach tun böse, welche eine falsche Lehre verkünden, niemals wahrhaftige Wunder zur Bekräftigung ihrer Lehre; obgleich sie deren tun können zur Empfehlung der Kraft des Namens Christi, den sie anrufen, und kraft der Sakramente, die sie spenden. Von den bösen aber, die Wahres verkünden, werden bisweilen Wunder gewirkt zur Bezeugung der Wahrheit; nicht aber zur Bezeugung der Heiligkeit ihres Lebens. Deshalb sagt Augustinus (83 Qq. 79.): „Anders tun die Magier Wunder, anders die guten Christen und anders die bösen; die Magier durch Privatübereinkommen mit dem Teufel, die guten Christen des allgemeinen Besten halber, die schlechten unter dem Vorwande des allgemeinen Besten.“ [273]
 

81. Das beschauliche oder kontemplative Leben (vita contemplativa) und das tätige Leben (vita activa), Schönheit

Das beschauliche Leben ist Sache jener, die in erster Linie ihre Absicht auf die Betrachtung der Wahrheit richten. Die Absicht selbst aber gehört dem Willen an, der ja auf den Zweck geht. Also ist das beschauliche Leben dem Wesen nach in der Vernunft, der Wille aber gibt den Anstoß zur Tätigkeit der Vernunft, wie er ja überhaupt alle Fähigkeiten in Bewegung setzt. Nun setzt die begehrende Kraft in Tätigkeit, um etwas zu schauen, entweder ihrem sinnlichen Teile nach oder dem geistigen Willen gemäß: bisweilen nämlich aus Liebe zur geschauten Sache, weil „da dein Herz ist, wo dein Schatz ist“ (Matth. 6.); bisweilen aber um der Liebe zur reinen Kenntnis willen, welche aus dem Anschauen folgt. Deshalb setzt Gregor das beschauliche Leben in die Liebe Gottes, insoweit jemand aus Liebe zu Gott entglüht, um dessen Schönheit rein zu betrachten. [274] 
"Die Schönheit besteht in den gebührenden Verhältnissen und in einem gewissen hellen Glänze. Beides findet sich in der Vernunft, der da angehört sowohl das offenbarende Licht wie die Richtschnur für alle äusseren und inneren Verhältnisse. Dem Wesen nach also findet sich im Akte der Vernunft, somit im beschaulichen Leben, die Schönheit, so dass Sap. 8. gesagt wird von der Betrachtung der Weisheit: „Liebhaber bin ich geworden ihrer Schönheit.“ Die moralischen Tugenden aber nehmen nur teil an der Schönheit, insoweit sie an der Vernunft Anteil haben, durch die sie geregelt werden; und zumal nimmt daran teil die Mäßigkeit, welche die das Licht der Vernunft am meisten verdunkelnden Begierlichkeiten mäßigt." - Thomas von Aquin, II-II, q 180
Die Betrachtung (meditatio) besagt eine Tätigkeit der Vernunft, gemäß der sie in sich selbst das da Aufgenommene prüft, von den Prinzipien zu Schlüssen und endlich zur Anschauung der Wahrheit gelangt; und dasselbe bedeutet das Erwägen (consideratio) des heiligen Bernardus. Die Beschauung (contemplatio) ist das Anschauen der Wahrheit. Paulus meint unter dem „Forschen“ das Schließen auf die Ursache aus der Wirkung, in welcher wie in einem Spiegel die Ursache leuchtet. Deshalb sagt Augustinus, es komme dieses „speculari“ nicht von „specula“, sondern von „speculo“. (15. de Trin. 8.) Die Bewunderung ist eine Art Furcht, welche dem Auffassen einer unsere Kräfte übersteigenden Wahrheit folgt; also ist sie eine die Betrachtung hocherhabener Wahrheiten begleitende Tätigkeit. Der Mensch kommt zur Kenntnis einer Wahrheit 1. dadurch, dass er sie von einem anderen empfängt; und so ist mit Rücksicht auf das, was er von Gott erhält, notwendig das Gebet, nach Sap. 7.: „Ich habe angerufen und es kam in mich der Geist der Weisheit;“ und mit Rücksicht auf das, was von einem Menschen her empfangen wird, ist notwendig das Hören und das Lesen; 2. dadurch, dass er selbst Mühe und Anstrengung anwendet; und so ist notwendig das Nachdenken oder Betrachten. [275] 

Vorzugsweise und als an erster Stelle leitender Gegenstand steht für das beschauliche Leben da das Anschauen der göttlichen Wahrheit, des letzten Endzweckes nämlich für das ganze menschliche Leben. Deshalb sagt Augustinus (1. de Trin. 8.): „Das Anschauen Gottes wird uns verheißen als Zweck aller Tätigkeiten und als ewige Vollendung aller Freude;“ was nämlich in vollendeter Weise in der seligen Ewigkeit der Fall sein wird. Jetzt, im gegewärtigen Leben, besteht dieses Anschauen in unvollendeter Weise, im Rätsel und im Spiegel; wir sehen nicht Gott von Angesicht zu Angesicht; nur ein Beginn der Seligkeit wird uns hier geboten. Weil aber durch die sichtbaren Werke Gottes wir dazu angeleite werden, Gott zu betrachten, nach Röm. 1, 20.; deshalb gehört an zweiter untergeordneter Stelle die Betrachtung der Werke Gottes zum beschaulichen Leben, soweit wir dadurch zu Gottes Kenntnis gelangen. Darum sagt Augustinus (de vera. Relig. 29.): „In der Betrachtung der Kreatur muss man nicht eitler vergänglicher Neugier nachgehen, sondern die Geschöpfe müssen für uns Stufen sein zu Unsterblichem und Dauerndem.“ Sonach entsteht aus dem bisher Gesagten folgende Ordnung in dem, was dem beschaulichen Leben dient: 1. die moralischen Tugenden; 2. andere Tätigkeiten ausser der Betrachtung; 3. die Betrachtung der göttlichen Werke. Und dies wird dann Alles vollendet 4. durch das Schauen der göttlichen Wahrheit. David betrachtete die Werke Gottes, um dadurch zur Kenntnis Gottes zu gelangen, nach Ps. 142.: „Betrachtet habe ich in Deinen Werken und erwogen das, was Deine Hände hergestellt haben; meine Hände habe ich zu Dir ausgestreckt.“ Die Betrachtung der göttlichen Ratschlüsse führt zur Erkenntnis der Gerechtigkeit Gottes; die Betrachtung der göttlichen Wohltaten zur Anerkennung seiner Güte. Es sind dies die Stufen, um zur Betrachtung Gottes emporzusteigen: 1. das Wahrnehmen der den Sinnen zugänglichen Dinge; 2. das Fortschreiten vom Sinnlichen zum vernünftig Erkennbaren; 3. die Beurteilung und Wertschätzung der sichtbaren Dinge gemäß den vernünftig erkennbaren; 4. die Betrachtung der rein geistigen Dinge ohne Rücksicht auf das Sichtbare; 5. die Betrachtung jener rein geistigen Dinge, zu welchen man von den sichtbaren her nicht gelangt; 6. Betrachtung dessen, wozu man von den sichtbaren Dingen aus weder gelangt noch was die Vernunft begreifen kann; nämlich die erhabene Anschauung der göttlichen Wahrheit. Die letzte Vollendung der menschlichen Vernunft ist die göttliche Wahrheit; alle anderen Wahrheiten vollenden nur kraft ihrer Beziehung zu dieser. [276] 

"Der „Art“ nach ist die Vernunft die nämliche im Engel wie im Menschen; jedoch ist gemäß der engeren Gattung die des Engels weit höher wie im Menschen. Denn 1. hat die Engelvernunft gleichförmige Kenntnis, a) weil sie dieselbe nicht aus zusammengesetzten Dingen schöpft, und b) weil sie nicht erkennt durch Schließen vom Einen auf das Andere, sondern durch einfaches Anschauen oder Erfassen, was bei der Seele nicht der Fall ist. Deshalb drückt Dionysius die Kreisbewegung bei den Engeln dahin aus, dass sie gleichförmig und unaufhörlich ohne ein anderes Prinzip zu bedürfen und ohne Ende Gott schauen, wie die Kreisbewegung ohne Anfang und Ende gleichförmig um den Mittelpunkt sich wendet. Bevor aber die Seele zu dieser Gleichförmigkeit gelangt, muss eine doppelte Unähnlichkeit entfernt werden; die erste kommt von der Verschiedenheit der äusseren Dinge und mit Bezug darauf verlässt die Seele diese äusseren Dinge und „tritt zu sich selber ein von den äusseren Dingen sich entfernend;“ die zweite Unähnlichkeit kommt von der Notwendigkeit, das Eine aus dem Anderen zu schließen; und mit Bezug darauf werden alle Tätigkeiten der Seele zurückgeführt auf das einfache Erfassen und Erschauen der vernünftig erkennbaren Wahrheit, „es ist notwendig das Zusammenziehen der dem Erkennen dienenden Kräfte.“ Darin ist kein Irrtum, wie ja auch nicht geirrt wird rücksichtlich der ersten Prinzipien, welche wir ja ebenfalls, ohne zu schließen, einfach erfassen oder schauen. Darauf folgt nun in der Seele das, worin sie den Engeln ähnlich ist, sie haftet an dem einfachen Schauen Gottes, „gleichförmig gemacht und geeint in ihren Kräften wird sie nun zum Guten und Schönen geführt.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 180
„Wir wissen wenig von jenen göttlichen (rein geistigen) Dingen; aber so wenig uns davon zu erkennen gegeben ist, wegen der Höhe des Gegenstandes bereitet diese Erkenntnis mehr Wonne wie Alles bei uns auf der Erde.“- Aristoteles, 1. de partib. animal. 5
Das tätige und beschauliche Leben unterscheiden sich gemäß den Beschäftigungen der Menschen und den verschiedenen Zweckrichtungen, von denen die eine ist die Betrachtung der Wahrheit und die andere die Tätigkeit nach aussen hin. Nun sind die moralischen Tugenden nicht in erster Linie auf die Betrachtung der Wahrheit gerichtet, sondern darauf dass man tätig ist: „Wissen hilft wenig oder gar nichts zur Tugend,“ heisst es 2 Eth. 2. Also gehören alle moralischen Tugenden in das Wesen des tätigen Lebens. (10 Eth. 7.) Unter den moralischen Tugenden ist die hauptsächlichste die Gerechtigkeit, wodurch der eine zum anderen Beziehung hat. Danach wird das tätige Leben vermittelst der Beziehungen des einen zum anderen beschrieben; nicht weil darin es allein, sondern weil vorzugsweise es darin besteht. Durch die Akte aller Tugenden kann jemand dem Nächsten dienen, wenigstens durch sein Beispiel. Gebraucht jemand die moralischen Tugenden als Vorbereitung für das beschauliche Leben, so gehören sie gemäß diesem Zwecke dem beschaulichen Leben an. Richtet er sein Bestreben auf sie als auf den Zweck oder als auf etwas Gutes an sich und nicht als auf etwas dem beschaulichen Leben Dienliches, so gehören sie zum Wesen des tätigen Lebens. Aber es kann auch das ganze tätige Leben als Vorbereitung für das beschauliche betrachtet werden. [277] 

Was zweckdienlich ist, nimmt an jenem Wesenscharakter teil, welcher vom Zwecke ausgeht; wie „jener der stiehlt, um Ehebruch zu verüben, mehr Ehebrecher ist wie Dieb.“ (5 Eth 2.) Die Klugheit aber dient allen Tätigkeiten der moralischen Tugenden wie einem Zwecke; denn sie ist „der rechte maßgebende Grund für das Tätigsein“ (recta ratio agibilium). Also sind die jeweiligen Zweckrichtungen der moralischen Tugenden die Prinzipien der Klugheit. Wie also die moralischen Tugenden in jenem, der sich ihrer zum Zwecke des beschaulichen Lebens bedient, zum beschaulichen Leben gehören; so gehört die Klugheit, welche den Zwecken der moralischen Tugenden dient, zum tätigen Leben. Wird aber die Klugheit im weiteren Sinne genommen, soweit sie jede menschliche Kenntnis umfasst, so gehört sie mit Rücksicht auf einen Teil in ihr zum beschaulichen Leben; danach spricht Cicero (1. de offic.): „Wer überaus schnell und scharfsinnig das Wahre sehen und erklären kann, der wird als ein im höchsten Grade kluger und weiser angesehen.“ Die moralischen Tätigkeiten erhalten ihren Wesenscharakter vom Zwecke her. Zum beschaulichen Leben also gehört jene Kenntnis, deren Zweck die Betrachtung der Wahrheit selber ist. Die Klugheit aber, deren Zweck mehr die Tätigkeit des begehrenden Teiles ist, gehört zum tätigen Leben. Die nach aussen gerichtete Tätigkeit macht, dass der Mensch weniger sieht im Bereiche der reinen Erkenntnis; in den Dingen nämlich, die vom Sichtbaren losgelöst sind, worauf sich ja das tätige Leben richtet. Jedoch macht eine solche nach aussen gerichtete Tätigkeit, dass man klarer sieht im Urteilen über das, was zu tun ist; und dies gehört der Klugheit zu sowohl auf Grund der Erfahrung als auf Grund der geistigen Aufmerkfamkeit, da „wo du aufmerkest, da erst das innere Talent sich zeigt,“ sagt Sallust (conjur. Catil.). [278] 

