Akademie der Kunst und Philosophie | Academy of Arts and Philosophy
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Kurs Nr. 523 Sandro Botticelli 


Sandro Botticelli- Renaissance Maler - Renaissance Artist
Botticelli, Primavera (dettaglio), 1478

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:

Sandro Botticelli (1445-1510), auch Alessandro di Mariano Filipepi oder Sandro di Mariano di Vanni Filipepi, gen. Botticelli) war einer der bedeutendsten italienischen Maler und Zeichner der frühen Renaissance. Ab 1464 wurde er für drei Jahre Schüler der in Prato gelegenen Werkstatt des damals berühmtesten Malers der Stadt Fra Filippo Lippi (1406–1469). Zwischen 1481 und 1482 wurde Botticelli von Papst Sixtus IV. nach Rom berufen. In einem Team u. a. mit Perugino, Ghirlandaio und Signorelli stattete er die neu errichtete Sixtinische Kapelle mit großen Wandgemälden, welche Ereignisse aus dem Leben Jesu und des Moses darstellen, aus. [1]

Im das Isabella Stewart Gardner Museum in Boston ist noch bis Mitte Mai 2019 eine überraschend komponierte Ausstellung kleinformatiger Bilder zu sehen, die Botticelli in seiner letzten Lebensphase für Florentiner Privaträume malte. Im Zentrum steht eine „Geschichte Lucretias“. Gardner erwarb das Werk 1894 vom fünften Earl von Ashburnham, der die erlesene Sammlung seines Vaters zu Geld machte. Als erster Botticelli in Amerika war Gardners „Lucretia“ eine Sensation. Zwei weitere Werke Botticellis, Madonnen mit Jesuskindern, kamen 1899 und 1900 in Gardners Haus. Die Schau versammelt als Leihgaben aus New York, London, Cambridge, Florenz und Bergamo fünf weitere Werke um
Gardners „Lucretia“: Eine „Geschichte Virginias“, drei Darstellungen des Lebens und der Wundertaten des heiligen Zenobius, dazu eine unvollendete Anbetung Jesu durch die Heiligen Drei Könige. Alle Werke entstanden um 1500, nachdem die Medici 1494 aus Florenz vertrieben worden waren und der alternde Botticelli nur noch für wenige Familien malte.  [2]

Zenobius war der erste Bischof von Florenz. Er widersetzte sich der Tyrannei seiner Eltern, die ihn verheiraten wollten, und wählte seinen Weg in die Kirche. In den Wundertaten, die Botticelli zeigt, führt Zenobius Tote zurück in die Freiheit des Lebens. Die Schicksale von Lucretia und Virginia scheinen das Gegenteil zu zeigen. Der römische Historiker Livius hatte die beiden Heldinnen erstmals zusammengebracht. Lucretia wird von Sextus Tarquinius vergewaltigt und begeht danach Selbstmord. Virginia wird von Appius Claudius Crassus, einem Mitglied der tyrannischen Kommission der Zehn Männer (Decemviri), sexuell genötigt und mit Versklavung zur Prostitution bedroht. Bevor das geschehen kann, wird sie von ihrem Vater erstochen. In der Literatur wurden die beiden toten Frauen zu Heldinnen der Keuschheit. Für Livius und den Florentiner Botticelli ist das zu wenig. Ihnen ist wichtig, was danach kommt: In beiden Fällen löst die Wut über tyrannische Arroganz, die sich an Frauen vergeht, eine politische Revolution aus. Die Monarchie und die Decemviri wurden gestürzt. Dass die Entlarvung sexueller Gewalt zur Absetzung männlicher Tyrannen führt, entspricht unserer Zeit. Es nimmt sehr für Botticelli ein, dass er nicht die Keuschheit der Frauen feiert, sondern ihre Macht. Die Empörung, die die toten Frauen in ihren männlichen Betrachtern auslösen, führt zum politischen Umschwung und zu republikanischen Regierungsformen, gemäß den politischen Idealen der Republik Florenz. In Botticellis Bildern werden die toten Frauen zur politischen Metapher. Die Tafelbilder, gemalt zur politischen Erziehung junger Florentiner, sind ebenso visuell betörend wie intellektuell komplex. [3]