"Das beschauliche Leben besteht vorzugsweise in der Betrachtung Gottes. Und mit Bezug darauf belehrt kein Engel den anderen; denn „immer schauen ihre Engel,“ sagt der Herr (Matth. 18.) von den Schutzengeln, also von denen des niedersten Chores, „das Angesicht des Vaters.“ Und so wird im künftigen Leben kein Mensch den anderen über Gott belehren; denn wir „werden alle Ihn sehen, wie er ist.“ (1. Joh. 3, 2.) Dies spricht Jeremias (31.) aus: „Nicht wird da der Mann seinen Nächsten belehren und sagen: Lerne den Herrn kennen. Denn alle werden mich kennen vom kleinsten bis zum größten.“ Mit Rücksicht aber auf die Verwaltung und Offenbarung der Geheimnisse Gottes belehrt der eine Engel den anderen, indem er ihn reinigt, erleuchtet, vollendet; und danach haben sie etwas vom tätigen Leben, so lange die Welt dauert. Die Engel nämlich sorgen für die Leitung der niederen Kreatur, wie ja Jakob die Engel herabsteigen und hinaufsteigen sah. Jedoch „gehen sie nicht in der Weise vom Anschauen Gottes aus, dass sie der Wonne der inneren Beschauung ermangelten,“ sagt Gregor. (2. moral. 2.) In den Engeln also wird nicht so das tätige vom beschaulichen Leben unterschieden wie bei uns, die wir durch die Tätigkeit nach aussen im inneren Anschauen gehindert werden. Die Ähnlichkeit mit den Engeln aber wird uns nicht verheißen mit Rücksicht auf die Leitung der niederen Kreatur, die uns nicht gebührt, wie sie der Natur der Engel gebührt; sondern mit Rücksicht auf das selige Schauen. Dass hier auf Erden das tätige Leben mehr Dauer hat wie das beschauliche, kommt von der Ohnmacht und Schwäche unserer Vernunft, die nicht lange es bei der reinen Betrachtung hoher Wahrheiten aushält; was Gregor sogleich hinzufügt." - Thomas von Aquin, II-II, q 181
Das beschauliche Leben ist schlechthin besser wie das tätige; wenn auch mit Rücksicht auf besondere Fälle dieses bisweilen vorzuziehen ist. Dafür werden (10 Eth. 7.) acht Gründe angeführt: 1. Das beschauliche Leben kommt dem Menschen zu gemäß dem Besten, was im Menschen ist, nämlich nach der Vernunft und gemäß den besten Gegenständen; während das tätige Leben sich mit den äusseren vergänglichen Dingen befasst. Deshalb stellt Rachel, was bedeutet „das geschaute Prinzip“, das beschauliche Leben vor; Lia aber, welche blöden Auges war, das tätige Leben. 2. Das beschauliche Leben ist an sich mehr andauernd, wenn es auch nicht immer auf der höchsten Spitze der Betrachtung verbleibt; und danach „saß Maria“ d. i. das beschauliche Leben, „beständig zu den Füßen des Herrn.“ . 3. Die Wonne des beschaulichen Lebens ist größer, weshalb Augustinus sagt (de verb. Dom. serm. 26.): „Martha war verwirrt, Maria dagegen beim Gastmahle.“ 4. Das beschauliche Leben ist für sich allein mehr ausreichend, es hat weniger Bedürfnisse; weshalb der Herr sagt: „Martha, Martha, du verwirrst dich um vielerlei Dinge und bist bekümmert.“ 5. Das beschauliche Leben wird mehr um seiner selbst willen geliebt; das tätige um Anderes willen. Deshalb heisst es im Ps. 26.: „Eine Bitte habe ich an den Herrn gestellt; sie werde ich erlangen, dass ich wohne im Hause Gottes alle Tage meines Lebens und schaue die Freude des Herrn.“ 6. Das beschauliche Leben besteht in einer gewissen muße und Ruhe: „Ruhet aus und sehet, dass ich der Herr bin.“ (Ps. 45.) 7. Das beschauliche Leben ähnelt mehr Gott; weshalb Augustinus (de verb. Dom. 27.) sagt: „Im Anfange war das Wort: Siehe, was Maria hörte. Das Wort ist Fleisch geworden: Siehe, wem Martha diente.“ 8. Das beschauliche Leben ist mehr dem Menschen als solchem eigen, nämlich insoweit er eine vernünftige Seele hat; während an den Tätigkeiten des tätigen Lebens auch die niederen Kräfte, in denen wir mit den Tieren übereinkommen, Anteil haben. Deshalb fügt Ps. 35, nachdem er gesagt: „Menshen und Tiere wirst Du retten, Herr,“ hinzu das, was den Menschen allein eigen ist: „In Deinem Lichte werden wir Licht sehen.“ Den neunten Grund fügt der Herr selbst hinzu: „Den besten Teil hat Maria erwählt, der nicht wird von ihr genommen werden.“ Augustinus bemerkt dazu: „Du hast keinen schlechten Teil erwählt, diese aber einen besseren. Höre, warum besser: Er wird nicht von ihr genommen werden: Von dir wird einst genommen werden die Last der Notwendigkeit; ewig ist die Süßigkeit der Wahrheit.“ Erfordern es aber die Bedürfnisse des Lebens, so kann das tätige Leben besser sein. „Besser ist es,“ bemerkt Aristoteles (3 Topic. 2.), „zu philosophieren als um Geld zu arbeiten; um Geld arbeiten aber ist besser für den, der notleidet.“ Die Vorsteher der Kirche müssen auch im beschaulichen Leben hervorragend sein. Deshalb sagt Gregor (Past. part. 2. cap. l.): „Sei der Vorsteher in vorzüglichem Maße tätig, mehr als alle aber in der Betrachtung beständig.“ Das beschauliche Leben besteht in einer gewissen Freiheit des Geistes. Denn Gregor sagt (hom. 3. in Ezech.): „Das beschauliche Leben schreitet hindurch bis zu einer gewissen Freiheit des Geistes, nicht an das Zeitliche denkend, sondern auf das Ewige gerichtet.“ Und Boëtius (5. de Consol. 3.): „Der menschliche Geist ist notwendig freier, wenn er sich im Forschen nach Göttlichem aufhält, als wenn er zu Körperlichem hinabsteigt.“ Nicht also direkt oder unmittelbar schreibt das tätige Leben dem beschaulichen vor, sondern insoweit es zum beschaulichen Leben hin vorbereitet, schreibt es einige Tätigkeiten des beschaulichen Lebens vor, worin es diesem viel mehr dient, als es beherrscht. Somit sagt Gregor mit Recht: „Das tätige Leben wird Knechtschaft, das beschauliche Freiheit genannt.“ [279] 
"Da die Wurzel des Verdienstes die heilige Liebe ist, hauptsächlich aber die heilige Liebe in der Liebe Gottes besteht und somit es an sich verdienstvoller ist, Gott zu lieben wie den Nächsten, so ist das mehr verdienstvoll, was sich unmittelbarer auf die Liebe Gottes bezieht, wie das, was sich um der Liebe Gottes willen auf die Nächstenliebe richtet. Das beschauliche Leben, „diese heilige Ruhe, aber wird unmittelbar gesucht von der Liebe der (göttlichen) Wahrheit“ (Augustinus), mit der sich am reinsten das Betrachten beschäftigt. Also ist das beschauliche Leben an sich verdienstvoller wie das tätige, das sich (Lk. 10.) mehr „auf den sorgsamen Dienst“ des Nächsten richtet. Dies drückt Gregor mit den Worten aus (3. in Ezech.): „Das beschauliche Leben ist mit Recht hervorragender wie das tätige; denn dieses müht sich ab in den Bedürfnissen des gegenwärtigen Lebens, worin man nämlich dem Nächsten zu Hilfe kommen kann; jenes aber hat bereits einen inneren Vorgeschmack der zukünftigen Ruhe.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 182

"Die da von Natur zu Leidenschaften geneigt sind, haben mehr Anlage zum tätigen Leben wegen der Unruhe in ihrer Natur und wegen des Ungestüms in ihren Leidenschaften. In diesem Sinne sagt Gregor (6. moral. 17.): „Manche sind in dem Grade unruhig, dass, wenn sie von ihren Arbeiten muße haben, sie schwerer arbeiten; denn sie erleiden um so schlechteren Lärm in ihrem Herzen, je mehr sie Zeit haben für ihre Gedanken.“ Andere sind von Natur ruhigeren Geistes und somit mehr für die Beschaulichkeit veranlagt; würden sie ganz und gar zu Arbeiten verwendet, so möchten sie schweren Nachteil leiden. Deshalb fügt Gregor hinzu: „Andere Menschen haben einen so ruhigen Geist, dass, wenn sie arbeitsvolle Beschäftigung, haben, sie gleich im Anfange unterliegen… Jedoch auch träge Gemüter regt die Liebe zur Arbeit an und unruhige Herzen zügelt in der Betrachtung die Furcht.“ Demnach können auch jene, welche von Natur mehr Anlage für das tätige Leben haben, durch die Übung in guten Werken zum beschaulichen Leben vorbereitet werden; und ebenso jene, die von Natur mehr für das beschauliche veranlagt sind, können in äusseren Werken sich üben, damit sie dann um so mehr zur Beschaulichkeit geneigt seien." Ib.
 

82. Stände, Schönheit der Kirche

Der „Stand“ bezieht sich auf Freiheit oder Knechtschaft. Nun kann die geistige Freiheit oder Knechtschaft entweder von seiten des Innerlichen erwogen werden oder von seiten des Äusserlichen, auf die Menschen Bezüglichen. In der ersten Weise wird der geistige Stand im Menschen bemessen nach dem Urteile Gottes, der „in das Herz schaut“ (1. Kön. 16, 7.); in der zweiten mit Rücksicht auf die Kirche. Und so sprechen wir jetzt von den verschiedenen Ständen, insoweit darauf eine gewisse "Schönheit der Kirche" sich gründet. [280] 

Sowohl den Bischöfen wie den Ordensleuten kommt die Verpflichtung zur Vollkommenheit zu und zwar eine mit besonderer Feierlichkeit eingegangene. Denn die Ordensleute entsagen durch Gelübde gewissen weltlichen Dingen, deren Gebrauch sonst erlaubt ist, damit sie mehr muße für die Betrachtung und den Dienst Gottes gewinnen; worin die Vollkommenheit des Lebens besteht. Deshalb sagt Dionysius, von den Ordensleuten sprechend: „Die einen nennen sie Diener Gottes auf Grund des reinen unvermischten Dienstes Gottes; die anderen nennen sie Mönche auf Grund des unteilbaren und einzigen, nämlich von den anderen geschiedenen Lebens, das sie infolge heiliger Betrachtungen des Unteilbaren mit der göttähnlichen Einheit und von Gott geliebten Vollkommenheit vereint.“ Deren Verpflichtung zu solchem Leben geschieht durch die Feierlichkeit des Einsegnens und der Prozeß: „Deshalb schenkt ihnen die heilige Gesetzgebung vollendete Gnade und würdigt sie einer gewissen heiligenden Anrufung.“ Die Bischöfe verpflichten sich ebenso zu dem, was der Vollkommenheit entspricht; indem sie das Hirtenamt übernehmen, dessen Pflicht es ist, „dass der Herr sein Leben gibt für seine Lämmer.“ (Joh. 10, 15.) Es besteht auch da also eine gewisse Feierlichkeit der Weihe, nach 2. Tim. 1.: „Erwecke die Gnade Gottes, welche in dir sich findet kraft der Auflegung meiner Hände.“ Und Dionysius sagt (eccl. hier. 5.): „Der Hohepriester (d. i. der Bischof) bekommt bei seiner Weihe die heilige Schrift aufs Haupt gelegt in heiligster Weihe; damit dadurch bezeichnet werde, er nehme an der ganzen Kraft der heiligen Herrschaft teil und er sei nicht allein dazu bestimmt, alle zu erleuchten durch heilige Reden und Handlungen), sondern auch, die heilige Gewalt auf andere zu übertragen.“ Das Anfangen und Fortschreiten wird nicht wegen seiner selbst erstrebt, sondern wegen der Vollendung. Also nur zum Stande der Vollendung werden einzelne Arten Menschen feierlich verpflichtet. In den Stand der Vollkommenheit treten Menschen nicht um da mit auszudrücken, sie seien vollkommen, sondern, sie wollen nach Vollkommenheit streben, wie der Apostel sagt (Phil. 3.): „Nicht als ob ich bereits am Ziele wäre oder vollkommen sei, ich folge aber, ob ich nicht irgendwie an das Ziel komme… wer auch immer unter uns vollkommen ist, der sei dieser Ansicht.“ Nur also jener heuchelt oder lügt, der in den Stand der Vollkommenheit eintritt und nicht nach derselben strebt; nicht aber jener, der im Stande der Vollkommenheit wohl sich findet, jedoch tatsächlich noch unvollkommen ist. Manche christlichen Kirchen haben haben ihre Aufgabe "die heilige Gewalt auf andere zu übertragen“ etwas fehlgedeutet, wenn sie in Deutschland neuerdings islamische Seelsorger ausbilden wie den Imam Sagir, "Vertreter eines sunnitisch-konservativen Mainstream-Islams", der "bei einer christlichen Kirche eine Ausbildung als Telefonseelsorger absolviert" hat. Auch wenn der Islam nicht zu Deutschland gehört, "Der Islam gehört in Deutschland zum Gefängnisalltag." Dasselbe gilt natürlich für andere EU-Länder auch; Attentäter aus Frankreich und Belgien sind erst im Gefängnis zu Extremisten geworden; hier helfen allerdings nicht Imame weiter, sondern christliche Seelsorger. Denn Augustinus sagt (19. de civ. Dei 19.) „in der Weise soll getragen werden die Last des Hirtenamtes, dass nicht beiseite bleibe die Freude an der Wahrheit.“  [281] 

Bei den Seelsorgepriestern muss unterschieden werden die Weihe oder Rangstufe selbst und die Seelsorge. Durch die Weihe werden sie ermächtigt, im göttlichen Dienste am Altare ein Amt mit einer bestimmten Tätigkeit zu versehen. Danach also erhalten sie ein Amt und können heilige Handlungen vornehmen. Also ist mit dem Priestertume an und für sich oder schlechthin nicht der Stand der Vollkommenheit gegeben, obgleich eine gewisse innere Vollkommenheit dazu gehört, um würdig das heilige Amt zu versehen. Auch mit der übertragenen Seelsorge erscheint der Stand der Vollkommenheit nicht verbunden. Denn die Priester werden nicht durch das Band eines beständigen Gelübdes dazu verpflichtet, die Seelsorge beizubehalten; sie können auf selbige verzichten entweder indem sie, auch ohne Erlaubnis des Bischofes, in einen Orden treten (decr. 19 Qq. 2. cap. duae sunt) oder, mit der Erlaubnis des Bischofes, eine andere Stelle ohne Seelsorge übernehmen; was nicht freistände, wenn sie im Stande der Vollkommenheit lebten. Denn „niemand, der die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist passend für das Himmelreich.“ (Lk. 9.) Die Bischöfe aber dürfen nur mit Erlaubnis des Papstes, der in lebenslänglichen Gelübden dispensieren kann, auf ihr Bistum verzichten, denn sie sind im Stande der Vollkommenheit; und zwar müssen sie durch stichhaltige Gründe zum Verzichtleisten bewogen worden sein. (Kap. 185) Nur also die Bischöfe sind im Stande der Vollkommenheit. Über Priester und Bischof können wir 1. sprechen mit Rücksicht auf den Namen; und danach wurde ehemals kein Unterschied gemacht zwischen beiden. Denn „Bischöfe“ will sagen: Aufsicht führende (Augustinus 19. de civ. Dei 19.); und „Priester“: die Älteren. Deshalb gebraucht auch der Apostel den Namen „Priester“ für beide, wenn er 1. Tim. 6. sagt: „Die da gut vorstehen als Priester sind doppelter Ehre würdig;“ und ähnlich tut er mit dem Namen „Bischöfe“, wie er Act. 20. sagt: „Gebet acht auf euch und auf die gesamte Herde, in welcher euch der heilige Geist als Bischöfe aufgestellt hat zu leiten die Kirche Gottes.“ Der Sache nach aber bestand immer ein Unterschied zwifchen Bischof und Priester, auch zur Zeit der Apostel, wie oben aus Dionysius (5. de eccl. hier.) hervorgeht und wie zu Lk. 10. (post haec autem designavit) Beda sagt: „Wie die Apostel die Bischöfe vorstellen, so die zweiundsiebzig Jünger die Priester, nämlich die zweite kirchliche Rangstufe.“ Damit jedoch Verwirrung vermieden werde, war es später notwendig, auch die Namen streng voneinander zu scheiden. Sagen aber, die Priester seien nicht unterschieden von den Bischöfen, ist nach Augustinus Häresie (de hares. nr. 53.); es behaupteten dies die Aërianer (andere cod. Arianer), zwischen Bischof und Priester sei kein Unterschied. Den Bischöfen liegt in erster Linie die Sorge für die Seelen in ihrer ganzen Diöcese ob; die Pfarrer und Erzdiakone haben, den Bischöfen untergeordnet, einen von diesen abgegrenzten Umkreis zu verwalten. Deshalb sagt zu 1. Kor. 22. (Alii opitulationes, alii …) die Glosse: „Opitulationes d. h. Hilfeleistungen; das geht jene an, welche den höheren Vorstehern helfen, wie Titus dem Apostel, die Erzdiakone den Bischöfen; gubernationes d. h. Leitung; das geht die geringeren Vorgesetzten an, wie die Priester, welche unmittelbar dem Volke zugeteilt sind.“ Und Dionysius schreibt (5. eccl. hier.): „Wie wir die gesamte heilige Herrschaft in Jesu abgeschlossen sehen, so für die einzelnen Verwaltungen im eigenen von Gott verordneten Bischöfe.“ Decr. 16 Qq. 1. cap. Cunctis heisst es deshalb: „Alle Priester und Diakonen haben dafür zu sorgen, dass sie nichts ohne Erlaubnis des eigenen Bischofs tun.“ Die Pfarrer etc. haben nicht an leitender Stelle die Seelsorge, sondern es ist ihnen eine gewisse beschränkte Verwaltung nur vom Bischöfe anvertraut; und somit liegt ihnen auch nicht vorzugsweise die Hirtensorge ob und sind sie nicht verpflichtet, für die ihnen anvertraute Herde ihr Leben einzusetzen, ausser soweit sie an der Seelsorge Anteil haben. Sie haben also ein Amt, das zur Vollkommenheit Beziehung hat, nicht aber sind sie im Stande der Vollkommenheit. Dennoch können die Seelsorger, die "Diener Christi und die Verwalter der Geheimnisse Gottes“ wohl kaum Muslime, also die Feinde des Christentum, durch eine Art Seelsorge, in ihrer Christus-feindlichen Haltung bestärken,  was nichts anderes wäre als "Übles tun." [282] 

Eine solche Prüfung des Vorranges kann nur von jener Seite her statthaben, nach welcher hin die betreffenden Dinge voneinander verschieden sind; und nicht in dem, worin sie übereinkommen. Nun muss man bei den Seelsorgepriestern beachten den Stand, die Weihe und das Amt. Zum Stande gehört es, dass sie Personen sind, die in der Welt und nicht im Kloster leben; zur Weihe, dass sie Priester sind; zum Amte, dass sie Seelsorge haben. Nehmen wir also einen an, der dem Stande nach Ordensmann, der Weihe nach Priester, dem Amte nach Seelsorger ist, wie dieser Fall bei manchen Regularpriestern eintritt; so wird er mit Bezug auf den ersten Punkt höher stehen, im übrigen wird er den anderen gleich sein. Stellt sich aber der Unterschied so, dass der erste mit dem zweiten in der Weihe übereinkommt, und nicht im Stande und im Amte, wie die Ordensleute, die Priester sind, jedoch keine Seelsorge haben; so werden beide rücksichtlich der Weihe gleich sein, rücksichtlich des Amtes aber wird der eine tiefer und rücksichtlich des Standes höher stehen. Um schlechthin also zu urteilen, muss erwogen werden, was von beiden höher ist: der Stand oder das Amt. Das hängt nun ab vom Charakter des Guten und von dem des Schwierigen. Von seiten des Guten steht offenbar der Ordensstand höher wie das Seelsorgeamt. Denn die Ordensperson widmet ihr ganzes Leben dem Streben nach Vollkommenheit; der Seelsorgepriester aber widmet nicht wie der Bischof sein ganzes Leben der Sorge für die Seelen und auch nicht kommt ihm wie dem Bischofe die Hauptseelsorge zu, sondern einzelne beschränkte Obliegenheiten sind ihm anvertraut. Und deshalb heisst es (19 Qq. I. cap. 1.): „Den Klerikern, welche den Vorsatz haben, Mönch zu werden, soll seitens der Bischöfe der Eintritt in einen Orden ohne Schwierigkeit gestattet werden; denn sie begehren nach einem besseren Leben.“ Jedoch muss dieser Vergleich berücksichtigt werden gemäß der „Art“ des betreffenden Werkes. Was die Person betrifft, so kann der einzelne Seelsorgepriester bisweilen höhere Liebe in sich tragen und somit verdienstvoller wirken wie eine Ordensperson, die nicht so hohe Liebe zu Gott in sich trägt. Wird jedoch auf die Schwierigkeit Rücksicht genommen, so ist es schwerer, in der Seelsorge tugendhaft zu leben wie im Kloster auf Grund der äusseren Gefahren; wogegen andererseits die Schranken der Ordensregel eine besondere Schwierigkeit bilden für die Ordensperson und danach der „Art“ des betreffenden Werkes nach der Ordensstand schwieriger ist. Ermangelt aber, wie dies z. B. bei den Laienbrüdern der Fall ist, eine Ordensperson der priesterlichen Weihe, so ragt offenbar der Charakter der Weihe mit Rücksicht auf die Würde weit über den Ordensstand hervor. Denn durch die heilige Weihe wird einer zu überaus hohen Dienstleistungen zugelassen, vermittelst deren man Christo selbst im Altarssakramente dient. Dazu aber ist größere Heiligkeit im Innern erfordert als der Ordensstand solche für sich verlangt. „Der Mönchsstand nämlich muss den priesterlichen Weihen folgen und in deren Nachahmung zu Göttlichem aufsteigen,“ sagt Dionysius. (6. de eccl. hier.) Schwerer also sündigt ein Geistlicher, der kraft der heiligen Weihen zum Dienste des Altars zugelassen ist, wenn er etwas gegen die Heiligkeit tut; wie eine Ordensperson, die nicht die heiligen Weihen hat; obgleich letztere zur Beobachtung der besonderen Ordensregel verpflichtet ist, wozu Geistliche nicht verpflichtet sind. Chrysostomus spricht in diesem ganzen Buche von der bischöflichen Würde; er tröstet darin sich und den Basilius, weil sie beide zu Bischöfen erwählt worden waren. Doch abgesehen davon kann man auch sagen, er spreche von den mit dem Priesteramte verbundenen Schwierigkeiten. Denn er schickt voraus (cap. 6.): „Wenn der Steuermann mitten in den Meeresfluten sein Schiff aus dem Sturme zu retten vermag, dann wird ihm mit Recht das Zeugnis eines guten Steuermannes zu teil.“ Und er schliesst nachher: „Der Mönch ist nicht zu vergleichen mit jenem, der mitten im Volke lebend fest und unverrückbar bleibt. Denn dieser letztere hat sich ebensogut zu lenken gewusst in der inneren Ruhe wie mitten im Sturme.“ Daraus geht nur hervor, dass das Priesteramt gefahrvoller ist wie der Mönchsstand. In der größeren Gefahr aber standhaft bleiben ist das Zeichen vollendeterer Tugend. Jedoch zeigt dies ebenfalls eine gewisse Größe der Tugend an, dass jemand um die Gefahren zu meiden, in den Ordensstand eintritt. Deshalb sagt Chrysostomus nicht, er wolle lieber im Priesteramte sein wie in der Einsamkeit der Mönche; sondern, er wolle lieber Gott gefallen in jenem wie in dieser, weil dies ein Beweis größerer Tugend ist. Auch Augustinus spricht von der Größe der Schwierigkeiten im Priesteramte und somit von der größeren Tugend, die notwendig ist, um es gut zu verwalten. In dieser Stelle vergleicht Augustinus Mönche und Geistliche mit Rücksicht auf die Weihe, die ersteren als solchen fehlt; nicht mit Rücksicht auf den Stand, resp. auf das Amt. Wer aus den Ordensleuten zur Seelsorge berufen wird, erreicht etwas, was er früher noch nicht hatte; nämlich das seelsorgerliche Amt, und verliert nicht das, was er hatte, nämlich den Ordensstand: „Werden solche, die lange Zeit in einem Orden zugebracht haben, nachher mit der Seelsorge betraut, so bestimmen wir hiermit, dass sie ihren bisherigen Stand nicht verlassen sollen.“ Die Seelsorger aber, welche in den Ordensstand treten, verzichten auf das Seelsorgeamt, um einem vollkommeneren Stande sich zuzuwenden. Damit also selbst ist der Vorrang des Ordensstandes bezeugt. dass aber Ordensleute, die Laien sind, zu den heiligen Weihen zugelassen werden, ist offenbar ein Fortschreiten zu etwas Besserem, was die Worte des Hieronymus anzeigen: „So lebe im Kloster, dass du verdienest, Geistlicher zu werden.“  [283] 