Jedes Detail in diesen Bildern hat Schlüsselfunktion. Wenn man Zenobius, Lucretia und Virginia den Rücken zukehrt, steht man vor dem rätselhaftesten Bild der Ausstellung: Aus drei Richtungen wälzen sich dichte Menschenströme zur Heiligen Familie. So geschah es alljährlich in Florenz. Am 6. Januar zog eine Prozession durch die Straßen, die die Medici, deren Palazzokapelle Benozzo Gozzoli 1459 mit einem prachtvollen Fresko über die Reise der Heiligen Drei Könige ausgestattet hatte, zur Darstellung ihres Reichtums und ihrer Macht nutzten. Mit ihrer Vertreibung aus Florenz wurde auch die Prozession abgesetzt. Warum malte sie Botticelli noch einmal? Warum drücken die vielen individualisierten Gesichter in der Menschenmenge eine Bewegung aus, die den republikanischen Bildern fehlt? Botticellis Bilder bleiben uneindeutig. [4]
 
 

Anmerkungen 

[1] Science Review Letters 2019, 18, Nr. 1005 und FAZ 2019, Nr. 87; vgl. Kurse Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 596 Perugino, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 564 St. Ambrosius, Akademie der Kunst und Philosophie 
[2] Ib.
[3] Ib.
[4] Ib.; zu weiteren Renaissance-Malern vgl. Kurse Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 522 Raffaello Sanzio da Urbino, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Nr. 586 Tizian. Ib.
 
 





Botticelli, Florence, Galleria degli Uffizi, Primavera, Allegory of Spring, 1480-82 Tempera on panel
 
 


Botticelli, Sandro, Geburt der Venus (Aphrodite)
 
 


Botticelli, Portrait of Simonetta Vespucci
 
 


Botticelli Portrait of Simonetta Vespucci ca. 1480
 
 


Botticelli, The Madonna and Child with the Infant Saint John the Baptist
 


Botticelli, Tentaciones de Cristo
 
 
 


Botticelli, Adoration of the Magi
 


Botticelli, Beweinung Christi, Alte Pinakothek, München
 
 


Botticelli, Pala di San Marco, Incoronatione della Vergine con i Santi Giovanni Evangelista, Agostino, Girolamo ed Eligio, 1488-90, Galleria degli Uffizi, Firenze
 
 


Botticelli, Pala di San Marco, Incoronatione della Vergine con i Santi Giovanni Evangelista, Agostino, Girolamo ed Eligio, dettaglio, 1488-90, Galleria degli Uffizi, Firenze
 
 


Botticelli, La Vergine con Bambino, San Giovanni e Angelo (dettaglio), 1490, London, National Gallery


Botticelli, Maria Lactans, La Vergine con Bambino, San Giovanni e Angelo, 1490, London, National Gallery
 
 


Sandro Botticelli workshop, Madonna col Bambino con una melagrana, tempera su tavola, The National Gallery, Londra
 
 


Sandro Botticelli, Madonna with Child and Three Angels
 
 
 


Botticelli, Madonna con il Bambino e otto angeli
Am 8. September wird das Fest Mariä Geburt gefeiert; es wurde wohl zum ersten Mal im christlichen Orient gefeiert und breitete sich im 10./ 11. Jahrhundert in der gesamten christlichen Kirche aus.
 
 


Botticelli, Detail of Maria with the Child and Singing Angels, 1477
 


Botticelli, La virge e il Bambino con la corona e tre chioti, Museo Sonmaya, Citta del Messico
 
 


Botticelli, Madonna with Child and Two Angels and the young John the Baptist, 1465-70
 


Botticelli, Madonna und zwei Engel
 


Botticelli, La Fortezza
 
 


Botticelli, Madonna con il Bambino
 


Sandro Botticelli, Madonna del Magnificat, particolare,1483, tempera su tavola, Firenze, Galleria degli Uffizi
Maria, reina del cielo
 
 

Sandro Botticelli
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DI. M. Thiele, President and international Coordinator
M. Thiele College of Beetherapy / Academy of Arts and Philosophy / Sciences

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Letzte Bearbeitung:11.11.2021