"Die Verteilung der geistigen Nahrung soll nicht nach dem Gutdünken eines jeden geschehen; sondern in erster Linie gemäß dem Willen Gottes und dann gemäß dem Willen des Vorgesetzten: „So sollen uns die Menschen erachten,“ heisst es 1. Kor. 4. „wie die Diener Christi und die Verwalter der Geheimnisse Gottes.“ Jener also verbirgt nicht die geistige Nahrung, der sich nicht eigenmächtig hinzudrängt zu geistlichen Würden; sondern derjenige, der die Pflichten des ihm übertragenen Amtes vernachlässigt oder ein Amt hartnäckig zurückweist, das ihm unter Gehorsam angetragen wird. Deshalb sagt Augustinus: „Nach der heiligen Muße trachtet die Liebe zur Wahrheit; ein rechtmäßig übertragenes Amt nimmt an die Notwendigkeit, welche der Liebe entfließt. Legt diese Last niemand auf, so soll man der Erfassung und Betrachtung der Wahrheit sich zuwenden; wird sie aufgelegt, so soll man sie tragen wegen der Notwendigkeit, die von der Liebe kommt.“ - Thomas von Aquin, II-II, q 185
Schlechthin gesprochen ist allerdings das beschauliche Leben besser wie das tätige und steht die Liebe Gottes höher wie die des Nächsten. Andererseits aber ist das Wohl des Ganzen oder der Vielheit vorzuziehen dem Wohle eines einzelnen. Zudem gehört dies selber zur Liebe Gottes, dass jemand seine Vorsorge den Lämmern Christi widmet. (Vgl. oben Augustinus.) Auch gehen die Bischöfe nicht zum tätigen Leben so über, dass sie das beschauliche verlassen; sondern „in der Weise soll getragen werden die Last des Hirtenamtes, dass nicht beiseite bleibe die Freude an der Wahrheit,“ sagt Augustinus. (19. de civ. Dei 19.) [284] 

Von seiten dessen, der auswählt oder vorschlägt, ist erfordert, "dass der von ihm erkorene treu und pflichtgemäß die göttlichen Geheimnisse zu verwalten fähig sei und zwar zum Nutzen der Kirche, nach 1. Kor. 14.: „Um die Kirche zu erbauen, suchet nach überfließender Tugend und Wissenschaft.“ Nun wird die Verwaltung der göttlichen Geheimnisse den Menschen nicht anvertraut als eine Belohnung, welche sie für die Zukunft zu erwarten haben. Wer also einen Bischof ernennen soll, der hat nicht notwendig, den schlechthin besseren zu nehmen, was dem Grade der heiligen Liebe entsprechen würde; sondern jenen, der zur Regierung der Kirche am geeignetsten ist, der also am besten andere unterrichten und beschützen kann. Deshalb sagt Hieronymus zu Tit. 1. (et constituas): „Manche suchen nicht jene in der Kirche als Säulen aufzurichten, die se als der Kirche nützlicher erkennen; sondern die von ihnen in höherem Grade geliebt werden oder die ihnen Dienste geleistet oder für welche Höhere Fürbitte eingelegt haben und damit ich Schlimmeres übergehe, die mit Geschenken es erreichten, dass sie die Weihen erhielten.“ [285] 

Die bischöfliche Vollkommenheit besteht in der Verpflichtung, aus Liebe zu Gott für das Heil der Mitmenschen zu sorgen. So lange also ist jemand verpflichtet, die bischöflichen Sorgen zu behalten, als er dem Heile der Mitmenschen nützlich sein kann. Diese Sorge darf der Bischof nicht beiseitelassen wegen der heiligen Muße göttlicher Betrachtung, nach Phil. 1.: „Siehe, was ich erwählen soll, weiß ich nicht; denn von zwei Seiten werde ich in die Enge getrieben. Einerseits nämlich habe ich das Verlangen, aufgelöst zu werden und mit Christo zu sein, und dies ist das bei weitem Bessere; im Fleische aber zu verbleiben, ist notwendig wegen euch; und das vertraue ich und weiß ich, dass ich bleiben werde.“ Also trug der Apostel es geduldig, dass für ihn die selige Anschauung verschoben würde, weil die ihm untergebenen seiner bedurften. "Auch darf der Bischof sich der bischöflichen Sorge nicht entziehen, um was immer für Übel zu meiden; denn „ein guter Hirt setzt sein Leben ein für seine Schafe.“ bisweilen aber wird der Bischof gehindert, für das Heil der Mitmenschen zu sorgen; 1. wegen seiner eigenen Fehler und zwar a) wegen seiner Fehler in der Seele, wie wenn er Mörder ist oder simonistisch; b) am Körper, wie wenn er alt ist oder krank; c) in der Wissenschaft, wenn er nicht das Notwendige für die Leitung der Seelen weiß; d) wegen Irregularität." [286] 

"Wird jedoch in der Abwesenheit des Hirten genügend für das Wohl der Herde gesorgt, so darf, wenn der ihm anvertrauten Herde ein zeitlicher Nachteil droht oder seine eigene Person in Gefahr ist, er die Herde verlassen. Deshalb sagt Augustinus (ep. 228. ad Honoratum): „Es mögen von einer Stadt in die andere die Knechte Christi fliehen, wenn einer von ihnen insbesondere von den Verfolgern gesucht wird; damit die betreffende Kirche nicht die anderen verliere, die man nicht in dieser Weise sucht. Droht aber allen eine gemeinsame Gefahr, so dürfen jene, welche der anderen bedürfen, nicht verlassen werden von denen, welcher sie bedürfen.“ Denn „ist es bereits verderblich, wenn bei vollständiger Meeresruhe der Steuermann das Schiff verlässt, um wie viel mehr, wenn dies mitten in der Sturmgefahr geschieht.“ (7 Qq. 1. cap. Sciscitaris von Papst Nikolaus I.)"  - Thomas von Aquin, II-II, q 185
Nicht allein die Opfer und heiligen Gebräuche und Ähnliches gehören zur Tugend der Religion oder Gottesverehrung (vgl. Kap. 81), sondern alle Tugendtätigkeit, soweit sie auf Gottes Dienst und Gottes Ehre bezogen wird. Bringt also jemand sich und sein ganzes Leben Gott dar, so gehört sein ganzes Leben zur Tugend der Religion oder zur nächsten Beziehung auf Gott; und danach werden die „Religiosen“ so genannt auf Grund des religiösen Lebens, das sie führen, und sind sie in dieser Weise im Stande der Vollkommenheit; was auf die "Religiösen" des Islams, Imame, Großmuftis etc. allerdings nicht zutrifft. [287] 
"Wie jeder den Herrn unseren Gott gemäß dem Gebote von ganzem Herzen lieben muss, es aber eine solche Liebe gibt, welche ohne schwere Sünde nicht beiseite gelassen werden darf, und auch eine solche Liebe, welche ohne schwere Sünde ganz wohl beiseite gelassen werden darf, wenn nur keine Verachtung damit verbunden ist (Kap. 184); so sind alle, sowohl Welt- wie Ordensleute, in gewisser Weise gehalten, zu tun, was Gutes sie tun können; denn allen wird gesagt Ekkle. 9.: „Was auch immer deine Hand tun kann, das tue mit Eifer.“ Es gibt aber eine gewisse Art und Weise, dieses Gebot zu erfüllen, wodurch die schwere Sünde vermieden wird, insofern nämlich der Mensch tut, was er gemäß seinen Verhältnissen tun muss; wenn nur nicht damit die Verachtung des Besseren verbunden ist, wodurch der Geist sich hartnäckig weigert, weiter im Guten fortzuschreiten." - Thomas von Aquin, II-II, q 186
Ambrosius (1. de offic. 30.) sagt: „Der Herr will nicht, nämlich unter der Verpflichtung eines Gebotes, dass man all seinen Besitz auf einmal verteilen soll, sondern man soll ihn gut verwalten; ausser etwa wie Elisäus tat, der seine Ochsen tötete und mit dem, was er hatte, die armen speiste, damit er durch keine häusliche Sorge mehr beengt werde.“ Denn voll Begier, reich zu sein, und doch tatsächlich arm, stürzen solch unfreiwillige arme in viele Sünden, nach 1. Tim. ult.: „Die da reich werden wollen, fallen in Versuchungen und in die Fallstricke des Teufels.“ Auch keine körperliche Gefahr folgt für jene, welche um Christo zu folgen Allem entsagen und sich der göttlichen Vorsehung überlassen. Deshalb sagt Augustinus (2. de serm. Dom. in monte 17.): „Denen, welche zuerst das Reich Gottes suchen und seine Gerechtigkeit, soll sich nicht der Kummer nahen, es könnte ihnen das Notwendige fehlen.“ Die rechte Mitte wird gemäß der gesunden Vernunft bemessen. Wer also z. B. durch Unmäßigkeit oder nutzlos all sein Eigentum durchbrächte, der würde damit nichts Tugendhaftes vollbringen. Dies aber entspricht der gesunden Vernunft, dass jemand auf seinen Besitz verzichtet, um der Betrachtung der Weisheit sich zu widmen; was ja selbst einige Philosophen taten. Denn so berichtet Hieronymus (ad Paulinum): „Als der Philosoph Crates, der sehr reich war, nach Athen ging, um da die Weisheit zu lernen, warf er eine schwere Masse Goldes von sich; da er meinte, er könnte nicht zugleich reich sein und die Tugenden besitzen.“ Um so mehr also darf der Christ Alles verlassen, um Christo zu folgen: „Nackt folge dem nackten Christus!“ rief Hieronymus dem Mönche Rustikus zu. [288] 

Nicht aus Trauer oder aus Notwendigkeit sollen wir Gott dienen,“ nach 2. Kor. 9. Was aber aus Gehorsam getan wird, das geschieht nicht aus freiem Entschluß, nicht gern; sondern aus Notwendigkeit. Also Gott angenehmer sind die Werke, die jemand gern, aus freien Stücken macht; und somit ist mit dem Gegenteil keine Vollkommenheit verbunden. Auf der anderen Seite besteht die christliche Vollkommenheit zumal in der Nachfolge Christi, nach Matth. 19, 20.: „Wenn du willst vollkommen sein… folge mir.“ In Christo aber wird der Gehorsam hervorgehoben, nach Phil. 2.: „Er ward gehorsam bis zum Tode.“ [289] 

Jerem. 23.: „In den Propheten Jerusalems sah ich Ähnlichkeit mit Ehebrechern und den Weg der Lüge; sie kräftigten die Hände der schlechtesten, dass keiner bekehrt werde von seiner Bosheit.“ Sündigt aber die Ordensperson nicht aus Verachtung, sondern aus Schwäche oder Unkenntnis, und im verborgenen, also ohne Ärgernis; so ist ihre Sünde leichter als die entsprechende einer Weltperson. Denn eine solche Sünde wird gleichsam aufgezehrt durch das viele Gute, was die Ordensperson sonst tut; und ist es eine Todsünde, so steht die Ordensperson schneller von ihrem Falle auf. Denn 1. ist sie geübt in der geraden Absicht auf Gott hin, so dass, wenn diese auch wirklich für einen Augenblick unterbrochen wird, sie doch leicht wiederherzustellen ist. Deshalb sagt zu Ps. 36. (cum ceciderit) Origenes: „Wenn der gottlose fällt, so bereut er nicht und weiß nicht seine Sünde gutzumachen; der gerechte weiß sich zu bessern." [290] 
 

83. Orden (religio institui) 

Augustinus schreibt an Bonifacius: „Glaube ja nicht, jeder, welcher die Waffen führt, missfalle Gott! David war heilig; und doch hat seinen Kämpfen Gott selbst sein Zeugnis nicht versagt.“ Dazu aber sind die Orden gegründet, dass die Menschen Gott gefallen. Also nichts steht dem entgegen, dass ein Orden zum Zwecke habe den Kriegsdienst. Die Orden können zum Zwecke haben die Werke des tätigen Lebens, insoweit diese dem Beistande des Nächsten dienen; nicht aber, um etwas Weltliches zu erreichen. Nun kann durch den Kriegsdienst nicht allein Privatpersonen beigestanden werden, sondern auch dem ganzen Gemeinwesen, wie 1. Makk. 3. es von Judas Makkabäus heisst: „Er kämpfte den Kampf Israels mit Freuden; und Gott dehnte aus des Volkes Ruhm.“ Auch kann ein solcher Kriegsdienst zum Zwecke haben die Aufrechthaltung des göttlichen Kultes, wonach Judas sprach: „Wir wollen kämpfen für unsere Seelen und für unsere Gesetze;“ und Simon (cap. 13.): „Ihr wisst es, wie Vieles ich und meine Brüder und das Haus meines Vaters getan haben für die Gesetze; wie viele Kämpfe wir durchgefochten haben für unser Heiligtum.“ Also kann ganz gut ein Orden für den Kriegsdienst gegründet werden; der aber dann nichts Weltliches erreichen, sondern die öffentliche Gottesverehrung, das Wohl des Vaterlandes, die armen und bedrückten verteidigen will, nach Ps. 81.: „Errettet den armen und befreiet den bedürftigen aus den Händen des Sünders.“  Die der eigenen Person als solcher angetanen Beleidigungen leicht verzeihen, ist etwas Vollkommenes; das den anderen angetane Unrecht geduldig tragen, ist etwas Unvollkommenes oder auch Sünde, wenn jemand geziemlicherweise dies hindern kann. Deshalb sagt Ambrosius (1. de offic. 27.): „Die Stärke, welche im Kriege das Vaterland vor den Barbaren schützt oder zu Hause schwache Freunde vor Räubern, ist vollgültige Gerechtigkeit, wie ja auch der Herr da ausdrücklich sagt: „Was dein ist, das fordere nicht zurück.“ Der Mensch nämlich kann lobenswerterweise schenken was ihm gehört; aber wenn er, sobald dies ihn angeht, nicht zurückfordert was den anderen gehört, so sündigt er. Und noch weniger darf man vernachlässigen das, was Gottes ist; denn „allzu gottlos ist es, die Beleidigungen Gottes zu dulden, als ob sie nicht beständen,“ sagt Chrysostomus (5. in op. imp. Matth.) Für seinen Privatvorteil den Sachwalter öffentlich machen, ist einer Ordensperson unerlaubt. Im Auftrage des Oberen aber die Sache des Klosters vor Gericht vertreten, das ist erlaubt, wie die betreffende Dekretale(s. ob.) im weiteren Verlaufe sagt; und so kann eine Ordensperson auch arme und hilflose vertreten. Deshalb heisst es Decret. dist. 88, cap. 1.: „Nur um der Witwen und Waisen willen darf ein Geistlicher oder ein Ordensmann sich in weltliche Geschäfte mischen.“ Der Kriegsdienst um weltlicher Zwecke willen wird den Büßern untersagt. Kriegsdienste leisten um des göttlichen Dienstes willen wird manchmal als Buße aufgelegt; wie z. B. im heiligen Lande kämpfen. Nicht auf eigene Autorität hin darf ein Orden Krieg führen; sondern kraft der Autorität der Fürsten oder der Kirche." Um Konstantinopel vor den türkischen Barbaren zu retten, hätten christliche Orden kämpfen können; der wichtigste Orden, der Templer-Orden war aber schon vorher durch Philipp den Schönen aufgelöst worden. [291] 

Zum Nutzen der Mitmenschen kann ein Orden gestiftet werden. Da ragt nun mehr hervor das geistige Heil der Menschen, wie deren körperliches Wohl; wie ja auch die geistigen Almosen voranstehen den körperlichen. Also ist es im höchsten Grade zulässig, dass Orden gestiftet werden zum Heile der Seelen und somit zum Predigen etc.; zumal auch kein Opfer Gott angenehmer ist wie das des heiligen Eifers für die Seelen (Gregor. hom. 12. in Evgl.) und es höher steht, mit geistigen Waffen gegen die Ketzer und die Versuchungen des Teufels das christliche Volk zu schützen, wie es gegen Feinde seines zeitlichen Wohles zu verteidigen. Die Ordensleute predigen nur im Auftrage und also als Werkzeuge der Bischöfe. Das übersteigt aber nicht die Unterwürfigkeit und Gelehrigkeit, die ihnen als Ordensleuten eigen sein soll. Wie Orden gestiftet werden für den körperlichen Kriegsdienst und zwar um kraft der Autorität der Fürsten zu kämpfen, denen das kraft ihres Amtes zukommt; so können Orden gestiftet werden für den geistigen Kriegsdienst unter der Autorität der Bischöfe. [292] 

Zum beschaulichen und zum tätigen Leben kann ein Orden hinbezogen werden; und unter den Werken des tätigen Lebens ragen hervor jene, die dem Heile der Seelen dienen. Also kommt den Ordensleuten aus drei Gründen das Studium der Wissenschaften zu. Denn: I. Das Studium der Wissenschaft hilft dem beschaulichen Leben; einerseits direkt, weil es die Vernunft erleuchtet und so diese leichter zur Betrachtung des Göttlichen sich erhebt; nach Ps. 1.: „Im Gesetze des Herrn wird er betrachten Tag und Nacht,“ und Ekkli. 39.: „Die Weisheit der Alten wird der Weise erforschen und in den Propheten wird er nachdenken;“ andererseits indirekt, weil es die Irrtümer entfernt, welche oft das Betrachten hindert oder gefahrvoll macht. Deshalb schreibt Gregor (6. moral. 17.): „Während manche im Betrachten mehr forschen als ihr Wissen reicht, fallen sie in verderbliche Irrtümer; und da sie demütige Schüler der Wahrheit nicht sein wollten, werden sie Lehrer des Irrtums.“ Und Ekkle. 2. heisst es: „Ich habe gedacht in meinem Herzen, des Weines mich zu enthalten, damit ich meinen Geist zur Weisheit wende und die Torheit vermeide.“ 2. Das Studium der Wissenschaften ist notwendig für das Predigtamt und was damit zusammenhängt. Deshalb sagt der Apostel vom Bischofe, dessen eigenstes Amt es ist, zu predigen (Tit. 1, 9.): „Er soll die Rede des Glaubens festhalten, welche gemäß der gesunden Lehre ist; damit er fähig sei, zu ermahnen und jene, die widersprechen, zu widerlegen.“ Man soll in diesem Punkte nicht auf das Beispiel der Apostel verweisen, die ungebildet waren: „Denn was den anderen die geistige Übung und das tägliche Betrachten des göttlichen Gesetzes zu teil werden lässt, das gab ihnen der heilige Geist,“ sagt Hieronymus (ad Rustikum). 3. Das Studium der Wissenschaft hilft auch in dem, was allen Orden gemeinsam ist: Es tötet das Fleisch ab: „Liebe die Wissenschaft der heiligen Schrift,“ sagt Hieronymus (ad Paulinum) „und du wirst nicht lieben die Laster des Fleisches;“ und Ekkli. 31.: „Das ehrbare Nachtwachen schwächt das Fleisch.“ Auch zur Bezähmung der Geldgier dient das Studium der Wissenschaft, so dass Sap. 7. gesagt wird: „Den Reichtum habe ich für nichts geachtet im Vergleiche mit ihr;“ und 1. Makk. 12. wird gesagt: „Wir aber bedürfen nichts von diesem (nämlich von äusseren Hilfsmitteln); denn unser Trost sind die heiligen Bücher, die wir in Händen haben.“ Ebenso dient das Studium der Wissenschaft dem Gehorsam, so dass Augustinus sagt: „Welche Verkehrtheit, der Welt gehorchen zu wollen, da man sich doch frommer Lesung hingibt.“ Also dient die Wissenschaft dem Ordensleben. Die Wissenschaft ohne Liebe bläht auf und verursacht Streit, nach Prov. 13.: „Unter den stolzen ist immer Streit;“ zusammen mit der Liebe aber erbaut sie und bringt Eintracht hervor, nach 1. Kor. 1.: „Reich seid ihr geworden in jedem Worte und in jeder Wissenschaft…; also habet nun alle die nämliche Meinung, und es seien unter euch keine Spaltungen.“ Hieronymus spricht da nicht vom Studium der Wissenschaft, sondern vom Studium der widerstreitenden Meinungen, welche mit den Ketzern und Schismatikern ins Christentum eintraten (loquitur ibi de studiis litterarum, sed de studiis dissensionum, quae per haereticos et schismaticos intraverunt in religione Christiana). Die Philosophen gaben sich zumal mit weltlichen Wissenschaften (saeculares doctrinas) ab. Der Ordensmann aber muss alles Wissen auf die Hingebung an Gott beziehen (nach Tit.) und auf die heilige Schrift sowie auf das Heil der Mitmenschen. Daher sagt Augustinus (in fine musicae): „Wir erachten aber nicht, dass wir jene beiseite lassen müssen, welche von den Häretikern mit dem trügerischen Scheine von Vernünftigkeit und Wissenschaftlichkeit getäuscht worden sind; wir gehen diesen später nach, indem wir ihre Wege betrachten. Es würde aber dies nicht lobenswert sein, wenn nicht viele treuen Kinder der besten Mutter, der heiligen Kirche, uns vorangegangen wären durch die Notwendigkeit bewogen, die Häretiker zu widerlegen.“ [293] 

Demnach muss man sagen, das Werk des tätigen Lebens ist ein doppeltes: 1. jenes, welches aus der Fülle der Betrachtung sich ableitet wie die Lehre und die Predigt, wonach „den vollkommenen Männern nach ihrer Betrachtung des Göttlichen das Andenken an die Süßigkeit Gottes entquillt“ (Gregor. hom. 5. in Ezech.); und das steht der einfachen Betrachtung voran, wie es mehr ist, anderen zu leuchten als bloß in sich Licht zu haben; 2. jenes, welches durchweg in nach aussen gerichteter Tätigkeit besteht, wie kranke pflegen, Almosen geben u. dgl., was, ausgenommen den Fall der Notwendigkeit, weniger ist als die betrachtende Tätigkeit. Danach also stehen unter den Orden am höchsten jene, welche zum Zwecke haben das Lehren, Predigen und Ähnliches, die mit einem Worte das Ergebnis ihrer inneren Betrachtung anderen mitteilen; denn diese Orden stehen am nächsten der Vollendung des bischöflichen Standes, wie ja auch in anderen Dingen „der Endpunkt des tiefer Stehenden berührt den Anfang dessen, was höher steht,“ nach Dionysius. (7. de div. nom.) Den zweiten Rang nehmen ein die rein beschaulichen; den dritten die nur nach aussen hin tätigen. Unter den einzelnen Orden aber, die auf ein und derselben Stufe stehen, kann ein Vorrang angenommen werden, insofern der eine Orden eine höhere Tätigkeit auf der nämlichen Stufe entfaltet als der andere; wie unter den Werken der tätigen Nächstenliebe es höher steht, gefangene zu erlösen als fremde aufzunehmen; und unter den Tätigkeiten des beschaulichen Lebens das Gebet höher steht wie die Lesung. Ebenso kann der Vorrang bemessen werden, je nachdem ein Orden auf mehrere solche Tätigkeiten sich richtet wie der andere oder bessere Vorschriften hat, um den nämlichen Zweck zu erreichen. "Die Militärorden haben unmittelbarer den Zweck, das Blut der Feinde zu vergießen wie das eigene, was Letzteres auf das Martyrium Bezug hat. Jedoch können immerhin solche Ordenspersonen leichter das Verdienst des Martyrtums erlangen und mit Bezug darauf höher stehen wie die übrigen; wie ja auch die Werke der tätigen Nächstenliebe manchmal höher stehen als die beschauliche Tätigkeit." [294] 

„Es genügt die Arbeit um dessentwillen, was notwendig ist; arbeite nicht überflüssigerweise um des Überflüssigen willen.“ - Chrysostomus, 16. in op. imp. Matth.
Die Vollkommenheit besteht nicht wesentlich in der Armut, sondern im: „und wir sind Dir nachgefolgt,“ also in der Nachfolge Christi. Die Armut ist nur ein Mittel und Werkzeug der Vollkommenheit. Deshalb sagt der Abt Moses (collat. Patr. i. cap. 7.): „Fasten, Nachtwachen, Schriftbetrachtung, Verzichten auf das Vermögen ist nicht die Vollkommenheit, sondern es sind diese Dinge alle nur Werkzeuge der Vollkommenheit.“ Der Reichtum aber hindert die Vollkommenheit in dreifacher Weise und ist demgemäß die Armut ein Werkzeug der Vollkommenheit. Der Reichtum hindert die Vollkommenheit 1. nach Matth. 13.: „Was aber gesäet ist auf den Dornen, das ist derjenige, der das Wort Gottes hört und die Sorge um das Zeitliche und der täuschende Schein des Reichtums erstickt das Wort;“  2. nach Matth. 19.: „Leichter ist es, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe wie ein reicher ins Himmelreich;“ denn, bemerkt Hieronymus: „Die Reichtümer, die man besitzt, werden mit großen Schwierigkeiten verachtet, wenn auch solche Verachtung schlechthin genommen möglich ist, weshalb der Herr nicht sagte, es sei unmöglich für einen reichen, in das Himmelreich einzugehen;“ der Reichtum also zieht zu leicht das Herz nach sich;  3. nach Ps. 48.: „Die da auf ihre Kraft bauen und sich rühmen der Menge ihrer Reichtümer,“ wonach der Reichtum die eitle Ehrgier befördert. Das erste Hindernis also ist vom Reichtum unzertrennlich, mag er groß oder klein sein. Denn immerdar muss der Mensch besorgt sein um den Erwerb und die Bewahrung der äusseren Dinge. Werden aber diese Dinge nicht in großem Umfange, sondern nur mäßig gesucht, soviel zum einfachen Lebensunterhalte gehört; so hindert eine solche Sorge den Menschen nicht viel, so dass sie nicht viel der Vollkommenheit entgegen ist. Nicht alle derartige Sorge verbietet nun der Herr, sondern die überflüssige und verderbliche, wie Augustinus zu Matth. 6. (2. de serm. Dom. in monte 16.; de op. mouachi. 26.) sagt: „Dies sagt der Herr nicht, damit man nicht sich das Notwendige verschaffen soll; sondern damit man nicht um dessentwillen, mit Rücksicht nämlich auf zeitlichen Gewinn, tue, was das Evangelium zu tun gebietet.“ Der Überfluß im zeitlichen Besitze bringt auch größere, überflüssige Sorge mit sich, welche den Menschen sehr zerstreut und hindert, dass sich sein Geist zu Hohem, Göttlichem erhebt. Die anderen zwei Hindernisse der Vollkommenheit also, welche mit dem zeitlichen Besitze verbunden sind, nämlich die Anhänglichkeit an den Reichtum und der daraus folgende eitle Ruhm, betreffen bloß den übermäßigen zeitlichen Besitz. Nun ist es ein großer Unterschied, ob der übermäßige oder der maßvolle zeitliche Besitz ein Privatbesitz sei oder ein der Gemeinschaft zugehöriger. Denn die Sorge für den Privatbesitz ist ein Ausfluß der Selbstsucht, wonach jemand sich selber um des Zeitlichen willen liebt; während die Sorge um den Gemeinbesitz ein Ausfluß der Nächstenliebe ist, die „nicht sucht, was zum Privatvorteil gehört.“ Und weil ein Orden zum Zwecke hat die Vollkommenheit der heiligen Liebe, wonach „die Liebe Gottes vollendend einwirkt bis zur Verachtung der eigenen Person,“ so widerstreitet der Ordensvollkommenheit der Privatbesitz, die Sorge aber um den Besitz aller kann zur heiligen Liebe gehören, obgleich dadurch vielleicht eine an sich höhere Tätigkeit der Liebe, wie z. B. etwa die Betrachtung oder die Belehrung des Nächsten, gehindert wird. Daraus geht hervor, dass ein übermäßiger Gemeinbesitz, sei es in unbeweglichen sei es in beweglichen Gütern, ein Hindernis für die Vollkommenheit ist, obgleich er solche nicht ganz und gar ausschließt. Ein geringer Gemeinbesitz aber, wie er für ein einfaches Leben genügt, hindert nicht die Ordensvollkommenheit; wenn nämlich die Armut bezogen wird auf den gemeinsamen Zweck aller Orden, der da ist: dem göttlichen Dienste sich hingeben. Wird jedoch die Armut bezogen auf den besonderen, nächsten Zweck eines Ordens, so wird ein solcher Orden in der Armut um so vollkommener sein je mehr dieselbe im entsprechenden Verhältnisse zum besonderen, nächsten Zwecke steht. Denn zu den Werken der tätigen Nächstenliebe bedarf der Mensch einer gewissen Menge in den äusseren Dingen; zum beschaulichen Leben hat er wenig notwendig; nach der bereits oft angeführten Stelle bei Aristoteles (10 Eth. 8.), wonach das Überflüssige im Besitze ein Hindernis ist für die Beschaulichkeit. "Hat also ein Orden zum Zwecke den Kriegsdienst oder die Pflege von Fremdlingen oder sonst etwas Ähnliches, so würde er unvollkommen sein, wenn er keinen Gemeinbesitz hätte. Die beschaulichen Orden aber sind um so vollkommener, je weniger ihr zeitlicher Besitz ihnen Gelegenheit bietet, um Äusserliches Sorge zu tragen; denn um so mehr hindert die Sorge um das Zeitliche die Vollkommenheit in einem Orden, je mehr dieser Orden die Sorge um das Geistige, Beschauliche zum Zwecke hat."  [295] 
 

Anmerkungen

[1] II-II, q 1 
[2] Ib. 
[3] Ib.
[4] Ib.
[5] Ib.
[6] Ib.
[7] Ib.
[8] II-II, q 2
[9] Ib.; vgl. auch Thomas von Aquin s.th. I-II sowie Kurs Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Akademie der Kunst und Philosophie
[10] Ib.; zum islamischen Religionsunterricht vgl. auch Abschnitt und Anm. 10, 44-45 sowie Kurse Nr. 512 Novalis, Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Akademie der Kunst und Philosophie
[11] Ib.
[12] II-II, q 3; zu Vertretern der christlichen Kirche, die es versäumten, ihren "Glauben äusserlich vor anderen bekennen" und damit auch schuldig sind am Mitgliederschwund vgl. Reinhard Bingener 2018: Entscheidungschristentum. Frankfurt a.M. sowie Abschnitt und Anm. 10, 14, 27, 35-36, 44-48, 61-66, 85-90, 109-112, 115, 119-121, 128-129, 133, 138, 192, 206-207 und Kurs Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Ib.
[13] II-II, q 4
[14] Ib.; zu falschen Propheten vgl. Abschnitt und Anm. 254-273; zum muslimischen Unglauben, der sich auf Aussagen eines nachweislich falschen Propheten stützt (Koran) und dem muslimischen Gott im gegensatz zum christlichen Glauben und dem christlichen Gott vgl. Kurse Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 512 Novalis, Nr. 500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr. 501 Thomas von Aquin II: Sth. l, Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Ib.
[15] Ib.
[16] II-II, q 5; zum Nichterkennen der Dreieinigkeit vgl.Anm. 14
[17] Ib.
[18] II-II, q 6
[19] Ib.; zu: Die Unvollendung des Glaubens aber gehört nicht zum Wesenscharakier des Glaubens selber, da der Glauben ungeformt genannt wird wegen des Mangelns einer von aussen hinzutretenden Form. Jenes also ist die Ursache des ungeformten, in der Liebe nicht vollendeten Glaubens, was Ursache des Glaubens überhaupt ist. Das aber ist Gott. Der ungeformte Glaube also ist eine Gabe Gottes. Der ungeformte Glaube ist nicht schlechthin vollkommen, insoweit er nicht die Vollendung einer Tugend besitzt. Er besitzt aber vollkommen den Wesenscharakter des Glaubens an sich, soweit es auf diesen allein ankommt. Das Missgestaltete im Akte der Sünde gehört zum inneren Wesen der Sünde; es ist der Mangel in der inneren Form, die da besteht in der gebührenden Abmessung der Umstände des menschlichen Aktes. Gott also verursacht wohl den Akt als Akt, aber nicht den wesentlich missgestalteten Akt; denn er verursacht nicht die Missgestalt. Oder: Die Missgestalt schliesst nicht nur den Mangel der gebührenden Form ein, sondern auch die der letzteren entgegengesetzte Verfassung, so dass eine solche Missgestaltung sich verhält zum Akte wie das Falsche zum Glauben. "Wie also ein missgestalteter Akt nicht von Gott ist, so auch kein falscher Glaube." Da der islamische Glaube ein nachweislich falscher Glaube ist, kann er nicht von Gott sein; bezeichnend ist, dass heute von fideistisch gesinnten Christen und Anthroposophen die "Frömmigkeit" und "Religiosität" betont wird, so dass jeder beliebige Glaube willkommen ist, also auch der islamische Irrglaube; auf den Wahrheitsgehalt kommt es ihnen nicht mehr an; diese Art Christen und verkappten Muslime berufen sich zum Beispiel auf Pelagius, dessen Position in den Jahren 417 / 418 dem katholischen Christentums im Sinne von Thomas von Aquin oder Augustinus unterlag. Vgl. Anm. 14; Andreas Laudert: 2016: Das Wahrheitsgefühl. Die Drei 86 (8-9), Frankfurt a.M; Salvatore Lavechia 2016: Lichtwerdung des Menschen, Ib. sowie Kurse Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr. 512 Novalis, Ib.
[20] II-II, q 8
[21] Ib.
[22] II-II, q 9
[23] II-II, q 10; vgl. Anm. 14
[24] Ib.
[25] Ib.
[26] Ib.
[27] Ib.; zu Würdenträger der christlichen Kirche wie Kardinal Marx, die Christus verleugnen, indem sie vor dem Felsendom in Jerusalem ihr Kreuz ablegen vgl. Anm. 10 und 12; zu: werden nämlich "diese Art Zuhörer von den Heiden belästigt, die in ihnen den Glauben verderben wollen" wie es vor allem von den heutigen Muslimen beim Schaubeten und in den Moscheen zum Beispiel der Muslimbrüder praktiziert wird, die dort Gewalt predigen, wie zum Beispiel in der Plauener Al-Muhadjirin-Moschee, "die zu einem kulturellen und religiösen Zentrum des Islams im Vogtland entwickelt werden" sollte. sowie zu: Der Inhalt der islamischen Predigten in Moscheen und Internetplattformen ist "von einer ablehnenden Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geprägt." Muslime und "Salafisten riefen meist nicht direkt zur Gewalt auf, aber ihre Predigten enthielten versteckte Botschaften, die als Aufforderung zur Gewalt verstanden werden könnten. Moscheen und Gebetsräume für die fünf täglichen Pflichtgebete sind die wichtigsten Plattformen für den Zusammenhalt der Sympathisanten." Die Endradikalisierung findet dann statt "in Privatzirkeln von drei bis zehn Personen und entziehen sich so der Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden."  Besonders muslimische Migranten, die noch nicht lange in Deutschland sind, "geraten so leicht an fragwürdige religiöse Gruppierungen. Mit den Lockmitteln radikaler Islamisten sind die meisten nicht vertraut. Die islamistischen Codes sind hier oft andere als jene, mit denen Islamisten im Nahen Osten agieren. Laut Verfassungsschützern haben sich islamistische Gruppierungen schon vor Jahren nach Ostdeutschland zurückgezogen." Die „Sächsische Begegnungsstätte“ (SBS) zum Beispiel wurde ins Leben gerufen in Dresden. Eine Anlaufstelle nicht nur für radikale Muslime ist dort seit 2009 das Marwa-El-Sherbini-Kulturzentrum. Seit dem Flüchtlingszuzug sind dessen Räumlichkeiten zu klein. Der Vorstandsvorsitzende des Zentrums hatte deshalb die Idee, Ableger in der Region zu eröffnen. Im Mai 2016 gründete er eine "gemeinnützige" Tochtergesellschaft mit Namen SBS. Sie konzentrierte sich zunächst darauf, vor allem in solchen Orten Gebetsräume für "Schaubeten" zu eröffnen, in denen es bisher kein oder ein nur unzureichendes Angebot für sogenannte Ungläubige, also Muslime, gab. "In Riesa, Zittau, Pirna, Görlitz und Freital, aber auch in Leipzig und Dresden wurden Standorte eröffnet. Schon nach kurzer Zeit weitete die SBS ihre Aktivitäten ins Nachbarbundesland Brandenburg aus. In Brandenburg an der Havel betreibt die SBS seit fast einem Jahr eine Moschee. In Senftenberg, Cottbus und Luckenwalde soll der SBS Gespräche über die Einrichtung von Gebetsstätten geführt haben. Der Name „Sächsische Begegnungsstätte“ klingt schön. Er verheisst Miteinander und Integration. Die SBS, so heisst es auf der Homepage, wolle Verbindungen zwischen Einheimischen und Migranten auf lokaler und regionaler Ebene knüpfen, „die internationale Gesinnung und Völkerverständigung fördern“ sowie „einen aktiven Beitrag für ein besseres und friedlicheres Miteinander schaffen“. Der sächsische Verfassungsschutz glaubt jedoch nicht an diese Zielsetzung. Nach seiner Ansicht steckt hinter der SBS die als radikal einzustufende Muslimbruderschaft." Auch wenn Muslimbrüder in der Regel nicht selbst Gewalttäter oder Dschihadisten sind, so sind sie aber "gegen das Existenzrecht Israels und lehnen demokratische Staatsformen, Religionsfreiheit und Geschlechtergleichheit ab. Die Scharia halten sie für die einzige sinnvolle Rechtsform. Die Strategie, die Muslimbrüder auf der ganzen Welt für das Erreichen ihrer Ziele anwenden, besteht darin, bestehende Staatssysteme zu unterwandern und dann in ihrem Sinn umzugestalten." vgl. Science Review Letters 2018, 17, Nr. 928, 935 und FAZ 2018, Nr. 166, p. 4, 6; FAS 2018, Nr. 31 vom 05.08.2018; vgl. Kurse Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 512 Novalis, Nr. 500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr. 501 St.Thomas Aquinas II, Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Ib.
[28] Ib.
[29] Ib.
[30] Ib.; zur Türkei als ehemals christliches Land vgl. Abschnitt und Anm. 246 und Kurs Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib. 
[31] Ib.
[32] Ib.
[33] II-II, q 11
[34] Ib. 
[35] Ib.; zu denen, die den Glauben fälschen wie die Arianer, Nestorianer und Moslems vgl. Anm. 27 und 12
[36] II-II, q 13; zu: Wer also "Falsches von Gott behauptet", wie die Moslems, begeht vollendete Gotteslästerung ("blasphemia perfecta") vgl. auch Abschnitt und Anm. 14 und 177-179, 238-239
[37] II-II, q 14
[38] Ib.; vgl. auch Abschnitt und Anm.250; zu vergifteten und krankmachenden Lebensmitteln, Gentherapie etc. vgl. Kurse Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 533 Aristoteles, Nr. 564 St. Augustinus, Nr. 501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol., Nr. 502 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period III. Ib. sowie Zentrum für wesensgemaesse Bienenhaltung / Zentrum für natürliche Bienentherapie 2019: Gefährliche Suessigkeiten. Pressemitteilung;  Ders. 2019: Mechanistische Sichtweise in der Schulmedizin und unvorhersehbare Folgen der personalisierten Medizin. Ib.; zu „Kraft und Gesundheit“ vgl. Ders.  2020: Natürliche Bienentherapie. Ib.; Ders. Depression, Psychose und Bienentherapie.Ib. ; zu: auch Tiere und Pflanzen sollen geliebt und nicht durch Gentechnik und Massentierhaltung gequält werden vgl. Kurs Nr. 48 wesensgemäße Bienenhaltung. Ib. Neben Kurs Nr. 48 können die Bienen insbesondere durch eine Bienenpatenschaft und eine offizielle Mitgliedschaft bei Save the Bees, Bumblebees and Beecolonies (https://www.facebook.com/SaveBeecolonies) gefördert werden. 
[39] Ib; zur "Verblendung" und "Schwäche des Geistes in der Betrachtung der geistigen Güter" der Agnostiker wie Richard David Precht und Muslime vgl. Anm. 10,14 und 177-179, 250 sowie Kurse Nr. 533 Aristoteles, Nr. 512 Novalis. Ib.
[40] II-II, q 20; zu medizinischen Fragen vgl. Anm. 38
[41] Ib.; vgl. Anm. 38 und 39
[42]  II-II, q 21; vgl. Abschnitt und Anm. 36ff
[43]  II-II, q 23
[44] Ib.; zu: Irrgläubige wie die Muslime haben diese Liebe nicht, weshalb ihre Hilfsorganisationen, die "den Charakter des Unglaubens" tragen, wenig taugen, nämlich hauptsächlich um ihren Unglauben weiter zu verbreiten. "Der Akt eines Ungläubigen ist somit immer schlecht, insoweit derselbe den Charakter des Unglaubens trägt; mag er einen nackten bekleiden oder Ähnliches tun, insoweit dies nämlich bezogen wird auf den Zweck seines Unglaubens."; zu den Hilfsorganisationen und "geimeinnützigen" Vereinen der Muslime, ihren Religionsgemeinschaften wie Ditib und Atib, die "den Charakter des Unglaubens" tragen und sogar Landesregierungen in Deutschland in Sachen Religionsunterricht beraten vgl. auch Anm. 10 und 177 sowie Kurse Nr. 512 Novalis, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre. Ib.
[45] Ib.; zu:  Islamische Religionsgemeinschaften wie Atib oder Ditib, die sogar von einigen muslimischen Politikern wie Al Wazir (Grüne) als Berater für islamischen statt christlichen Religionsunterricht herangezogen werden, sind daher vollkommen ungeeignet, weshalb ihnen auch die Gemeinnützigkeit aberkannt werden muss, da ihnen die Gnade nicht geworden ist "nach dem Maße der Schenkung Christi,“ vgl. Anm. 44
[46] II-II, q 24
[47] Ib.
[48] Ib.; zu: Da Muslime die Todsünde der Gotteslästerung begehen, besitzen sie die heilige Liebe nicht; denn ist der wahre Gott abwesend, "wird der Mensch sogleich finster", was sich leicht beobachten lässt zum Beispiel bei iranischen Geistlichen, Ayatollahs, Mullahs oder Großmuftis, die z.B. gegen den britischen Schriftsteller S. Rushdie die berüchtigte Fatwa ausgesprochen hatten, vgl. Abschnitt und Anm. 36, 44 ff.
[49] II-II, q 25; zu: auch Tiere und Pflanzen sollen geliebt und nicht durch Gentechnik und Massentierhaltung gequält werden, wie dies durch die "Vermessenheit oder Aufgeblasenheit“ einiger geldgieriger Wissenschaftler und Tier- und Pflanzenzüchter praktiziert wird, vgl. Anm. 38 und 198 
[49] Ib.; vgl. Anm. 38
[50] Ib..; zu „Kraft und Gesundheit“ vgl. Anm. 38
[51] Ib.
[52] Ib. vgl. Kurs Nr. 533 Aristoteles. Ib.
[53] Ib.
[54] Ib.; vgl. Anm. 14
[55] II-II, q 27
[56] II-II, q 28
[57] Ib.
[58] II-II, q 29
[59] Ib. 
[60] Ib.
[61] II-II, q 31; zur verkehrten Sicht des Vatikans und der Bischofskonferenz vgl. Anm. 44 und 281-286
[62] Ib.
[63] II-II, q 32
[64] Ib.
[65] Ib.
[66] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 61
[67] Ib.
[68] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 36 und 48
[69] II-II, q 33
[70] Ib.
[71] II-II, q 34; zum Hass Gottes der Muslime vgl. Abschnitt und Anm. 14, 27 und 36
[72] II-II, q 35; zu Depression vgl. Anm. 38
[73] Ib.
[74] II-II, q 39
[75] II-II, q 40
[76] Ib.; zu: "Denn selbst in der heiligen Lehre muss man Manches aus Klugheit, zumal vor Ungläubigen verbergen, damit sie nicht spotten: „Gebet das Heilige nicht den Hunden,“ ermahnt der Herr. (Matth. 7.) Wir können also den Feinden verbergen, was wir tun; und gehört diese Kunst eigens zur Kriegskunst, dass unsere Absichten den Feinden verborgen bleiben, nach Sext. Jul. Frontinus lib. I. Stratagem. Francorum." In diesem Zusammenhang werden muslimisch-türkische oder maurische Sultane oft als Hunde bezeichnet; auch sollen muslimische Staaten deshalb keine Atomwaffen oder Dgl. besitzen oder westliche Rüstungsfirmen nicht in muslimischen Staaten wie Türkei oder Saudi Arabien produzieren. Vgl. Kurse Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 637 Lope de Vega II, Nr. 641 Lope de Vega III, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Ib.
[77] II-II, q 44; zu Gregor von Nyssa vgl. auch Anm. 30
[78] II-II, q 45
[79] Ib. 
[80] Ib. 
[81] Ib. 
[82] II-II, q 46
[83] II-II, q 47
[84] Ib. 
[85] Ib.; zur politischen Klugheit bzw. Unklugheit zum Beispiel der Merkel-Administration vgl. Abschnitt und Anm. 88 und 90f sowie Kurse Nr. 502 St.Thomas Aquinas III, Nr. 582 St.Thomas Aquinas IV, Nr. 512 NovalisNr. 544 Staats- und Rechtslehre. Ib
[86] II-II, q 49
[87] Ib.
[88] II-II, q 52; zur Wohlberatenheit und dem Gegenteil davon vgl. Anm. 85  sowie Thomas von Aquin s.th. I-II und Kurs Nr. 502 St.Thomas Aquinas III
[89] Ib.
[90] II-II, q 53; vgl. Anm. 85 und 88
[91] II-II, q 55
[92] Ib.
[93] II-II, q 57
[94] Ib.
[95] Ib.
[96] II-II, q 58
[97] Ib.
[98] Ib.
[99] Ib.
[100] II-II, q 59
[101] Ib.
[102] II-II, q 60
[103] Ib.
[104] Ib.
[105] II-II, q 62
[106] Ib.
[107] Ib.
[108] II-II, q 64
[109] II-II, q 66; zu Sakrileg, nämlich das Ansichnehmen heiligen Gutes; oder der Raub eines zum Gemeinbesten gehörigen Gutes vgl. auch Abschnitt und Anm. 146-148 sowie Kurse Nr. 512 Novalis, Nicolaus Cusanus I, Nr. 556 - Torquato Tasso, Nr. 557 - Ariosto, Nr. 558 - Calderon de la Barca, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik., Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib. 
[110] Ib.; zu: ungerechte Kriege um Beute vgl. Anm. 109
[111] II-II, q 68
[112] II-II, q 71; vgl. Abschnitt und Anm. 44 und 133
[113] Ib. 
[114] Ib.
[115] II-II, q 73; vgl. Anm. 12
[116] II-II, q 74
[117] Ib.
[118] II-II, q 75
[119] II-II, q 76; zur Verfluchung oder rituellen "Steinigung des Teufels" sowie unsinnigen Bauten und Ausbreitung der Muslime vgl. Abschnitt und Anm. 177-179 und Science Review Letters 2015, 14, Nr. 637; FAZ 2015, Nr. 223, p. 8; Nr. 227, p. 2, 4; Nr. 229, p. 2 sowie Kurse Nr. 544 Staats- und Rechtslehre, Nicolaus Cusanus I, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 601 St. Augustinus II.  Ib.
[120] II-II, q 79
[121] II-II, q 81; vgl. Anm. 14 und 281-290
[122] Ib.
[123] II-II, q 82
[124] II-II, q 83
[125] Ib.
[126] Ib.; vgl. Anm. 35 und 36
[127] Ib; zur Feindesliebe und "Die Feinde darf man bekämpfen" vgl. auch Abschnitte 32f, 53 und 76.
[128] Ib; zur Frömmigkeit und zum richtigen Gebet im Gegensatz zum "Schaubeten" der Muslime vgl. Abschnitt und Anm. 27, 121 und 129
[129] Ib; vgl. Anm. 128 
[130] Ib. vgl. Anm. 128 
[131] II-II, q 89
[132] Ib.
[133] Ib.; zum falschen Schwören, zum Beispiel auf den Koran statt auf die Bibel, und warum Muslime weder wählen noch die Staatsbürgerschaft erwerben und weder Lehrer noch Anwälte oder Ingenieure werden dürfen vgl. Science Review Letters 2019, 18, Nr. 977; 2018, 17, Nr. 937; FAZ 2019, Nr. 3; 2018, Nr. 177, p. 14; 2016, Nr. 107, p. 8 und 110, p. 1; FAS 2016, Nr. 18, p. 8 sowie Buchensteiner, J. 2016: Ein Muslim an der Spitze Londons. Frankfurt a.M.; vgl. auch Abschnitt und Anm. 112 und 138f sowie Kurs Nr. 564 St. Ambrosius. Ib.
[134] II-II, q 90
[135] II-II, q 91; zu einer Ästhetik und Philosophie der Kunst und zur Musik zum Beispiel von Bach, Händel, Monteverdi, Mozart, Joseph Haydn, Beethoven und Wagner im Sinne von "In den Tönen haben wir aber eine unmittelbare Nachahmung der Charaktere, wie sich das faktisch zeigt: denn schon die Art der Harmonien zeigt Unterschiede, so dass wir uns als Hörer bei jeder von ihnen verwandeln." (Aristoteles)  vgl. auch Kurse Nr. 551 G.W.F. Hegel, Nr. 512 Novalis, Nr. 505 Schopenhauer, Nr. 559 - Wolfram von Eschenbach, Nr. 533 Aristoteles. Ib.
[136] Ib.; zum brasilianischen Popstar, Larissa de Macedo Machado (Anitta) mit zwei Milliarden Youtube-Klicks vgl. Frankfurter Allgemeine Magazin 8/2018, p. 46f
[137] II-II, q 92
[138] Ib.; zur erheuchelten Religion ("simulata religione") zum Beispiel der Muslime oder anderer Sekten wie Scientology vgl. Anm. 35-36
[139] II-II, q 94
[140] Ib.
[141] II-II, q 95
[142] Ib.; vgl. Anm. 14 und 30
[143] Ib.; vgl. auch Abschnitt und Anm. 145
[144] II-II, q 96
[145] Ib.; vgl. auch Abschnitt und Anm. 143
[146] II-II, q 99; zum Gottesraub oder Sakrileg, den die Muslime begehen vgl. Abschnitt und Anm. 109, 238-239
[147] Ib.
[148] Ib.
[149] II-II, q 100
[150] Ib.
[151] Ib.
[152] Ib.
[153] Ib.
[154] II-II, q 103
[155] Ib.; zum Prinzip der Gerechtigkeit, Zuwanderung aus christlichen Ländern, zum bayrischen und italienischen Kreuz-Erlass und Begriff der islamischen Schönheit sowie geduldete Sklavenhaltung im islamischen Kulturkreis vgl. auch Abschnitt und Anm. 253 sowie Science Review Letters 2018, 17, Nr. 940 und Christ in der Gegenwart 2018, 70, Nr. 28, p. 315; FAZ 2018, Nr. 171, p. 13 
[156] II-II, q 109; vgl. Abschnitt und Anm. 155
[157] Ib.
[158] Ib.
[159] II-II, q 110
[160] Ib. 
[161] Ib.; vgl. Abschnitt 152 
[162] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 138 
[163] II-II, q 111
[164] Ib. 
[165] Ib.
[166] Ib.; zur erheuchelten Religion ("simulata religione"), deren Ziel es ist "falsche Lehren" zu säen, vgl. Abschnitt und Anm. 138 und 162 
[167] II-II, q 112
[168] Ib.
[169] II-II, q 113
[170] Ib.
[171] II-II, q 114
[172] Ib.
[173] II-II, q 115
[174] II-II, q 117
[175] Ib.
[176] Ib.
[177] II-II, q 118; zu: Nicht nur viele muslimisch-arabischen Clans ziehen "Liebe zum Gelde" vor, auch muslimischen Hilfsorganisationen fehlt "das Licht der heiligen Liebe", da sie Christus verleugnen. "Die Begier nach Geld verfinstert die Seele dann, wenn sie das Licht der heiligen Liebe ausschliesst." Das Geld wird an der falschen Stelle ausgegeben und verschwendet, zum Beispiel für unsinnige Bauten in Mekka oder dem Aufbau krimineller islamischer Hilfsorganisationen wie der Hamas, gegen die es sogar Foltervorwürfe gibt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat der islamistischen Hamas sowie der Palästinenserregierung von Mahmud Abbas vorgeworfen, ihre Kritiker routinemäßig festzunehmen und zu foltern. In mehr als zwei Dutzend Fällen seien Menschen ohne eindeutigen Grund festgenommen worden. Sie hätten lediglich einen kritischen Text geschrieben oder einer missliebigen Organisation angehört, berichtete Human Rights Watch. Die Organisation forderte unter anderem die EU und die Vereinigten Staaten auf, ihre Unterstützung für die entsprechenden Behörden einzustellen, bis diese die Praktiken beendeten. „Forderungen palästinensischer Vertreter, die Rechte der Palästinenser zu schützen, klingen hohl, während sie selbst Kritik im Keim ersticken“, und zu muslimischen Hilsorganisationen, die von der EU finanziell unterstützt und von den Grünen und Linken gefördert werden  vgl. auch Abschnitt und Anm. 44 ff. sowie FAZ 2018, Nr. 247; zu unsinnigen Bauten vgl Abschnitt und Anm. 119; zur Lästerung des heiligen Geistes vgl. Abschnitt und Anm 36 und 39
[178] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm 177
[179] Ib; zu: auf diese Weise haben sich die Muslime ausgebreitet, mit Hilfe der "Kinder des Geizes" vgl. Abschnitt und Anm. 30 und 109
[180] II-II, q 119
[181] Ib.; vgl. Anm. 179 
[182] Ib.
[183] II-II, q 120; zur schlechten Beratung Merkels und zur Überflutung Europas mit Muslimen vgl. Anm.85 und 155
[184] Ib.
[185] II-II, q 122; zum Gott des Islams vgl. Abschnitt und Anm 14; zu."denn vom Muslim kann man sagen, dass er sich in einem ungebührlichen Kult Gottes verwickelt und für die wahre Religion untauglich wird" vgl Abschnitt und Anm. 36, 138, 238-239;  zum falschen Schwören vgl. Abschnitt und Anm.133
[186] Ib.
[187] Ib.
[188] Ib.
[189] II-II, q 123
[190] Ib. 
[191] Ib.
[192] II-II, q 124; warum islamische Selbstmordattentäter keine Märtyrer sind und zu: "manche Bischöfe, die sich schon als halbe Muslime fühlen wie der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm, der sogar wenn nötig sein Kreuz ablegt um den Muslimen zu gefallen,  "bekennen in Worten, dass sie Gott erkennen; durch ihre Taten aber verleugnen sie diese Kenntnis“ vgl. Anm. 12, 206-207, 210-212 und Kurse Nr. 512 Novalis, Nr. 505 Schopenhauer, Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 501 Thomas von Aquin II: Sth. l. Ib.
[193] II-II, q 126; vgl. Kurse Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik., Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib.
[194] Ib.
[195] II-II, q 127
[196] II-II, q 129
[197] Ib.
[198] II-II, q 130; zu: "Auch die Wissenschaftler, die sich Gentechniker nennen haben sich seit Jahrzehnten der Vermessenheit oder Aufgeblasenheit schuldig gemacht, indem sie sich gegen die Ordnung gerichtet haben, wie sie den natürlichen Dingen mitgeteilt worden ist" und so giftige Produkte erzeugt, vgl. Abschnitt und Anm. 38 und 49
[199] Ib.
[200] II-II, q 131
[201] Ib.
[202] II-II, q 132
[203] Ib.
[204] Ib.
[205] Ib.
[206] II-II, q 133; zum Kleinmut und zur "Trägheit im Erwägen" einiger Bischöfe vgl. Abschnitt und Anm. 192
[207] Ib.
[208] II-II, q 134
[209] Ib.
[210] Ib.; zu Mekka als ein "gewaltiges dogmatisch-kitschiges Erinnerungsbusiness" vgl. Anm. 192
[211] II-II, q 135
[212] II-II, q 136; zur Geduld gegenüber Beleidigungen Gottes vgl. Abschnitt und Anm. 210 und 192
[213] II-II, q 137; vgl. Abschnitt und Anm. 212
[214] II-II, q 138
[215] Ib. 
[216] II-II, q 139
[217] II-II, q 140
[218] II-II, q 141
[219] Ib. 
[220] Ib.; zur Musik vgl. Abschnitt und Anm. 135 
[221] II-II, q 142
[222] Ib
[223] Ib
[224] Ib
[225] II-II, q 144
[226] Ib.
[227] II-II, q 145
[228] Ib.
[229] II-II, q 146
[230] II-II, q 147
[231] Ib.; zum richtigen Fasten vgl. auch Science Review Letters 2018, 17, Nr. 913,  Nr. 924; 2017, 16, Nr. 818; 2016, 15, Nr. 695 und FAS 2018, Nr. 20, p. 2; FAZ 2017, Nr. 148, p. 9; 2016, Nr. 93, p. 6, 11 und Kurse Nr. 544 Staats- und Rechtslehre, Nr. 500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Ib.
[232] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 231
[233] Ib.
[234] Ib.
[235] II-II, q 148
[236] II-II, q 149
[237] Ib.
[238] II-II, q 151; zur geistigen Keuschheit bzw. Unkeuschheit vgl. auch Abschnitt und Anm. 166, 177, 185, 231f
[239] Ib.
[240] II-II, q 157
[241] Ib.; zur Musik und Mozarts „La clemenza di Tito“ vgl. Anm. 135 und Kurs Nr. 559 - Wolfram von Eschenbach. Ib.
[242] II-II, q 158; zum Nutzen des Zorns vgl. Kurs Nr. 502 St.Thomas Aquinas III. Ib.
[243] II-II, q 159; vgl. Abschnitt und Anm. 240f
[244] II-II, q 161
[245] II-II, q 162
[246] Ib. ; zu: "Die Muslime stellen sich daher dem Christentum entgegen; sie setzen sich mit ihrem Scheingott in den Zentren der christlich-jüdischen Welt (Jerusalem, Konstantinopel) fest und nehmen teilweise ihren Platz ein" vgl. Abschnitt und Anm. 30, 36 und 109 
[247] Ib.
[248] Ib.
[249] II-II, q 166
[250] II-II, q 167; vgl. Abschnitt und Anm. 38 und 39
[251] Ib.
[252] II-II, q 168
[253] Ib.; zum islamischen Begriff der Schönheit und Schminke vgl. auch Abschnitt und Anm. 155
[254] II-II, q 171; zu falschen Propheten vgl. Abschnitt und Anm. 14, 254-273
[255] Ib.
[256] Ib.
[257] Ib. 
[258] II-II, q 172.; zu Plato und Aritoteles vgl. Kurse Nr. 568 Nicolaus Cusanus III, Nr. 531 Plato, Nr. 533 Aristoteles. Ib.
[259] Ib. 
[260] Ib. 
[261] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 246 
[262] Ib.; vgl. auch Kurs Nr. 501 Thomas von Aquin II: Sth. l.  Ib.
[263] Ib; zu "Somit enthält auch die Lehre des Teufels, womit er seine Propheten anfüllt, einzelnes Wahre; und wird dadurch zugänglich. Denn so wird die Vernunft zum Irrtum geführt durch den Anschein der Wahrheit wie der Wille zum Bösen durch den Anschein des Guten." Es handelt sich um Propheten, die Christus entgegenstehen, die sogenannten Antichristen, wie z.B. Mohammed, vgl. Abschnitt und Anm. 262 sowie Kurse Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 510 Schelling - Philosophie der Offenbarung, Ib.
[264] II-II, q 173
[265] Ib.
[266] Ib.
[267] II-II, q 174
[268] II-II, q 175
[269] Ib.
[270] Ib.
[271] II-II, q 177
[272] II-II, q 178
[273] Ib. 
[274] II-II, q 180
[275] Ib.
[276] Ib.
[277] II-II, q 181
[278] Ib.
[279] II-II, q 182; zu „Das tätige Leben wird Knechtschaft, das beschauliche Freiheit genannt.“ und  „Besser ist es, zu philosophieren als um Geld zu arbeiten" vgl. Kurs Nr. 533 Aristoteles. Ib.
[280] II-II, q 184
[281] Ib.; zu "Manche christlichen Kirchen haben ihre Aufgabe "die heilige Gewalt auf andere zu übertragen“ etwas fehlgedeutet, wenn sie in Deutschland neuerdings islamische Seelsorger ausbilden" vgl. FAS 2018, Nr. 37, p. 11 sowie Abschnitt und Anm. 61, 121 und 282-290
[282] Ib.; vgl. Abschnitt und Anm. 61 und 281
[283] Ib.
[284] II-II, q 185
[285] Ib.
[286] Ib.
[287] II-II, q 186; vgl. Abschnitt und Anm. 121
[288] Ib.
[289] Ib.
[290] Ib.
[291] II-II, q 187; zum Templer-Orden und Fall von Konstantinopel vgl. Kurse Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur , Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib.
[292] Ib.
[293] Ib.
[294] Ib.
[295] Ib.
 
 



Andrea di Cione, detto L' Orcagna, Christo con San Tommaso d'Aquino e San Pietro 1354-57, Chiesa di Santa Maria Novella, Firenze
 


Fra Angelico, Die Auferstehung Christi mit der Gottesmutter und Thomas von Aquin
 
 
 

St.Thomas Aquinas / Santo Tomás de Aquino / São Tomás de Aquinas / S. Tommaso d'Aquino / Hl. Thomas von Aquin
Akademie der Kunst und Philosophie / Academy of Arts and Philosophy
DI. M. Thiele, President and international Coordinator
M. Thiele College of Beetherapy / Academy of Arts and Philosophy / Sciences

Allgemeine Infos zur Akademie der Kunst und Philosophie und den Kursen
Registration form

Zur Philosophie und Kulturgeschichte von Byzanz, des Mittelalters, der Schule von Chartres, der Renaissance, des Barock, der Aufklärung, des Idealismus, der Romantik vgl. Kurse:Nr. 551 G.W.F. Hegel I, Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Nr. 511 Johann Gottlieb Fichte I, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Nr. 509 F.W.J. Schelling I, Nr. 510 F.W.J. Schelling II, Nr. 513 F.W.J. Schelling III, Nr. 505 Arthur Schopenhauer I-II, Nr. 663 Arthur Schopenhauer III, Nr. 531 Platon, Nr. 533 Aristoteles, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 673 Johann Wolfgang von Goethe III, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 675 Friedrich Schiller III, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 512 Novalis I, Nr. 671 Novalis II, Nr. 677 Jean Paul, Nr. 667 Romantische Kunst und Philosophie I, Nr. 669 Romantische Kunst und Philosophie II, Nr. 630 Johann Ludwig Tieck, Nr. 631 Adelbert von Chamisso, Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 665 Molière, Nr. 622 Victor Hugo I, Nr. 674 Victor Hugo II, Nr. 629 Voltaire I-II, Nr. 679 Laurence Sterne, Nr. 621 Lord Byron I, Nr. 676 Lord Byron II, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 561 Sir Walter Scott, Nr. 555 Angelus Silesius, Nr. 634 Hans Sachs, Nr. 619 Franz Werfel, Nr. 680 Nikos Kazantzakis, Nr. 588 Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Nr. 550 Fjodor M. Dostojewskij I-II, Nr. 506 Wladimir Solowjew, Nr. 664 Philosophie der Kunst, Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 659 Wissenschaftslehre I, Nr. 666 Wissenschaftslehre II, Nr. 681 Wissenschaftslehre III, Nr. 682 Wissenschaftslehre IV, Nr. 683 Wissenschaftslehre V, Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Nr. 618 St. Ephraim der Syrer, Nr. 617 St. Cyrill von Alexandrien, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Nr. 627 St. Basilius der Große, Nr. 625 Theodorus Abucara, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Nr. 653 St. Cyprianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 605 St. Irenaeus von Lyon, Nr. 604 St. Hildegard von Bingen, Nr. 600 St. Johannes von Damaskus, Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Nr. 581 Bernhard von Chartres, Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de Chartres, Nr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 570 St. Hilarius von Poitiers, Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 568 Nicolaus Cusanus III, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 566 Meister Eckhart, Nr. 562 Dante Alighieri I-II, Nr. 672 Dante Alighieri III, Nr. 558 Calderón de la Barca, Nr. 648 Calderón de la Barca II, Nr. 650 Calderón de la Barca III, Nr. 651 Calderón de la Barca IV, Nr. 563 Miguel de Cervantes I, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 642 Lope de Vega III, Nr. 643 Lope de Vega IV, Nr. 652 Juan Ruiz de Alarcón, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Nr. 633 Luis Vaz de Camões, Nr. 678 François Rabelais, Nr. 557 Ludovico Ariosto I-II, Nr. 668 Ludovico Ariosto III, Nr. 556 Torquato Tasso, Nr. 552 William Shakespeare I-II, Nr. 559 Wolfram von Eschenbach, Nr. 560 Walter von der Vogelweide, Nr. 662 Gottfried von Strassburg, Akademie der Kunst und Philosophie / Académie des sciences

Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 586 Tizian, Nr. 591 Paolo Veronese, Nr. 597 Correggio, Nr. 670 Annibale Carracci, Nr. 520 Rembrandt, Nr. 598 El Greco, Nr. 620 Giovanni Battista Tiepolo, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 656 Andrea Solari, Nr. 657 Bernadino Luini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 640 Stefan Lochner, Nr. 646 Michael Pacher, Nr. 647 Peter Paul Rubens, Nr. 649 Giotto di Bondone, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Nr. 636 Eugène Delacroix, Nr. 639 Bartolomé Esteban Murillo, Akademie der Kunst und Philosophie



Copyright © 2012-2024 Akademie der Kunst und Philosophie
Letzte Bearbeitung:17.05.2021